20.05.2022

Post-Innovationschef: Startup-Kooperationen für mehr Innovation

Michael Andrae ist Leiter für zentrale Innovation bei der Österreichischen Post. Im brutkasten-Interview erzählt er von Kooperationen mit Startups und wie Österreich zu einem innovationsfreundlicherem Land werden könnte.
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Head of Central Innovation der Österreichischen Post, Michael Andrae, im brutkasten-Interview über Startup-Kooperationen und Innovationsideen in Österreich © brutkasten
Head of Central Innovation der Österreichischen Post, Michael Andrae, im brutkasten-Interview über Startup-Kooperationen und Innovationsideen in Österreich © brutkasten

Um innovative Ideen und innovative Technologien voran zu bringen, kommt es vermehrt zu Kooperationen zwischen großen und kleinen Unternehmen. Ein Beispiel hierfür ist die Österreichische Post, die bereits in der Vergangenheit einige erfolgreiche Kooperationen mit Startups eingegangen ist bzw. abgeschlossen hat. Seit drei Jahren gibt es bei der Post die Abteilung für zentrale Innovation. Michael Andrae, der Leiter dieser Abteilung, erklärt im Interview, was die Ziele der Österreichischen Post sind, wie sie interne und externe Innovation vorantreiben möchten und was die Zusammenarbeit mit Startups dabei bringen kann. Außerdem wirft er einen Blick auf den Standort Österreich und verweist auf Änderungsmöglichkeiten, um das Wachsen von innovativen Ideen auch hier attraktiver zu machen.

Du bist Head of Central Innovation bei der Österreichischen Post. Wie kann man sich die Tätigkeit in dieser Position vorstellen?

Die ‘zentrale Innovation’ sorgt für den Vernetzungsaspekt, der beim Thema Innovation so wichtig ist. Für uns ist Innovation ein alltäglich gelebtes Verständnis, das wir in allen Geschäftseinheiten abbilden – es gibt dementsprechend in all unseren Geschäftsbereichen Innovationseinheiten. Diese müssen vernetzt werden. Seit drei Jahren ist bei der zentralen Innovation eine der Hauptaufgaben, sich nach innen und nach außen zu vernetzen.

Welche Rolle spielt Innovation bei der Post im Allgemeinen?

Das Thema Innovation ist bei uns immer sehr eng mit der Strategie verzahnt. Es geht uns also darum, den Kund:innen näher zu kommen, indem Lösungen und Herausforderungen laufend neu interpretiert werden. So sollen letztendlich für unsere Kund:innen die besten Lösungen am Markt gefunden werden.

Was hat man für einen Background als Head of Central Innovation?

Ich bin seit 20 Jahren im Thema Innovation zuhause, bin selbst Gründer und habe in der Vergangenheit eine Art Handy-Parkschein mitentwickelt. Ich bin sehr glücklich, dass ich seit nun drei Jahren gemeinsam mit der Österreichischen Post diesen Weg gehen darf, wo wir die Vernetzungsaufgabe zum Leben erweckt haben.

Die Post möchte die Zusammenarbeit mit Startups weiter ausbauen. Gibt es denn bereits erste Beispiele dazu, was bisher umgesetzt wurde?

Ein Beispiel, das ich gerne nennen möchte ist die PHS, was eine für uns sehr wichtige Startupidee war. Hier haben wir gemeinsam mit Student:innen der TU Graz von der Pike auf eine auf dem internationalen Markt völlig neue Technologie aufgebaut. Diese nennt sich Rapid Unloader und zeigt: Wenn wir uns einem Thema annehmen, dann führen wir das auch bis zum Ende durch. Vor kurzem wurde es an ein dänisches Unternehmen verkauft und ist hoffentlich bald eine für die Logistik völlig unverzichtbare Lösung.

Aus welchen Bereichen und Feldern dürfen sich Startups bewerben, um eine solche Kooperation mit der Österreichischen Post einzugehen?

Allen voran gehört natürlich Brief-, Paket- und E-Commerce zu unserem Kerngeschäft. Auch das Thema Werbemarkt ist für uns relevant, denn wir sind hier einer der großen Player und sind immer auf der Suche nach neuen digitalen aber auch analogen Lösungen, die unser Portfolio erweitern. Ein weiteres Thema ist jenes der Geschäftsprozesslösungen – hier suchen wir aktuell nach Intelligent-Document-Analysis-Lösungen. Auch die Bereiche Energiemanagement und nachhaltiger Ausbau unserer Elektroflotte sind aktuell relevante Themen für uns. Alle Startups bzw. Gründer:innen sind hier natürlich eingeladen, sich bei uns zu melden.

Kannst du denn noch weitere Beispiele aus bisherigen Projekten nennen?

