22.11.2021

OÖ HightechFonds: “Sehen uns als Brücke zwischen Business Angel und VC”

Ein regionaler VC wie der OÖ HightechFonds ist ein idealer Partner für Co-Investments und unterstützt Startups nicht nur mit Geld.
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Thomas Meneder und Christian Matzinger leiten den OÖ HightechFonds © OÖ Hightechfonds
Thomas Meneder und Christian Matzinger leiten den OÖ HightechFonds © OÖ Hightechfonds
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Thomas Meneder und Christian Matzinger leiten mit dem OÖ HightechFonds einen der wichtigsten Player im Startup-Ökosystem Oberösterreichs. Im Interview sprechen sie darüber, wie sich die Startup-Szene in dem Bundesland entwickelt, welche Investmentstrategie der OÖ HightechFonds verfolgt und was es braucht, damit Startups in Österreich durchstarten können.

Wie ist das Jahr 2021 bisher für den OÖ HightechFonds gelaufen?

Thomas Meneder: Bis jetzt ist es sehr gut gelaufen. Wir hatten heuer schon alle Fälle, die in einem Fonds auftreten können – sowohl einen Exit, als auch Neuinvestments. Und wir haben noch einiges im Köcher. Es gab aber auch Themen, die nicht so gut gelaufen sind. 

An welchen Stellen habt ihr etwas kämpfen müssen? Wie hat sich die Coronazeit auf das Portfolio des OÖ HightechFonds ausgewirkt?

Meneder: Ich denke, dass uns diese Zeit noch etwas erhalten bleibt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind mittlerweile in manchen Branchen nicht mehr wirklich spürbar – teilweise ganz im Gegenteil. Im Vorjahr, als Corona eingeschlagen hatte, da haben schon einige Beteiligungen von uns gelitten. Beispielsweise in der Werbetechnik, wo man zu Kunden muss – das war nicht möglich. Wir hatten aber auch Gewinner, etwa im Bereich Digital Health. Symptoma war sehr erfolgreich mit einem Covid-Chatbot oder Genspeed Biotech mit einem Antikörpertest, der gerade in Apotheken ausgerollt wird. 

Hat sich durch Corona euer Investmentfokus geändert? Sind vielleicht andere Themen in den Vordergrund gerückt?

Christian Matzinger: Im Digitalisierungsbereich gab es enorme positive Effekte. Gleichzeitig sind viele Startups noch in einer Phase, in der sie noch nicht am Markt sind – auch dadurch sind die Auswirkungen einer solchen Krise dann geringer. Im Gegenteil, es war dann genug Zeit da, um Entwicklungen voranzutreiben. Die Ergebnisse dieser Bemühungen sieht man dann in den nächsten Jahren. 

Wie hat sich die Startup-Szene in Oberösterreich aus Ihrer Sicht in den letzten zwei bis drei Jahren entwickelt?

Matzinger: Die Startup-Szene hat sich in ganz Österreich stark entwickelt. Linz im speziellen ist ein starker Hotspot geworden. Da spielt auch die Nähe zu München eine Rolle. Wir haben 2011 mit dem OÖ HightechFonds begonnen und da hat es seither sowohl auf Investoren- als auch auf Startup-Seite eine starke Dynamik gegeben. 

Was macht die Startup-Szene in Oberösterreich aus?

Meneder: Die Dynamik auf der Startup-Seite ist sehr hoch und es ist viel Geld im Markt. Wir haben Co-Investments mit Business Angels aus dem industriellen Umfeld, die vielleicht schon Exits mit ihren eigenen Startups hatten und dieses Geld jetzt wieder reinvestieren. Das ist aus meiner Sicht das ideale Szenario, denn die bringen Startups auch inhaltlich weiter. Wir haben auch internationale VCs, die in Oberösterreich investieren. Gerade jüngere Investments mit Fretello oder TeamEcho etwa, waren mit einem finnischen VC und dem deutschen Investor Carsten Maschmeyer – das zeigt, dass der Standort gut ist.

Es ist viel Geld im Markt – muss man sich mittlerweile als Investor um die Startups bewerben?

Meneder: In dieser Situation sind wir definitiv. Das finde ich auch gut so. Vor zehn Jahren war das noch anders, aber jetzt – gerade in der frühen Phase – gibt es viele Business Angels, die aktiv sind und Startups sind in keiner schlechten Situation. 

Der OÖ HightechFonds investiert in regionale Startups – welche Investmentschwerpunkte verfolgt ihr darüber hinaus?

Matzinger: Darüber hinaus haben wir keinen deutlichen Schwerpunkt. Die Palette reicht von Hardware bis hin zu Software – wir schließen nichts aus. Dass wir so flexibel sind, macht uns aus. 

Die Investments des OÖ HightechFonds sind oft Co-Investments. Welche Partnerschaften funktionieren besonders gut? 

Matzinger: Der OÖ HightechFonds geht mit bis zu 1,5 Millionen Euro ins Rennen. Deshalb versuchen wir immer eine breitere Runde mit zwei bis drei Investoren aufzustellen. Als Allein-Investor wollen wir nicht mehr auftreten. 

