28.05.2024
NETWORKING KOLUMNE

8 (+1) Netzwerk-Brücken, um mit Leichtigkeit ins Gespräch zu kommen

Kolumne. Professionelle Kommunikation im Business, persönliches Beziehungsmanagement und nachhaltiges Netzwerken zählen für Gründer:innen zu Schlüsselqualifikationen. Netzwerk-Expertin Catharina Rieder verrät uns in der zweiten Ausgabe ihrer Networking Kolumne, wie man im Business-Alltag leichter ins Gespräch kommt. Dafür liefert die Expertin 8 (+1) nützliche Tipps für Netzwerk-Brücken.
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Netzwerkexpertin Catharina Rieder | © Ines Thomsen

Zwischenmenschliche Kommunikation ist vergleichbar mit einer unsichtbaren Brücke, die uns verbindet. „Durch’s Reden kommen die Leut‘ zam“, sagt ein altes Sprichwort. 

Mit jedem Gespräch wächst eine solche Verbindung. Doch die wesentliche Frage ist, welche Art von Beziehung braucht es für eine dauerhafte Vertrauensbasis? Welche Form von Gespräch ist nötig, um emotionale und persönliche zwischenmenschliche Verbindungsbrücken aufzubauen? Und welchen Unterschied können sie für deinen Business-Erfolg machen?

Bitte keine klassischen Eisbrecher-Fragen!

Die Google-Suche nach „Business-Fragen zum Gesprächseinstieg“ provoziert schmunzelndes Kopfschütteln: von den „200 spannendsten Eisbrecher-Fragen für jede Gruppe“ bis hin zu „Über 115 Fragen zu Eisbrechern, die jeder lieben wird“ lesen sich die Vorschläge wie aus einem 80er-Jahre-Netzwerk-Benimm-Buch.

Man stelle sich vor, eine völlig fremde Person fragt unmittelbar bei der ersten Begrüßung nach dem Lieblingsbuch, den persönlichen Zielen oder danach, welche Farbe der Tag heute hat und warum…? (So gelesen bei den vielen Online-Tipps).

Jeder Gesprächseinstieg darf einfacher und natürlicher ablaufen. Deshalb spreche ich nicht von „Eisbrechern“, sondern vom Aufbau persönlicher Verbindungen – einer emotionalen Brücke.

Dies funktioniert auch im Geschäftsleben ausgezeichnet, denn letztlich sind wir alle nur Menschen, egal ob CEO, Startup-Gründer:in oder Business Angel.

Ich weiß nicht, was ich sagen soll…? 

Viele Menschen glauben, sie könnten nicht Netzwerken, weil sie zu schüchtern oder introvertiert seien. Sie fühlen sich unsicher oder zu aufdringlich. Jedoch ist die persönliche Komfortzone dazu da, durchbrochen zu werden! Es hängt nur von der eigenen Erwartungshaltung ab. Man muss nicht mit beeindruckendem Wissen glänzen, vor 100 Menschen präsentieren oder dem eigenen Ego etwas beweisen. 

Authentisches Netzwerken bedeutet vielmehr, ein Gespräch von Mensch zu Mensch zu führen. Es gibt immer ein Thema, über das gesprochen werden kann – auf eine leichte, lockere und freundliche Weise.

Hier sind einige persönliche Erfahrungen zum Aufbau von Netzwerk-Brücken im Geschäftsleben. Denn Verbindung schafft Beziehung schafft Vertrauen schafft langfristigen Erfolg.


Einfache Brücken als Einstieg

1. Das Namens-Spiel – das WER als Start

Es ist wichtig, den Namen des Gegenübers korrekt auszusprechen und sich diesen zu merken. Es zeigt von Wertschätzung und echtem Interesse. Eine falsche Aussprache oder das Vergessen des Namens erzeugt Distanz, also das Gegenteil einer Brücke.

Bestimmt haben viele von uns diese Situation schon persönlich erlebt. Dennoch bleiben wir professionell und höflich, lassen uns nichts anmerken. Innerlich jedoch bleibt ein Gefühl von Respektlosigkeit.

Mein Tipp: Den Namen des Gegenübers als Netzwerk-Brücke nutzen! Aufmerksames Hin-hören, höfliches Nachfragen und mehrmaliges Ansprechen mit dem Namen schaffen eine überraschend starke emotionale Ebene. Manchmal steckt hinter einem Namen auch eine interessante Geschichte. Das macht uns greifbarer und hilft, sich einen Namen besser zu merken.

