10.05.2024
DARMFLORA

myBioma: Netflix-Doku lässt Nachfrage bei Wiener Startup ums Zehnfache steigen

Mit „Hack your Health“ hat Netflix bei vielen Zuseher:innen erstmals ein Bewusstsein für ihre Darmgesundheit geschaffen. Wie das BioTech myBioma von dieser Bewusstseinswelle nun profitiert.
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myBioma Balance: Biome Diagnostics-Founder Nikolaus Gasche und Barbara Sladek | (c) myBioma
Biome Diagnostics-Founder Nikolaus Gasche und Barbara Sladek | (c) myBioma

In den BioTech-Kreisen hat sich Biome Diagnostics längst einen Namen gemacht. Wie brutkasten bereits berichtete, gab es vor fünf Jahren eine mittlere sechsstellige Wachstumsspritze vom European Super Angels Club (ESAC) für das damals noch niederösterreichische Unternehmen. Seitdem ist es nach Wien gesiedelt und mit den “myBioma”-Testkits zu einem der weltweit führenden Anbieter für die Analyse von Darmbakterien geworden. Der Bekanntheitsgrad in der Gesamtgesellschaft dürfte in den letzten Wochen hingegen nochmal schlagartig angestiegen sein; seit kurzem verzeichne das B2C-Unternehmen eine „Flut an Bestellungen“. Aber woher das plötzliche Interesse?

Netflix, Neugier, Nachfrage

Erst seit zwei Wochen ist „Hack your Health“ auf Netflix abrufbar. Innerhalb kürzester Zeit stieg die amerikanische Dokumentation in Österreich in die Top 10 der meistgestreamten Filme auf – und hielt sich dort eine ganze Woche lang. Millionen von Menschen haben bereits den vier Protagonist:innen dabei zugesehen, wie sie den Zusammenhang zwischen ihrem Verdauungssystem und ihrer Gesundheit entdecken. Begleitet wurden sie dabei von der deutschen Ärztin Giulia Enders, Autorin des Millionenbestellers „Darm mit Charme“.

In der Doku wird ein Ungleichgewicht im Mikrobiom in Zusammenhang mit Angststörungen, Depression, Autismus, Krebs und Parkinson gestellt. Ein gesunder Darm sei also eine Möglichkeit, chronischen, mentalen, sogar tödlichen Krankheiten vorzubeugen. Kein Wunder also, dass eine breite Masse an Menschen dazu angeregt wurde, ihre eigene Verdauung unter die Lupe zu nehmen.

Stuhlproben sind in

myBioma wurde zwar nicht explizit in der Dokumentation genannt, die vier Protagonist:innen wurden jedoch beim Einschicken von Stuhlproben begleitet. Für eine große Anzahl an Zuseher:innen dürfte das der Anreiz gewesen sein, sich über entsprechende Anbieter zu informieren. Und viele davon dürften so bei myBioma gelandet sein.

„Über Nacht“  verzeichnete Biome Diagnostics eine Verzehnfachung der Nachfrage. „Ein Grund dafür ist sicherlich, dass wir dafür bekannt sind, wissenschaftlich fundiert zu arbeiten. So verfügen wir etwa als einziger Anbieter in diesem Bereich über zwei ISO-Zertifizierungen“, sagt Barbara Sladek. Zusammen mit Nikolaus Gasche gründete sie das BioTech im Jahr 2018, bis heute leiten sie es gemeinsam.

Darm-Analysen wie von myBioma immer wieder in Kritik

Für knapp 150 Euro bekommt man das myBioma-Testkit, mit dem Stuhlproben entnommen werden. Anschließend werden diese im Labor untersucht, ausgewertet und die Ergebnisse an die Stuhlbesitzer:innen geschickt. Diese ließen laut Biome Diagnostics in weiterer Folge Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Testperson zu und würden individuelle Ernährungstipps ermöglichen.

Tatsächlich warnen aber auch viele Gastroenterolog:innen, Mikrobiom-Expert:innen und Fachgesellschaften davor, solche Analysen für bare Münze zu nehmen. Das Mikrobiom eines Menschen setzt sich aus Billionen Bakterien zusammen, ist so einzigartig wie ein Fingerabdruck und ändert sich andauernd. Damit sei es laut Kritiker:innen zu komplex und individuell, als dass man eindeutige Zusammenhänge zu Krankheiten herstellen könne. Außerdem sei eine Stuhlprobe nur eine Momentaufnahme, von der man nicht auf das gesamte Mikrobiom schließen könne. Bleibt also abzuwarten, ob sich der Trend “Darmanalyse” nachhaltig hält – oder ob er mit dem Abstieg der “Hack your Health”-Doku auf der Netflix-Beliebtheitsliste wieder verschwindet.

