26.09.2017

Plug and Play: 400 Startups mit Top-Corporates im Betonklotz

Von Sunnyvale im Silicon Valley aus hat der Plug and Play Accelerator inzwischen weltweit 25 Standorte gestartet. Wichtiger Bestandteil des Konzepts sind die Industriepartner.
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(c) Dominik Perlaki: Cubicles der Corporate-Partner im Plug and Play Tech Center (verzerrte Aufnahme).

Eigentlich kam Saeed Amidi aus einem sehr traditionellen Business. Der spätere Plug and Play-Founder besaß eine ganze Reihe mehr oder weniger großer Immobilien. Darunter waren viele kleine, relativ unauffällige Büros. Nichts besonderes also, wären sie nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. So gab es um das Jahr 2000 herum eine Reihe von Startups – niemand wusste, ob aus ihnen etwas wird – die sich in Büros von Amidi einmieteten. Da war etwa ein kleiner Suchmaschinenanbieter namens Google. Oder der Entwickler einer seltsamen neuen Payment-Lösung, namens PayPal.

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Equity für Miete aus mangelndem Vertrauen

Mit PayPal begann dann auch die Geschichte von Amidi als Startup-Investor. “Er hat nicht darauf vertraut, dass sie tatsächlich die Miete zahlen können. Die Miete fürs erste Jahr ließ er PayPal im Voraus zahlen. Im zweiten Jahr nahm er von ihnen dann Equity als Miete”, erzählt Johannes Rott, Partnership Manager bei Plug and Play. Die gute Erfahrung damit, Startups zu hosten und in sie zu investieren, brachte Amidi auf das Accelerator-Konzept. 2006 baute er das jetzige Plug and Play Tech Center in Sunnyvale vom Halbleiter-Betrieb zum Startup-Zentrum um.

(c) Dominik Perlaki: Johannes Rott auf der Dachterrasse des Plug and Play Tech Center Sunnyvale.

400 bis 450 Startups zu jeder Zeit in Programmen

Schön ist es nicht, das Plug and Play Tech Center Sunnyvale in seinem Jahrzehnte alten Betonklotz. Arbeitsplätze darin sind meist im “Cubicle”-Stil gehalten. Auch die vielen “Walls” mit Plaketten, die von den Errungenschaften des Accelerators künden, sind nicht schön im klassischen Sinne. Aber darum geht es nicht. “Wir haben hier zu jeder Zeit 400 bis 450 Unternehmen drinnen”, sagt Rott. Das sind einerseits Startups, die verschiedene dreimonatige Programme durchlaufen und andererseits Corporates und Later Stage Startups, die ständig einen oder einige wenige Mitarbeiter im Zentrum haben. Die Zusammenarbeit mit den etablierten Unternehmen sei dabei essenziell, erklärt Rott. Es gibt allgemeine Programme, die “Startup Camps”, und spezifische Programme für bestimmte Verticals. Für jede Branche hat Plug and Play dabei eine reihe großer Konzerne als Partner. Generell gilt: Startups zahlen für die Teilnahme Programm nichts, sogar ihr Essen wird bezahlt. Das Geld kommt von den Industrie-Partnern.

Meiste Investments im Silicon Valley

Plug and Play nimmt von den Startups auch keine Anteile für die Teilnahme. “Letztendlich investieren wir aber in 30 bis 40 Prozent der Teilnehmer”, erzählt Rott. Dadurch war Plug and Play im Jahr 2016 auch zum wiederholten Male der größte VC im Silicon Valley – von der Anzahl der Investments her, nicht vom Volumen. “Wir investieren typischerweise zwischen 25.000 und 500.000 Dollar”, erklärt Rott. Dabei ginge es um Pre-Seed- und Seed-Runden. Serie A-Runden seien schon sehr selten. Trotzdem versuche man auch Later-Stage-Startups in den Accelerator zu bekommen, da die Industriepartner häufig nach ausgereifteren Projekten suchen. Bei diesen gäbe es dann meist Co-Investments.

International: Keine exklusiven Accelerators

Auf der Kooperation mit Corporate-Partnern bauen auch die weltweit 25 weiteren Accelerator-Programme auf. Unter ihnen ist etwa der Axel Springer Plug and Play Accelerator in Berlin, bei dem unter anderem N26 dabei war. In Stuttgart wurde mit Daimler der Accelerator “Startup Autobahn” gestartet. “Mit unserem System bekommen Corporate Partner aber keine exklusiven Accelerators”, erklärt Rott. In diesem Fall ist unter anderem auch Porsche dabei. Tatsächlich hätte es auch schon Versuche mit exklusiven Akzeleratoren gegeben. “Da kamen dann deutlich weniger Prototypen heraus als sonst und es wurde letztendlich überhaupt kein Projekt umgesetzt”, erzählt Rott.

Zwei Startups je Quartal mit Ticket der Außenwirtschaft Austria

Weitere Programme gibt es etwa in China, Brasilien, Singapur, Japan und Spanien. Auch Österreich käme als weiterer Standort in Betracht, sagt Rott. Schon jetzt nehmen regelmäßig österreichische Startups an den Programmen in Sunnyvale Teil. Die Außenwirtschaft Austria hat einen kleinen Arbeitsplatz im Zentrum, der pro Quartal je zwei Startups zur Verfügung steht, die dann am “Startup Camp” teilnehmen. Erst vor kurzem stattete auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl dem Tech Center einen Besuch ab, wie einer der vielen “Walls” zu entnehmen ist.

