19.04.2019

Pioneers-CEO Oliver Csendes: “Wollen über die gängigen Buzzwords hinausgehen”

Oliver Csendes, CEO von Pioneers, spricht mit dem brutkasten über die Highlights des kommenden Pioneers 19 und die Pläne für die Zeit nach dem Event.
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Oliver Csendes Pioneers
© Sebastian Kreuzberger
kooperation

Bereits seit 2012 findet die Pioneers Hauptveranstaltung in der Hofburg statt. Was macht Ihr 2019 anders als in den Vorjahren?

Wir setzen beim diesjährigen Pioneers Flagship Event noch stärker auf Austausch und Vernetzung. Events gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Den Erfolg eines Events messen unsere anspruchsvollen Teilnehmer anhand der Anzahl neuer oder vertiefter Beziehungen mit ausgewählten Innovationspartnern. Hier unterscheiden wir uns auch von anderen Events: Die Startups sind kuratiert, das Publikum innovationsrelevant und die Meetings automationsunterstützt.

Zudem legen wir einen verstärkten Fokus auf Diversität, Interaktivität und Nähe zu Gründern. Besucher können Vortragende aus über 100 verschiedenen Nationen, ausgeweitete Networkingformate und Programmpunkte, die zur aktiven Teilnahme auffordern, erwarten.

Wie viel Österreich-Kontext gibt es bei diesem an und für sich sehr internationalen Event?

Der zweite Tag des Pioneers ‘19 steht zum Beispiel ganz im Zeichen von Österreich. Am Programm steht unter anderem der Pioneers Stammtisch, ein nach Themen sortiertes Networkingformat, das Besucher und Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen zum Austausch mit Experten einlädt. Networking ist für uns allgemein das Um und Auf, weshalb wir dieses Jahr unsere Match & Meet Area in den zweitgrößten Saal der Hofburg verlegen – und ihn als “Wiener Café” gestalten.

Unser Event Partner Elmayer wird zudem am zweiten Tag der Veranstaltung eine Quadrille-Tanzeinheit im Zeremoniensaal initiieren und einen Business Etiquett Workshop für ausgewählte Teilnehmer abhalten. Neue Bühnennamen und -konzepte erwarten ebenfalls unsere Gäste, darunter auch die neue ‘Startup Neighbourhood’.

Am Abend des 1. Tages des Flagship Events findet übrigens auch für Pioneers ‘19 Teilnehmer eine House Party im Talent Garden statt, die zusätzliche Networkingmöglichkeiten bietet.

“Innerhalb der letzten Jahre stieg übrigens der Anteil der teilnehmenden Startups mit Sitz in Österreich.”

Wie viele Besucher erwartet Ihr dieses Jahr?

Wie bereits in den vergangenen Jahren werden insgesamt 2500 Besucher teilnehmen, damit ist die Hofburg voll. Hier sehen wir auch einen wichtigen Unterschied zu anderen Events, bei Pioneers maximieren wir nicht die Anzahl der Teilnehmer, sondern die Qualität der Startups und die Relevanz der Teilnehmer.

Mit dabei sind 550 hochqualitative Startups, die im Zuge eines Auswahlverfahrens sorgfältig selektiert wurden und kostenlos an Pioneers ‘19 teilnehmen. Innerhalb der letzten Jahre stieg übrigens der Anteil der teilnehmenden Startups mit Sitz in Österreich: Während 2017 28 Prozent der teilnehmenden Startups “Österreicher” waren, stieg dieser Anteil im Jahr 2018 auf 34 Prozent. Dies veranschaulicht ganz deutlich, dass sich das österreichische Ökosystem rasch weiterentwickelt, ein Trend, der auch bei Pioneers ‘19 an Tag 2 aufgegriffen wird.

Welche Bedeutung steckt hinter dem Motto “Walk the Talk​s​”?

“Walk the Talk​s​” ist eine Anspielung auf den englischen Spruch “talk the talk … walk the walk”. Uns geht es vor allem darum, über die gängigen Buzzwords und den Tech-Hype, der sich weltweit bemerkbar macht, hinauszugehen, um die wirklich wichtigen Fragen, mit denen wir uns in unseren Lebzeiten auseinandersetzen müssen, zu beantworten. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wie hilft uns Deep Tech dabei, die Reise des Menschen zu verstehen und zu verbessern? Internationale Vordenker und Experten helfen uns dabei, diese Fragen zu beantworten.