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Das NOSI-Gründer:innen-Team (vlnr.) Klara Brandstätter, Patrik Aspermair und Johannes Bintinger | (c) NOSI
Das NOSI-Gründer:innen-Team (vlnr.) Klara Brandstätter, Patrik Aspermair und Johannes Bintinger | (c) NOSI

Startup-Gründer:innen bezeichnen ihre Produkte im Pitch gerne als “revolutionär” oder “völlig neuartig”. Patrik Aspermair, Co-Founder und CEO des Tullner (NÖ) Startups NOSI, tut das im Gespräch mit brutkasten nicht. Muss er auch nicht, denn dass diese Begriffe auf das Produkt, das er gemeinsam mit seinen Mitgründer:innen Johannes Bintinger und Klara Brandstätter entwickelt und auf den Markt gebracht hat, zutreffen, erkennt man auch ohne darauf hingewiesen zu werden.

NOSI digitalisiert mit seinen Sensor-Systemen Gerüche – brutkasten berichtete bereits. “Jeder kennt die Möglichkeit, das Sehen und das Hören zu digitalisieren. Man kann es sogar am eigenen Smartphone machen”, sagt Aspermair. Und mit NOSI – kurz für “Network for Olfactory System Intelligence” – kommt noch ein weiterer Sinneseindruck dazu, der fortan digital erfasst werden kann.

Wofür braucht es die elektronische Nase?

Und wofür braucht man das? “Die elektronische Nase soll überall dort eingesetzt werden, wo der Mensch seine Nase nicht reinstecken möchte oder kann, bzw. wo er einfach nicht da ist, etwa weil es 24 Stunden am Tag passieren muss”, erklärt Aspermair. Einsatzmöglichkeiten gibt es unter anderem in der Pflege oder in der Hotellerie, wo mittels elektronischer Nase Ungeziefer frühzeitig erkannt werden kann. Damit konnte NOSI nicht nur eine ganze Reihe von Preisen abräumen. Erste mit dem mittlerweile zehnköpfigen Team umgesetzte Kundenprojekte nach dem formellen Start dieses Jahr zeigen: Die Nachfrage dafür ist da.

Gründung von NOSI dieses Jahr nach jahrelanger Forschung und Entwicklung

Um dort überhaupt hinzukommen, haben Gründer:innen und Team einen weiten Weg hinter sich gebracht. Über viele Jahre hinweg wurden die Polymer-Sensoren und die dazugehörige KI-Software von Aspermair und Bintinger am AIT entwickelt. Formell gegründet wurde dann mit Co-Founderin Brandstätter Anfang dieses Jahres.

“Ohne die aws gäbe es NOSI als Unternehmen gar nicht.”

Und dafür brauchte es das nötige Kapital. Das lieferte die Austria Wirtschaftsservice (aws) mit der Preseed-Förderung. “Ohne die aws gäbe es NOSI als Unternehmen gar nicht. Wenn wir die Preseed-Förderung nicht bekommen hätten, hätten wir nicht gegründet. Denn sie war auch der externe Check, ob unser Business-Plan auch vor einer unabhängigen Jury hält”, erzählt Aspermair.

Mit dem Kapital habe man dann die ersten Mitarbeiter:innen angestellt – mittlerweile umfasst das Team zehn Personen. “Und wir konnten die Entwicklung auf einen Status bringen, an dem wir erste Geräte potenziellen Kunden anbieten konnten”, sagt der NOSI-Gründer. Man habe zudem viele Gespräche in diversen Branchen geführt, sei auf unterschiedlichen Events und Konferenzen eingeladen gewesen und habe eine sehr gute Medienpräsenz gehabt. “Wir haben uns sehen und messen lassen. Das braucht alles seine Zeit. Und durch die Förderung war die Runway vorhanden, um das so zu machen”, so Aspermair.

Auch im Bereich IP (Intellectual Property) habe man sich Unterstützung von der aws geholt. “Das ist für uns ein wichtiges Thema und bei der aws gibt es viele Ansprechpartner dafür, die leicht zugänglich sind”, so der Gründer.

Märkte ergründen

Bei allem was bereits zurückliegt, hat NOSI am Markt gerade einmal die ersten Schritte absolviert. “In der Preseed-Phase mussten wir zunächst einmal wissen, was überhaupt unsere Märkte sind. Welche potenziellen Anwendungsbereiche können wir schon in naher Zukunft bespielen? Denn Geruchssensorik hat natürlich in sehr vielen Anwendungsbereichen Potenzial, aber man kann nicht alles gleichzeitig machen und muss fokussieren”, erklärt der Gründer. Dazu brauche es viel Arbeit und viele Gespräche. “Das schafft man nur mit einem Team, das einen unterstützt”, sagt Aspermair.

Von Tulln in die ganze Welt

Nun geht es für NOSI daran, Schritt für Schritt und Branche für Branche den Markt zu erobern – nicht nur in Österreich. “Wir haben uns unter anderem für das GIN-Programm Go Asia beworben, um zu ergründen, ob der asiatische Markt für uns spannend ist”, sagt der Gründer. Gesucht werden dabei nicht nur direkte Kunden, sondern auch Systemintegratoren.

Und für die Expansionsschritte und die Weiterentwicklung der Technologie wird es auch weiteres Kapital brauchen. Hier kommt die aws wieder ins Spiel. “Wir beantragen auch die aws-Seed-Förderung und das FFG-Basisprogramm”, verrät Aspermair. Und auch ein Investment aufzunehmen, ziehe man mittelfristig in Betracht.

Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws)

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