10.09.2019

So kann man in Österreich seine GmbH online gründen

Nach einem zweijährigen Testbetrieb ermöglichen die österreichischen Notare nun, eine GmbH online zu gründen. Auf Beratung müssen die Gründer dabei nicht verzichten, die Sicherheit wird über komplexe Verfahren gewährleistet.
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Michael Umfahrer zur Austria Limited - die notariellen Tätigkeiten bleiben dauerhaft online möglich
Michael Umfahrer, Präsident der Österreichischen Notariatskammer. (c) ÖNK / R. Tanzer
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Wer eine GmbH gründen möchte, der muss ab Herbst 2019 nicht mehr persönlich in der Kanzlei des Notars erscheinen, kann aber trotzdem auf dessen Beratung und Expertise zurückgreifen. Das ist einer Initiative der Österreichischen Notariatskammer zu verdanken, mit der die digitale Gründung einer GmbH ermöglicht wird.

+++Event-Reihe ab 17.9.: GründerInnenberatung im Science Park Graz+++

Dem vorausgegangen ist ein Pilotprojekt, in dem das Konzept zwei Jahre lang in zwölf Kanzleien getestet wurde (der brutkasten berichtete). „Wichtig war dabei vor allem, dass die Sicherheit gewährleistet wird“, sagt Michael Umfahrer, Leiter des Fachausschusses für Unternehmensrecht der Österreichischen Notariatskammer: Nun ist die Lösung weitgehend fertig und steht kurz vor dem Echtbetrieb.

Die Vorteile der digitalen GmbH-Gründung für Gründer

Die Vorteile für die Gründer liegen dabei auf der Hand: Sie müssen nicht mehr persönlich in der Kanzlei des Notars erscheinen, sondern können die GmbH gemütlich vom Sofa aus gründen – oder auch dann, wenn sie sich selber gerade im Ausland befinden.

+++Was man bei der Unternehmensnachfolge beachten sollte+++

Zugleich können sie sich wie bei einem „Offline-Termin“ via Videokonferenz vom Notar beraten lassen. Dieser kann die Gründer auch zu Themen aufklären, die sie vielleicht nicht im Fokus haben – wie etwa Streit unter den Gesellschaftern, Insolvenz oder der plötzliche Tod eines Co-Founders. „Wir ermöglichen somit eine digitale Gesellschaftsgründung, bei der zugleich weiterhin das professionelle Briefing des Notars gewährleistet wird“, sagt Umfahrer.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Dokumente digital vorhanden sind (mehr dazu weiter unten). Preislich sollen sich die Kosten für eine digitale GmbH-Gründung nicht von einer „analogen“ Gründung unterscheiden.

Der Ablauf der digitalen GmbH-Gründung

Beim digitalen Gründungsprozess spielt Sicherheit eine zentrale Rolle, die Klienten müssen zuerst einen entsprechenden Identifizierungsprozess durchlaufen. Dies geschieht, indem sie per Email eine Einladung bekommen, sich per Videoident-Verfahren zu registrieren und ihre Identität über einen amtlichen Lichtbildausweis nachzuweisen.

+++Stammkapital und Gründungsprivilegierung: Was Startups wissen müssen+++

Der Notar erhält die entsprechenden Identifikationsdaten anschließend in einem elektronischen Datenraum, der eigens für die jeweilige GmbH-Gründung angelegt wird. Hinter diesem Prozess steht das Unternehmen A-Trust, welches dem Gründer – falls noch nicht vorhanden – in diesem Zuge auch gleich eine Handysignatur anlegt. Diese wird für den weiteren digitalen Gründungsprozess benötigt. Im Hintergrund wiederum überprüft der Notar die Identität der Gründer über diverse Datenbanken, um Betrug und Geldwäsche zu verhindern.

Die anschließenden Gespräche zwischen Gründer und Notar finden via Videokonferenz im besagten digitalen Datenraum statt. Hier klärt der Notar über verschiedene Themen auf, und die Gründer können Fragen stellen. Auch bei der Verlesung des Notariatsakts weist der Notar nochmals auf etwaige Ungereimtheiten hin.

