15.03.2022

Plattform “Verpackung mit Zukunft”: “Startups können sich mit Entscheidungsträgern vernetzen”

Die Plattform "Verpackung mit Zukunft" hat Mitglieder entlang der gesamten Verpackungswertschöpfungskette. Wir sprachen mit Plattformkoordinatorin Sandra Pechac über ein neues Angebot für Startups.
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Sandra Pechac | (c) Plattform
Sandra Pechac | (c) Plattform "Verpackung mit Zukunft"
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Unter den Mitgliedern der Plattform „Verpackung mit Zukunft“ sind Konsumgüterunternehmen wie Danone, Coca-Cola und L’Oréal, Kunststoff- und Verpackungsspezialisten wie Alpla, Greiner und Constantia Flexibles, aber auch Dienstleistungsunternehmen im Bereich Circular Economy und Recycling wie die RecycleMe GmbH, Brantner und Steinbeis PolyVert. Gemeinsam verfolgen sie ein Ziel: Die Kreislaufwirtschaft im Verpackungsbereich weiter auszubauen. Seit kurzem gibt es auch eine deutlich vergünstigte Mitgliedschaft für Startups. Im Interview erzählt Plattformkoordinatorin Sandra Pechac, was die Plattform erreichen will, wie hier zusammengearbeitet wird und warum Startups von einer Mitgliedschaft profitieren.


Was ist das Ziel der Plattform “Verpackung mit Zukunft”?

Da Verpackungen allgegenwärtig und aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken sind, müssen wir dafür sorgen, das Beste daraus zu machen, und bestmöglich damit umgehen. Die Ziele der Plattform sind vielfältig. Allem voran geht es um die Reduktion, die Wiederverwendung und das Recycling von Verpackungen. Zentral ist für uns auch die Etablierung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft, in der kein Wertstoff verloren geht und natürlich keine Verpackung in der Umwelt landet.

Außerdem geht es uns um die Versachlichung der Diskussion über Verpackungen. Sie soll offener und faktenbasierter werden. Wir wollen zeigen, dass kein Verpackungsmaterial von vornherein besser oder schlechter ist als ein anderes. Es ist ein sehr komplexes Thema, das man differenziert darstellen muss. Deswegen leisten wir auch viel Aufklärungsarbeit. Wir wollen in den Köpfen der Menschen verankern, dass gebrauchte Verpackungen kein Müll sind, sondern wertvolle Rohstoffe, die zurück in den Kreislauf geführt werden müssen, um den besten Impact zu haben.

Die Plattform hat sehr unterschiedliche Mitglieder, darunter Konsumgüterhersteller ebenso wie Verpackungsproduzenten, Maschinenbauer und Recycling-Spezialisten. Wie wird zusammengearbeitet?

Die Mitglieder der Plattform kommen tatsächlich aus allen Bereichen der Verpackungswertschöpfungskette. Das sehe ich auch als wesentlichen USP. Es schafft die Möglichkeit, an jedem Punkt des Verpackungskreislaufs einzuhaken, nachzufragen und Verbesserungen zu diskutieren. Bestehende Lösungen im Verpackungsbereich können so zu einer ganzheitlichen Lösung zusammengeführt werden oder teilweise auch komplett neu gedacht werden. Dazu haben wir Partner und Expert:innen in jedem Bereich. Wir wollen gemeinsam eine Stimme nach außen sein. Und je größer diese Stimme ist, umso besser.

Wir bringen unsere Plattformmitglieder so oft wie möglich zusammen an einen Tisch und geben in unterschiedlichen Settings und Gremien die Möglichkeit für einen Austausch. Dreimal im Jahr findet unsere Mitgliederversammlung statt, bei der Vertreter:innen aller Unternehmen zusammenkommen und sich in einem co-kreativen Prozess austauschen können. Das machen wir teilweise virtuell, aber wenn es möglich ist natürlich am liebsten live und in Farbe. Einmal im Jahr gibt es den CEO-Summit der Plattform, bei dem auf C-Level-Ebene die strategische Weiterentwicklung diskutiert wird. Dort können etwa auch politische Themen gut angesprochen werden. Vergangenes Jahr gab es dort zum Beispiel eine Keynote aus dem Bundesministerium und eine anschließende Diskussion zu den relevantesten politischen Themen.

