Probando: Grazer Startup matcht Forscher mit Studienteilnehmern
Das in Graz ansässige Startup Probando hat eine Online-Plattform zur Rekrutierung von Studienteilnehmern für die medizinische Forschung entwickelt. Der brutkasten hat mit Matthias Ruhri, Co-Founder & Managing Partner, über die Technologie und das Geschäftsmodell von Probando gesprochen.
Die Rekrutierung von Probanden für klinische Studien ist für Forscher in der Regel mit vielen Herausforderungen verbunden. Dazu zählen unter anderem strenge regulatorische Hürden. Wie Matthias Ruhri, Co-Founder & Managing Partner des Grazer Startups Probando, erläutert, dürfen Forscher beispielsweise nicht über die Sozialen Medien potentielle Probanden anwerben. Das führe in weiterer Folge dazu, das neun von zehn Studien ihr Rekrutierungsziel in der gewünschten Zeit nicht erreichen und sich Ergebnisse signifikant verzögern. Ruhri, der zuvor bei Up to Eleven als Head of Company Builder und 8eyes als Portfolio Manger tätig war, ist nun mit dem Startup Probando angetreten, um genau dieses Problem zu lösen.
Die Plattform von Probando
Gemeinsam mit seinem Gründerteam entwickelte Ruhri eine Online-Plattform zur Rekrutierung von Studienteilnehmern für die medizinische Forschung. Über die Plattform können Forscher ihre aktuellen Studien online stellen und vorab die Zielgruppe der Probanden definieren. Im Anschluss werden sie mit den passenden Personen gematcht.
Im Umkehrschluss können sich potentielle Probanden als Nutzer auf der Plattform von Probando anmelden und durchlaufen zunächst ein Online-Self-Assessment. Dabei geben sie relevante Informationen, wie beispielsweise Vorerkrankungen, an, die für die Studienautoren von Bedeutung sein könnten. Zudem bekommen sie auf Basis ihrer Angaben relevante Studien vorgeschlagen und können selbst entscheiden, ob sie an der Studie teilnehmen wollen oder nicht.
Der Mehrwert für Probanden
In der Regel erhalten Studienteilnehmer durch die Teilnahme an klinischen Studien eine Aufwandsentschädigung in Form von Geld. Ruhri erläutert, dass die Motivation vieler Probanden jedoch noch viel weitreichender ist. “Durch die Teilnahme an Studien erfahren die Teilnehmer mehr über ihren Körper und ihre eigenen Gesundheit. Teilweise erhalten sie dadurch sogar einen exklusiven Zugang zu den neuesten Therapien und können so ihre persönliche Lebenssituation verbessern.”
Zudem würden immer mehr Menschen die Teilnahme als “Social Responsibility” gegenüber der Gesellschaft verstehen. “Wir glauben, dass COVID-19 das Bewusstsein für die Relevanz von klinischen Studien weltweit erhöht hat. Es werden zukünftig auch Personen an Studien teilnehmen, die das davor nicht gemacht hätten”, so Ruhri.
Das Geschäftsmodell von Probando
Das Geschäftsmodell von Probando ist im Prinzip sehr simpel. Für jeden vermittelten Probanden erhält das Startup eine Gebühr vom Auftraggeber der Studie. Diese beträgt je nach Art der Studie zwischen 30 und 150 Euro.
Derzeit wird der Markt für klinische Studien laut Ruhri pro Jahr auf zirka 50 Milliarden US-Dollar geschätzt. 2027 gehen Prognosen von rund 70 Milliarden US-Dollar pro Jahr aus. International gebe es laut Ruhri natürlich Mitbewerber, wie beispielsweise Mondosano oder ClinLife aus Deutschland. “Zum Unterschied von anderen Plattformen steht bei uns der User im Mittelpunkt”, so Ruhri über den USP des Geschäftsmodells von Probando.
