05.03.2020

PlanRadar-30 Mio.-Runde: “Hätten bei Bewertung mehr rausholen können”

Das Wiener Scaleup PlanRadar schloss mit 30 Millionen Euro die größte Series A-Finanzierungsrunde der jüngeren österreichischen Geschichte ab. Wir sprachen mit zwei der fünf Co-Founder über die Hintergründe zum Deal.
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PlanRadar: Sander van de Rijdt und Ibrahim Imam
(c) PlanRadar: Sander van de Rijdt und Ibrahim Imam

30 Millionen Euro – eine Serie A-Kapitalrunde in dieser Höhe hat das österreichische Startup-Ökosystem, das sich in den vergangenen Jahren herausgebildet hat, noch nicht gesehen. Das Wiener PropTech-Unternehmen PlanRadar sicherte sich damit diese Woche endgültig einen Platz unter den bekanntesten Startups des Landes – und das als B2B-Unternehmen. Doch es geht freilich längst um viel mehr, als um Österreich.

+++ Aktuelle Startup-Investments +++

Umfassende Internationalisierung steht bei PlanRadar an

Wie der brutkasten kürzlich berichtete, steht bei PlanRadar ein umfassender Sprung in der internationalen Expansion an. Standorte in acht weiteren Ländern sind alleine dieses Jahr in Planung. “Es wäre durchaus möglich gewesen, weiter organisch zu wachsen. Mit dem Geld haben wir aber einen Hebel und können unsere Ziele schneller erreichen”, sagt dazu Co-Founder Sander van de Rijdt im brutkasten-Talk. Und Mitgründer Ibrahim Imam ergänzt: “Es geht um Anschubfinanzierung in den Expansionsländern, um dort schnell in die Gänge zu kommen” Dabei handle es sich hauptsächlich um die Bereiche Marketing und Vertrieb, aber man wolle auch das Produkt “massiv” weiterentwickeln. Derzeit sind beim Wiener Startup 62 Stellen ausgeschrieben (⇒ auch auf jobs.derbrutkasten.com).

Die PlanRadar-Co-Founder Sander van de Rijdt und Ibrahim Imam im Video-Talk zum Investment

Planradar über 30 Millionen Series A

Sander van de Rijdt und Ibrahim Imam, zwei der Co-Founder von PlanRadar, über die Hintergründe der 30. Millionen Euro schweren Rekord-Series A.

Gepostet von DerBrutkasten am Mittwoch, 4. März 2020

Jedes Quartal Benchmarks aus dem Insight-Portfolio

Den internationalen Anspruch unterstreicht auch die Auswahl der Investoren: Insight Partners aus New York, unter dessen (teils ehemaligen) Portfolio-Unternehmen Twitter, Shopify, Delivery Hero und N26 sind, übernahm den Lead, e.ventures mit Sitzen in San Francisco, Berlin, Peking, Tokio und São Paulo stieg neu ein (auch einige Bestandsinvestoren zogen mit). “Bei einem Produkt wie PlanRadar, bei dem man sich sehr schnell onboarden kann, mit dem wir bereits in mehr als 40 Ländern aktiv sind, ist es natürlich sehr erstrebenswert, internationale Investoren an Bord zu holen – einerseits um auf das Know-how im Portfolio zurückgreifen zu können und andererseits um das Netzwerk zu nutzen”, meint Ibrahim Imam. Und Sander van de Rijdt ergänzt, man bekomme von Insight etwa jedes Quartal Benchmarks aus der Branche und könne sich mit den besten Performern aus dem Portfolio austauschen.

Nicht proaktiv um Investoren-Kontakte bemüht

Diese Auswahl der Investoren sei schwierig gewesen, nicht aber an entsprechende Angebote zu kommen. “Wir haben in den vergangenen Jahren schon eine starke Performance hingelegt und hatten dementsprechend relativ viele Angebote von zahlreichen Investoren aus den USA, aus UK und aus dem deutschsprachigen Raum. Wir haben dann de facto nur Gespräche mit jenen aufgenommen, mit denen wir bereits in Kontakt waren”, erzählt van de Rijdt. Proaktiv habe man sich nicht um weitere Investoren-Kontakte bemüht. “Wir haben sie natürlich auch gefragt, wie sie von uns erfahren haben. Und da spielen etwa auch Startup-Wettbewerbe eine Rolle, die Visibility bringen, oder Job-Ads”, so der Gründer. “Die größte Schwierigkeit lag für uns letztlich darin zu entscheiden, wer nun der richtige ist”.

