16.06.2020

„Das schnellste Pferd“: Ein Hedgefonds kauft Bitcoin

In Paul Tudor Jones hat Bitcoin einen prominenten Fan gefunden. In der kommenden „Großen Inflation“ sei die Kryptowährung wohl „das schnellste Pferd“, meint Jones.
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Bitcoin als das "schnellste Pferd"? (c) Adobe Stock /peshkov / Georg Schober

Hedgefonds sind in der Wall Street Nahrungskette ziemlich weit oben. Sie haben die kreativsten Investmentideen, gehen die mutigsten Wetten ein und machen das meiste Geld. Zumindest sollten sie das. Paul Tudor Jones ist selbst rund fünf Milliarden Dollar schwer und hat mit der „Tudor Investment Corporation“ einen der Top-20-Hedgefonds an der Wall Street gegründet. Im Mai ist er in die Geschichte eingegangen als der erste unter den „big boys“, die offen bei Bitcoin eingestiegen sind. Das hat den Markt ganz schön bewegt. Aber was hat Tudor zu diesem doch ziemlich erstaunlichen Schritt veranlasst? In einem Satz: Corona und die Bekämpfung der Krise durch frisches Notenbankgeld. Oder wie Tudor es ausdrückt: „Die große monetäre Inflation (GMI)“.

Ein Geldtsunami, wie wir ihn noch nie gesehen haben

Zuerst ein paar grobe Grundzüge der modernen Geldpolitik: Notenbanken kaufen seit der Finanzkrise verstärkt Assets am Markt, um diesem Liquidität zur Verfügung zu stellen. Das können Staatsanleihen, Unternehmensanleihen oder sogar Aktien sein (in Japan). Dieser Vorgang klingt genauso unelegant wie er ist. Die „unsichtbare Hand“ des Adam Smith wurde durch die sehr sichtbaren Hände der Notenbanker ersetzt. Die Assetkäufe der Notenbanken werden oft als „Geld drucken“ bezeichnet. Technisch gesehen wird die Bilanz der Notenbank ausgeweitet, weil die Wertpapiere dort „eingebucht“ werden. Als Reaktion auf Corona haben die großen Notenbanken einen Geldtsunami entfacht, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat.

+++Mehr zur Reihe „Junges Geld“+++

„Der ökonomische Kollaps hat die direkte Monetisierung von massiven Staatsausgaben ohne jegliche Debatte von der Theorie in die Praxis gebracht. Das ist global geschehen und mit einer derartigen Geschwindigkeit, dass selbst ein Veteran wie ich sprachlos war“, schreibt Tudor in seiner Bitcoin-Analyse. Seit Februar haben die Notenbanken knapp vier Billionen Dollar per Computertastatur erschaffen und in die Märkte gepumpt. Vier Billionen sind 4000 Milliarden oder 4 Millionen Millionen. Das entspricht rund 6.6 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Viel Geld. „Wir beobachten die Große Monetäre Inflation. Eine nie dagewesene Ausweitung jeder Form von Geld“, so Tudor.

„Viele Assets werden sich bewegen“

Also hat der Markt-Veteran sich mit seinem Research-Team aufgemacht um das beste Investment für die kommenden Jahre zu suchen. Die monetäre Inflation verwässert die Geldbasis, führt aber nicht automatisch überall zu steigenden Preisen. Sehr viel bleibt im Finanzsystem hängen. Schon in den vergangenen 10 Jahren haben die Notenbanken die Welt mit Geld geflutet, das vor allem in Wertpapiere geflossen ist. Jetzt wird es noch viel, viel ärger. „Eines ist sicher: Viele Assets werden sich in Reaktion auf diese Gelderschaffung bewegen“, so Tudor. Er geht auch davon aus, dass das frische Geld sich diesmal rascher auch in Form von Teuerung im Alltag zeigen wird – zumindest, wenn die ökonomische Talsole durchschritten ist und der Konsum wieder in Fahrt kommt.

Weil die Schuldenmengen weiter explodieren, erwartet Tudor selbst bei Teuerung keine raschen Zinsanstiege, sondern eine zögerliche Reaktion der Notenbanken, die ihrerseits unter dem Druck der Politik stehen, möglichst lange möglichst viel billiges Geld zur Verfügung zu stellen. Was laut Tudor zur Folge hat, dass das Vertrauen der Bürger und Investoren in die Währungen zunehmend schwindet und sie Zuflucht in so genannten „sicheren Häfen“ suchen. Tudor hat neun verschiedene Assetklassen untersucht und erwartet, dass Gold, Aktien und Bitcoin am besten abschneiden werden. Deswegen hat sein Hedgefonds einen kleinen, einstelligen Prozentbereich seines Geldes in die Kryptowährung gesteckt. Tudor geht also keineswegs „all in“, er sichert sich nur gegen die Inflation ab. Klassisches Hedgefonds-Business.