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Disclaimer: Dieser Beitrag entstand in redaktioneller Unabhängigkeit. Die Berichterstattung direkt aus San Francisco wird mit finanzieller Unterstützung von go International (www.go-international.at), der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) ermöglicht.

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Plasmateria, Angels United
(c) Plasmateria - Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros von Plasmateria.

Die Investmentgruppe Angels United von Karl Büche, Markus Ertler, Niki Futter, Hermann Futter und Michael Edtmayer hat einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag in das Wiener Startup Plasmateria investiert. Das Investment der Business Angels wird von aws Start-up Invest gehebelt.

Plasmateria: Alternative für bisherige Verfahren

Plasmateria wurde von Bernhard Kohlhauser und Martin Jaros gegründet und hat etwas geschafft, was man in der Branche nicht für möglich gehalten hat. Das Startup fokussiert auf eine Entwicklung innerhalb der PVD (Physical Vapor Deposition)-Technologie. Finanziert mit Unterstützung von aws Preseed sowie aws Seedfinancing konnten die Founder beweisen, dass auch Bauteil-Innenflächen bis zu einem Durchmesser von nur vier Millimetern mit PVD beschichtet werden können.

Konkret entwickelt Plasmateria neuartige Beschichtungstechnologien für Innenflächen als eine umweltfreundliche Alternative zu bisherigen Verfahren, welche größtenteils durch das Verbot von hexavalentem Chrom durch die EU betroffen sind.

Die Oberflächentechnologie der Wiener biete dementsprechend nicht nur eine grüne Alternative zur galvanischen Verchromung von Innenflächen, sondern könne auch die Lebensdauer von Bauteilen durch moderne keramische Beschichtungen verbessern. Klassische Verchromungsprozesse sind umweltgefährdend und dürfen in der EU nur mit Ausnahmegenehmigungen weiter eingesetzt werden. Plasmateria setzt daher auf ihr Plasma-basiertes PVD-Verfahren, das in der Lage ist, vergleichbare Chrombeschichtungen gänzlich ohne die Verwendung von problematischen Chemikalien abzuscheiden, wie es heißt.

“Game Changer”

“Plasmateria ist ein echter Game-Changer in der Beschichtungsindustrie”, sagt Karl Büche, der bei diesem Investment den Lead der Angels United innehat. “In den letzten Jahrzehnten war hier technologischer Stillstand. Es gab weder grundlegende Innovation bei den Verfahren noch merkliche Bewegungen bei den Anbietern und in der gesamten Struktur dieser Industrie. Das Gründerteam besteht aus ausgewiesenen Experten, die viel Erfahrung in der Industrie gesammelt haben und motiviert sind, ihr Wissen für eine nachhaltigere Zukunft einzusetzen. Das Timing von Plasmateria ist, nicht zuletzt durch das EU-Verbot bestehender Verfahren, hervorragend.”

Plasmateria
(c) patrickmuennich.com – (vl.l.n.r.) Karl Büche, Business Angel & Co-Founder Angels United, Hermann Futter, Geschäftsführer Compass Gruppe & Co-Founder Angels United, Niki Futter, Business Angel & Co-Founder Angels United, Markus Ertler, Business Angel & Co-Founder Angels United, Michael Edtymayer, Geschäftsführer und Co-Founder Angels United und Alexandra Ruzsa, Geschäftsführende Gesellschafterin der Compass Gruppe.

Die Beschichtungstechnologien von Plasmateria zielen, wie betont wird, nicht darauf ab, Marktteilnehmer zu verdrängen, sondern neue Anwendungsgebiete zu eröffnen. Besonders spannend sei vor allem der Einsatz der IDC-Technologie im Bereich der wasserstoffbasierten Energie- und Mobilitätslösungen. Hier könnten keramische Beschichtungen dazu beitragen, Leitungen und andere Innenflächen mit Diffusionsbarrieren zu versiegeln, um Materialversprödung und den Verlust von Wasserstoff zu minimieren.

Zu den potenziellen Anwendungsbereichen der neuen Beschichtungsverfahren gehören unter anderem Formwerkzeuge, Extruder, Stoßdämpfer, Aktuatoren, Gleit- oder Wälzlager und Wärmetauscher. Durch den Einsatz der IDC-Technologie können auch Bauteile beschichtet werden, die bislang nicht für solche Verfahren geeignet waren.

Plasmateria mit dreiphasigem Markteintritt

Das Startup plant seinen gestaffelten Markteintritt in drei Phasen. In der ersten Phase wird eine umweltfreundliche Alternative zur Chrombeschichtung angeboten, die bis hinunter auf fünf Millimeter Innendurchmesser angewendet werden kann. In weiteren Schritten sollen keramische Beschichtungen sowie spezielle Lösungen wie Wasserstoffdiffusions-Barrieren und Schichten für größere Bauteile folgen.

“Mit Angels United holen wir uns ein Team aus erfahrenen Unternehmern mit exzellentem Netzwerk und viel Erfahrung beim Company Building ins Boot”, sagt Co-Founder Kohlhauser. “Zusammen werden wir mit Plasmateria ein Unternehmen bauen, welches für frischen Wind in der Beschichtungsindustrie sorgen wird. Wir haben ehrgeizige Pläne für nachhaltige Oberflächentechniken – auch über die Innenbeschichtungen hinaus.”

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