Finanzierungsrunde für Herbst 2020 geplant
Derzeit läuft laut Ruhri die Akquise von Studienautoren und Probanden. Damit die Akquise in den nächsten Monaten noch weiter intensiviert werden kann, sei laut Ruhri für Herbst 2020 eine erste Finanzierungsrunde geplant.
“Unsere Ziele sind ambitioniert und wir glauben an einen schnellen internationalen Rollout. Dafür braucht es Investoren, die dieses Potenzial ebenfalls sehen und an uns glauben”, so Ruhri. Erste Umsätze sollen bis Ende 2020 erzielt werden. Läuft alles nach Plan soll zudem im ersten Quartal 2021 der Rollout im gesamten DACH-Raum erfolgen.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
Wiener Schnitzel, Kaspressknödel und Kaiserschmarrn haben einiges gemeinsam: Sie sind typisch österreichisch. Typisch österreichisch ist leider auch: Bürokratie, Zettelwirtschaft, lange Amtswege und – klarerweise – die deutsche Sprache. Und: Hier und da eine allgemeine Skepsis vor “Unbekanntem”.
In etwa diese Meinung vertreten Founder aus dem Ausland, die ihr Startup in Österreich gegründet haben. Statistisch gesehen sind das gar nicht so wenige: Rund ein Viertel der in Österreich sitzenden Gründer:innen kommen aus dem Ausland. 37 Prozent der heimischen Founder stammen aus Deutschland, 29 Prozent aus anderen EU-Ländern und 18 Prozent aus europäischen Nicht-EU-Staaten. 16 Prozent der zugezogenen Gründer:innen kommen aus Ländern außerhalb Europas.
Abgesehen von Kulinarik und Zettelwirtschaft: Wie sehen migrantische Gründer:innen die (wirtschaftliche) Situation in Österreich? Wird ihnen hierzulande das geboten, was sie sich erhoffen? Und ist es attraktiv, im Alpenland zu bleiben? Wir haben bei zwei internationalen Founder:innen nachgefragt.
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR | Foto: MATR
Eine erfolgreiche Founderin hierzulande ist die Schottin Michaela Stephen. Im Jahr 2022 gründete sie mit Verena Judmayer das ClimateTech-Startup MATR. Die beiden arbeiten an einer nachhaltigen Matratzen-Lösung für die Hotellerie. Das soll Kosten, Ressourcen und Müll sparen und die CO2-Emissionen rund um Kauf, Verwendung und Entsorgung von Matratzen um 40 Prozent reduzieren.
Nach Österreich kam die Schottin nicht primär dem Business, sondern der Liebe wegen. Gegründet hat sie nach ihrem Consulting-Job bei Pioneers.io, wo sie ihre jetzige Business-Partnerin Judmayer kennenlernte.
“Wenn ich Verena nicht hätte – sie ist gebürtige Österreicherin – hätte ich wahrscheinlich kein Startup in Österreich gestartet. Oder es hätte dreimal so lange gebraucht”, sagt sie heute. Dreimal so lange ist noch lange nicht alles. Die Gründerin erzählt von einigen Hürden, die der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich abverlangen.
Ein erstes Hindernis im Gründungsprozess war die Bürokratie. Abgesehen von “viel Papierkram” läuft diese in Österreich fast lückenlos in deutscher Sprache ab, sagt Stephen. Englische Dokument-Versionen sind selten.
“Einen einheitlichen Kanal gibt es nicht”
Zudem findet sich auch ein nicht ganz transparenter Zugang zu Informationen rund um Gründung. “Ich würde mir wünschen, Gründungsinformationen für internationale Founder gesammelt zu finden. Das ist leider etwas zerstreut, einen einheitlichen Kanal gibt es nicht.”
