05.08.2022

Pre-Seed & Seed: Tipps für die Startup-Finanzierung von Ben Ruschin

Profi Ben Ruschin gibt einen Einblick und Ratschläge, worauf Startup-Gründer bei den ersten Finanzierungsrunden achten sollten.
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Benjamin Ruschin hat unter anderem Big Cheese Ventures mitgegründet © Katharina Schiffl
Benjamin Ruschin hat unter anderem Big Cheese Ventures mitgegründet © Katharina Schiffl

Wenn du eine Wachstumsstrategie (versus Bootstrapping) verfolgst, wirst du früher oder später Geld aufstellen müssen. Als Gründer sollte dir Bewusst sein, dass die Entscheidungen, die du im Zuge deines Fundraisings triffst, einen signifikanten Einfluss auf dein Startup wie auch auf dein persönliches Wohlbefinden haben werden. Um welche Entscheidungen geht es?

  • Wieviel Geld stelle ich wann auf?
  • Zu welcher Bewertung?
  • Welche Art von Investoren spreche ich an?
  • Welche Erwartungen wecke ich bei meinen Investorinnen?
  • Was erwarte ich von meinen Investorinnen und wie sieht die Zusammenarbeit aus?
  • Mache ich das Fundraising selbst (habe ich die Kapazität und Kontakte?) oder hole ich mir jemanden ins Boot der mich dabei unterstützt?

In meiner eigenen Zeit als Startup-Gründer und insbesondere seit dem Launch von Big Cheese Ventures haben mein Geschäftspartner, Mark Kaslatter und ich eine Vielzahl an Situationen bei Startups erlebt, die wir keinem Gründer und keiner Gründerin wünschen. Allesamt Situationen, die deshalb passiert sind, weil den Gründerinnen die nötige Erfahrung und das entsprechende Vorwissen gefehlt hat. Die wirtschaftlichen Gegebenheiten die wir im Zuge der verschiedenen, sich überlappenden Krisen erleben, macht das Fundraising für Startups nicht einfacher. Investor-Sentiment befindet sich auf einem Tiefpunkt, viele Angels, Family Offices und VCs verfolgen eine sehr viel konservativere Investment-Strategie als noch vor ein, zwei Jahren.

Mein Ziel mit diesem Beitrag ist es, Gründerinnen ein wenig von dem nötigen Vorwissen mitzugeben, welches ich gerne in meiner operativen Gründerzeit gehabt hätte. Der Einfachheit halber richte ich mich an Startups in der Pre-Seed und Seed-Phase (und fokussiere mich auf die Investorenkategorie Business Angels), wiewohl einige der nachfolgenden Punkte auch für Series A+ Runden (und Family Offices, VCs) eine Anwendung finden. Los geht’s!

Wieviel Geld soll ich aufstellen? Stelle mehr Geld auf als du brauchst und wappne dich für dein Worst-Case-Szenario. 

Eine Finanzierungsrunde vom Anfang bis zum Ende durchzuziehen erfordert viel Zeit und Energie. Zeit und Energie, die bei deiner operativen Rolle als Startup-Gründerin fehlen wird (Mitarbeiterführung, Kundenakquise, usw.). Ich empfehle dir, genug Geld aufzustellen um einen Runway von mind. einem Jahr zu gewährleisten. Somit wirst du mal sechs bis acht Monate lang Ruhe haben, bis du mit der Vorbereitung der nächsten Runde startest. Vom Volumen her solltest du genug Geld aufstellen, um die Aktivitäten umzusetzen, die es braucht damit du die KPIs erreichen kannst, um in der nächsten Runde Erfolge vorzuweisen und eine entsprechende Bewertung zu erzielen. Wichtig ist, dass du dich auf den Fortschritt und das Wachstums deines Startups konzentrieren kannst – dafür brauchst du einen freien Kopf und ein smartes, erfahrenes Team.

Gründer:innen unterschätzen in ihren Forecasts fast immer die Kosten die hierbei auf sie zukommen und überschätzen in den meisten Fällen die Umsätze und Kapitalspritzen (zB Förderungen). Umsätze werden oft deshalb unterschätzt, weil der Time to Product-Market Fit fast immer länger dauert als geplant, der Sales-Prozess erst aufgesetzt und optimiert, Sales Staff gefunden/angestellt/ongeboardet werden muss und die Conversion Rate anfangs wesentlich konservativer ist als geplant. Das sind jetzt nur mal drei Themen, die fast immer zutreffen. Was bedeutet das jetzt für dich als Gründer:in? Kalkuliere dein Worst-Case-Szenario und setze darauf basierend deine Fundraising-Runde auf. Gehe von Verzögerungen, Rückschlägen und deutlich höheren Kosten aus, als die mit denen du Anfangs gerechnet hast. Verlasse dich nicht auf Umsatzprognosen, Förderungen, Darlehen oder mündliche Zusagen. Falls sie dennoch eintreffen, ist das ein Goodie über das du dich freuen kannst. Die eine Lehre, die wir aus der Covid-Krise ziehen können ist es, den Worst Case immer einzuplanen.

