06.09.2023

Nach Angriff auf Geschäftsmodell: Legal-Tech-Startup gewinnt gegen Rechtsanwaltsverein

Im Rechtsstreit mit dem österreichischen Rechtsanwaltsverein (ÖRAV) konnte sich incaseof.law über drei Instanzen hinweg mehrheitlich gegen die Anschuldigungen des ÖRAV durchsetzen. Und damit quasi eine Legalisierung von Law-Tech etablieren, wie Gründer Maximilian Kindler betont.
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(c) Michael Meier - Maximilian Kindler, Gründer von incaseof.law.

Incaseof.law ist eine LawTech-Firma, die Online-Rechtsberatung auf KI-Basis anbietet – der brutkasten berichtete. Der Österreichische Rechtsanwaltsverein (ÖRAV) hat gegen das Startup und dessen Geschäftsmodell Klage eingelegt. Konkret ging es um die Zulässigkeit einer Korrespondenz zwischen Rechtsanwält:innen und Klient:innen über die hauseigene Software, dem Erteilen von Handlungsempfehlungen an Rechtsanwälte in rechtberatender oder maschineller Weise und der Berücksichtigung von Erfolgsquoten von Anwält:innen dabei. Sowie um Datenschutz.

Founder Maximilian Kindler konnte sich nun im Rechtsstreit mit dem österreichischen Rechtsanwaltsverein über drei Instanzen hinweg mehrheitlich gegen die Anschuldigungen durchsetzen.

Incaseof.law und die Anfänge des Rechtsstreits

Alles begann vor mehr als zwei Jahren im März 2021. Der ÖRAV reichte Klage gegen das Legal-Tech auf Baiss von unlauterem Wettbewerb ein. Der Rechtsstreit zog sich über drei Gerichte (Handelsgericht, Landesgericht und OGH) und hatte laut Kindler folgende Anschuldigungen als Causa:

Der Name incaseof.law würde einerseits suggerieren, dass es sich beim Unternehmen um eine Anwaltskanzlei handele, andererseits wäre der Begriff “law” nur Rechtsanwälten vorbehalten. Zudem wäre es nicht zulässig, sich von Nicht-Rechtsanwälten rechtlich beraten zu lassen.

Auch die Vermittlung von Anwälten war ein Thema der Klage. Incaseof.law arbeitet mit Partner-Anwält:innen zusammen und prüft die Kerngebiete der Beratungstätigkeit, berücksichtigt öffentlich einsehbare Erfolgsquoten und sieht sich an, ob Disziplinarverfahren gegen Anwälte laufen. “Sie wollten uns die Geschäftsgrundlage entziehen und sämtliche LawTech- und ähnliche Plattformen abschaffen. Wäre das durchgegangen, wäre jede Software in dem Bereich obsolet geworden”, so Kindler resümierend.

“Triumph für Fortschritt”

Nun wurde jedoch dem Gründer und seinem Team vom OGH zum Großteil rechtgegeben: “Mit diesem Urteil kann man unzweifelhaft behaupten, dass incaseof.law und Dr. Max Kindler den Weg für Legal-Tech in Österreich geebnet haben”, sagt Stefan Prochaska von Prochaska Solutions, der als Rechtsanwalt von incaseof.law das Verfahren vor dem OGH geführt hat.

Kindler ergänzt: “Dies ist ein Triumph für den Fortschritt und zeigt, dass technologiebasierte Lösungen im Rechtssystem ihren festen Platz haben und von Nutzen sein können.”

Dieses Urteil gilt für den Gründer fortan als “Meilenstein für Startups im Legal-Tech-Bereich”: “Der Oberste Gerichtshof der Republik Österreich hat damit ausdrücklich das Geschäftsmodell der incaseof.law GmbH für zulässig erklärt und damit eine Grundlage für künftige Geschäftstätigkeit von Legal-Tech-Unternehmen in Österreich geschaffen”, heißt es.

Die Kernpunkte des Urteils (OGH 4 Ob 77/23m) umfassen:

  • Das Erteilen von Handlungsempfehlungen an Rechtsanwälte in rechtberatender oder maschineller Weise ist zulässig;
  • Das Abwickeln der gesamten Korrespondenz zwischen Rechtsanwalt und Klienten über die Softwareplattform von incaseof.law ist ebenfalls zulässig, solange die Vertraulichkeit der Daten gewahrt bleibt;
  • Die Berücksichtigung von Erfolgsquoten bei der Auswahl von Rechtsanwälten für Klienten darf vorgenommen werden;
  • Das Nutzen der Wortkombination ‘in-case-of.law’ in Firmennamen, E-Mail-Adressen oder anderen Webadressen ist ohne Verwechslungsgefahr mit einer Rechtsanwaltskanzlei möglich; ein prozentueller Anteil am Anwaltshonorar darf vom Vermittler aber nicht verrechnet werden.
  • Der OGH hält in seinem Urteil unter anderem fest, dass es “nicht erkennbar sei, woraus der Kläger überhaupt ableiten will, dass ein Anwalt keinen externen oder nichtanwaltlichen Rat einholen oder entgegennehmen dürfe…“.
  • Ebenso ist es möglich, “dass die Ausgliederung (Outsourcing) bestimmter Dienstleistungen für Rechtsanwaltskanzleien üblich und nach den anwaltlichen Standesregeln nicht generell unzulässig ist.”

Der OGH betont weiters, dass der Standpunkt des Klägers, “den Kreis der Hilfskräfte des Anwalts einschränkend verstehen zu wollen, nicht auf dem Boden des herrschenden Verständnisses der Verschwiegenheit als einer der tragenden Säulen des Anwaltsberufs steht. Dagegen ist es zumindest vertretbar, dass die Weitergabe von Daten, die den Kernbereich der anwaltlichen Verschwiegenheit betreffen, nämlich die Kommunikation zwischen dem Mandanten und dem Anwalt, auch an einen von diesem vertraglich zur Erbringung von Diensten wie hier herangezogenen Dritten keine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht begründet, weil der Dritte eine Hilfskraft des Anwalts und daher an § 9 Abs 2 RAO gebunden ist.”

ÖRAV bekommt in einem Punkt recht

Wie oben kurz angedeutet musste incaseof.law allerdings bei einem Punkt eine juristische Niederlage einstecken: beim Honorarmodell.

Das Startup baut auf Basis unstruktierter Daten über KI Sachverhalte und mögliche Lösungen zusammen. Die firmeneigene Software generiert Handlungsvorschläge rechtlicher Natur, die nicht an Kund:innen gehen, sondern Anwält:innen angeboten werden. Jener hat folglich die Möglichkeit, den Fall anzunehmen oder abzulehnen.

Im Falle eines “Ja”, verlangte incaseof.law bisher 25 Prozent “Vermittlungsgebühr”. Dies wurde vom OGH als unzulässig bestätigt. Deswegen hat das Rechts-Startup sein Einnahmemodell umstrukturiert.

Zur Erklärung: Über das interne “Anwaltscockpit” der Software wird nach einer Recherche der Kompetenzfelder von der Software der passende Anwalt oder die passende Anwältin ausgewählt. Nimmt die betreffende Person den Fall an, bekommt der Rechtsbeistand die Kosten vom Unternehmen vorgelegt (150 Euro für die Benutzung der Software exkl. Umsatzsteuer, plus einem rechercheabhängigen Betrag) und kann seinerseits selbst ein Pauschalangebot angeben, das nur der Kunde oder die Kundin erhält.

Kurz gesagt: Kommt es zu einer “Geschäftsbeziehung” zwischen diesen beiden Parteien, so gibt es nach dem Urteil nun folgende Vorgangsweise: Der Anwalt stellt eine Rechnung direkt an den Kunden; incaseof.law verlangt, nicht wie bisher eine Vermittlungsgebühr, sondern sendet ebenfalls eine separate Rechnung an den Anwalt.

Incaseof.law und die KI-Frage

“Im Grunde ging es bei allem um die Frage: Dürfen Plattformen, darf eine KI, darf Tech juristische Beratungssleistungen erbringen? Die Antwort ist ‘Ja’. Auch die Frage, ob wir eine Kommunikation zwischen Mandanten und Anwalt über unsere Plattform technologisch ermöglichen dürfen, ist nun geklärt. Mit dem Urteil haben wir nun eine Legalisierung von Legal-Tech erreicht”, erklärt Kindler.

Und meint abschließend: “Der Versuch innovative, technologiegestützte, juristische Lösungen im Rechtsbereich durch das Wettbewerbsrecht zu unterbinden, ist gescheitert. Die Entscheidung stärkt nicht nur die Position von incaseof.law auf dem Markt für innovative juristische Dienstleistungen, sondern ebnet auch den Weg für andere Unternehmen im Bereich der Legal-Tech in Österreich.”


Anm.: Eine Anfrage an den ÖRAV blieb bisher unbeantwortet und wird gegebenenfalls hier nachgefügt.

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(c) brutkasten - Ivan Topic (l.) und Florian Wimmer von Savaara.