Die beste Strategie: Aufs „schnellste Pferd“ setzen

Wichtig: Tudor sagt nicht, dass Bitcoin generell einen besseren Inflationsschutz bietet als Gold oder Aktien. Er glaubt aber, dass Bitcoin im Vergleich mit diesen Assetklassen massiv unterbewertet ist. In Aktien und Anleihen stecken weltweit rund 267 Billionen Dollar. In Gold knapp 10 Billionen. In Bitcoin „nur“ 186 Milliarden. Bitcoin sei als Sieger des „Kryptokrieges“ von 2017 hervorgegangen. „Es ist das einzige handelbare Asset der Welt, dessen maximales Angebot fixiert und bekannt ist“, so Tudor: „Ein brillantes Feature, das den Notenbanken und Regierungen völlig fremd zu sein scheint.“ Die laufende Digitalisierung aller Lebensbereiche werde auch vor Geld nicht Halt machen. Das wird zu einem wachsenden Interesse an Bitcoin führen, so Tudor.

„Am Ende des Tages ist es die beste Strategie, das schnellste Pferd zu besitzen. Und wenn ich gezwungen bin, eine Prognose abzugeben, dann würde ich sagen: Das ist Bitcoin“, so Tudor.

==> Hier geht es zur ganzen Analyse von Paul Tudor Jones.


Disclaimer: Dieser Text sowie die Hinweise und Informationen stellen keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Sie dienen lediglich der persönlichen Information und geben ausschließlich die Meinung des Autors wieder. Es wird keine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. Die Inhalte von derbrutkasten.com richten sich ausschließlich an natürliche Personen.


Über den Autor

Niko Jilch ist Wirtschaftsjournalist, Speaker und Moderator. Nach acht Jahren bei der „Presse“ ging er Ende 2019 zum Thinktank „Agenda Austria“, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter die Bereiche „Geldanlage und digitale Währungen“ abdeckt, sowie digitale Formate aufbaut, etwa einen neuen Podcast. Twitter: @jilnik

==> Mehr über die Kolumne „Junges Geld“

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Die Kurstafel:

📈 Bitcoin erstmals über 90.000 US-Dollar

In der Folgewoche hatten wir an dieser Stelle schon das Bitcoin-Rekordhoch thematisiert, das unmittelbar nach den Wahlen in den USA erreicht worden ist. Seither ging es weiter deutlich nach oben - zwischenzeitlich sogar über die 90.000-Dollar-Marke. Auf 7-Tage-Sicht liegt der Bitcoin-Kurs 18 Prozent im Plus. Und das nach einer bereits starken Vorwoche, die schon einen klaren Kursanstieg gebracht hatte.

Der Hintergrund ist klar: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik, nach dem Donald Trump die Präsidentschaftswahl für sich entschieden hatte. Trump hatte sich im Wahlkampf als Bitcoin- und Krypto-Befürworter positioniert. Dabei hatte er auch immer wieder den Kurs der Biden-Regierung kritisiert. Die Börsenaufsicht unter dem von Biden eingesetzten Behördenchef Gary Gensler war insbesondere in den vergangenen beiden Jahren scharf gegen viele Akteure aus der Branche vorgegangen. 

Gensler wird nun abgelöst werden, so viel ist klar. Wer ihm nachfolgt, ist noch offen. Die Stimmung in der US-Kryptobranche könnte so beschrieben werden: Jede andere Person ist besser als Gensler. Die Hoffnung ist aber natürlich, dass möglicherweise sogar eine explizit krypto-affine Person den Posten erhält. Noch ist dies aber offen. Wie auch vieles andere, was die neue Trump-Regierung angeht. 

Aber es geht nicht nur um die Regierung. Denn gleichzeitig mit den Präsidentschaftswahlen wurden auch zahlreiche Sitze im Senat und im Repräsentantenhaus neu gewählt. Und Auswertungen der US-Kryptobörse Coinbase zufolge reüssierten dabei viele Kandidat:innen, die der Branche aufgeschlossen gegenüber stehen (siehe Crypto Weekly #151). Dies erhöht die Chancen, dass die Regulatorik in den USA in den kommenden Jahren günstiger für die Branche werden wird.