Beispiel-Fragen wie diese können helfen: „Kaya, das ist ein schöner Name – woher kommt er?“ „Elisabeth, so ein Zufall, meine Schwester/Tante/Mutter/beste Freundin heißt auch Elisabeth. Wird dein Name auch immer abgekürzt?“ „Catharina, das schreibt sich mit ‚C‘, wie charmant oder chaotisch.“ Mini-Geschichten bleiben besser in Erinnerung.

2. Ein Ort als Anker – das WO zur Orientierung 

Persönliche Erinnerungen an verschiedene Orte können genutzt werden, um im Kennenlerngespräch eine Verbindung zu schaffen.

Durch eine Vorab-Recherche bezüglich einer bestimmten Person erfahren wir möglicherweise den Arbeitsort, die Universität oder den Heimatort. Bieten sich hier schon einige Anknüpfungsthemen an? So könntest du nachfragen: „Ich habe gelesen, du kommst aus Krems an der Donau? Dort war ich oft als Kind und möchte gern wieder hinfahren. Kannst du mir gute Heurigen empfehlen?“ oder „Deine Heimatstadt ist Berlin? Dort wollte ich schon so lange hin.“

Wenn man keine Vorabinformationen hat, einfach im Gespräch nachfragen: „Wo kommst du her?“ oder „Wo genau ist euer Büro?“

Schon rattert es in meinem Kopf nach einer passenden Verbindung zur genannten Location: „Ja, kenne ich, dort ist doch …?“ oder „Die Stadt kenne ich noch nicht, hast du Tipps für …?“ 

Dein:e Gesprächspartner:in hat nun die Möglichkeit zu erzählen, und du schaffst erneut eine Verbindung als Netzwerk-Brücke.

3. Die Tätigkeit – das WAS zum Wem 

Kooperationen entstehen, wenn wir besser verstehen, was unser Gegenüber genau macht. Es ist also hilfreich, sich nach den Aufgaben und Erfahrungen der anderen Person zu erkundigen und echtes Interesse an deren Tätigkeit zu zeigen. Fragen wie „In welchem Bereich bist du tätig?“, „Wie lange machst du das schon?“, „Das klingt interessant, wie bist du dazu gekommen?“ sind einfach.

Gehe nun aber weiter auf die Antworten ein. Viele Jobs erscheinen anfangs langweilig, doch werden zunehmend interessant, sobald man den Sinn dahinter versteht. Es geht um echte Wertschätzung für die Expertise deines neuen Kontakts.

Wichtig: Mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt die Rückfrage „Und was machst du?“ 

Nun gilt es, das eigene Unternehmen bzw. Dienstleistung vorzustellen. Über deinen Pitch und erzähle diesen dann genau bei dieser Gelegenheit auf spannende Art und Weise.


Wenn die Brücke persönlicher wird

Die ersten Brückenpfeiler sind gebaut. Das war bisher nicht allzu schwer und gelingt auch schüchternen Menschen oder solchen, die keine 200 Fragen von Dr. Google auswendig lernen möchten. Sind wir zu Beginn „warm“ geworden und haben eine gewisse Wellenlänge gefunden, können wir einen Schritt weitergehen und persönlicher werden.

Ein kleiner Hinweis: Es gibt einen Unterschied zwischen persönlich und privat. Diesen schmalen Grat sollten wir beachten. Die nächsten Themen erfordern etwas Fingerspitzengefühl. Als oberste Regel gilt: Nichts fragen, was wir nicht selbst auch gefragt werden wollen.


4. Vom Hund zum Herz 

Tiere sind ein dankbares Thema fürs Kennenlernen. Wenn ich das Gefühl habe, mehr von mir erzählen zu können, lasse ich eine kleine Bemerkung aus meinem Alltag fallen wie: „Heute Morgen war ich etwas später dran, weil meine Hündin beim Spaziergang nicht heimgehen wollte.“ Oder: „Ich verlasse die Konferenz etwas früher, um noch eine Abendrunde mit meinem Pferd zu machen.“

Ich gebe eine kleine Information preis. Reagiert mein Gegenüber interessiert oder stellt er eine spezifische Frage? Bingo. Natürlich stelle ich dann eine Gegenfrage: „Hast du auch einen Hund?“, „Bist du auch eine Reiterin?“ Meistens geht dann das Herz auf und die tierischen Erfahrungen werden umgehend ausgetauscht.

Entsteht kein Anker, auch kein Problem. Es gibt genügend weitere Themen.