Drei Monate für den gesamten Prozess

Letztlich habe das Gesamtpaket den Ausschlag gegeben – und das bei zahlreichen konkreten Angeboten. Insgesamt habe der Prozess gerade etwas mehr als drei Monate gedauert. “Der Zeitraum zwischen dem Entschluss, Kapital aufzustellen und den ersten Termsheets war drei Wochen. Nach einem Monat hatten wir mehr als zehn Termsheets vorliegen”, erzählt van de Rijdt. Darunter seien auch welche mit höher angesetzter Unternehmensbewertung gewesen. “Bewertungsseitig hätten wir bei anderen Investoren noch um einiges mehr rausholen können. Aber es bringt nichts, hier auf den letzten Euro zu optimieren”, so der Gründer.

PlanRadar: Bewertung im neunstelligen Bereich

Wie hoch die Bewertung tatsächlich war, will er nicht verraten. Laut einsehbaren Firmendaten hält die offenbar eigens gegründete Luxemburger Gesellschaft “Insight PlanRadar Lux XI S.à.r.l.” nun 19,39 Prozent. “e.ventures europe VI GmbH & Co. KG” steht bei 5 Prozent. Daraus lässt sich – auch angesichts der noch schwerer nachvollziehbaren Summen, die jeweils von den Bestandsinvestoren kamen, um ihre Anteile zu halten – die Bewertung nicht genau ableiten. Mit Sicherheit kann jedoch gesagt werden, dass sie im niedrigen neunstelligen Bereich liegt.

“Wachstum um jeden Preis geht auch in den USA zu Ende”

Die Bewertungsfrage sei “eine partnerschaftliche Diskussion” gewesen, erzählt Imam, “es ist aber eben nicht nur Money, sondern es ist Smart Money. Dieses ‘smart’ ist gerade in unserer Unternehmensphase sehr entscheidend”. Am Ende sei es auch um eine nüchtere Berechnung anhand von Zahlen wie dem Monthly bzw. Annual Recurring Revenue gegangen, so van de Rijdt. Stark punkten können habe man mit nachhaltiger Kapitaleffizienz und der niedrigen Absprungrate. Die Zeit von “Wachstum um jeden Preis, und dann schauen, was passiert”, gehe auch in den USA zu Ende, meint der Gründer. Dennoch sei man in den Verhandlungen sehr selbstbewusst aufgetreten. “Wir haben immer diskutiert – das musst du auch. Mein Vater hat mir schon immer gesagt: Sei freundlich im Ton, aber hart in der Sache”.

2,5 Wochen intensive Due Dilligence

Im Zuge des Prozesses habe es auch eine “sehr intensive” 2,5 Wochen lange Due Dilligence-Prüfung durch die Investoren gegeben, erzählt Imam. “Ohne entsprechende Vorbereitung hätte das natürlich viel länger gedauert. Es ging über Legal und Tax hinaus. Sie wollten natürlich ganz tief ins Unternehmen hineinschauen, bis hin zu Gesprächen mit Referenzkunden”. Man habe dadurch auch sehr wertvolles Feedback bekommen. Der Investor legte nachher einen 70-seitigen Report vor. Auch die Bestandsinvestoren, etwa Cavalry Ventures, hätten PlanRadar in diesem Prozess intensiv unterstützt. Der Gründer sieht sich dadurch in einer einfachen Weisheit bestätigt: “Bau ein solides Unternehmen, das wirklich funktioniert – dann werden gute Dinge passieren”.

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(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR
(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR / tech2b / My Esel / Simventure

Der Begriff “Co-Working-Space” wäre bei TECH HARBOR in Linz eindeutig zu kurz gegriffen. Viel zu kurz gegriffen. Denn hochwertige Büroräume für Startups gibt es an den zwei Standorten TECHCENTER und NEUE WERFT zwar durchaus. In einem üblichen Co-Working-Space würde man aber wohl sehr schnell an die Grenze stoßen, wenn man dort eine Serienproduktion für Fahrräder oder eine Produktionsstätte für hochpräzise chirurgische Geräte aufbauen wollte.