Bürokratie bleibt einem Startup-Founder natürlich nie erspart. Hin und wieder ist es allerdings notwendig, sich Hilfe zu holen. Am besten von jenen, die dieselben oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Auch dahingehend hofft Stephen auf Besserung: “Ich würde mir wünschen, ein Netzwerk für internationale Founder zu haben, die nach Österreich kommen oder hier schon aktiv sind. Gerade am Anfang fehlten mir lokale Kontakte und Unterstützungssysteme. Organisationen wie die Vienna Business Agency machen das bereits sehr gut. Sie versuchen, ein internationales Netzwerk zu schaffen. Dennoch würde ich gerne noch mehr mit internationalen Founder:innen in Austausch treten.”
“Nicht dasselbe Support-System wie Männer”
Nicht zu vergessen: Die Situation rund um Female Founders in Österreich: “Es gibt bereits so viele tolle Anreize für Female Startups – zum Beispiel einen Female Bonus bei einigen Förderstellen”, sagt Stephen. “Dennoch glaube ich, dass Frauen immer noch nicht dasselbe Netzwerk und Support-System haben wie Männer.” Unterrepräsentiert sind sie immerhin nach wie vor, sie bekommen weniger Investments und sie gründen weniger häufiger als reine Männerteams.
Die Gründerin wünscht sich indes “mehr Diversität”, also mehr Frauen- aber auch viel mehr diverse Teams im heimischen Startup-Kosmos. Und sie fordert einen grundlegenden Mindset-Change. Ohne diesen helfen Initiativen nur wenig: “Es gibt viele Initiativen, die Frauen und Diversität fördern. Aber ein grundlegender, gesellschaftlicher Konsens ist dazu noch nicht da.”
Anfangen sollte man damit allerdings nicht erst in der Privatwirtschaft: “Junge Menschen, gerade Mädchen, sollte man schon in Schulen über das Unternehmertum informieren und ihnen mögliche Berufswege oder -chancen aufzeigen. Jede Schülerin sollte wissen, dass sie mit ihren Skills ein Unternehmen aufbauen kann und dafür auch die richtige Unterstützung erhält.”
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Stephen plädiert für ein allgemein einfacheres Gründen in Österreich. Unter anderem auch in Hinblick auf das Erhalten der Rot-Weiß-Rot-Karte. Auch Steuererleichterungen für Startups sieht sie als effizientes Vehikel. Barrieren – seien sie sprachlich, bürokratisch oder beides in Kombi – bremsen nicht nur die Gründungsaktivität, sondern beeinflussen vor allem die Stellung des Landes im internationalen Wettbewerb.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern und diverse Teams. Einige Studien zeigen, dass diverse Teams einfach besser performen als nicht-diverse. Ich bin für mehr Angebote, die es Fachkräften erleichtern, nach Österreich zu kommen. Und für mehr Vernetzung sowie für einfache Kommunikation, für mehr transparente Information und einen offenen Umgang miteinander.”
Eric Weisz, Co-Gründer von Circly
Eric Weisz, Co-Founder con Circly | Foto: Tanja Schalling
Auch der Zweifachgründer Eric Weisz hat sein Heimatland hinter sich gelassen. Der Deutsche ist – ebenso wie Michaela – der Liebe wegen nach Österreich gezogen. 2020 gründete er das DeepTech-Startup Circly.
Weisz hat sich mit Circly auf eine Lösung für KI-basierte Forecasts fokussiert. Die Modelle des Startup sind auf Produktions- und Handelsunternehmen spezialisiert, um Effizienz zu steigern und Kosten in der Logistik zu senken.
Zur Gründungssituation in Österreich hat er eine klare Meinung: “Ich muss dir sagen, dass ich die permanente Frustration aller anderen kaum verstehe. Im Software- und DeepTech-Bereich waren die Bedingungen hier grandios.”
