02.08.2017

Mit Der Pflege Wachsen

Viele andere Branchen wurden bereits durch Startups umgestaltet, jetzt sind sie gerade auf dem Sprung, auch den Pflegemarkt zu erneuern. Ihre Gründer hatten zumeist selbst Probleme bei der Suche nach dem richtigen Pflegeangebot für ihre Angehörigen. Am Ende winkt ein lukrativer und stetig wachsender Markt – wir werden ja alle immer älter.
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careship
Foto: Fotolia/Syda Productions

Schnell fallen auch hier die großen Namen: Airbnb, Uber oder Amazon. Ähnlich disruptiv im Modell und einfach in der Nutzungsoll es sein. Aber so normal dieser Vergleich bei Startups geworden ist, so verkehrt wirkt er in diesem Bereich. Denn es geht nicht um trendige Produkte und schon gar nicht um hippe Kunden. „Wir wollen zum Airbnb der Pflegeheime werden“,hieß es zum Beispiel beim Wiener Startup Curafides. Das passt so gar nicht zusammen. Noch nicht.

Der passende Pfleger

Die Produkte sind nicht in Mode, dennoch zeigt sich gerade aktuell ein Trend:Immer mehr Startups erobern den Pflegebereich und stehen vor wichtigen Etappen ihrer Unternehmensgeschichte. Die größte Aufmerksamkeit in Österreich hat dabei das Kärntner Unternehmen Harmony & Care erhalten. Bei der Puls4-Show „2 Minuten 2 Millionen“ konnte das Startup, das eine Lösung bei der Vermittlung von Pflegekräften verspricht, Bau-Tycoon Hans Peter Haselsteiner und Promiwinzer Leo Hillinger überzeugen. 200.000 Euro werden sie für 26 Prozent am Unternehmen investieren. Diese Summe werde vom Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds KWF sogar verdoppelt, sagte die Geschäftsführerin Anja Silberbauer noch in der Show. Sein Erfolgsrezept sei, wie das Startup betont, ein wissenschaftlich fundierter Algorithmus, der bei der Suche nach dem passenden Altenpfleger hilft.

Internationalisierung

Aber auch andere Startups im Pflegebereich stehen vor Meilensteinen: zum Beispiel Manacare vom Tiroler Gründer Manuel Putzer. Auch er unterstützt bei der Vermittlung von Pflegekräften und steht gerade vor dem Schritt ins Ausland. Oder eben die Wiener Gründer von Curafides, die im Herbst 2016 den Go-live hinter sich gebracht haben. Sie haben einen digitalen Marktplatz entwickelt, auf dem Klienten nach passenden Pflegekräften suchen können, und haben nun ein neues Feature eingearbeitet, mit dem sie ihr Geschäft umbauen: weg vom Patienten als Endkunden, hin zur Pflegeagentur. Daneben gibt es eine Reihe von internationalen Mitbewerbern: Pflegetiger,Veyo Care, Careship, Curendo oder betreut.de, die längst Millioneninvestments einsammeln konnten.

Sozialer Gedanke

Eines haben alle ihre Gründer gemeinsam: die Motivation. gab es in der Familie einen Pflegefall: bei Harmony & Care die Eltern, bei Careship die Großmutter und bei betreut. de den krebskranken Vater. Die Erfahrungen waren dann gleich: Nicht nur Personal, sondern die passende Pflegekraft muss gefunden werden – mitden nötigen Qualifikationen, im Idealfall ähnlichen Interessen und mit dem richtigenDraht zum Klienten. Sonst kommt es unweigerlich zum Pflegerwechsel und damit verbunden zu zusätzlichem Stress. Hier setzen die Startups an: Keine weitere Familie soll diese Schwierigkeiten und Unsicherheiten durchleben müssen. Die Angehörigen sollten sich lieber um die Patienten kümmern, nicht um die Bürokratie des Pflegemarktes. Der soziale Gedanke ist damit tief in den Unternehmen verankert.