Was hatte das in der Vergangenheit für Nachteile?

Matzinger: Das rächt sich dann oft bei weiteren Finanzierungsrunden, bei denen wir dann schnell ans Limit stoßen. Mehrere Investoren bedeuten auch mehr und vielfältiges Feedback. 

Geld für Startups kommt zunehmend aus den USA, gerade wenn es um Anschlussfinanzierung geht. Seht ihr das kritisch?

Meneder: Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits freut man sich natürlich, wenn ein solcher VC einsteigt – der bringt ein Startup mit internationaler Power auf das nächste Level. Auch den Standort bringt das weiter. Natürlich wäre es auch gut, wenn wir regional in späteren Finanzierungsrunden mehr anbieten könnten. 

Als regionaler VC hat man für Startups den Vorteil, besser greifbar zu sein. Was können Startups von euch erwarten?

Meneder: Wir sind intensiv für unsere Startups da und sehen uns auch als Brücke zwischen Business Angel und VC. Wir bringen uns ähnlich ein wie ein Business Angel und unterstützen bei Finanzierungsrunden, können aber auch in den Lead gehen; wir können auch im Vertrieb helfen mit einem starken regionalen Netzwerk. 

Oberösterreich hat eine starke Industrie – wie eng ist die mit der Startup-Szene verbunden? Investieren diese Großunternehmen auch in Startups?

Matzinger: Weniger auf der Finanzierungsseite, aber dafür stärker in der Zusammenarbeit. Startup-Projekte werden zunehmend von Industriebetrieben unterstützt und gecoacht. 

Es ist zwar kein österreichisches Phänomen, aber auch in Österreich gibt es wenige weibliche Founder und noch weniger Investorinnen. Woran liegt das aus Ihrer Sicht und was könnte ein starker Hebel sein? 

Matzinger: Ich glaube, dass diese Quote leider in Oberösterreich noch niedriger ist als in Österreich. Wir merken da relativ wenig, sowohl in unserem Bestand, als auch im Dealflow. Aus meiner Sicht müsste man da bereits früh im Bildungssystem ansetzen. In der Phase, wo wir ins Spiel kommen, ist es meistens schon zu spät, um da noch etwas zu bewegen – da sind die Founder-Teams bereits fertig aufgestellt.

Meneder: Ich habe da dieselben Erfahrungen. Bei uns landen sehr wenige Startups mit Gründerinnen und es gibt auch wenige Investorinnen. Wir sind seit kurzem Mitglied der AAIA (Austrian Angel Investors Association, Anm.), eine sehr wichtige Organisation, und da merkt man schon eine stärkere weibliche Handschrift. In Oberösterreich merken wir bei den Business Angels mittlerweile stärker die Generation an Gründern, die bereits einen Exit gemacht hat und jetzt junge Gründer unterstützt – was wir jetzt brauchen, sind Frauen, die einen Exit machen und Business Angel werden. Ein guter Hebel ist aus meiner Sicht an den Unis – wir brauchen gute Programme, in denen an Gründungsprojekten gearbeitet wird. An diesem Punkt kann man sicher gut steuern und mehr Frauen motivieren, Startups zu gründen. 

Die Teams sind also schon fertig gebildet, wenn der OÖ HightechFonds einsteigt – wann ist denn der beste Moment für euch, um bei Startups einzusteigen? Und wann ist der richtige Exit-Moment?

Matzinger: Wir steigen in der Regel ein, wenn das größte technologische Risiko vom Tisch ist. Das Startup ist kurz vor dem Markteintritt oder macht sogar schon erste Umsätze. Planmäßig würden wir nach drei bis fünf Jahren wieder aussteigen – in der Regel sind wir aber viel länger beteiligt. Unsere erste Beteiligung haben wir zum Beispiel noch immer. 

Was braucht es jetzt am dringendsten, damit sich Startups in Österreich gut entwickeln können?

Matzinger: Vor allem steuerlich kann man noch viel tun – sowohl für Startups, als auch für Investoren. Die zaghaften Versuche der letzten Steuerreform waren nicht einmal ein Tropfen am heißen Stein. Da gibt es noch sehr viel Luft nach oben. 

Meneder: Ich denke auch, dass man durch steuerliche Erleichterungen Investments vervielfachen könnte. Und bei den Universitäten kann man stärker ansetzen – das universitäre Umfeld ist in vielen Ländern Brutstätte für Startups. In Österreich könnten wir da noch mehr tun. 

Meneder und Matzinger vom OÖ HightechFonds im Talk

Disclaimer

Dieser Beitrag wurde im Rahmen des Programmes „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung 2020“ aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung sowie aus Mitteln des Landes Oberösterreich gefördert.