Die Gründer signieren den Gründungsvertrag schließlich via Handysignatur. Der Notar wiederum leistet die amtliche Signatur mit einer speziellen Karte, die er in ein eigenes Kartenlesegerät steckt.

Elektronischer Kontakt zu Behörden

Das Ergebnis der digitalen Gründung ist eine „genuin elektronische Urkunde“, wie Umfahrer erläutert. Sie ist also in ihrer ursprünglichen Form digital vorhanden, was den Kontakt mit Behörden deutlich erleichtert, da diverse archaische Zwischenschritte – ausdrucken und einscannen – entfallen.

+++Was passiert, wenn der Co-Founder stirbt?+++

Dieser Vorteil zeigt sich bereits bei der Gründung selbst: Die signierten Dokumente werden digital an das Firmenbuchgericht übermittelt, so dass die Eintragung ins Firmenbuch erfolgen kann.

Übereilungsschutz und Rechtssicherheit

Wichtig ist bei der Beratung durch den Notar auch der sogenannte „Übereilungsschutz“ – also die Sicherstellung, dass niemand vorschnell einen Vertrag unterschreibt, durch den für ihn grobe Nachteile entstehen. Dies erfolgt über die Beratung im Videogespräch. „Hier reichen oft drei bis vier Fragen, die der Notar gezielt stellt“, sagt Umfahrer: Würde diese Aufklärung jedoch nicht geleistet, so könnte für einzelne Parteien rasch ein großer finanzieller Nachteil entstehen.

Außerdem kann – ergänzend zu den zuvor angeführten Sicherheitsvorkehrungen – der Notar das Gespräch abbrechen, wenn ihm eine Ungereimtheit auffällt. So ist zum Beispiel auch vorgesehen, dass während des Gesprächs und während der Identifikation die Internetverbindung der Parteien nicht abbrechen darf.

Der One-Stop-Shop für die GmbH-Gründung

Für die Zukunft ist geplant, die digitale GmbH-Gründung über die Notare als One-Stop-Shop zu etablieren. Denn die Österreichische Notariatskammer hat eine Kooperation mit dem Digitalisierungsministerium, über welche man auch die Features des Unternehmensserviceportals anbieten kann. So soll es zum Beispiel möglich sein, im Zuge der eigentlichen Gründung auch gleich Dinge wie die Beantragung einer UID, die Anmeldung bei der Sozialversicherung und die Anmeldung eines Gewerbes zu erledigen.

+++Checklist: 10 Fragen auf dem Weg zur GmbH-Gründung+++

Summa summarum sieht Umfahrer viel Potenzial für die digitale GmbH-Gründung. Denn zwar würden heute noch viele Menschen Dokumente auf Papier mit einem gewissen Sicherheitsgefühl verbinden – die Zukunft ist aber, wie auch in so vielen anderen Lebensbereichen, elektronisch. „Und die Notare gehen hier mit der Zeit“, sagt Umfahrer, „um vor allem bei jüngeren Klienten dem Bedürfnis nach einem modernen Gründungsprozess nachzukommen.“


Tipp: Am 17. September startet eine vierteilige Event-Reihe der Steiermärkischen Notariatskammer im Science Park Graz. Notarsubstitut Nicolas Kotzmuth gibt in der GründerInnenberatung nützliche und wertvolle Tipps, was man bei einer Unternehmensgründung wissen und beachten sollte. ⇒ Details zur Veranstaltungsreihe


Video: Freiheit vs. Sicherheit – Diskussion beim Europäischen Forum Alpbach


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(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR
(vlonru.) Everest Carbon, cortEXplore, My Esel und Simventure nutzten und nutzen die umfassenden Möglichkeiten an den TECH HARBOR-Standorten | (c) TECH HARBOR / tech2b / My Esel / Simventure

Der Begriff “Co-Working-Space” wäre bei TECH HARBOR in Linz eindeutig zu kurz gegriffen. Viel zu kurz gegriffen. Denn hochwertige Büroräume für Startups gibt es an den zwei Standorten TECHCENTER und NEUE WERFT zwar durchaus. In einem üblichen Co-Working-Space würde man aber wohl sehr schnell an die Grenze stoßen, wenn man dort eine Serienproduktion für Fahrräder oder eine Produktionsstätte für hochpräzise chirurgische Geräte aufbauen wollte.