5. Ein Hobby als Verbindung 

Hier gilt Ähnliches wie bei den Tieren. Ich starte mit einer kleinen Information aus meinem Leben. Zuletzt hat mein 5-jähriger Sohn das Netzwerken übernommen: Beim Kinderarzt zeigte er stolz sein neues „Fußball-Trainings-Leiberl“, wie er es nennt. Prompt erzählte der junge Arzt, dass er auch Hobby-Fußballer sei, und schon hatten die beiden Jungs eine Verbindung.

Aktuelle Anlässe wie das gestrige Fußballspiel, die laufenden Golf-Masters oder der Olympia-Sommer können eine weitere Verbindung auf der Netzwerk-Brücke sein. Kleine Anmerkungen wie „Ich habe mir gestern die halbe Nacht um die Ohren geschlagen, um das Finale zu sehen.“ oder „Am Wochenende fahren wir mit den Rädern zum Neusiedler See.“ bieten weitere Gesprächs-Anker.

Oft springt die Person auf und teilt ihre Meinung zum aktuellen Ereignis. Manchmal kann ich meine Erfahrung zu einer Sportart teilen, weil ich sie selbst (mehr oder weniger erfolgreich) ausprobiert habe. Oder ich bekunde mein Interesse an einem Hobby, das ich noch nicht kenne, und lasse es mir erklären. Es gilt wieder: Nachfragen und echtes Interesse an der Person zeigen.

6. Die Urlaubszeit naht

Gerade zu dieser Jahreszeit ist die Frage nach den Urlaubsplänen sehr beliebt. Um hier nicht oberflächlich zu bleiben, schließe ich an die Frage „Hast du schon Urlaubspläne für den Sommer?“ gerne auch weitere Fragen an, wie „Bist du zum ersten Mal dort?“, „Das klingt interessant, wie bist du auf dieses Reiseziel gekommen?“ oder „Fein, dort war ich schon öfter, ich kann dir gerne meine Lieblingslokale empfehlen.“

Bei einem Wiedersehen zu einem späteren Zeitpunkt fällt es leicht, an das Thema anzuknüpfen: „Und, wie war denn dein Urlaub in …?“

7. Die Kunst der Komplimente

Jetzt sind wir bereits sehr persönlich. Wenn sich das Gespräch positiv und freundlich entwickelt, gebe ich gerne auch ein Kompliment. Allerdings mit Bedacht: Es muss authentisch, aber nicht zu offensiv sein. Ein ehrlich gemeintes Kompliment kann eine unglaublich positive Brücke im Netzwerkaufbau sein. Und wer freut sich nicht über ein herzliches, wohlmeinendes Kompliment? Von „Das ist ein hübsches Kleid.“ über „Lässige Schuhe, die sehen gut aus.“ bis zu „Die neue Brille steht dir richtig gut.“ Es ist jedoch wichtig, dabei den richtigen Ton und die richtige Wortwahl zu treffen.

Die Anerkennung kann sich auch auf die Arbeit oder bestimmte Projekte beziehen: „Ich habe gehört, dass dein letzter Vortrag sehr gut angekommen ist“ oder „Dein Artikel über … hat mir wirklich gut gefallen.“ Solche Komplimente zeigen, dass man sich für die Tätigkeit des Gegenübers interessiert und diese wertschätzt.

8. Von Kind und Kegel 

Nachdem wir die Brücke von einfachen Fragen zu einem persönlichen Kennenlernen gebaut haben, wagen wir nun einen kleinen Schritt ins Privatleben. Das Thema Familie und Kinder erfordert etwas Feingefühl. Wenn der Kontakt bereits eine Kinder-Bemerkung gemacht hat, kann nachgehakt werden. Wir könnten fragen: „Wie alt sind deine Kinder?“, „Wo gehen sie zur Schule?“ oder „Wow, so groß schon? Was macht deine Tochter/dein Sohn denn jetzt?“

Gerade bei frischgebackenen Eltern schafft dies eine perfekte emotionale Verbindung, wenn sie stolz vom Nachwuchs erzählen.

Es ist auch möglich, eigene Erfahrungen zu teilen: „Mein Sohn fängt bald mit der Schule an, es wird eine spannende Zeit.“ Solche Bemerkungen liefern weitere Anknüpfungspunkte für persönliche Erfahrungen und helfen, in eine tiefere Verbindung zu gehen.

Unbedingt vorher hineinspüren, ob das Thema passt. Und in jedem Fall vorab ein freundliches, offenes Gespräch aufbauen!