Zudem arbeiten wir an gemeinsamen Leuchtturmprojekten für Verpackungsinnovationen. Und wir entwickeln verschiedene Social Media-Formate. Letztes Jahr haben wir etwa mit Expert:innen der Plattformmitglieder FaktenCheck-Videos produziert, mit denen wir über Verpackungsmythen aufgeklärt haben. 2022 konzentriert sich die Plattform auf den ökologischen und gesellschaftlichen Nutzen der in Umlauf gebrachten Verpackungen. Dabei gehen die Themenschwerpunkte Innovation, Industrie und Alltag Hand in Hand: Wir wollen beleuchten was hinter den Kulissen der Herstellung steckt und wie viel Innovation Teil des Alltags der Konsument:innen ist.

Die Plattform “Verpackung mit Zukunft” hat seit kurzem auch ein Angebot für Startups. Können die auch aus all den verschiedenen Bereichen sein?

Die grundsätzliche Idee der Plattform ist, gemeinsam entlang der gesamten Wertschöpfungskette die Kräfte zu bündeln und gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet: Ja, unser Angebot richtet sich an alle Startups, die entlang der Verpackungswertschöpfungskette angesiedelt sind. Egal ob es eine innovative Möglichkeit für Recycling ist, oder eine Verpackungslösung – und gerne auch in anderen Bereichen, die vielleicht nicht so offensichtlich sind. Da geht es etwa um Digitalisierung, App-Lösungen, New Materials und Circular Economy. Im Bereich Verpackungen ist wirklich sehr viel möglich. Weil Verpackungen die Haltbarkeit von Lebensmittel verlängern, ist auch Lebensmittelverschwendung ein großes Thema für uns. Wir sind offen für neue Ideen und sämtliche Verpackungsmaterialien. Alle, die das Thema Kreislaufwirtschaft vorantreiben wollen, sind bei uns willkommen.

Was haben Startups ganz konkret von einer Mitgliedschaft?

Es ist klar, dass Lösungen für Verpackungen der Zukunft nur gemeinsam gefunden werden können. Man muss früh im Verpackungskreislauf zusammenarbeiten und sehr viel kommunizieren und interagieren. Unter unseren Plattformmitgliedern sind namhafte Größen und Vorreiter in ihren Bereichen. Die Plattform bietet Startups also die Möglichkeit, sich mit Entscheidungsträgern zu vernetzen. Das gilt nicht nur für die Mitgliedsunternehmen, sondern darüber hinaus auch für das Netzwerk der Plattform in Politik, Wirtschaft und Handel.

Dieses Jahr arbeiten wir ganz konkret an Leuchtturmprojekten und wollen an bestehenden Lösungen weiterarbeiten. Wir wollen Innovation ganz viel Raum geben. Dazu haben wir unterschiedliche Arbeitsgruppen etabliert. Dort kann man bei bestehenden Projekten mitarbeiten, oder auch neue Ideen für Leuchtturmprojekte in die Runde der Mitglieder einbringen. Das bietet für Startups definitiv eine gute Möglichkeit, ihre Geschäftsidee bzw. ihr Produkt zu präsentieren und gleich Kontakte in der Branche zu knüpfen und sich Feedback von Expert:innen zu holen.

Abgesehen davon ist die Plattform “Verpackung mit Zukunft” ein sehr gutes Sprachrohr in der Öffentlichkeit. Wir haben verschiedene Social Media-Formate, machen Promotions und leisten Aufklärungsarbeit direkt bei Konsument:innen. Wir sind ein glaubwürdiger Ansprechpartner für Medien und andere relevante Zielgruppen. Das schafft zusätzliche Visibility und Awareness. Die Plattform schafft die Möglichkeit, Synergien zu nutzen, und gibt zusätzliche Power bei der Weiterentwicklung der Ideen der Startups in diesem Bereich, von denen es bestimmt schon eine Vielzahl da draußen gibt.

