28.08.2019

OMV und Verbund: Durchsetzung von Wasserstoff dauert bis zu 30 Jahre

Nach einem gemeinsamen Auftritt von Verbund und OMV bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen zum Thema "Wasserstoff - Chance oder Hype?", sprachen wir mit Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber und OMV-Chef Rainer Seele.
/artikel/omv-und-verbund-wasserstoff
OMV und Verbund bremsen Erwartungen bei Wasserstoff
Verbund CEO Wolfgang Anzengruber (l.) und OMV CEO Rainer Seele (r.) im Gespräch mit brutkasten CEO Dejan Jovicevic

Lange Zeit eher aus dem Fokus geraten, erlebte das Thema Wasserstoff als Energieträger in Österreich zuletzt eine Renaissance. Der Hauptgrund dafür war eine im laufenden Wahlkampf durch die ÖVP angeregte Wasserstoff-Strategie, die unter anderem das Freimachen von 500 Millionen Euro Budget zu dem Zweck vorsieht. Auch Österreichs zwei größte Energiekonzerne OMV und Verbund kündigten bereits im Juli ein gemeinsames Projekt in dem Bereich an. Bei einem Auftritt der beiden Konzernchefs Wolfgang Anzengruber (Verbund) und Rainer Seele (OMV) zusammen mit Henrietta Egerth (Geschäftsführerin FFG) und dem Deutschen Experten Geert Tjarks im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsgespräche, bremsten diese nun aber die Erwartungen.

+++ Elektroauto vs. Wasserstoffauto: Ein Vergleich +++

Wolfgang Anzengruber (CEO Verbund) und Rainer Seele (CEO OMV) im Video-Talk

Live mit Rainer Seele und Wolfgang Anzengruber

Live Expert-Talk mit Rainer Seele, CEO der OMV, und Wolfgang Anzengruber, CEO von Verbund, über das große Thema Wasserstoff – Chance oder Hype?

Gepostet von DerBrutkasten am Dienstag, 27. August 2019

Seele: “Rhetorische Dynamik”, aber keine “Umsetzungsdynamik”

“Wasserstoff hat eine interessante Zukunft, die aber noch sehr weit weg liegt”, sagt Rainer Seele. Es gebe zwar eine “rhetorische Dynamik”, jedoch keine “Umsetzungsdynamik”, weshalb kurzfristig kein Durchbruch zu erwarten sei. Die OMV entwickle sich jedenfalls nicht zum Wasserstoffkonzern, wohl aber zum “integrierten Chemie-Konzern”, in dem Wasserstoff eine wichtige Rolle in verschiedenen Prozessen spielen könne. Schon derzeit erzeuge man Wasserstoff, der vor allem in der Düngemittelproduktion durch die Konzerntochter Borealis genutzt werde. Man gewinne ihn momentan jedoch noch “zu 99 Prozent” aus Erdgas. In Zukunft werde die Produktion durch Elektrolyse, also die Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff mit Strom (aus erneuerbaren Energiequellen) wichtig werden.

“Man darf das Thema CO2 nicht zu sehr emotionalisieren”

Anzengruber: “Wir sind kein Non-Profit-Unternehmen”

Hier kommt der Verbund ins Spiel. Dessen Chef Wolfgang Anzengruber räumt aber ein: “Wir sind kein Non-Profit-Unternehmen. Wir werden nur investieren, wenn es wirtschaftlich ist”. Es brauche einen entsprechenden “politischen Handlungsrahmen”, wobei es etwa auch um derzeit sehr hohe Steuern auf elektrischen Strom geht. Generell sieht Anzengruber aber großes Potenzial in Wasserstoff. Man könne damit etwa Kohle aus dem Energiesystem “herausbringen”, was im Sinne der notwendigen CO2-Reduktion wichtig sei. Zu dieser äußert sich Rainer Seele gewohnt beschwichtigend: Man dürfe das Thema CO2 nicht zu sehr emotionalisieren und dabei keine Angst machen.

Zeitachse bis zu 30 Jahre

Im anschließenden brutkasten-Talk präzisierten Anzengruber und Seele ihre Aussagen weiter. Nicht nur sind sich beide einig, dass man bei der Einschätzung des Potenzials von Wasserstoff “realistisch bleiben” müsse. Sie sehen die Durchsetzung der Technologie auch Unisono als “Generationen-Frage”. “Wir werden kurzfristig hier nicht die großen technologischen Durchbrüche haben. Zehn, 20 oder 30 Jahre sind die Zeitachse, wo wir von Wasserstofftechnologien in größerem Umfang sprechen können”, sagt Seele. Mit der Entwicklung müsse man aber freilich schon beginnen.