8+1: Das Netzwerk-Mindset

Gute persönliche Verbindungen entstehen nicht über Nacht und erfordern neben Zeit auch persönliches Engagement. Eingangs habe ich erwähnt, wie wichtig es ist, die eigene Komfortzone zu verlassen. Hier sind meine Gedanken zum richtigen Mindset beim Netzwerken:

  • Neugierig sein: Gern freundlich nachfragen und auf Entdeckungsreise gehen. Neugierde zeigt echtes Interesse an der Person und hilft, tiefere Verbindungen zu schaffen.
  • Achtung vor der Ego-Falle: Wir können immer etwas Neues von anderen Menschen lernen.  Unterschiedliche Meinungen sind wertvoll, verschiedene Erfahrungen hilfreich. Deswegen immer auf Augenhöhe kommunizieren.
  • Zuerst geben, dann nehmen: In jedem Gespräch sollten wir etwas geben, sei es Aufmerksamkeit, Wertschätzung oder hilfreiche Informationen. Das Dankeschön kommt garantiert zurück. 
  • Geduldig bleiben: Geduld ist eine Tugend, die beim Netzwerken erst später belohnt wird. Das Gegenüber ausreden lassen, sich selbst zurückzunehmen und langfristig mit freundlichen Nachrichten überraschen. 

In ihrer ersten Ausgabe der Networking Kolumne beschäftige sich Rieder mit “9 goldenen Netzwerk-Regeln, die Gründer.innen im Business-Alltag helfen


Über die Autorin:

Catharina Rieder verfügt über 25 Jahre Erfahrung in der Kommunikationsbranche – unter anderem auch als PR & Communications Director in einem globalen Konzern. In dieser Zeit war ihr Netzwerk ihr ständiger Business-Begleiter. Über die Plattform einfach.netzwerken teilt sie ihr Wissen mit Menschen aus unterschiedlichsten Branchen und Bereichen. Neben einem Netzwerk-Buddy Programm und einem Netzwerk-Starter-Training bietet sie zudem einen kostenlosen Netzwerk-Guide inklusive Selbst Check an. Bist du bereit, das volle Potenzial deines Netzwerks zu entfalten? Catharina Rieder freut sich mit dir in Kontakt zu treten!


Podcast-Tipp

Catharina Rieder produziert auch einen Business-Podcast rund um das Thema Netzwerken namens NETZWERK-ZIRKEL. In diesem Podcast erfährst du mehr über:

  • Aufbau & Pflege deines Netzwerks im Business-Alltag
  • Tipps zum Netzwerken offline & online
  • Geschichten aus über 25 Jahren Kommunikations- und Netzwerk-Erfahrung
  •  Interviews von spannenden Gästen zum Thema Business-Beziehungen
  • Empfehlungen von Netzwerk-Büchern
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Logo von OpenAI
Foto: Adobe Stock

Wenn OpenAI neue Dinge ankündigt, hört die KI-Szene hin. Klar, nicht jede Ankündigung des US-Unternehmens in den vergangenen zwei Jahren hatte dieselbe Tragweite wie jene vom 30. November 2022, als OpenAI den Start eines Chatbots namens ChatGPT verlautbaren ließ. Aber potenziell könnte jede Mitteilung des Unternehmens rund um CEO Sam Altman bahnbrechend sein. Kein Wunder also, dass es für Aufsehen sorgte, als OpenAI Anfang Dezember verlautbarte, zwölf Tage hintereinander neue Dinge vorzustellen.

Schon in der Ankündigung hatte Altman darauf hingewiesen, dass es neben größeren auch kleinere Neuigkeiten sein würden, die OpenAI liefern würde. So kam es dann auch: Zugang zu ChatGPT über WhatsApp oder die Integration in Apple Intelligence waren eher in die zweite Kategorie einzuordnen. Daneben veröffentlichte OpenAI aber auch das neue Modell o1 für ChatGPT – oder Sora, ein Tool zur Videoerstellung.

Den größten Widerhall in der KI-Szene fand allerdings die Ankündigung am letzten der zwölf Tage. Am vergangenen Freitagabend stellte OpenAI sein neues Modell o3 vor. Wichtig dabei: Das Modell ist noch nicht öffentlich zugänglich. OpenAI stellte zunächst einmal nur vor, wie das Modell in unterschiedlichen KI-Benchmarks abschnitt. Aber diese Ergebnisse hatten es in sich.

o3 zeigt starke Performance bei AGI-Benchmark

Vielbeachtet wurde dabei vor allem die Benchmark namens ARC-AGI (Abstraction and Reasoning Corpus for Artificial General Intelligence), bei der zwei Varianten des o3-Modells deutlich bessere Ergebnisse erzielten als die bisher führenden o1-Modelle. Das Ziel von ARC-AGI ist es zu messen, wie sich eine KI im Umgang mit ihr unbekannten Aufgaben schlägt.