Kannst du mir ein Beispiel von einem Startup nennen, das bei der Plattform dabei ist?

Das Startup cirplus aus Hamburg ist seit mehr als einem Jahr dabei. Das Unternehmen fungiert als digitale Beschaffungsplattform für Rezyklate und Kunststoffabfälle. Es ist also ein Startup, das sich mittels digitaler Technologie dem Kampf gegen den Plastikmüll und für die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen angenommen hat.

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Konflikte, Konflikte in Unternehmen, Mediation, Mediator, ostal
(c) Stock.Adobe/gnublin - Es gibt verschiedene Arten von Unternehmenskonflikten.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe unseres Jubiläum-Printmagazins – “Wegbereiter”. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.


Es war nur eine Bemerkung am Rande – doch sie schwillt an und gärt wie verfaulendes Obst. Und sie wird bleiben, wird weitere Verletzungen aufnehmen und wachsen; sich steigern, bis sie zum Problem und dann klar benennbar für alle zu einem fassbaren Begriff wird. Erst dann wird man es Konflikt nennen, obwohl der Beginn schon viel früher vollzogen war. Mit dieser einen Bemerkung am Rande.

Laut Definition im Duden ist ein Konflikt „das Aufeinanderprallen widerstreitender Auffassungen, Interessen oder eine ähnlich entstandene schwierige Situation, die zum Zerwürfnis führen kann“. Dies ist auch die allgemeine Auffassung im kollektiven Bewusstsein von Gesellschaften. Dabei wird aber oft übersehen, dass ein Konflikt je nach Bereich weitaus mehr Ebenen hat.

Für Jürgen Dostal, Konfliktexperte und Gründer von Proconsens.at, sind es im unternehmerischen Umfeld andere Dynamiken als im Privaten, die vor allem das Arbeitsklima massiv beeinflussen können. Personen fühlen sich seinen Erkenntnissen nach in ihren Werten oder im Handeln eingeschränkt oder gar gemobbt, während anderen oftmals gar nicht bewusst sei, dass es eine Art von negativer Interaktion gegeben hat. Da kann es zu interpersonellen oder gar IntergruppenKonflikten (Abteilungen, Teams) kommen, mit der möglichen Folge, sich gegeneinander auszuspielen – ohne die wahren Gründe für die Unstimmigkeiten zu thematisieren.

Die Konfliktarten

Passend dazu hat das HR-Startup Personio eine Unterteilung des Begriffs in verschiedene Punkte vorgenommen. Konflikte können in Unternehmen zwischen Mitarbeiter:innen gleicher Ebene (Kolleg:innen) entstehen, zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden oder zwischen ganzen Teams bzw. Abteilungen. Das Konfliktmanagement unterscheidet daher zwischen einer ganzen Reihe von Konfliktarten.

Bei Sachkonflikten handelt es sich um unterschiedliche Auffassungen in Sachfragen, etwa um die beste Methode, eine Aufgabe zu erledigen, oder welches Feature als Nächstes in ein Produkt eingebaut werden soll.

Beziehungskonflikte nennt man den Zustand, wenn das zwischenmenschliche Verhältnis gestört ist. Sie fußen meist auf negativen Erlebnissen oder Vorurteilen und sind oft nur Ausdruck anderer, unterbewusster Konflikte. Missverständnisse in der Kommunikation sind eine weitere Konfliktart, in der beteiligte Parteien schlicht falsche Schlüsse aus dem Gesagten ziehen.

Ressourcenkonflikte nennt man es, wenn Mitarbeiter:innen die Verteilung der Unternehmensressourcen persönlich als ungerecht empfinden.