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vlnr.: Verena Handler-Kunze. Peter Buchroithner, David Pflügl und Thomas Schranz | (c) Waffle
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Viele haben es versucht und nur die Allerwenigsten haben es geschafft: Ein neues soziales Medium zu etablieren ist wohl so etwas wie die Königsklasse im Startup-Bereich. Und das, obwohl das Lamento über die Riesen am Markt allgegenwärtig ist. Auch Peter Buchroithner, Thomas Schranz, David Pflügl und Verena Handler-Kunze sind mit dem bestehenden Angebot nicht zufrieden. Mit Rakun, das eine App für neurodivergente Menschen betreibt, haben die vier erst dieses Jahr ein neues Startup gegründet, wie brutkasten berichtete. Nun kommt mit Waffle ein weiteres dazu.

Waffle: “Back to the roots der sozialen Medien”

“Bei Waffle geht es sozusagen back to the roots der sozialen Medien. In den letzten Jahren habe ich das Gefühl, dass die Verbindung zu den Menschen, mit denen ich eigentlich Kontakt haben will, bei den gängigen Social-Media-Plattformen verloren gegangen ist. Facebook ist voller Werbung und Memes, auf Instagram sieht man Gelegentlich eine Hochzeit, aber es ist dominiert von Influencern, die dir etwas verkaufen wollen, und auf TikTok sind Leute, die tanzen und dich unterhalten”, sagt Peter Buchroithner im Gespräch mit brutkasten.

Auch auf Messaging-Apps wie WhatsApp und Telegram sei man zusehends mit Werbung konfrontiert und private und berufliche Kontakte würden sich mischen. “Jeder, der irgendwann einmal deine Nummer gehabt hat, kann dir einfach schreiben”, sagt Buchroithner. Das Team habe aber einen Ort schaffen wollen, wo man wirklich nur mit seinen besten Freund:innen kommuniziert.

Kein “Geschwafel” bei Waffle

Beziehungsweise “von ihnen hört”. Denn Waffle setzt auf Voice-Messages. “Man hat nicht immer Zeit, mit seinen Freunden zu telefonieren, aber es ist schön und man fühlt sich mehr verbunden, wenn man ihre Stimme hört. So sind wir auf das Thema Voicenotes gekommen”, sagt Buchroithner. Nicht nur im Namen setzt das Startup beim Social-Media-Trend “Wednesday Waffle” an, bei dem User:innen einer ausgewählten Gruppe an Leuten einmal in der Woche ein Update über sich geben.

(c) Waffle

Wer bei der Kombination aus “Social” und “Audio” also an die ebenso schnell aufgestiegene wie untergegangene “Social-Audio-App” Clubhouse gedacht hat, kann beruhigt sein – das Konzept ist ein völlig anderes. Bei Waffle sind die Voice-Messages auf eine Minute beschränkt und User:innen sind dazu aufgefordert, dazu jeweils ein Bild hochzuladen. Maximal drei dieser Nachrichten können pro Tag gesendet werden, um “Geschwafel” zu verhindern, wie man es aus überlangen WhatsApp-Voice-Messages kennt. Und nach 24 Stunden verschwinden diese wieder von selbst.

Ungefilterte Kommunikation mit Filtern

Doch das ist nicht die einzige bewusste Einschränkung. Wer sich bei der App, die aktuell nur für iOS verfügbar ist, registriert, kann genau acht Kontakte auswählen, um seine Messages mit diesen zu teilen. Weil man auch von anderen Menschen ausgewählt werden kann, kann man dennoch in mehreren solchen Neun-Personen-Kreisen sein. “Es geht darum, nur den Leuten Updates zu geben, denen man wirklich alles erzählen kann. Es geht um ungefilterte Kommunikation”, so Peter Buchroithner.

(c) Waffle

Wobei: Filter sind bei Waffle durchaus geplant, erzählt der Gründer. “So, wie man bei Snapchat Filter über Fotos und Videos legen kann, wird man das bei uns mit dem Ton machen können – also etwa mit Darth-Vader-Stimme sprechen.” Generell wolle man im Thema Voice noch “sehr, sehr vieles dazubauen”.

“Ich denke, das Produkt hat das Potenzial, dass es von 100 Millionen Menschen verwendet wird”

Neben der Produktentwicklung geht es in den kommenden Monaten aber natürlich vor allem auch darum, viele User:innen in die App zu bekommen. Eine Android-Version soll daher bald folgen und die Plattform Product Hunt soll für Aufmerksamkeit sorgen. Firmenseitig befindet sich Waffle gerade als GmbH in Wien in Gründung. “Und wir planen auch eine Investment-Runde”, verrät Buchroithner.

In Sachen Monetarisierung werde man, wie andere soziale Medien, auf Werbung setzen. “Das ist in diesem Fall natürlich ein sehr sensibles Thema. Die Leute werden bei Waffle wohl nicht so tolerant sein wie etwa auf Facebook. Wir werden also mit ausgewählten Marken über eine Zusammenarbeit sprechen”, räumt der Gründer ein. Das sei aber “aktuell nicht wirklich hoch in der Priorität”. Denn zuerst gelte es, viele User:innen zu bekommen. “Ich denke, das Produkt hat das Potenzial, dass es von 100 Millionen Menschen verwendet wird. Und wenn man sowas schafft, dann ist die Monetarisierung nie ein Problem.”

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