Genau das und noch viel mehr passiert in den TECH HARBOR-Standorten. Sie bieten Hardware-Startups mit komplexen technischen Anforderungen und teilweise viel Platzbedarf eine Heimat. Große Werkstattbereiche, Techlabs für Forschung und Entwicklung und Lagermöglichkeiten machen dabei den entscheidenden Unterschied.

My Esel: Vom Prototypen bis zur Serienproduktion im TECHCENTER

Ein Unterschied, der etwa dem mittlerweile einer breiten Öffentlichkeit bekannten Holzfahrrad-Startup My Esel mehr als nur die ersten Schritte ermöglichte. “In der Zeit im TECHCENTER fand die Entwicklung von den ersten Prototypen hin zur Serienproduktion statt”, erzählt Gründer Christoph Fraundorfer. 2016 sei nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne von dort aus der Markstart erfolgt. “Parallel wurde an der Optimierung der Rahmenkonstruktion und an den My Esel E-Bikes gearbeitet. 2019 konnten noch aus dem TECHCENTER die ersten E-Bikes ausgeliefert werden.”

Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) TECH HARBOR
Im TECHCENTER kam Christoph Fraundorfer mit My Esel vom Prototypen bis zur Serienproduktion | (c) My Esel

Ebenfalls im Jahr 2019 Jahr zog My Esel dann um. “In Traun fanden wir in den ehemaligen Produktionsstätten der Carrera-Brillen unseren neuen Standort. Inzwischen nutzen wir hier über 800 Quadratmeter und konnten 2023 mit etwas mehr als 1.000 Bikes zirka 2.7 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften”, erzählt Fraundorfer.

Simventure: Im TECH HARBOR-Standort zum Wingsuit-Simulator

Die Räumlichkeiten im TECHCENTER blieben danach freilich nicht leer. Auch aktuell arbeiten viele spannende Startups im TECH HARBOR-Standort und schreiben die Erfolgsgeschichten der Zukunft. Einer der Mieter ist etwa Simventure. Das Startup baut Geräte, mit denen Extremsportarten vollimmersiv simuliert werden können. Das erste dieser Geräte – WingSim – simuliert den Flug in einem Wingsuit – in Realität bekanntlich ein hochriskantes Unterfangen.

“Seit dem Einzug im TECHCENTER Anfang 2023 haben wir die Hard- und Software für unseren Prototypen entwickelt. Wir haben diesen Prototypen im Techlab gebaut und umfangreich getestet. Nun können wir den Demonstrator Kunden und potentiellen Investoren vorführen. Wir haben den Firmenwert seit dem Einzug vervielfacht”, sagt Gründer Norman Eisenköck.

Das Simventure-Team baut im TECHCENTER seine Simulatoren | (c) Simventure

Das TECHCENTER biete die idealen Voraussetzungen für das Startup und seine Wachstumsherausforderungen, so der Simventure-Gründer. “Ein Startup ist während der Unternehmensgründung und dem Unternehmens-Aufbau Schwankungen im Bedarf an Büroflächen und – in unserem Fall – eines Mechatronik Labors unterworfen. Die Flexibilität des TECHCENTER hat uns geholfen, diese Schwankungen sehr gut zu berücksichtigen.” Und die Infrastruktur diene nicht nur dem Team zur Arbeit, sondern biete auch schöne Repräsentationsräume, um Partner und Kunden zu empfangen.