Informationspaket zur Gründung
Mit bürokratischen Abläufen war der Founder vertraut. Immerhin handelte es sich bei Circly um seine zweite Gründung: “Ich fand die Gründung super einfach. Und es wird ja mit der Zeit jetzt noch einfacher. Ich komme immerhin aus Deutschland und da bin ich Bürokratie gewohnt. Jedoch verstehe ich aber den Einwand von nicht-deutschsprachigen Kolleg:innen.” Von einem Einwand sollte man sich jedoch nicht abhalten lassen, sonst sei man als Gründer:in nicht geeignet, wenn es schon an Formalitäten scheitert, meint er.
“Es wäre vielen Foundern sehr geholfen, wenn wir die Grundinformation zum Gründen mitsamt allen Fristen, Terminen und Zahlungen in einer Art Informationspaket zur Verfügung hätten. Dann könnten sich die Leute auf den Aufbau ihres Startups fokussieren.”
“Internationale Gründer:innen gehen Probleme anders an”
Immerhin braucht der Staat Gründer:innen, denn “die Privatwirtschaft finanziert den Staat”. Und dass sich dafür vor allem Founder aus anderen Breiten- und Längengraden eignen, weiß Weisz aus Erfahrung:
“Wenn ich mit Gründer:innen aus den USA spreche, fällt mir immer wieder auf, dass wir in Österreich noch sehr konservativ sind. Wir denken meistens zwar nachhaltig, haben aber oft nicht das Big Picture im Kopf. Internationale Gründer:innen gehen anders an Probleme heran. Sie bringen andere Facetten und neue Technologien ein, die wir vielleicht übersehen hätten.”
Damit sei es noch nicht getan: “Was mich am Unternehmertum in Österreich leider wirklich stört: Die Nebenkosten.” Unternehmen ohne Risikokapital aufzubauen und wachsen zu lassen, sei im technologischen Umfeld selten möglich, so der Founder.
Finanziell brauche es Starthilfen: “Österreich hat eine sehr starke Förderlandschaft, gar keine Frage. Aber für wirkliches Unternehmertum braucht es in gewissen Bereichen ein Startkapital. Ich denke, dass die Kapitallandschaft hier wesentlich spannender strukturiert sein könnte.”
Schließlich würde eine offene Kapitalstruktur nicht nur den “Ecospace bekräftigen”, sondern auch den Standort attraktiv machen: “Ich denke, die Grundaufgabe von Gründern ist der Vertrieb, das Netzwerken, die Kundenkommunikation und der Fokus auf das Kerngeschäft. Das Drumherum sollte attraktiver gestaltet werden. Da rede ich nicht nur vom formellen Gründungsprozess, sondern auch von der Infrastruktur rund um Finanzierungen. Je nachdem, in welchem Markt man sich bewegt, kann nicht jeder einfach bootstrappen oder sich von heute auf morgen eine Sales-Maschinerie aufbauen.”
“Österreich ist wie ein gallisches Dorf”
Für Circly geht die Reise vorerst in den Zielmärkten Österreich, Deutschland und den Niederlanden weiter. In puncto Venture Capital blickt man über Landesgrenzen: “Für die erste Finanzierungsrunde geht es noch, aber spätestens für die zweite Runde ist Österreich oft nicht geeignet. Das ist keine Beschwerde, sondern das ist, glaube ich, einfach ein Fakt.”
“Österreich ist ein bisschen wie ein gallisches Dorf. Da würde ich mir einen kulturellen Wandel wünschen. Und zwar, dass man risikobereit ist und neue Dinge ausprobiert”, meint Weisz weiter. Aktuell sei Circly zu großen Teilen in Deutschland aktiv – von Österreich aus. “Weil wir in Deutschland merken, dass die Kultur etwas unternehmensfreudiger ist. Die Unternehmen hören uns zu und sie wollen neue Dinge ausprobieren. Das sehen wir in Österreich eher seltener.”
Der Founder sieht dies als Resultat einer konservativen Denkstruktur: “Hier ist man eher skeptischer oder zweifelt etwas an, bevor man es probiert.” Es sei an der Zeit, die “Ärmel hochzukrempeln”: “Andere Länder sind auch nicht perfekt, aber sie sind sicherlich ein bisschen offener.”