Dazu kommt der zweite Aspekt des Mottos, unter dem wir eine Reise vom Ursprung aller Leben, der Geburt eines Menschen und das Älterwerden bis ins hohe Alter und die Zeit danach “durchwandern”. Internationale Pioniere geben Einblick, wie der technologische Fortschritt jede dieser Lebensphasen beeinflusst und unser Leben in der Zukunft prägen wird. Hiermit rücken wir den Menschen wieder in den Mittelpunkt der Diskussion rund um technologische Entwicklungen. Eine ausgeprägte Storyline ist ein Merkmal unserer Hauptveranstaltungen.

Wer sind dieses Jahr Eure Top-Speaker?

Mit dabei ist zum Beispiel​ Wikipedia Co-Founder Larry Sanger​​. Bei Pioneers ‘19 gibt er Einblicke in seine aktuelle Aufgabe als ​Chief Information Officer bei Everipedia, eine Blockchain-basierte Enzyklopädie mit einer neuen Incentive-Struktur, die alle grundlegenden Funktionen von Wikipedia verbessern soll.

Geoffrey Prentice, Co-Founder von Oriente und Skype​​, wird zudem seine langjährige Erfahrung in der Gründung und Skalierung von Investitionen in Tech-Unternehmen teilen. Als Gründungspartner des weltweit führenden VC-Unternehmens Atomico leitet er heute die globale Geschäftsstrategie, sowie strategische Partnerschaften, Marken und Investitionen.

Zum Thema “Space Exploration” haben wir eine besonders weitreichende Auswahl an Vortragenden, darunter ​Peter Worden ​von​ Breakthrough Initiatives​ und ​ehemaliger Direktor des NASA Ames Research Centers​. Er versucht, intelligentes Leben im All zu finden und das erste Raumschiff nach Alpha Centauri, unserem nächstgelegenen Sternensystem, zu schicken. Ebenfalls sprechen ​Kerry McGuire, Space Human Factors Engineer bei NASA​​, und ​Chief Information Officer for Engineering bei NASA, Omar Hatmaleh​, auf unserer Bühne.

Spannend werden zudem die Auftritte von ​Professor Mark Post, CSO von Mosa Meat​ – der Mann, der den weltweit ersten im Labor gezüchteten Hamburger entwickelte-, sowie Moon Ribas​. Mit ihr wird zum ersten Mal in der Geschichte von Pioneers eine trommelnde Cyborg-Aktivistin ​auf unserer Hauptbühne stehen. Ribas wird die seismischen Schwingungen, die sie in ihren Füßen fühlt, nachtrommeln. Dabei nimmt der in ihrem Körper implantierte online-seismische Sensor die Erschütterungen der Erde auf.

“Wir hören und sehen immer und immer wieder, dass diese Networking-Plattform im internationalen Vergleich unübertroffen ist.”

Bei einem so großen Event besteht immer die Gefahr, dass gute Kontakte in der Masse untergehen. Was tut ihr, damit trotzdem die richtigen Leute zusammenfinden?

Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, haben wir in den letzten drei Jahren in mehreren Iterationen unser Match & Meet Tool entwickelt und perfektioniert. Nachdem jeder Teilnehmer sein Interessensprofil erstellt hat, wird dieses mit den Profilen anderer Teilnehmer verglichen. Somit wird ermittelt, welche Personen füreinander relevant sind, das Tool vergleicht ebenfalls deren Kalender und findet automatisch Slots, um Meetings zu determinieren. Wir hören und sehen immer und immer wieder, dass diese Networking-Plattform im internationalen Vergleich unübertroffen ist.

Und was macht ihr als nächstes, wenn Pioneers ’19 vorbei ist?

Wir werden das Ökosystem weiter entwickeln. Wir steigern weiterhin die Wettbewerbsfähigkeit von Wien, Linz, Österreich und Mitteleuropa als Standort für Innovation und Startups, indem wir das Ökosystem zusammenbringen und international sichtbarer gestalten. Das geschieht unter anderem, indem wir vermehrt Meetups im Talent Garden oder in der Tabakfabrik organisieren, Unternehmen aus unterschiedlichen Sektoren in Open Innovation Programmen zusammenbringen und mit unseren Spaces, Services und Netzwerk Entrepreneure dabei unterstützen, ihre Erfolgsquote zu steigern. Wir vernetzen, begleiten und wollen eine stärkere Zusammenarbeit im Ökosystem etablieren.

Damit einher geht auch die Vernetzung von Wien mit anderen Innovations-Hot-Spots, wie München, Linz, Bratislava und Budapest, um einen regionalen Austausch zu fördern.

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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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