28.12.2015

Navvis: Das Startup, dem Kunden und Investoren zulaufen

7,5 Millionen Euro hat das deutsche Startup Navvis bei der letzten Finanzierungsrunde abgeräumt. Kunden wie Daimler stehen Schlange.
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(c) NavVis. Das Gründer-Team mit ihrem Trolley: Robert Huitl, Sebastian Hilsenbeck, Georg Schroth und Felix Reinshagen
(c) NavVis. Das Gründer-Team mit ihrem Trolley: Robert Huitl, Sebastian Hilsenbeck, Georg Schroth und Felix Reinshagen

Das Münchner Startup Navvis generiert mit zwei Halbtagskräften im Sales bereits beträchtliche Umsätze, wie Gründer Georg Schroth betont. Obwohl Kundenakquise nie der Schwerpunkt war, stehen große Firmen Schlange: Die Produkte von Navvis kommen bei fast allen großen Autoherstellern wie Daimler und BMW, sowie Industriekonzerne wie Siemens zum Einsatz. Und es scheint kaum eine Branche zu geben, die Navvis nicht am Radar hat: Flughäfen zählen genauso zu den Kunden, wie große Museen oder Händler.

7,5 Millionen Euro hat das Startup bei einer großen Finanzierungsrunde vor wenigen Wochen abgeräumt. Angeführt wurde die Runde von dem Venture-Capital-Fonds Target Partners. Mitgemacht haben auch Investoren, die bereits länger an Navvis beteiligt sind: Die Bayerische Beteiligungsgesellschaft, der MIG-Fonds und die Business Angels Lothar Stein, ehemaliger Chef von McKinsey Deutschland, und Jürgen Gallmann, ehemaliger Microsoft-Deutschland-Chef.

Der technologische Vorsprung von Navvis

Navvis ist eine Art Google Maps für Innenräume in 3D. Die Basis bildet ein Kartierungs-Trolley, mit dem Innenräume aufgenommen werden – schneller und billiger als mit jedem Konkurrenzprodukt. Schroth rechnet vor: “Bisher wurden statische Laserscanner verwendet und das kostet drei bis fünf Euro pro Quadratmeter. Mit dem Trolley kostet das nur drei bis fünf Cent pro Quadratmeter”. Navvis bietet außerdem eine Plattform für die Auswertung der Daten und eine App, die die Navigation in kartierten Räumen ermöglicht. Auch in diesem Bereich hat Navvis einen Vorsprung: “Bei der Navigation kommen wir zudem erstmals ohne Infrastruktur aus. Wir brauchen also keine Wifi-Beacons oder Bluetooth-Beacons, die immer zusätzlich angebracht werden müssen”, erklärt Schroth im Gespräch mit dem Brutkasten.

Navi-Startup entstand aus Forschungsprojekt

Angefangen hat alles vor etwa drei Jahren mit einem Forschungsprojekt. “die Idee stammt eigentlich aus meiner Zeit in Stanford, in der ich im GPS Lab gearbeitet habe”, erinnert sich Schroth. Zurück in Deutschland ergab sich ein Forschungsprojekt zum Thema Indoor-Kartierung und -Navigation, an dem auch die Mitbegründer Sebastian Hilsenbeck und Robert Huitl beteiligt waren. 2013 lernte Schroth schließlich den vierten Gründer bei einem gemeinsamen Projekt mit McKinsey kennen: Felix Reinshagen. “Im Mai haben wir dann Navvis gegründet”.

Ein Vorteil gegenüber Google

Der Geolocation-Bereich ist nicht gerade eine gemähte Wiese. Großkonzerne wie Google, Microsoft oder die ehemalige Nokia-Tochter Here experimentieren im großen Stil – auch indoor. Es gibt aber – neben den technologischen Besonderheiten – noch einen ganz einfachen Grund, warum die Kunden derzeit bei Navvis Schlange stehen: “Die Datenhoheit bleibt beim Kunden”, sagt Schroth. Navvis verkauft lediglich Lizenzen für die Technologien. “Dadurch kommen wir in alle nicht-öffentlichen Umgebungen”. Unternhemne wie Google würden hingegen nur in jene 20 bis 30 Prozent der Innenräume kommen, die öffentlich zugänglich sind.

“Unsere Innovation hat sich mit einem lange bekannten Problem getroffen”

Wie kommt man also als Startup zu so prominenten Kunden? “Das Produkt ist das Entscheidende”, sagt Schroth und deutet damit an, dass Navvis nie um seine Kundschaft buhlen musste. “Unsere Innovation hat sich bei Kunden wie Daimler einfach mit einem lange bekannten Problem getroffen”. Die Anwendungsgebiete von Navvis sind sehr breit gefächert und reichen von Fabriksplanung über Angebotserstellung bei Neu- und Umbauten, Baudokumentationen und Turn-by-Turn-Navigation in Innenräumen oder auf Fabriks- und Bahnhofsgeländen.

Frisches Geld für große Pläne

Mit der neuen Finanzierungsrunde soll nun das Sales-Team ausgebaut werden. “Wenn wir schon mit einem so kleinen Vertrieb so große Umsätze erzielen können, dann steckt da eine Menge Potenzial drinnen”, meint Schroth. Auch Service und Support für den wachsenden Kundenstock sollen ausgebaut werden und nicht zuletzt die Produktentwicklung: Es wird Nachahmer geben und wir müssen schauen, dass wir den Vorsprung aufrecht erhalten können”.

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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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