Bei Zielkonflikten wiederum prallen verschiedene Abteilungen aufeinander – etwa wenn eine mit Kürzungen zu hadern hat, die andere jedoch auf die Arbeit ihrer Kolleg:innen angewiesen ist, um Firmenziele zu erreichen (z. B. Development vs. Vertrieb).

Wertekonflikte sind indes geprägt von persönlichen Moralvorstellungen, die zu Zwistigkeiten führen können, wenn Führungskräfte oder die Belegschaft entgegen persönlicher Einstellungen handeln.

Die Studie „Konfliktkultur in Österreichs Unternehmen“, die Jürgen Dostal und sein Team mit 300 Teilnehmer:innen (66 Prozent Führungskräfte) ausgearbeitet haben, zeigt eines der Grundprobleme in unternehmensspezifischen Konfliktfällen: Leader subsumieren im Wesentlichen unterschiedliche Interessenslagen (77 Prozent) bzw. Interaktionen, bei denen sich mindestens zwei Akteur:innen beeinträchtigt sehen, als Konflikt. Nur 48 Prozent der Befragten folgen der Auffassung, dass ein Konflikt auch dann vorliegt, wenn sich von mehreren Personen lediglich eine beeinträchtigt sieht. Damit würden rund die Hälfte der Manager:innen spezielle Vorfälle wie Mobbing oder das „Getroffensein von Bemerkungen“ nicht als Konflikt ansehen – mit möglichen weitreichenden Folgen.

Was innen passiert, bleibt innen

Hier geht es, in anderen Worten, um Beispiele, in denen sich Personen durch vereinzelte Aussagen von Kolleg:innen oder Führungskräften irritiert fühlen und ihre Irritation nicht artikulieren; oder, falls doch, die Situation nicht als „Konflikt aus dem Inneren“ wahrgenommen wird. Ungelöste und unterbewusste (unerkannte) Konflikte beeinträchtigen das Arbeitsklima, weiß Dostal. Sie senken die Zufriedenheit am Arbeitsplatz und auch die Produktivität, erhöhen die Fluktuation im Team, erzeugen Stress und gefährden die Gesundheit (Anstieg der Krankenstände); was schlussendlich zu einer schlechteren Qualität im Unternehmen führt und stark dem Firmenimage schadet.

Konflikte
(c) Proconsens.at – Jürgen Dostal von Proconsens.at

„Dort, wo Konflikte bestehen, ziehen sich Menschen zurück“, sagt er, „mit negativen Auswirkungen. Spannend ist ja, dass über 60 Prozent unserer Befragten sagen, dass sie nicht mit entsprechenden Skills ausgestattet sind, um Konflikte zu lösen.“ Dabei wären es laut dem Mediator ganz einfache Kommunikationsfähigkeiten, die es braucht, um Probleme anzugehen. „Es ist nicht kompliziert“, führt Dostal weiter aus. „Man muss sich Zeit nehmen und kommunizieren. Es geht nicht darum, den Konflikt ‚wegzureden‘, sondern um ein aktives Zuhören und ein Verstehen, worum es den beteiligten Personen geht. Das Problem hier ist, dass jahrzehntelang Führungskräfte bestellt wurden, nicht um zu führen; sie wurden aus einer traditionellen Rolle des Expertentums heraus rekrutiert, aber ohne in Führungsskills zu investieren. Viele Gründe für Konflikte liegen jedoch spezifischer vergraben und brauchen Skills, um erkannt zu werden.”

Für Diana-Maria White, Rechtsanwältin, Verteidigerin in Zivil- und Strafsachen und Wirtschaftsmediatorin, sind Konflikte im Job-Kontext etwas „strukturell Normales, wie sie bereits im Oktober 2023 im brutkasten-Talk erklärte. Man gehe mit fremden Menschen eine Bindung ein, die man privat gar nicht kenne. „Die Eskalation des Konflikts kommt dann durch subjektive Befindlichkeiten“, sagte sie damals. „Er geht manchmal aus Nichtigkeiten los und schaukelt sich auf. Wenn der Konflikt verfestigt ist, bekomme ich ihn teilweise nicht mehr gelöst.“

Eskalationsstufen beim Konflikt

Der Konfliktforscher Friedrich Glasl beschreibt in diesem Sinne die Eskalation eines Konflikts in neun Stufen, die sich in drei Hauptphasen gliedern. Die erste Phase ist geprägt von gelegentlichen Spannungen bis hin zu heißen Debatten, in denen sich Streitende gegenseitig unter Druck setzen. Hier können dem Forscher zufolge Konflikte noch konstruktiv gelöst werden.