Wir haben zum Beispiel in einem Accelerator-Programm ein portugiesisches Startup gefunden, das AI-basierte Videoerkennung für uns durchführt. Ich glaube, dass bisher noch wenige Leute wissen, wie wichtig für uns das Thema Artificial Intelligence ist.

Das heißt, es dürfen sich Startups aus allen Ländern für eine Kooperation bewerben?

So ist es. Die Problemlösung steht im Vordergrund. Woher das Startup kommt, ist dabei selbstverständlich nachrangig. Außerdem suchen wir nicht nur für Österreich, sondern denken auch im Kontext der gesamten Post-Gruppe.

Würdest du als Innovationsmanager sagen, dass Österreich ein innovationsfreundliches Land ist?

Ich denke, dass wir hier sehr viele Strukturen haben, die es erlauben, dass Menschen gute Ideen entwickeln. Ich glaube auch, dass es sehr gut funktioniert, diese Ideen bis zur Startrampe zu bringen. Allerdings wäre es schön, wenn wir in Österreich noch ein Stück besser darin werden würden, Unicorns zu produzieren. Es ist ja oft schade zu lesen, wenn eine Idee hier erfunden und dann weiterverkauft wurde. Da trifft uns das typische österreichische Schicksal, dass man sagt: “Oh, das war eine tolle Idee, aber warum ist das denn nie aus Österreich heraus finanziert und groß gemacht worden?”

Was sind deine Leidenschaftsprojekte?

Zu meinen Leidenschaftsprojekten gehört unter anderem das Thema Vorzimmer-Zustellung, was in den Bereich Smart-Home gehört. Wir glauben, dass wir hier tatsächlich auch international die Nase vorne haben.

Mit Blick auf die erwähnten Kooperationen: Was sind hier die Vorteile für die Post und was sind die Vorteile für die Startups?

Wir als Österreichische Post bekommen zwei Dinge: Einerseits den Mut, Dinge zu entwickeln und andererseits die Fantasie, neue Wege zu denken. Von unserer Seite können wir Startup Zugang zu den vielleicht besten Kund:innennetzwerk in Österreich, unser logistisches E-Commerce-Know-How und ein ehrliches Feedback anbieten. 

Welche Rahmenbedingungen braucht es in Österreich für noch mehr Innovation?

Ein Stück mehr Mut kann nie schaden. Außerdem sehe ich mit Blick auf weibliche Gründerinnen definitiv Nachholbedarf und sehr viel Ideen-Potential. Wir freuen uns, dass sich hier bereits etwas tut, denn es gibt immer noch viel zu viel männliche Gründer – damit werden 50 Prozent der Menschheit nicht abgedeckt. 

Post-Innovationschef Andrae im brutkasten-Talk

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Der vegane „Camembert“ des Wiener Startups Freundeskreis ist seit Juni dieses Jahres in ausgewählten veganen Supermärkten erhältlich. Co-Gründerin Mona Heiß gibt im Interview mit brutkasten einen Einblick in die nächsten Schritte des Unternehmens.
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Das „Kernteam“: Leo Sulzmann, Mona Heiß und Markus Korn. (c) Freundeskreis

Käsealternativen aus Cashewnüssen, Mandeln, Soja oder Erbsenprotein: Der Markt für Käseersatzprodukte erlebt derzeit eine Hochphase. Auch das Startup Freundeskreis hat es sich zur Mission gemacht, mit seinem pflanzlichen „Cam-mhh-berta“ die Käsewelt zu transformieren. Anstelle von Milchkulturen, die in herkömmlichem Camembert verwendet werden, setzt das Unternehmen auf eine untypische Zutat: Marillenkerne – ein Nebenprodukt der heimischen Obstindustrie.

Ende letzten Jahres konnte Freundeskreis eine Förderung von 400.000 Euro von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) sichern – brutkasten berichtete. Mit dieser Förderung bauten sie nicht nur ihre Produktion aus, sondern brachten auch ihren veganen „Cam-mhh-berta“ erfolgreich auf den Markt. Im Interview mit brutkasten berichtet Co-Gründerin Mona Heiß über die Fortschritte des Startups und die Pläne für die Zukunft.

Freundeskreis wird mit weiteren 97.000 Euro gefördert

Seit Juni dieses Jahres ist der pflanzliche “Cam-mhh-berta” in ausgewählten Bio-Supermärkten in Wien erhältlich: Pepper & Ginny (1010), Maran Vegan (1060) und Markta (1090). Das Feedback ist vielversprechend: Nach Unternehmensangaben wurden in den ersten vier Monaten bereits rund 1.000 Stück verkauft.