🤔 Wann knackt Bitcoin die 100.000-Dollar-Marke? 

Zusammenfassend kann man sagen: Die US-Kryptobranche hofft auf einen Kurswechsel in der Politik - und damit auf bessere Zeiten. Wirklich Konkretes weiß man aber noch nicht. Der Markt ist aktuell also primär von Hoffnung getrieben. Diese ist durchaus berechtigt, aber eben auch mit viel Unsicherheit verbunden. In den kommenden Wochen und Monaten wird sich nach und nach zeigen, was alles Realität werden wird. Die Position des Chefs der Börsenaufsicht wird dabei sicherlich eines der zentralen Themen sein. Aktuell preist der Markt aber einfach eine Verbesserung gegenüber dem Status Quo ein.

Mit zwischenzeitlich über 90.000 US-Dollar hat sich der Bitcoin-Kurs auch schon der immer wieder beschworenen Marke von 100.000 Dollar angenähert. Im Bullenmarkt von 2021 entstand etwa der Social-Media-Trend, dass Bitcoiner:innen ihre Augen in ihren Profilbildern durch Laseraugen ersetzen - und zwar, so die Ankündigung, bis der Bitcoin-Preis 100.000 Dollar erreiche. 

Im damaligen Cycle war allerdings dann bei knapp über 70.000 Dollar Endstation - und ein “Kryptowinter” brach an, der auch den Bitcoin-Kurs massiv nach unten drückte. Im Zuge des Debakels rund um die Pleitebörse FTX sank er bis auf deutlich unter 20.000 Dollar. Zu diesem Zeitpunkt schien die 100.000-Dollar-Marke völlig unerreichbar.

Zwei Jahre später sieht die Situation ganz anders aus. Nach dem bereits starken Jahr 2023 mit einem Plus von rund 150 Prozent ging es 2024 noch einmal weiter nach oben. Schon im März wurde der Höchststand aus 2021 überschritten. Im November dann neuerlich. Dazwischen lag kein spektakulärer Bullenmarkt, der die Schlagzeilen dominierte - aber nach und nach rückte die 100.000er-Marke plötzlich näher. 

🤭 Warum die Antwort darauf egal ist

Mit einem Bitcoin-Kurs von aktuell knapp unter 90.000 Dollar bräuchte es nur noch einen Kursanstieg von etwas mehr zehn Prozent. Und einen solchen kann es am Kryptomarkt durchaus schon einmal an nur einem (starken) Tag geben. Dass die Marke in den nächsten Wochen überschritten wird, ist also durchaus wahrscheinlich. 

Zeigen wird sich dann aber auch wieder einmal etwas anderes: Dass es sich bei allen vielbeschworenen und genau beobachteten Kursschwellen um völlig willkürlich gewählte Marken handelt, deren Überschreiten in Wirklichkeit keine große Bedeutung hat. Klar, ein Bitcoin-Kurs über 100.000 Dollar ist schon ein Statement und zeigt natürlich auch, wie etabliert Bitcoin mittlerweile ist. Aber das tut ein Bitcoin-Kurs von 99.741 Dollar oder von 102.743 Dollar genauso. Zusammenfassend könnte man also sagen: Die 100.000er-Marke wird früher oder später erreicht werden - es bedeutet nur nichts. 


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AI Summaries

„Das schnellste Pferd“: Ein Hedgefonds kauft Bitcoin

  • Hedgefonds sind in der Wall Street Nahrungskette ziemlich weit oben.
  • Sie haben die kreativsten Investmentideen, gehen die mutigsten Wetten ein und machen das meiste Geld. Zumindest sollten sie das.
  • Paul Tudor Jones ist selbst rund fünf Milliarden Dollar schwer und hat mit der „Tudor Investment Corporation“ einen der Top-20-Hedgefonds an der Wall Street gegründet.
  • Im Mai ist er in die Geschichte eingegangen als der erste unter den „big boys“, die offen bei Bitcoin eingestiegen sind.
  • Tudor sagt nicht, dass Bitcoin generell einen besseren Inflationsschutz bietet als Gold oder Aktien.
  • Er glaubt aber, dass Bitcoin im Vergleich mit diesen Assetklassen massiv unterbewertet ist.

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  • Paul Tudor Jones ist selbst rund fünf Milliarden Dollar schwer und hat mit der „Tudor Investment Corporation“ einen der Top-20-Hedgefonds an der Wall Street gegründet.
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