cortEXplore: Von der NEUEN WERFT zu Yale und MIT als Kunden

Absolute HighTech-Produkte sind auch aus dem Standort NEUE WERFT schon vielfach hervorgegangen. Bis 2024 hatte dort etwa das Startup cortEXplore seinen Sitz, das eine Technologie für Gehirn-OPs für Forschungszwecke entwickelt hat. “Wir verkaufen unsere Technologie international in die EU, die USA und China und haben Kunden wie die US-Unis Berkeley, Yale und MIT”, sagt Gründer Stefan Schaffelhofer. Diesen April wurde das Unternehmen mehrheitlich von einem internationalen Medizintechnikkonzern übernommen.

Den Grundstein dafür legte cortEXplore am TECH HARBOR-Standort. “Wir haben in der NEUEN WERFT gestartet. Wir hatten zunächst Platz für die Entwicklung, hatten aber auch später ein Lager dort und Platz für Assemblierungen unserer Produkte”, erinnert sich der Gründer. “Es ist die optimale Location in Linz. Sie ist gut für Anlieferungen und den Versand der Produkte. Und es gibt Räumlichkeiten für Veranstaltungen und die Einladung von Kunden.”

cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon
cortEXplore baute in der NEUEN WERFT seine Hightech-Produkte für Gehirn-OPs | (c) tech2b/Andreas Balon

Everest Carbon: “Unser Fortschritt übertrifft unsere Erwartungen”

Und auch in der NEUEN WERFT kamen seitdem viele spannende Unternehmen nach, etwa Everest Carbon, das diesen Sommer eingezogen ist. “Momentan entwickeln wir unser erstes Produkt, einen digitalen Umweltsensor für die Bindung von CO2 in Projekten basierend auf dem Prozess des beschleunigten Verwitterns, und testen es in Feldern hier in der Umgebung”, erklärt Gründer Matthias Ginterseder.

In der NEUEN WERFT baue man seit dem Einzug den primären Forschungs- und Produktionsstandort auf. “Wir sind gerade dabei, unser Team in der NEUEN WERFT zu vervollständigen, um Anfang nächsten Jahres die Produktionszahlen unserer ersten Produktlinie bedeutend erhöhen zu können”, sagt der Everest Carbon-Gründer. “Unser Fortschritt dabei übertrifft unsere Erwartungen, nicht zuletzt wegen der proaktiven Unterstützung durch Georg Spiesberger und sein Team hier im TECH HARBOR.” Und auch die Location selbst sei “hervorragend” für das Startup: “Das flexible Platzangebot sowie die zahlreichen Events, helfen uns sehr dabei, unsere Bedürfnisse in verschiedenen Entwicklungsstadien zu decken”, so Ginterseder.

Everest Carbon baut in der NEUEN WERFT gerade seine Produktion auf | (c) TECH HARBOR

Große Zukunftspläne – vom TECH HARBOR in die ganze Welt

Die Voraussetzungen für große Zukunftspläne und weitere Erfolgsgeschichten, wie die oben genannten, sind damit also perfekt gegeben. Der Everest Carbon-Gründer gibt einen Einblick: “Wir wollen in naher Zukunft unser erstes Produkt am Markt etablieren und unsere Technologie als eine bahnbrechende Lösung für zukunftsträchtige Formen von negativen Emissionen etablieren.”

Auch Simventure will am TECH HARBOR-Standort noch viel erreichen, wie Gründer Norman Eisenköck erklärt: “Wir werden weiterhin sowohl die Büroflächen als auch das Techlab für die Entwicklung weiterer Bewegungsplattformen nutzen. Es ist geplant, das weitere Wachsen des Teams und der Produktlinien im TECHCENTER zu machen.” Der erste WingSim werde aber schon bald ins Ars Electronica Center übersiedelt, um dort – ganz in der Nähe – für Kundenvorführungen zur Verfügung zu stehen. “Im Techlab werden dann neue Produkte entwickelt”, so der Gründer.

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