Wie die O3-Modelle verglichen mit anderen OpenAI-Modellen abschneiden // Grafik: ARC Prize

Es gibt unterschiedliche Definitionen von AGI. Die meisten davon verstehen AGI aber als ein System, das sämtliche intellektuellen Aufgaben mindestens so gut oder besser als ein Mensch erledigen kann.

Die ARC-AGI-Benchmark wurde von François Chollet konzipiert. Er definiert AGI als ein System, das “in der Lage ist, effizient neue Fähigkeiten zu erwerben und neuartige Probleme zu lösen, für die es trainiert wurde.”

Eine AGI ist also nicht für eine bestimmte Aufgabe trainiert, sondern kann jegliche Aufgaben übernehmen. Es ist weitgehender Konsens in der KI-Szene, dass solche Systeme noch nicht existieren. OpenAI wurde aber beispielsweise explizit mit dem Ziel gegründet, AGI zu erreichen.

Chollet gehört zu den bekanntesten Namen der internationalen KI-Szene. Er hat die bekannte KI-Library Keras entwickelt und seit einigen Jahren für Google tätig. Dem von ChatGPT ausgelösten Hype rund um generative KI steht Chollet seit Anfang an eher kritisch gegenüber, wie beispielsweise auch dieser brutkasten-Bericht wenige Wochen nach Erscheinen von ChatGPT thematisierte.

o3: “Wir befinden uns auf neuem Terrain”

Umso interessanter ist es, was Chollet nun zu den Ergebnissen des o3-Modells bzw. seiner Varianten zu sagen hat. In einem Blogeintrag attestiert er OpenAI, mit dem Modell einen “bedeutenden Sprung nach vorne” erreicht zu haben.

Die Performance des Modells stelle “einen echten Durchbruch” in der Anpassungsfähigkeit und Verallgemeinerung” von KI-Modellen dar”, wenn es darum gehe, wie sich KI-Modelle an neue Aufgaben anpassen könnten. o3 stelle nicht bloß einen “schrittweisen Fortschritt” dar. Vielmehr befinde man sich auf “neuem Terrain”, das “ernsthafte wissenschaftliche Aufmerksamkeit” erfordere.

Aber es ist schon Artificial General Intelligence (AGI)? Hier schränkt Chollet ein: “o3 scheitert immer noch an einigen sehr einfachen Aufgaben, was auf grundlegende Unterschiede zur menschlichen Intelligenz hinweist”. Dennoch befeuerten die Ergebnisse die Diskussion rund um AGI – und manche Stimmen sahen, anderes als Chollet, mit o3 AGI sogar bereits erreicht.

Selbst wenn dem so wäre, wäre es zum jetzigen Zeitpunkt schwer nachzuprüfen: Denn das Modell ist noch nicht veröffentlicht. Forscher:innen im Bereich der KI-Sicherheit können sich für Zugang vormerken lassen. Wann und zu welchen Konditionen das Modell für Endnutzer:innen zugänglich sein wird, ist aktuell noch unklar. Klar ist allerdings schon jetzt, dass die beeindruckenden Ergebnisse bei der ARC-AGI-Benchmark enorme Rechenressourcen erforderten – und dementsprechend teuer waren.

Reasoning-Modelle

Das o3-Modell ist eine verbesserte Version des o1-Modells, welches OpenAI am 4. Dezember veröffentliche und das zuvor bereits in Preview- und Mini-Varianten für ChatGPT-User:innen zugänglich gewesen war. Dieses Modell unterscheidet sich zu dem im Mai 2024 veröffentlichten GPT4o-Modell insofern, als es auf einen “Reasoning”-Ansatz setzt.

OpenAI bezeichnet GPT4o weiterhin als das “vielseitige, hochintelligente Flagship-Modell”, das für die “meisten Aufgaben” die richtige Wahl sei. Die o1-Modelle wiederum referenziert das Unternehmen als “Reasoning-Modelle, die sich bei komplexen, mehrstufigen Aufgaben auszeichnen”.

Enduser:innen von ChatGPT merken dies in der Nutzung vor allem insofern, als sich die o1-Modelle länger Zeit nehmen, Ergebnisse zu produzieren. Diese Modelle “verbringen mehr Zeit mit Nachdenken, bevor sie reagieren”, wie es OpenAI formuliert. In einigen (aber nicht notwendigerweise in allen) Bereichen liefern sie dann deutlich bessere Ergebnisse als die bisherigen Modelle.


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