Nur wenige Monate nach der aws-Förderung konnte sich Freundeskreis eine weitere finanzielle Unterstützung sichern: Die Wirtschaftsagentur Wien stellte über die Förderschiene “Produktion” dem Startup rund 97.000 Euro zur Verfügung. Wie Co-Gründerin Mona Heiß im Interview mit brutkasten verrät, soll das Geld in eine neue Pilot-Käsefabrik in Wien-Penzing fließen, die zugleich als zukünftiger Firmenstandort dienen wird.

Bisher finanziert sich Freundeskreis ausschließlich über Fördermittel. Für die kommenden Monate plant das Team jedoch eine Finanzierungsrunde im Frühjahr, um Investor:innen zu gewinnen und das Wachstum des Startups weiter voranzutreiben.

Marillenkerne liefert Cremigkeit und gesunde Nährstoffe

Freundeskreis entwickelte eine pflanzliche Käsealternative, die primär aus Marillenkernen besteht: den „Cam-mhh-berta“. Laut dem Unternehmen ist dieser geschmacklich und in der Konsistenz kaum von herkömmlichem Camembert zu unterscheiden. Der Grund liege in den Eigenschaften der Marillenkerne, die reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sind. Diese Nährstoffe sorgen demnach nicht nur für gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch maßgeblich zur cremigen Textur bei, erklärt Heiß.

Die Produktion des „Cam-mhh-berta“ erfolgt in „traditioneller Handarbeit“ auf einem Bauernhof im Wienerwald, in einer ehemaligen Käserei. Dabei setzt Freundeskreis auf dasselbe Verfahren, das auch bei der Herstellung von Kuhmilchkäse Anwendung findet. Das Ergebnis sei ein Käse, der sich durch “Cremigkeit, Nachhaltigkeit und Tradition” auszeichnet.

“Cam-mhh-berta” besteht nur aus vier Zutaten

Das Besondere an der Käsealternative sind die Marillenkerne, die als Hauptzutat dienen. Diese fallen normalerweise als Abfall- oder Nebenprodukt der Saft- und Marmeladenproduktion an. Freundeskreis bezieht die Kerne von regionalen Lieferanten, darunter das niederösterreichische Scaleup Kern Tec – brutkasten berichtete. Aus den Marillenkernen wird durch ein speziell entwickeltes Verfahren eine milchige Flüssigkeit gewonnen, die mithilfe von Reifekulturen, veganen Enzymen und Mikroorganismen zum „Cam-mhh-berta“ verarbeitet wird. Die Käsealternative kommt mit nur vier Zutaten aus: Marillenkerne, Salz, Wasser und vegane Reifekulturen.

Ein kritischer Punkt bei der Verarbeitung von Marillenkernen ist die darin enthaltene Blausäure, die gesundheitsschädlich sein kann. Hier hat Gründer und Forscher Leo Sulzmann ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Blausäure auf natürliche Weise abzubauen.

Freundeskreis-Team wächst

Hinter dem Food-Startup Freundeskreis stehen Forscher und Geschäftsführer Leonhard Sulzmann sowie Co-Gründerin Mona Heiß. Während Sulzmann sich auf die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte konzentriert, verantwortet Heiß die Kreativdirektion und den Markenaufbau. Zum Kernteam gehört außerdem Sales- und Operations-Verantwortliche Markus Korn. Mittlerweile zählt das Team sechs Mitglieder, die gemeinsam am weiteren Ausbau der Marke Freundeskreis arbeiten.

Zukünftig sollen mehr vegane Käsealternativen auf den Markt kommen

Freundeskreis arbeitet aktuell an der Entwicklung weiterer veganer Käsealternativen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll eine vegane „Frischkäsevariante“ auf Basis der Marillenkerne auf den Markt kommen. Doch das ist nicht alles: Eine weitere Produktreihe ist bereits in Planung. Co-Gründerin Mona Heiß verrät, dass es sich dabei voraussichtlich um ein Produkt handeln werde, das speziell zum Backen geeignet sei. Langfristig will das Startup außerdem auch einen veganen „Hartkäse“ anbieten. Die Herstellung dieses Produkts ist jedoch komplexer, da es aufgrund des verwendeten Verfahrens eine bestimmte Zeit für die Reifung benötigt.

In den kommenden Wochen soll außerdem ein Online-Shop live gehen, über den die Produkte von Freundeskreis direkt bestellt werden können. Diese Plattform wird zunächst als Testversion betrieben, um herauszufinden, wie gut sich die Produkte für den Direktvertrieb eignen. Geplant ist dabei ein Modell, bei dem die Käsealternativen erst auf Bestellung und nicht auf Vorrat produziert werden. Weiter in die Zukunft gedacht, kann sich das Startup auch den Vertrieb in Supermärkten vorstellen.

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