Genau das und noch viel mehr passiert in den TECH HARBOR-Standorten. Sie bieten Hardware-Startups mit komplexen technischen Anforderungen und teilweise viel Platzbedarf eine Heimat. Große Werkstattbereiche, Techlabs für Forschung und Entwicklung und Lagermöglichkeiten machen dabei den entscheidenden Unterschied.

My Esel: Vom Prototypen bis zur Serienproduktion im TECHCENTER

Ein Unterschied, der etwa dem mittlerweile einer breiten Öffentlichkeit bekannten Holzfahrrad-Startup My Esel mehr als nur die ersten Schritte ermöglichte. “In der Zeit im TECHCENTER fand die Entwicklung von den ersten Prototypen hin zur Serienproduktion statt”, erzählt Gründer Christoph Fraundorfer. 2016 sei nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne von dort aus der Markstart erfolgt. “Parallel wurde an der Optimierung der Rahmenkonstruktion und an den My Esel E-Bikes gearbeitet. 2019 konnten noch aus dem TECHCENTER die ersten E-Bikes ausgeliefert werden.”

Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) TECH HARBOR
Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) My Esel

Ebenfalls im Jahr 2019 Jahr zog My Esel dann um. “In Traun fanden wir in den ehemaligen Produktionsstätten der Carrera-Brillen unseren neuen Standort. Inzwischen nutzen wir hier über 800 Quadratmeter und konnten 2023 mit etwas mehr als 1.000 Bikes zirka 2.7 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften”, erzählt Fraundorfer.

Simventure: Im TECH HARBOR-Standort zum Wingsuit-Simulator

Die Räumlichkeiten im TECHCENTER blieben danach freilich nicht leer. Auch aktuell arbeiten viele spannende Startups im TECH HARBOR-Standort und schreiben die Erfolgsgeschichten der Zukunft. Einer der Mieter ist etwa Simventure. Das Startup baut Geräte, mit denen Extremsportarten vollimmersiv simuliert werden können. Das erste dieser Geräte – WingSim – simuliert den Flug in einem Wingsuit – in Realität bekanntlich ein hochriskantes Unterfangen.

“Seit dem Einzug im TECHCENTER Anfang 2023 haben wir die Hard- und Software für unseren Prototypen entwickelt. Wir haben diesen Prototypen im Techlab gebaut und umfangreich getestet. Nun können wir den Demonstrator Kunden und potentiellen Investoren vorführen. Wir haben den Firmenwert seit dem Einzug vervielfacht”, sagt Gründer Norman Eisenköck.

Das Simventure-Team baut im TECHCENTER seine Simulatoren | (c) Simventure

Das TECHCENTER biete die idealen Voraussetzungen für das Startup und seine Wachstumsherausforderungen, so der Simventure-Gründer. “Ein Startup ist während der Unternehmensgründung und dem Unternehmens-Aufbau Schwankungen im Bedarf an Büroflächen und – in unserem Fall – eines Mechatronik Labors unterworfen. Die Flexibilität des TECHCENTER hat uns geholfen, diese Schwankungen sehr gut zu berücksichtigen.” Und die Infrastruktur diene nicht nur dem Team zur Arbeit, sondern biete auch schöne Repräsentationsräume, um Partner und Kunden zu empfangen.

cortEXplore: Von der NEUEN WERFT zu Yale und MIT als Kunden

Absolute HighTech-Produkte sind auch aus dem Standort NEUE WERFT schon vielfach hervorgegangen. Bis 2024 hatte dort etwa das Startup cortEXplore seinen Sitz, das eine Technologie für Gehirn-OPs für Forschungszwecke entwickelt hat. “Wir verkaufen unsere Technologie international in die EU, die USA und China und haben Kunden wie die US-Unis Berkeley, Yale und MIT”, sagt Gründer Stefan Schaffelhofer. Diesen April wurde das Unternehmen mehrheitlich von einem internationalen Medizintechnikkonzern übernommen.