Mobilität: Individualverkehr derzeit kein Thema

Für die Anwendung im Mobilitätsbereich sieht er Hürden. “Die europäische Autoindustrie hat sich für E-Mobilität entschieden. Das Thema Wasserstoff wird aus unserer Sicht vernachlässigt”, sagt Seele. Ein Ausbau des Tankstellennetzes sei daher derzeit nicht angezeigt. Anzengruber mahnt: “Wir dürfen nicht den Fehler machen, das Thema auf den Individualverkehr zu projizieren, wo die Perspektive in der nächsten Zeit nicht gegeben sein wird”. Wohl aber sehe er auch mittelfristig einen “wesentlichen Anwendungspunkt” in der Schwerlastmobilität, also etwa im Güter-Schifffahrts- und LKW-Bereich.

Verbund: Wasserstoff als Energie-Speichermedium

Für den Verbund sei Wasserstoff besonders relevant als Energie-Speichermedium. Man stehe vor der Herausforderung, aufgrund wetterabhängiger Überschussproduktion im erneuerbaren Energiebereich zukünftig bis zu 15 Prozent des produzierten Stroms speichern zu müssen. Aber: “Wir haben praktisch kein erneuerbares Energie-Speichermedium abgesehen von Pumpspeicherkrafwerken. Doch da braucht man Wasser und Berge dazu – das haben nicht alle Länder”, sagt Anzengruber, wiewohl er anmerkt, das Österreich hier eine gute Ausgangsposition habe.

OMV: CO2-Recycling und (Verbrennungs-)”Kraftstoffe der Zukunft”

Für die OMV liege ein wesentlicher Usecase in der Anwendung in der Chemie, erklärt Seele. Man konzentriere sich hier auf das CO2-Molekül, das man mit Wasserstoff “quasi recyclen” könne. “Wir müssen als OMV größere Klimabeiträge bringen, indem wir CO2 reduzieren. Mit Wasserstoff können wir das aus der Verbrennung entstandene CO2 wieder zu Methan machen und dann kann es abermals in den Verbrennungsprozess gehen”. Auch eine große industrielle Methanol-Produktion sei so möglich. “Letztendlich bereitet sich die OMV darauf vor, mit Hilfe der Wasserstoff-Technologie synthetische Kraftstoffe der Zukunft herzustellen”, sagt Seele. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch Entwicklungen im Bereich “ReOil”, wo aus Kunststoff zu Rohöl recycelt wird.

OMV und Verbund machen Steuersenkung zur Bedingung

Genau mit solchen Entwicklungen könne der Konzern umweltbewusst und zugleich wirtschaftlich agieren. Dennoch hänge die Wirtschaftlichkeit gerade in der “grünen” Wasserstoff-Produktion (Anm. jener durch Elektrolyse), wie schon eingangs erwähnt, auch mit den politischen Gegebenheiten zusammen. Besonders stößt man sich bei OMV und Verbund am Strompreis. Dazu Anzengruber: “Man muss sich vor Augen führen, dass auf Stromrechnung nur ein Drittel der Kosten die Stromerzeugung ausmacht. Ein weiteres Drittel sind Netz- und Betriebskosten und das letzte Drittel sind Steuern und Abgaben. Wenn man Stromeinsatz für Wasserstoff-Produktion forcieren will, wird man sich auch auf steuerlicher Seite eine Entlastung erlauben müssen”. Ohne Rahmenbedingungen der Regierungen werde es also nicht gehen.

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Der Blick in die Tech-Glaskugel | (c) Mitya Ivanov via Unsplash

Die Zeit um den Jahreswechsel ist bekanntlich auch jene der Trendprognosen der großen Beratungsunternehmen. Deloitte präsentierte nun seine “TMT Predictions”, mit denen man die Trends der Telekommunikations-, Technologie- und Medienbranche identifizieren will. So richtig vermögen die Tech-Trends 2025 aber nicht zu überraschen. In den vier von Deloitte Österreich aus dem Paper herausgegriffenen Vorhersagen dominiert der seit mittlerweile etwas mehr als zwei Jahren anhaltende Generative AI (GenAI)-Hype weiterhin. Nicht weniger als drei von vier Trends beziehen sich direkt auf die Technologie.