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Sei es der Förderlandschaft, der Kulinarik oder der Liebe wegen: Einige internationale Gründer:innen zieht es nach Österreich. Das ist wichtig und richtig, bringt aber einige Hürden mit sich. Wie Österreich den Status vom “gallischen Dorf” ablegen kann und wo man noch transparenter sein sollte.
Wiener Schnitzel, Kaspressknödel und Kaiserschmarrn haben einiges gemeinsam: Sie sind typisch österreichisch. Typisch österreichisch ist leider auch: Bürokratie, Zettelwirtschaft, lange Amtswege und – klarerweise – die deutsche Sprache. Und: Hier und da eine allgemeine Skepsis vor “Unbekanntem”.
In etwa diese Meinung vertreten Founder aus dem Ausland, die ihr Startup in Österreich gegründet haben. Statistisch gesehen sind das gar nicht so wenige: Rund ein Viertel der in Österreich sitzenden Gründer:innen kommen aus dem Ausland. 37 Prozent der heimischen Founder stammen aus Deutschland, 29 Prozent aus anderen EU-Ländern und 18 Prozent aus europäischen Nicht-EU-Staaten. 16 Prozent der zugezogenen Gründer:innen kommen aus Ländern außerhalb Europas.
Abgesehen von Kulinarik und Zettelwirtschaft: Wie sehen migrantische Gründer:innen die (wirtschaftliche) Situation in Österreich? Wird ihnen hierzulande das geboten, was sie sich erhoffen? Und ist es attraktiv, im Alpenland zu bleiben? Wir haben bei zwei internationalen Founder:innen nachgefragt.
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR
Michaela Stephen, Co-Founder von MATR | Foto: MATR
Eine erfolgreiche Founderin hierzulande ist die Schottin Michaela Stephen. Im Jahr 2022 gründete sie mit Verena Judmayer das ClimateTech-Startup MATR. Die beiden arbeiten an einer nachhaltigen Matratzen-Lösung für die Hotellerie. Das soll Kosten, Ressourcen und Müll sparen und die CO2-Emissionen rund um Kauf, Verwendung und Entsorgung von Matratzen um 40 Prozent reduzieren.
Nach Österreich kam die Schottin nicht primär dem Business, sondern der Liebe wegen. Gegründet hat sie nach ihrem Consulting-Job bei Pioneers.io, wo sie ihre jetzige Business-Partnerin Judmayer kennenlernte.
“Wenn ich Verena nicht hätte – sie ist gebürtige Österreicherin – hätte ich wahrscheinlich kein Startup in Österreich gestartet. Oder es hätte dreimal so lange gebraucht”, sagt sie heute. Dreimal so lange ist noch lange nicht alles. Die Gründerin erzählt von einigen Hürden, die der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich abverlangen.
Ein erstes Hindernis im Gründungsprozess war die Bürokratie. Abgesehen von “viel Papierkram” läuft diese in Österreich fast lückenlos in deutscher Sprache ab, sagt Stephen. Englische Dokument-Versionen sind selten.
“Einen einheitlichen Kanal gibt es nicht”
Zudem findet sich auch ein nicht ganz transparenter Zugang zu Informationen rund um Gründung. “Ich würde mir wünschen, Gründungsinformationen für internationale Founder gesammelt zu finden. Das ist leider etwas zerstreut, einen einheitlichen Kanal gibt es nicht.”
Bürokratie bleibt einem Startup-Founder natürlich nie erspart. Hin und wieder ist es allerdings notwendig, sich Hilfe zu holen. Am besten von jenen, die dieselben oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Auch dahingehend hofft Stephen auf Besserung: “Ich würde mir wünschen, ein Netzwerk für internationale Founder zu haben, die nach Österreich kommen oder hier schon aktiv sind. Gerade am Anfang fehlten mir lokale Kontakte und Unterstützungssysteme. Organisationen wie die Vienna Business Agency machen das bereits sehr gut. Sie versuchen, ein internationales Netzwerk zu schaffen. Dennoch würde ich gerne noch mehr mit internationalen Founder:innen in Austausch treten.”