Angestrebte Investments

Gleichzeitig haben die Gründer aber noch etwas anderes gemeinsam: einen riesigen und durch die Alterung der Gesellschaft stetig wachsenden Markt. Der gesamte Pflegemarkt in Österreich war zuletzt etwa 4,4 Milliarden Euro groß, allein für Langzeitpflege werden in Österreich nach Angaben der OECD rund drei Milliarden ausgegeben. Dieser Wert werde sich bis 2050 verdoppeln. In der stationären Pflege brauche man in zehn Jahren 10.000 Betten mehr. Spätestens da ist klar, warum es jetzt auch den sozialen Startups gelingt, die nötige Aufmerksamkeit und die angestrebten Investments tatsächlich zu bekommen. „Der Ausbau von professionellen Diensten der Betreuung ist eines der wichtigsten sozial-, aber auch arbeitsmarktpolitischen Anliegen der nächsten Jahre“, sagt auch Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske. Damit rechnen auch Startups: „In der 24-Stunden-Pflege wird es einen riesigen Boom geben“, meint etwa Manacare- Gründer Putzer. Genauso wie Harmony & Care beschäftigt er sich mit der schwierigsten und umfassendsten Form der Pflege: rund um die Uhr – sieben Tage die Woche. Rund 75.000 (größtenteils) Pflegerinnen gibt es in Österreich, und der Markt wächst zweistellig. Zusätzlich gibt es auch noch einen Schwarzmarkt, der, je nach Schätzung, nochmals so groß sei. Putzer weiß, wovon er spricht, seit zehn Jahren vermittelt er bereits Pflegekräfte an rund 400 Klienten.

Großes Interesse

Auf diesen wachsenden Markt schielt man auch international: Anfang des Jahres hat die Berliner Startup- Schmiede Rocket Internet ihren Einstieg in den Pflegemarkt bekannt gegeben. Das Unternehmen ist – neben Zalando, HelloFresh oder Westwing – auch bei Pflegetiger beteiligt, das in Berlin Betreuung anbietet. Bei seinem Geschäftsmodell ist klar: Wenn Rocket Internet einsteigt, ist viel zu holen. Denn Rocket Internet investiert meist, wenn mit großem Marketingbudget schnell skaliert werden kann. International sind diese Budgets auch vorhanden. Auch beiCareship, gegründet von den Geschwistern Antonia und Nikolaus Albert: Sie haben heuer vier Millionen Euro eingesammelt, unter anderem vom Twitter-Financier Spark Capital. Die gebürtige Österreicherin und Wahlberlinerin Antonia Albert wurde dafür bereits 2015 von der BBC unter die 100 einflussreichsten Frauen weltweit gewählt. Und betreut.de wurde 2012 an das US-amerikanische care.com verkauft. Heute vermittelt das Unternehmen Betreuung für Kinder, Senioren, Kranke und Haustiere in 19 Ländern, darunter auch in Österreich. Die Generation von Firmengründer Steffen Zoller (er selbst war bei der Gründung 2007 gerade 26 Jahre alt und ist heute Österreich- Chef von Kununu) sei eben von mehreren Betreuungsherausforderungen betroffen.

Kein eigenes Personal

Die Unterschiede zwischen den Pflege-Startups liegen in den Lösungen und beim Geschäftsmodell. Die meisten wollen zwar die Vermittlung vereinfachen, vermitteln selbst aber kein Personal. Wie das Service konkret ausgelegt ist, ist unterschiedlich. Aus den Abschlüssen halte man sich heraus, sagt Ulrich Hammerschmidt von Curafides: „Sonst gilt man gewerberechtlich schnell als Personalvermittler.“ Da komme man leicht in Teufels Küche. Das Unternehmen schaffe nur einen Marktplatz mit transparenter Bewertung, aufgrund der verhaltenen Reaktionen der Klienten nun auch für Pflegeagenturen. 70 Prozent des Marktes werden dabei von der Caritas und dem Hilfswerk bedient. Aber dort hineinzukommen sei schwierig, sagt auch Silberbauer von Harmony & Care. 30 Prozent bleiben kleineren Agenturen, wie sie zum Beispiel Manacare-Gründer Putzer nebenher betreibt. Diese Erfahrung habe ihm auch bei seinem aktuellen Startup-Projekt geholfen: Er vermittelt bereits Pflegepersonal für rund 100 Kunden, darunter auch die Diakonie und die Caritas. Auch er richtet sich an Agenturen, diese bekommen dafür das Werkzeug, um nicht nur nach dem geeigneten Personal zu suchen. In Modulen können sie auch Turnusse verwalten, die Taxifahrten der Pfleger organisieren und die Qualität evaluieren. Bis Ende dieses Jahres will Putzer den Break-even-Point erreichen – zumal der Schritt in die Herkunftsländer der Pflegekräfte gelingt. Viele Startups übersehen, sagt Putzer, dass die Pflegerinnen zum Großteil aus Osteuropa kommen. Als Plattform müsse man dort aktiv sein. Im Mai beginnt bei Manacare nun der internationale Roll-out.