Wenn du zu wenig Geld aufstellst wirst du keine Erfolge herbeiführen können. Du wirst dir die Senior-Mitarbeiter:innen nicht leisten können, deinen Product-Market-Fit nicht schaffen, und die Umsätze nicht lukrieren mit denen du geplant hast. Das wird sich direkt auf die nächste Finanzierung (vor allem auf deine Bewertung) auswirken – denn ohne Erfolge wird’s schwer. Stelle mehr Geld auf als du brauchst und plane das Worst-Case-Szenario ein (zB Produkt-Market Fit dauert viel länger als geplant; null Umsatz in den nächsten 12 Monaten; die €200k Förderung mit der du gerechnet hast fällt weg; usw.).

Wann ist die “perfekte” Zeit zum fundraisen? Die gibt es nicht. Aber es gibt ein paar Grundregeln, die du beim Timing beachten solltest.

Haarsträubend aber dennoch Realität: Überraschend viele Gründer starten mit dem Fundraising zu einem Zeitpunkt wo es eigentlich schon zu spät ist. Die Antworten auf die Frage “wieviel Geld hast du noch am Konto?” belaufen sich oft auf niedrige fünfstellige oder sogar vierstellige Beträge. Milde ausgedrückt: Das ist nicht besonders vorteilhaft:

  1. Du riskierst damit alles wofür du gearbeitet hast. Wenn du in dieser Situation keine Finanzierung mehr aufstellen kannst, ist es vorbei.
  2. Du hast deinen Cashflow (und dein Startup) nicht im Griff. Dieses Signal sendest du deinen (potenziellen) Investor:innen.
  3. Die Verhandlungsposition gegenüber deinen potenziellen Investor:innen ist besonders schlecht, denn jetzt sitzen sie am längeren Ast und du bist auf sie angewiesen. Du riskierst damit eine deutlich schlechtere Bewertung bzw. auch darüber hinausgehend schlechtere Rahmenbedingungen als es unter anderen Umständen der Fall wäre (z.B. saftige Discounts auf die nächste/n Finanzierungsrunde/n, oder Call-Optionen zugunsten der Investor:innen).
  4. Du wird bei der Auswahl deiner zukünftigen Investor:innen nicht wählerisch sein können. Du wirst nehmen müssen, was du in der Hitze des Gefechts bekommen kannst. 

Zusammengefasst, riskierst du einen größeren Anteil an deinem Startup abtreten müssen, zu schlechteren Rahmenbedingungen, und musst womöglich Gesellschafter ins Boot holen die du sonst nicht aufgenommen hättest. Auf die Startup-internen  Auswirkungen einer Kostenbremse (z.B. das Kündigen von Mitarbeiter:innen) gehe ich jetzt nicht weiter ein.

Das Fazit? Starte mit dem Fundraising zu einem Zeitpunkt wo du das Geld noch nicht brauchst.

Idealerweise startest du mit den Vorbereitungen für die Finanzierungsrunde sechs Monate bevor dir das Geld ausgeht. Das ermöglicht dir folgendes:

  • Du kannst dir in Ruhe überlegen, welche Kriterien dir bei der Auswahl deiner Investor:innen wichtig sind;
  • du kannst den Investor-Markt in Ruhe durchforsten, kannst dir die Zeit nehmen um dich über bestimmte Investor:innen zu informieren;
  • du wirst die Gespräche mit Investor:innen erhobenen Hauptes führen können, mit einer vorteilhaften Verhandlungsposition und dementsprechenden Rahmenbedingungen (insb. was deine Bewertung betrifft);
  • du wirst nur die Investor:innen ins Boot holen, die du wirklich haben willst;
  • du wirst die Finanzierungsrunde stressfrei angehen können, was deinem Team, deinem Fortschritt und deinem persönlichen Wohlbefinden zugute kommen wird.

Die beste Voraussetzung für erfolgreiche Investorengespräche ist eine gut gelaunte, motivierte und stressbefreite Gründerin, die ihren Laden im Griff hat und frühzeitig (rechtzeitig!) fundraisen geht. Du sendest damit ein positives Signal an deine Gesprächspartner: Du hast dein Startup im Griff und kannst somit die Rahmenbedingungen erwirken, die du dir vorgenommen hast. 

