07.08.2024
NETWORKING KOLUMNE

9 Tipps für ein erfolgreiches Follow-Up beim Networking

Kolumne. Vom Visitenkarten-Friedhof zum Kooperations-Champion mit neun wertvollen Follow-Up Tipps für das professionelle Business-Netzwerk: Netzwerk-Expertin Catharina Rieder erklärt uns, worauf es beim Knüpfen von Kontakten zu achten gilt.
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Netzwerkexpertin Catharina Rieder | © Ines Thomsen

“Netzwerken ist doch Zeitverschwendung. Es bringt keine Aufträge und kostet mich nur meine wertvolle Zeit!” So äußerte sich eine Kundin, als wir über die Möglichkeiten eines guten Netzwerks sprachen. Und teilweise musste ich ihr sogar zustimmen. Netzwerken ohne ein klares System bringt kaum wertvolle Resultate und eine mögliche Kooperation hängt oft von glücklichen Zufällen ab. Tatsächlich kann wahlloses Netzwerken frustrierend sein, denn bloßes “Visitenkarten-Sammeln” führt selten zu nachhaltigen Beziehungen. Jäger und Sammler bauen noch keine echten Verbindungen auf.

Netzwerken für Nichts? Das muss nicht sein!

Wir sollten nicht einfach irgendwie Kontakte knüpfen, um der vielen Kontakte willens. Natürlich ist es bereichernd, viele interessante Menschen kennenzulernen, aber wir haben alle limitierte Zeit- und Geldressourcen. Ein “Friedhof” an Visitenkarten ist noch lange kein verlässliches Netzwerk. Daher sollten wir uns überlegen, wie wir im stressigen Alltag echte und ehrliche Beziehungen aufbauen und diese auch langfristig pflegen können. Professionelles Netzwerken bedeutet auch strategisches und systematisches Nachfassen. Das führt mich zu einer zentralen Frage: Was tun, nachdem wir eine interessante Person mit Kooperations- und Geschäftspotenzial getroffen haben?

Nachfassen: Das richtige Kontakte-Follow-up

Um eine persönliche Verbindung aufzubauen (siehe dazu auch den Artikel “Netzwerk-Brücken“) und sich positiv in Erinnerung zu rufen, ist das korrektes Nachfassen nach einem Gespräch ein wichtiger Schritt in Richtung Netzwerk. Das Follow-up gehört also zum Beziehungsaufbau und fördert Vertrauen. Und schließlich hilft es, dass angedachte Ideen auch in Aktion kommen und schließlich ausgeführt werden. Hier meine neun Tipps für ein effektives Gesprächs-Follow-up.

1. Follow-up-Ziele setzen

Bestimme klare Ziele für das Nachfassen definieren: geht es um ein weiteres Treffen, darum eine Kooperation zu initiieren oder einfach den Kontakt aufrechtzuerhalten? Klare Ziele helfen dabei, den Fokus zu behalten und auch den langfristigen Erfolg der gemeinsamen Beziehung zu messen.

2. Schnelligkeit zählt

Versuche, das Follow-up so schnell wie möglich nach dem Treffen durchzuführen. Eine zeitnahe Kontaktaufnahme nach dem ersten Gespräch signalisiert Wertschätzung und Ernsthaftigkeit. Idealerweise sollte dies innerhalb von 24 bis 48 Stunden erfolgen. So bleibt der positive Eindruck frisch und es zeigt Interesse an einer fortlaufenden Kommunikation.

3 . Dankbarkeit & Personalisierung

Bedanke dich für die Zeit und das Engagement des Gesprächspartners. Die Kommunikation kann gut mit diesem (oder ähnlichem) Satz beginnen: “Vielen Dank für unseren herzlichen Austausch / das informative Gespräch zu…”. Ein einfaches Dankeschön kann Wunder bewirken. Diese Wertschätzung schafft eine positive Basis für weitere Interaktionen. Wichtig: unpersönliche Standardfloskeln bitte vermeiden. Es gewinnen immer personalisierte anstelle von generischen Follow-up-Nachrichten das Interesse an einer echten Verbindung.

4. Notizen für Mehrwert

Mache während oder direkt nach dem Treffen Notizen zu den wichtigsten Punkten, vereinbarten Aktionen und offenen Fragen. Dies hilft, ein zielgerichtetes Follow-up zu erstellen und jede:n Gesprächspartner:in zu beeindrucken, indem auf spezifische Details eingegangen wird. Beziehe dich in der Follow-up-Kommunikation auf konkrete Punkte aus dem Gespräch. Überlege, wie du dem Kontakt einen dazu passenden Mehrwert bieten kannst: in Form eines interessanten Artikels, einer relevanten Studie oder einer Einführung zu einem weiteren nützlichen Kontakt. Mit emphatischer Kommunikation, Hilfsbereitschaft und Kompetenz können Beziehung langfristig erfolgreich gestärkt werden.