Auch in der deutlich umfangreicheren – international veröffentlichten – gesamten Studie geht es vorwiegend um Tech-Trends mit GenAI-Bezug. Dazu heißt es von Deloitte Österreich in einer Aussendung: “Auch wenn der erste mediale Hype vorbei ist, wird vor allem das Thema Generative Artificial Intelligence (GenAI) den Markt in den kommenden Monaten aufmischen. Die Branche muss sich auf einen Umbruch einstellen, der neben Chancen und Potenzialen auch einige Herausforderungen bringen wird.” Das sind die vier großen Trends laut Deloitte Österreich:

Trend 1: GenAI verdoppelt Energieverbrauch von Rechenzentren

Der weltweite Stromverbrauch von Rechenzentren könnte sich laut Deloitte-Analyse bis 2030 auf 1.065 Terrawattstunden (TWh) verdoppeln – das sind vier Prozent des gesamten weltweiten Energieverbrauchs. Der Anstieg ist vor allem auf das schnelle und große Wachstum von GenAI-Anwendungen und -Applikationen zurückzuführen.

“Der enorme Stromverbrauch durch GenAI und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Klima setzen viele Technologieunternehmen unter Druck. Umso wichtiger ist es in diesem Zusammenhang die Umstellung hin zu sauberer Energie voranzutreiben – mit den entsprechenden finanziellen Mitteln”, kommentiert Florian Brence, Partner bei Deloitte Österreich.

Trend 2: GenAI kurbelt Smartphone-Markt an

GenAI-gestützte Smartphones werden laut Deloitte-Prognose den Verkauf von Mobiltelefonen weiter vorantreiben. Das Beratungsunternehmen geht davon aus, dass GenAI-fähige Smartphones 2025 mehr als 30 Prozent der gesamt verkauften Smartphones ausmachen werden. “Vor allem Anwendungen wie Live-Übersetzungen oder automatische Texterzeugung könnten den nächsten großen Kaufimpuls auslösen”, schätzt man bei Deloitte.

“Die Smartphone-Hersteller sind auf den GenAI-Zug bereits aufgesprungen und erhoffen sich durch das Upgrade entsprechende Umsatzsteigerungen. Wie hoch diese 2025 ausfallen werden, hängt vor allem davon ab, wie schnell die Verbraucherinnen und Verbraucher die innovativen Funktionen annehmen werden”, meint dazu Florian Brence.

Trend 3: Immer mehr Unternehmen setzen auf KI-Agenten

Mit der zunehmenden Verwendung von GenAI im Unternehmenskontext steige auch der Einsatz von KI-Agenten, analysiert Deloitte. So prognostiziert das Beratungsunternehmen, dass 25 Prozent jener Unternehmen, die bereits auf GenAI setzen, kommendes Jahr auch mit solchen autonomen intelligenten Systemen, die bestimmte Aufgaben ohne menschliches Eingreifen ausführen, arbeiten werden.

“Die aktuellen KI-Agenten werden in den kommenden Monaten erhebliche Verbesserungen erfahren und so künftig noch größere Flexibilität und eine breitere Anwendungspalette bereitstellen. Für Unternehmen lohnt es sich also, die Einführung solcher Systeme vorzubereiten, denn es ist unbestritten, dass sie mit ihren vielen Anwendungsfällen nützliche Werkzeuge zur Steigerung der Produktivität und Effizienz darstellen”, so Florian Brence.

Trend 4: Konsolidierung in der Telekommunikation verändert globale Märkte

Die Konsolidierung im Bereich der drahtlosen Telekommunikation, insbesondere in Europa, werde sich ab 2025 fortsetzen und beschleunigen, erwartet man bei Deloitte. Dadurch entstehe ein tragfähigeres und nachhaltigeres drahtloses Ökosystem, insbesondere in kleineren Märkten.

“Unseren Berechnungen zufolge, wird die Gesamtzahl der Fusionen und Übernahmen mit etwa 400 konstant bleiben. Der Schwerpunkt wird sich aber vor allem auf die Konsolidierung auf Marktebene verlagern, wobei kleinere Telekommunikationsunternehmen von größeren Unternehmen ins Visier genommen werden. Die globalen Märkte werden sich künftig dadurch maßgeblich verändern”, prognostiziert Florian Brence.

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