Ideen gibt es unzählige. Manche davon möchte man als spannende Geschichte in Zeilen niederbringen und sie als Buch veröffentlichen. Der Anfang allerdings ist oft ein schwerer, weil man schlicht nicht weiß, wo und wie man starten soll. Oder einfach keine Zeit dafür hat. Abhilfe schaffen möchte hier ein Startup namens savaara, das von CEO Ivan Topic und Blockpit-Founder Florian Wimmer, der als Advisor und Founding Angel mit dabei ist, gegründet wurde.

Daneben sind zwei weitere bekannte Namen aus der heimischen Krypto-Szene als Investoren mit an Bord: Oliver Stauber, der unter anderem als Chief Legal Officer (CLO) von Bitpanda bekannt ist, sowie Konstantin Horejsi, der in der Vergangenheit unter anderem Chief Product Officer (CPO) der Kryptobörse Blocktrade war.

savaara und der Zahnarztsessel

Die Idee zum Startup entsprang dem Wunsch bzw. dem Antrieb von Topic ein eigenes Buch zu schreiben, wie er es schon lange vorhatte. So kam der heutige Founder einst zu einem Verlag und war sehr unzufrieden mit dem, was ihm geboten wurde.

Aus diesem Grund begann er andere dabei zu unterstützen, ihr eigenes Buch von der Idee bis zur fertigen Vermarktung zu schreiben. Dennoch hatte er das Gefühl, das etwas fehlt.

Auf einer Veranstaltung sah er dann seinen späteren Mitgründer Wimmer einen Vortrag halten und ließ sich von einer Aussage prägen: “Du kannst in alles Mögliche investieren, sogar in einen Zahnarztsessel”, lautete jener Satz.

Hilfe beim Start

Also fing Topic den Blockpit-CEO ab und pitchte seine Idee, Bücher bzw. Autor:innen investierbar zu machen. Das stellte vor etwas mehr als eineinhalb Jahren die Geburt von savaraa dar.

“Als Ivan mir die Idee gepitcht hat, hat sie für mich absolut Sinn ergeben”, erzählt Wimmer im brutkasten-Talk. “Ich habe selbst mal mit dem Gedanken gespielt, ein Buch zu schreiben und glaube, dass jeder, der ein Startup gründet, einen ähnlichen Gedanken hat.”

Savaraas Konzept ist auf mehreren Ebenen aufgebaut. “Viele wollen ein Buch schreiben, haben unzählige Ideen, wissen aber nicht, worüber sie schreiben sollen”, erklärt Topic. “In einem ersten Gespräch mit uns konkretisieren wir das und erstellen danach einen Preview. Diesen pitchen wir dann den Investoren, Freunden oder Fans aus der Community. Dadurch wird das Buch vorfinanziert, bevor es bei Online-Shops oder im Buchhandel gelistet ist. Dann kommt der zweite Teil.”

Hier setzt sich der Ideengeber oder die -geberin nochmal mit dem savaraa-Team zusammen und gibt ein acht Stunden Interview. Durch Fragen des Teams wird fortan ein Konzept bzw. Cover sowie ein Inhalt erstellt und Ghostwriter schreiben im Anschluss das Buch in enger Abstimmung mittels mehrerer Feedbackschleifen fertig. Alternativ ist es natürlich auch möglich, das Buch zur Gänze selbst zu verfassen, wie Topic betont, der mit seiner Idee vor allem Gründer:innen mit vielen Erfahrungen, Ideen und skurrilen Geschichten ansprechen möchte. Personen, die einfach wenig Zeit zum Schreiben haben, aber den Drang verspüren, etwas zu erzählen.

25 Prozent des künftigen Profits

Pro Buch gibt es “100 Tickets”, genauer gesagt, “special Bücher” in Hardcover als “Limited Editions”, die im Hintergrund ein Recht im Sinne eines Wertpapiers verbriefen und wo Investor:innen mit 25 Prozent an den gesamten künftigen Profiten beteiligt sind.

“Ich kann mir ein Buch kaufen, oder auch mehr”, präzisiert Wimmer genauer. “Mit einem Stückpreis von 250 Euro. Mit diesen insgesamt 25.000 Euro bei 100 Büchern ist dann das gesamte Buchprojekt finanziert.”

Im Gegensatz zu einem üblichen Verlag, der 85 bis 90 Prozent der Einnahmen verlangt, sind es bei savaraa 50 Prozent des Gewinnes, die Autor:innen bekommen, 25 Prozent die Investor:innen und das restliche Viertel bleibt für dessen Dienste beim Startup.

savaara: Ex-Blocktrade und Ex-Bitpanda-Mitarbeiter dabei

Die Plattform startet mit dem heutigen Montag. Aktuell gibt es bei savaara eine Warteliste von rund 50 Autor:innen – bis vor Weihnachten sollen die ersten Bücher fertiggestellt und investierbar sein.

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