„Ich möchte mit dem Fundraisen lieber noch etwas warten, damit ich eine höhere Bewertung erzielen kann“

Ja, das hören wir oft. War auch mein Zugang als ich noch operativer Gründer war. Kann man machen: Die Fundraisingrunde nach hinten schieben um Meilensteine zu erreichen, die eine höhere Bewertung rechtfertigen. Das geht, wenn du noch ausreichend Cash am Konto hast (unter Rücksichtnahme auf dein Worst-Case-Szenario). Wenn das nicht der Fall ist, geht es eben nicht – das Thema habe ich oben schon ausführlich behandelt.

Aber selbst wenn du gerade über ein sattes Cash-Polster verfügst, gibt es einen Weg wie du eine Finanzierungsrunde zu einer Bewertung abschließen kannst, die von zukünftigen Erfolgen abhängt. 

Wie schließe ich eine Finanzierungsrunde zu einer Bewertung ab, die an zukünftige Erfolge gekoppelt ist?

Ein Wandeldarlehen (CLA, „Convertible Loan Agreement“) bietet dir eine solche Möglichkeit: Deine Investor:innen geben dir ein Darlehen, welches zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt – im Zuge einer Kapitalerhöhung – in Anteile umgewandelt wird (erst mit Ausübung des Wandlungsrechts erwirbt der Investor einen Anteil und wird als neuer Gesellschafter ins Firmenbuch eingetragen). Die Bewertung zu der diese Anteile dann zum Stichtage X in Anteile umgewandelt werden, wird erst im Zuge der Kapitalerhöhung bestimmt und die Bewertung des Unternehmens erfolgt damit auf Basis zukünftiger Unternehmensergebnisse. Häufig wird dem Investor, der ein Wandeldarlehen gibt, ein Discount von 25% auf die Bewertung der nächsten Finanzierungsrunde gewährt. Was bedeutet das für dich? Wenn du bis zu nächsten Finanzierungsrunde Erfolge vorweist und eine besonders hohe Bewertung erzielst, bezahlen die jetzt hinzukommenden Investoren einen hohen Preis für die Anteile – und vice versa. Das ist auch aus Sicht der Investorinnen fair, denn wenn du schlechter als geplant performst, bekommen sie ein größeres Stück vom Kuchen.

Eine weitere Möglichkeit ist es, die Bewertung des zugrundeliegenden Wandeldarlehens an die Erreichung von in der Zukunft liegenden Meilensteinen zu koppeln, z.B. an ein Umsatzziel, oder an die Akquise eines strategischen Partners. Wichtig ist, dass die Rahmenbedingungen, die du im Zuge der Finanzierungsrunde mit deinen neuen Investor:innen vereinbarst, für beide Seiten leicht verständlich sind und als fair empfunden werden. 

Fazit: Cash is King. 

Cash is King. Um dein Startup vorwärts zu bringen wirst du genügend Cash benötigen. Du wirst Konferenzen besuchen, Marktforschung betreiben, dein Produkt entwickeln, Kunden akquirieren, Mitarbeiter anstellen und Gehälter bezahlen müssen. Es liegt an dir, zu entscheiden, wann du wieviel Geld aufstellst. Warte nicht zu lange. Schaffe eine einfache und faire Struktur für deine Transaktion und hol’ dir die richtigen Experten ins Boot.

Im nächsten Beitrag werde ich Themen ansprechen wie z.B. die Höhe deiner Unternehmensbewertung, die Transaktionsstruktur und die Best-Practices die damit einhergehen. Zwischenzeitlich freue ich mich über konstruktives Feedback und angeregte Diskussionen zu den hier genannten Themen – gerne auf LinkedIN.

Über den Autor

Benjamin Ruschin berät und unterstützt Startups mit Big Cheese Ventures bei der Durchführung von Finanzierungsrunden und M&A-Transaktionen. Ben ist Co-Founder von WeAreDevelopers und darüber hinaus an zahlreichen Startups beteiligt. Mit Founders of Europe investiert er Industrie-agnostisch in Startups in der Pre-Seed & Seed-Phase.

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Julia Kruslin, Co-Founderin von beatvest (c) Adobe Stock, beatvest

Dieses Interview ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


brutkasten: Wie viel Zeit muss ich aufwenden, um das notwendige Grundwissen in Sachen Geldanlage zu haben, damit ich überhaupt loslegen kann?