“Nicht dasselbe Support-System wie Männer”
Nicht zu vergessen: Die Situation rund um Female Founders in Österreich: “Es gibt bereits so viele tolle Anreize für Female Startups – zum Beispiel einen Female Bonus bei einigen Förderstellen”, sagt Stephen. “Dennoch glaube ich, dass Frauen immer noch nicht dasselbe Netzwerk und Support-System haben wie Männer.” Unterrepräsentiert sind sie immerhin nach wie vor, sie bekommen weniger Investments und sie gründen weniger häufiger als reine Männerteams.
Die Gründerin wünscht sich indes “mehr Diversität”, also mehr Frauen- aber auch viel mehr diverse Teams im heimischen Startup-Kosmos. Und sie fordert einen grundlegenden Mindset-Change. Ohne diesen helfen Initiativen nur wenig: “Es gibt viele Initiativen, die Frauen und Diversität fördern. Aber ein grundlegender, gesellschaftlicher Konsens ist dazu noch nicht da.”
Anfangen sollte man damit allerdings nicht erst in der Privatwirtschaft: “Junge Menschen, gerade Mädchen, sollte man schon in Schulen über das Unternehmertum informieren und ihnen mögliche Berufswege oder -chancen aufzeigen. Jede Schülerin sollte wissen, dass sie mit ihren Skills ein Unternehmen aufbauen kann und dafür auch die richtige Unterstützung erhält.”
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern”
Stephen plädiert für ein allgemein einfacheres Gründen in Österreich. Unter anderem auch in Hinblick auf das Erhalten der Rot-Weiß-Rot-Karte. Auch Steuererleichterungen für Startups sieht sie als effizientes Vehikel. Barrieren – seien sie sprachlich, bürokratisch oder beides in Kombi – bremsen nicht nur die Gründungsaktivität, sondern beeinflussen vor allem die Stellung des Landes im internationalen Wettbewerb.
“Wenn wir innovativ bleiben wollen, brauchen wir Talente aus anderen Ländern und diverse Teams. Einige Studien zeigen, dass diverse Teams einfach besser performen als nicht-diverse. Ich bin für mehr Angebote, die es Fachkräften erleichtern, nach Österreich zu kommen. Und für mehr Vernetzung sowie für einfache Kommunikation, für mehr transparente Information und einen offenen Umgang miteinander.”
Eric Weisz, Co-Gründer von Circly
Eric Weisz, Co-Founder con Circly | Foto: Tanja Schalling
Auch der Zweifachgründer Eric Weisz hat sein Heimatland hinter sich gelassen. Der Deutsche ist – ebenso wie Michaela – der Liebe wegen nach Österreich gezogen. 2020 gründete er das DeepTech-Startup Circly.
Weisz hat sich mit Circly auf eine Lösung für KI-basierte Forecasts fokussiert. Die Modelle des Startup sind auf Produktions- und Handelsunternehmen spezialisiert, um Effizienz zu steigern und Kosten in der Logistik zu senken.
Zur Gründungssituation in Österreich hat er eine klare Meinung: “Ich muss dir sagen, dass ich die permanente Frustration aller anderen kaum verstehe. Im Software- und DeepTech-Bereich waren die Bedingungen hier grandios.”
Informationspaket zur Gründung
Mit bürokratischen Abläufen war der Founder vertraut. Immerhin handelte es sich bei Circly um seine zweite Gründung: “Ich fand die Gründung super einfach. Und es wird ja mit der Zeit jetzt noch einfacher. Ich komme immerhin aus Deutschland und da bin ich Bürokratie gewohnt. Jedoch verstehe ich aber den Einwand von nicht-deutschsprachigen Kolleg:innen.” Von einem Einwand sollte man sich jedoch nicht abhalten lassen, sonst sei man als Gründer:in nicht geeignet, wenn es schon an Formalitäten scheitert, meint er.