5 . Finde den richtigen Kanal: offline & online

Abhängig von der Beziehung bzw. vom Typ, Alter, Position etc. kann ein Follow-up per E-Mail, per Telefon, handschriftlichem Brief oder einer anderen Methode erfolgen. Wähle den Kanal, der am besten zur Situation und zur Beziehung passt. Ein direkter Anruf kann die Wertschätzung erheblich steigern. Oder ein persönlicher Brief hinterlässt beispielsweise bei formellen Anlässen oder wichtigen Kontakten einen bleibenden Eindruck – denn wer macht sich heute noch die Mühe per Hand zu schreiben…? Auch Soziale Medien gibt es reichlich für eine charmante Nachricht. Im Business-Kontext empfehle ich immer eine Verlinkung über LinkedIn. Gerne beim neuen Kontakt Beiträge kommentieren und liken, um weiterhin präsent zu sein und das Interesse zu zeigen.

6 . Termine & Erinnerungen festlegen

Organisation und Zeitmanagement sind beim Netzwerken unsere besten Freunde. Wenn im Gespräch ein weiteres Treffen oder eine weitere Aktion zu einem bestimmten Datum vereinbart wurde, bestätige dieses Datum und stelle sicher, dass es in den Kalendern beider Parteien vermerkt ist (elektronische Einladung schicken). Gibt es noch keinen konkreten Termin, dann unmittelbar danach im Follow-up bestimmte Zeitalternativen vorschlagen. Für den Aufbau langfristiger Beziehungen ist es hilfreich, sich regelmäßig an die neuen Kontakte zu erinnern. Setze Reminder im Kalender, um sicherzustellen, dass der Kontakt auch in Zukunft aktiv gepflegt wird und du nicht in Vergessenheit gerätst. Dies zeigt auch von Zuverlässigkeit und Kooperationsbereitschaft. (Anmerkung: es gibt eine breite Auswahl an Software-Systemen, die dabei unterstützen können.)

7 . Periodisches Follow-up & Kontinuität

Insbesondere wenn es um gemeinsam angedachte Projekte oder längerfristige Beziehungen geht, plane regelmäßige Follow-ups ein. So kannst du den Fortschritt überprüfen, gegebenfalls offene Fragen klären und die Beziehung positiv aufrechterhalten. Wiederkehrende, aber nicht aufdringliche (!) Kontaktpflege ist der Schlüssel zu langfristigen und stabilen Geschäftsbeziehungen.

8. Transparenz & Ehrlichkeit

Bleibe immer offen und ehrlich in der Kommunikation. Falsche Versprechungen oder kleine (bzw. große) Flunkereien sind nicht nur unseriös, sondern zerstören jeglichen Nährboden für eine echte Netzwerk-Beziehung. Auch aus einer gewissen Nervosität oder Unsicherheit sollten keine „leeren“ Versprechungen gemacht werden. Leider sehe ich diese Situation immer wieder: ein “Nein” oder eine Absage ist vielleicht in dem Moment gerade unangenehm, aber immer noch besser als einen Kontakt hinzuhalten. Falls es zum Beispiel bei einem Projekt zu Verzögerungen oder Änderungen kommt, informiere deinen Kontakt besser früher als später. Transparenz schafft Vertrauen und zeigt Verlässlichkeit.

9. Ereignisse & Anlässe nutzen

Nutze in weiterer Folge besondere Anlässe wie Geburtstage, Feiertage oder berufliche Meilensteine, um den Kontakt aufrechtzuerhalten. Wir alle freuen uns über die eine oder andere Glückwunschkarte oder eine Gratulationsnachricht. Tatsächlich gibt es viele verschiedene Anlässe, die für ein regelmäßiges Follow-up genutzt werden können. Mit ein wenig Kreativität stichst du möglicherweise sogar aus einer Masse an Gratulanten hervor. Und im Notfall hilft vielleicht ein kurzer Prompt bei ChatGPT für einen originellen Nachrichtentext.

Ein effektives Follow-up ist eine Aufgabe, die Zeit und Aufmerksamkeit erfordert. Haben wir aber erst einmal eine gewisse “Nachfass-Routine” eingestellt, wird das Follow-up ein fixer Bestandteil im Arbeitsalltag wie die laufende Buchhaltung oder das regelmäßige Team-Meeting. Das Beste an all diesen Follow-up Ideen: sie kosten uns nicht einen Euro. Sie “kosten” uns Zeit – Zeit, welche ich gern als Investition in mein Kontaktkapital bezeichne. Aber es sind keine Ausgaben oder Budgets notwendig, um eine strategisch durchgeführte Netzwerk-Kommunikation aufzubauen.

Wenn wir sorgfältig planen, schaffen wir durch gezielte Kommunikation die Grundlagen für nachhaltige und wertvolle Geschäftsbeziehungen: unserem besten persönlichen Netzwerk für langfristigen Business-Erfolg.


Über die Autorin

Catharina Rieder verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Kommunikationsbranche – unter anderem auch als PR & Communications Director in einem globalen Konzern. In dieser Zeit war ihr Netzwerk ihr ständiger Business-Begleiter. Über die Plattform einfach.netzwerken teilt sie ihr Wissen mit Menschen aus unterschiedlichsten Branchen und Bereichen. Neben einem Netzwerk-Buddy Programm und einem Netzwerk-Starter-Training bietet sie zudem einen Netzwerk-Guide inklusive Selbst Check an. Zudem produziert Rieder einen Business-Podcast rund um das Thema Netzwerken namens NETZWERK-ZIRKEL. Bist du bereit, das volle Potenzial deines Netzwerks zu entfalten? Catharina Rieder freut sich mit dir in Kontakt zu treten!

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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