Julia Kruslin: Durch ETFs ist das Investieren heute unglaublich einfach und zugänglich geworden. Ein ETF verteilt das Geld von Anlegern automatisch auf viele verschiedene Unternehmen. Mit nur einem einzigen Investment können Anleger so an Hunderten oder sogar Tausenden Unternehmen beteiligt sein. Wer ein paar Grundlagen versteht, kann mit ETFs beruhigt das erste Investment starten. Dank moderner Investment-Apps ist der Einstieg schon mit kleinen Beträgen, oft ab einem Euro, möglich – das macht den Start besonders leicht.

Interessanterweise sehe ich oft, dass Menschen, die sich besonders intensiv in Trading einlesen, am Ende denken, sie könnten nun wie erfahrene Profis investieren. Doch meistens führt das dazu, dass sie Entscheidungen zu kompliziert machen und am Ende schlechter abschneiden als diejenigen, die einfach und beständig auf ETFs setzen. In dem Fall ist weniger tatsächlich oftmals mehr – weniger Wissen ergibt hier mehr Rendite.

Ich erstelle einen ETF-Sparplan, mit dem ich monatlich einen fixen Betrag in den Weltaktienindex MSCI World investiere, und damit ist alles erledigt: Richtig oder falsch?

Ein Sparplan auf den MSCI World ist ein guter erster Schritt, um Vermögen aufzubauen. Er investiert automatisch in über 1.400 Unternehmen aus elf verschiedenen Branchen und 23 Ländern. So wird das Risiko auf viele unterschiedliche Unternehmen verteilt. Im Vergleich zu Einzelaktien oder Kryptowährungen ist der MSCI World eine solide Grundlage, die für viele Anleger sinnvoll ist.

Allerdings gibt es auch Punkte, die man im Hinterkopf behalten sollte. Ob ein solches Investment geeignet ist, hängt davon ab, wie lange das Geld angelegt werden soll und wie viel an Schwankungen man ertragen kann. Außerdem ist der MSCI World stark auf den US-Markt ausgerichtet – etwa zwei Drittel des Fonds sind in US-Unternehmen investiert. Es ist daher wichtig, sich dieses „Amerika-Schwerpunkts“ bewusst zu sein und gegebenenfalls zusätzlich in andere Regionen, wie zum Beispiel Deutschland oder Europa, zu investieren, um diesen Fokus auszugleichen.

Bei beatvest empfehlen wir zusätzlich, das Geld noch breiter zu streuen, um Risiken besser abzufedern. Neben dem MSCI World, welcher viele Aktien bündelt, können beispielsweise auch Rohstoffe, Immobilien oder Anleihen in den Plan aufgenommen werden, was ebenfalls einfach und bequem mit ETFs möglich ist.

Wenn ich mich beispielsweise entscheide, in den MSCI World zu investieren: Wie finde ich heraus, welchen MSCI-World-ETF ich nehmen soll? Es gibt ja mehrere – was sind die Unterschiede?

Um den richtigen ETF zu finden, kannst du auf folgende Punkte achten; diese werden in deiner Investment-App in der Regel direkt angezeigt: Erstens ist die Art der Erträge wichtig. Manche ETFs schütten Gewinne aus, andere legen sie automatisch wieder an. Letztere bezeichnet man als thesaurierend. Wenn du langfristig Vermögen aufbauen willst, ist es ratsam, dass die Gewinne direkt wieder investiert werden, denn so arbeiten diese direkt für dich weiter.

Der zweite Punkt ist das Fondsvolumen. Bei der Wahl eines ETFs ist ein Fondsvolumen von mindestens 500 Millionen Euro sinnvoll. Wenn ein ETF von vielen Anlegern genutzt wird, kann der Handel einfacher und kostengünstiger gemacht werden. Der dritte Punkt sind die Kosten. ETFs sind grundsätzlich sehr günstig. Wenn du dich nicht zwischen zwei ETFs entscheiden kannst, achte auf die Gebühren – „TER“ genannt – und wähle den günstigeren.

Aber zerbrich dir nicht zu sehr den Kopf darüber. Oftmals ist der Unterschied zwischen ETFs gar nicht so gewaltig.

Welche Fehler machen Einsteiger:innen oft bei der Geldanlage, und wie können diese vermieden werden?

Der größte Fehler, den viele machen, ist, dass sie sich zu lange nicht trauen, ihr erstes Investment zu starten – und dadurch wertvolle Zeit verlieren, meistens sogar Jahre. Dabei gibt es bei einem Betrag von beispielsweise fünf Euro kaum etwas zu verlieren; ganz im Gegenteil: Das erste Investment bringt einen unbezahlbaren Schub an Selbstbewusstsein und Erfahrung. Die Devise lautet daher: Grundwissen aneignen und dann einfach loslegen – mit kleinen Beträgen starten und Schritt für Schritt Vertrauen gewinnen!