“Es wäre vielen Foundern sehr geholfen, wenn wir die Grundinformation zum Gründen mitsamt allen Fristen, Terminen und Zahlungen in einer Art Informationspaket zur Verfügung hätten. Dann könnten sich die Leute auf den Aufbau ihres Startups fokussieren.”
“Internationale Gründer:innen gehen Probleme anders an”
Immerhin braucht der Staat Gründer:innen, denn “die Privatwirtschaft finanziert den Staat”. Und dass sich dafür vor allem Founder aus anderen Breiten- und Längengraden eignen, weiß Weisz aus Erfahrung:
“Wenn ich mit Gründer:innen aus den USA spreche, fällt mir immer wieder auf, dass wir in Österreich noch sehr konservativ sind. Wir denken meistens zwar nachhaltig, haben aber oft nicht das Big Picture im Kopf. Internationale Gründer:innen gehen anders an Probleme heran. Sie bringen andere Facetten und neue Technologien ein, die wir vielleicht übersehen hätten.”
Damit sei es noch nicht getan: “Was mich am Unternehmertum in Österreich leider wirklich stört: Die Nebenkosten.” Unternehmen ohne Risikokapital aufzubauen und wachsen zu lassen, sei im technologischen Umfeld selten möglich, so der Founder.
Finanziell brauche es Starthilfen: “Österreich hat eine sehr starke Förderlandschaft, gar keine Frage. Aber für wirkliches Unternehmertum braucht es in gewissen Bereichen ein Startkapital. Ich denke, dass die Kapitallandschaft hier wesentlich spannender strukturiert sein könnte.”
Schließlich würde eine offene Kapitalstruktur nicht nur den “Ecospace bekräftigen”, sondern auch den Standort attraktiv machen: “Ich denke, die Grundaufgabe von Gründern ist der Vertrieb, das Netzwerken, die Kundenkommunikation und der Fokus auf das Kerngeschäft. Das Drumherum sollte attraktiver gestaltet werden. Da rede ich nicht nur vom formellen Gründungsprozess, sondern auch von der Infrastruktur rund um Finanzierungen. Je nachdem, in welchem Markt man sich bewegt, kann nicht jeder einfach bootstrappen oder sich von heute auf morgen eine Sales-Maschinerie aufbauen.”
“Österreich ist wie ein gallisches Dorf”
Für Circly geht die Reise vorerst in den Zielmärkten Österreich, Deutschland und den Niederlanden weiter. In puncto Venture Capital blickt man über Landesgrenzen: “Für die erste Finanzierungsrunde geht es noch, aber spätestens für die zweite Runde ist Österreich oft nicht geeignet. Das ist keine Beschwerde, sondern das ist, glaube ich, einfach ein Fakt.”
“Österreich ist ein bisschen wie ein gallisches Dorf. Da würde ich mir einen kulturellen Wandel wünschen. Und zwar, dass man risikobereit ist und neue Dinge ausprobiert”, meint Weisz weiter. Aktuell sei Circly zu großen Teilen in Deutschland aktiv – von Österreich aus. “Weil wir in Deutschland merken, dass die Kultur etwas unternehmensfreudiger ist. Die Unternehmen hören uns zu und sie wollen neue Dinge ausprobieren. Das sehen wir in Österreich eher seltener.”
Der Founder sieht dies als Resultat einer konservativen Denkstruktur: “Hier ist man eher skeptischer oder zweifelt etwas an, bevor man es probiert.” Es sei an der Zeit, die “Ärmel hochzukrempeln”: “Andere Länder sind auch nicht perfekt, aber sie sind sicherlich ein bisschen offener.”
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