Die zweite Phase öffnet das Persönliche – das Ziel ist nun, den Konflikt zu gewinnen; dabei werden Werkzeuge wie Drohungen, Sanktionen und Machtspiele eingesetzt. In so einem Fall wird eine Partei als „Verlierer“ aus dem Konflikt scheiden, was zu einem zerrütteten Arbeitsklima und gestörtem Arbeitsverhältnis führt – mit Auswirkungen auf die Produktivität.

In der dritten und heftigsten Phase wollen alle Beteiligten einander nur noch schaden – und sie riskieren damit sogar den eigenen Untergang und den des ganzen Unternehmens. In Zahlen können laut Dostal 72 bis 75 Prozent aller Konflikte gelöst werden.

„Eine Führungskraft kann allerdings nur bis zur Eskalationsstufe 4 helfen, darüber braucht es Mediatoren“, sagt er. „Bei Stufe 7 bis 9 braucht es Expertenteams, da geht es nur mehr ums Vernichten des anderen.“

Für Dostal ist eine Unternehmensmediation unparteiisch und ermöglicht die Entwicklung eines Spektrums von Lösungsmöglichkeiten und Perspektiven mit den größtmöglichen Überschneidungen zwischen Streitenden.

„Wir sprechen unterschiedliche Sprachen, geben Worten unterschiedliche Bedeutungen mit, je nach Erfahrung, Werten, Alter, Hintergrund“, erklärt Dostal. „Am Arbeitsplatz, mit all dem Konkurrenzdenken, kann Emotion eine ganz riesige Rolle spielen. Mediatoren übersetzen, paraphrasieren und stellen die Umstände für die Parteien klarer dar. Es geht darum, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu erzeugen.“

Ein ungelöster Konfliktfall

Der Konfliktexperte erinnert sich an einen Fall, der nicht gelöst werden konnte, um präziser zu erläutern, was Unternehmer:innen heute fehlt. Die Causa damals befasste sich mit der Auflösung eines Dienstverhältnisses eines jungen Mitarbeiters, der mehr als 50 Prozent Fehlzeiten zu Buche stehen hatte. Das Spannende an dem jungen Mann war sein Selbstbild, das jedoch nicht mit der Außenwahrnehmung übereinstimmte.

„Die Person hat gedacht, sie könne Dinge viel besser als die anderen, müsse nichts Neues lernen und sei zum Führen bestimmt“, erinnert sich Dostal. „Sie konnte aber nicht nachweisen, dass sie diese Dinge tatsächlich beherrscht.“

Der Mediator sieht in dem jungen Mann von einst ein typisches „Goldlöffelkind“, dem man ständig unreflektiert positives Feedback gegeben hatte – und damit die „Self Perception“ fütterte, fehlerfrei zu sein.

„Niemand agiert fehlerfrei“, betont Dostal. „Doch der junge Mann konnte Kritik nicht annehmen. Es war spannend zu beobachten, denn die Wahrnehmung des jungen Mitarbeiters ist seine persönliche Realität; und das müssen Arbeitgeber realisieren und lernen, mit Menschen umzugehen.