Der größte Fehler, den viele machen, ist, dass sie sich zu lange nicht trauen, ihr erstes Investment zu starten.

Wie finde ich heraus, welche Anlagestrategie zu meinem Risikoprofil passt?

Wissen ist dabei entscheidend. Wenn du sehr risikoavers bist und schlecht mit vorübergehenden Kursverlusten umgehen kannst, solltest du eher Anlagen wählen, die weniger stark schwanken – auch wenn diese in der Regel eine geringere Rendite bringen.

Was ich noch dazu sagen möchte: In Österreich und Deutschland sind viele Menschen von Natur aus vorsichtig mit dem Thema Geldanlage. Oft wird direkt angenommen, dass der Finanzmarkt „nichts für einen ist“, nur weil die Rendite nicht garantiert ist. Dabei hat der MSCI World in den letzten 30 Jahren durchschnittlich acht Prozent pro Jahr an Wert gewonnen, auch wenn es zwischendurch mal bergab ging.

Ich empfehle jedem, sich mit den Chancen und Risiken des Investierens auseinanderzusetzen und dann neu zu überlegen, ob man wirklich so stark auf Sicherheit setzen möchte. Denn das größte Risiko ist oft, das Geld einfach auf dem Konto liegen zu lassen – so wird es durch die Inflation nach und nach mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit an Wert verlieren.

Welche Rollen können Einzelaktien spielen? Sind ETFs jedenfalls die bessere Wahl, weil diversifizierter – oder können Einzelaktien auch sinnvoll sein?

Wir distanzieren uns davon, Einzelaktien als Grundlage für den Vermögensaufbau zu nutzen, da niemand sicher vorhersagen kann, wie sich der Wert eines einzelnen Unternehmens entwickelt. Ein neuer Wettbewerber oder sogar eine schlechte Führung durch den CEO können dazu führen, dass ein Unternehmen in Schwierigkeiten gerät.

Wenn du jedoch eine besondere Leidenschaft für bestimmte Marken hast oder ein Unternehmen besonders gut kennst – was aber nur selten zutrifft –, kann es durchaus Spaß machen, gelegentlich etwas Geld in einzelne Aktien zu stecken.

Kryptowährungen sind auch bei Einsteiger:innen populär. Andererseits sind sie sehr volatil und gelten als hochriskant. Welche Rolle können oder sollen Kryptowährungen in der Geldanlage spielen?

Ich investiere persönlich einen Teil meines Geldes in Kryptowährungen, sehe aber kritisch, dass Krypto-Investitionen von vielen Menschen mit herkömmlichen Investments gleichgesetzt werden. Die Mechanismen hinter Krypto funktionieren ganz anders und sind noch sehr neu im Vergleich zum traditionellen Finanzmarkt. Wer sich gut informiert und die Risiken versteht, kann bewusst in Krypto investieren.

Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem Kryptowährungen fest in der Gesellschaft verankert sind. Der Wert von Krypto basiert derzeit stark auf der Hoffnung, dass es sich in Zukunft etablieren wird. Sollte das passieren, steckt heute noch viel Wachstumspotenzial darin – aber das Gegenteil könnte ebenso eintreten und zu erheblichen Verlusten führen.

Besorgniserregend finde ich, dass viele Menschen mit Krypto ins Investieren einsteigen und teilweise sogar ausschließlich darauf setzen. Der traditionelle Finanzmarkt bietet zahlreiche Möglichkeiten, um mit – im Vergleich zu Krypto – sicheren Anlagen Renditen zu erzielen. Daher rate ich den meisten Menschen, bei der Altersvorsorge und beim langfristigen Vermögensaufbau auf solide Investments zu setzen und Krypto, falls Interesse und Risikobereitschaft vorhanden sind, nur als ergänzenden Teil hinzuzufügen.

Was muss ich steuerlich wissen? Viele in Österreich verfügbare Neobroker sind nicht „steuereinfach“, das heißt, ich muss mich selbst um meine Steuern kümmern. Wie schwierig ist das bzw. ist es für Einsteiger:innen generell empfehlenswert, steuereinfache Broker zu verwenden?

Es ist sehr zu empfehlen, einen steuereinfachen Broker zu nutzen. Andernfalls müssten Anfänger:innen die Steuern selbst berechnen und abführen – ein oft so komplexer Prozess, dass es in der Praxis kaum machbar ist. Mit einem steuereinfachen Broker entfällt dieser Aufwand komplett, da die Steuern automatisch abgeführt werden und man sich darüber keine Gedanken machen muss.

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