Den Grundstein dafür legte cortEXplore am TECH HARBOR-Standort. “Wir haben in der NEUEN WERFT gestartet. Wir hatten zunächst Platz für die Entwicklung, hatten aber auch später ein Lager dort und Platz für Assemblierungen unserer Produkte”, erinnert sich der Gründer. “Es ist die optimale Location in Linz. Sie ist gut für Anlieferungen und den Versand der Produkte. Und es gibt Räumlichkeiten für Veranstaltungen und die Einladung von Kunden.”

cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon
cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon

Everest Carbon: “Unser Fortschritt übertrifft unsere Erwartungen”

Und auch in der NEUEN WERFT kamen seitdem viele spannende Unternehmen nach, etwa Everest Carbon, das diesen Sommer eingezogen ist. “Momentan entwickeln wir unser erstes Produkt, einen digitalen Umweltsensor für die Bindung von CO2 in Projekten basierend auf dem Prozess des beschleunigten Verwitterns, und testen es in Feldern hier in der Umgebung”, erklärt Gründer Matthias Ginterseder.

In der NEUEN WERFT baue man seit dem Einzug den primären Forschungs- und Produktionsstandort auf. “Wir sind gerade dabei, unser Team in der NEUEN WERFT zu vervollständigen, um Anfang nächsten Jahres die Produktionszahlen unserer ersten Produktlinie bedeutend erhöhen zu können”, sagt der Everest Carbon-Gründer. “Unser Fortschritt dabei übertrifft unsere Erwartungen, nicht zuletzt wegen der proaktiven Unterstützung durch Georg Spiesberger und sein Team hier im TECH HARBOR.” Und auch die Location selbst sei “hervorragend” für das Startup: “Das flexible Platzangebot sowie die zahlreichen Events, helfen uns sehr dabei, unsere Bedürfnisse in verschiedenen Entwicklungsstadien zu decken”, so Ginterseder.

Everest Carbon baut in der NEUEN WERFT gerade seine Produktion auf | (c) TECH HARBOR

Große Zukunftspläne – vom TECH HARBOR in die ganze Welt

Die Voraussetzungen für große Zukunftspläne und weitere Erfolgsgeschichten, wie die oben genannten, sind damit also perfekt gegeben. Der Everest Carbon-Gründer gibt einen Einblick: “Wir wollen in naher Zukunft unser erstes Produkt am Markt etablieren und unsere Technologie als eine bahnbrechende Lösung für zukunftsträchtige Formen von negativen Emissionen etablieren.”

Auch Simventure will am TECH HARBOR-Standort noch viel erreichen, wie Gründer Norman Eisenköck erklärt: “Wir werden weiterhin sowohl die Büroflächen als auch das Techlab für die Entwicklung weiterer Bewegungsplattformen nutzen. Es ist geplant, das weitere Wachsen des Teams und der Produktlinien im TECHCENTER zu machen.” Der erste WingSim werde aber schon bald ins Ars Electronica Center übersiedelt, um dort – ganz in der Nähe – für Kundenvorführungen zur Verfügung zu stehen. “Im Techlab werden dann neue Produkte entwickelt”, so der Gründer.

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PlanRadar-30 Mio.-Runde: “Hätten bei Bewertung mehr rausholen können”

  • 30 Millionen Euro – eine Serie A-Kapitalrunde in dieser Höhe hat das österreichische Startup-Ökosystem, das sich in den vergangenen Jahren herausgebildet hat, noch nicht gesehen.
  • Das Wiener PropTech-Unternehmen PlanRadar sicherte sich damit diese Woche endgültig einen Platz unter den bekanntesten Startups des Landes – und das als B2B-Unternehmen.
  • Bei der Bewertung hätte man mit anderen Investoren auch mehr herausholen können, letztlich zählte aber das Gesamtpaket, meint Co-Founder Sander van de Rijdt.
  • Insgesamt habe der Prozess gerade etwas mehr als drei Monate gedauert.
  • Im Zuge des Prozesses habe es auch eine “sehr intensive” 2,5 Wochen lange Due Dilligence-Prüfung durch die Investoren gegeben, erzählt Imam.

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