Konkret geht es öfter auch darum, gewisse Dinge aus der Vergangenheit einer Person zu kompensieren. Dazu muss man eine neue Art des Führens lernen. Als ‚Arschloch-Chef’ – Sternekoch Tim Raue hat den Begriff geprägt – hat man heute keinen Erfolg mehr. Es braucht keinen mehr, der brüllt, sondern einen, der konstruktives Feedback liefern kann; auch bei Menschen, die Schwierigkeiten haben, mit Kritik umzugehen.“

„Konflikte benötigen Reife“

Alles andere könne zu einer veritablen Persönlichkeitskrise führen, in der sich vor allem junge Personen verletzt zurückziehen. „Um Konflikte zu lösen, benötigt es Reife“, so Dostal. Eine Reife, über die Lisa Smith vom Lieferketten-Startup Prewave verfügt, ruft man sich ihre Worte aus dem November 2023 in Erinnerung: Ein Jahr zuvor war sie mit ihrem Scaleup in ein größeres Office gezogen und musste mit ihrem FlexDesk-System über 100 Leute unter einen Hut bringen.

„Da sind ein paar Sachen aufgekommen und wir haben versucht, aufeinander zuzugehen“, erzählte sie damals über den Firmenumzug. Für die Gründerin war es in diesen Konfliktsituationen wichtig, das Gespräch zu suchen und als ersten Schritt herauszufinden, was überhaupt passiert ist, so ihr Zugang: „In größeren Firmen wird das aber immer schwieriger. Wichtig ist, das Gegenüber zu verstehen, damit man konstruktiv zusammenarbeiten kann; um den gemeinsamen Blick auf den Weg in die Zukunft zu richten und den Konflikt zu begraben.“

Prewave hat in der Vergangenheit bei Streitfällen konkret die HR-Abteilung involviert und die Parteien zu direkten Gesprächen geladen. „So direkt wie möglich und nicht über die Team-Leads“, betonte Smith. „Wir überlegen uns immer, was eine rasche, pragmatische Lösung sein kann.“

Kämpfe und Warnzeichen

Weniger pragmatisch war ein anderes Beispiel aus Dostals Erlebnisrepertoire: Ein Unternehmen hatte es für eine gute Idee gehalten, konkurrierende Ziele zwischen den Abteilungen auszurufen, und hat die einzelnen Abteilungen gegeneinander ausgespielt. „Man wollte sehen, ob sie in der Lage sind, mehr Energie aufzubringen“, erinnert sich der Mediator. „Sie haben sich jedoch hart bekämpft; letztendlich gab es nur Stillstand.“

Deswegen sei es gemäß eines modernen Leaderships nicht nur essenziell, sich Konfliktlösungsskills, wie oben beschrieben, anzueignen, sondern auch auf Warnzeichen zu achten – wie es Personio in seiner Ausführung vorschlägt.

Warnzeichen sind: Mitarbeiter:innen reden nicht mehr miteinander. Sie äußern sich negativ und herablassend übereinander. Mitarbeitende zeigen in ihrer Mimik und ihrer Körpersprache Ablehnung. Sie missachten bewusst Entscheidungen oder Arbeitsanweisungen – und reagieren aggressiv; beim kleinsten Anlass gibt es Streit.

„Wenn Konflikte am Arbeitsplatz frühzeitig erkannt und konstruktiv behandelt werden, wirken sie sich durchaus positiv auf ein Unternehmen aus“, rät Personio. „Konflikte zeigen, wo Veränderungsbedarf besteht, und erhöhen den Druck auf die Beteiligten, zu handeln. Sie zwingen, sich im Konfliktmanagement mit möglichen Lösungen auseinanderzusetzen. Dabei werden oft neue, kreative Ansätze gefunden.“

Positiv sei, so Dostal, dass sich Führungskräfte und Mitarbeitende im DACH-Raum entsprechende Skills zur Konfliktlösung wünschen. „Es gibt eine hohe Bereitschaft, besser mit Konflikten umzugehen“, sagt er. „Wenn die Effektivität im Umgang mit Konflikten nicht besteht, führt dies zu schwerwiegenden Problemen, die in Unternehmen für weitaus höhere Kosten sorgen können, als wenn man Grundlagen schafft und Führungskräfte mit Konfliktlösungsskills ausstattet – und zwar mit jenen, die auch mit unterschiedlichen Werten, Emotionen und Hintergründen umgehen können.“


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