Bei Harmony & Care biete man den Agenturen einen Fragebogen, mithilfe dessen sowohl Pfleger als auch Patienten befragt werden können. Wie bei der Online-Partnervermittlung werden dann Gemeinsamkeiten ermittelt. Das liefere auch Einsparungspotenzial: Jeder Pflegerwechsel kostet eine Pflegeagentur rund 250 Euro. Mit Harmony & Care habe man 70 Prozent weniger Wechsel.

Kontakt verstärken

Und wie werden die Startups von der Branche beurteilt? Die Vorständin des Instituts für Pflegewissenschaft, Hanna Mayer, ist noch etwas skeptisch. Denn zuerst sei wichtig: „Wie bekomme ich maßgeschneiderte Lösungen?“ Im Dschungel der verschiedenen Arten von Pflege und Betreuung sei die Wahl der Person hintangestellt. Das heißt aber auch: Hier gebe es noch ausreichend Potenzial für weitere Gründungen. „Aktuell gibt es noch wenig Berührungspunkte zwischen Studierenden der Pflegewissenschaften und Informatikern“, sagt Mayer. Gelingt es künftig, den Kontakt zu verstärken, warten noch viele sinnvolle und vielversprechende Geschäftsideen auf engagierte Unternehmer

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VINtech, alkoholfreier Wein, Wein alkoholfrei
(c) VINtech - (v.l.) Dominik Seidel, Stephan Berendt und Hannah Erdmann.

In der Hitze des Gefechts greift man gerne mal zu etwas Kühlem. Nicht selten handelt es sich in unserer Republik dabei um alkoholische Getränke, die sich aber oftmals mit den Sommertemperaturen nicht vertragen, was den Kreislauf betrifft. Dazu schreibt die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA): “Wenn die Sonne brennt, wirkt Alkohol im Körper schneller und intensiver. Besonders an heißen Tagen kann zu viel Alkohol zu Kreislaufproblemen oder sogar zur Bewusstlosigkeit führen. Die Folge durch die Kombination von Alkohol und Hitze: Der Blutdruck sinkt, man fühlt sich müde und schlapp. Alkohol entzieht dem Körper weiteres Wasser und wertvolle Mineralstoffe. Das begünstigt die Gefahr von Hitzschlägen.” Doch wer nicht ohne den Geschmack eines der österreichischen Volksgetränke, Wein, auskommen möchte, wird vielleicht künftig bei VINtech fündig.

VINtech: Fokus auf Verfahrenstechnik und Aromarückgewinnung

Es begann alles mit der Ausbildung der Co-Founderin Hannah Erdmann zur Jung-Sommelière. Zu diesem Zeitpunkt fand ihr ausgeprägtes Interesse an Wein den Peak, wie sie andeutet: “Dadurch dass unser Team aber auch sehr sportbegeistert ist und wir gerne in den Bergen unterwegs sind, bietet es sich nicht immer an, Alkohol zu trinken. Als wir uns dann auf die Suche nach einem guten alkoholfreien Wein gemacht haben, wurden wir nicht fündig und so entstand die Idee, selber einen alkoholfreien Wein zu produzieren.”

Nach einiger Recherche über verschiedene Verfahren ist ihr und den beiden Co-Foundern Stephan Behrendt und Dominik Seidel bewusst geworden, dass keines der bestehenden Verfahren vom Geschmack und dem Preis überzeugt. Dadurch entstand die Idee, sich auf die Verfahrenstechnik, bzw. die Aromarückgewinnung zu konzentrieren – das war der Beginn von VINtech.

Klassische Vakuumdestillation

Das durch den “aws First Inkubator” geförderte Startup (mit Werner Wutscher als Mentor) paart bei der Weinerzeugung die klassische Vakuumdestillation mit Original-Aromen-Rückführung mittels ihres VINtech-Verfahrens: “Hier arbeiten wir ausschließlich mit Original-Aromen aus dem Grundwein und verzichten auf künstliche Zusätze”, erklärt Erdmann.

VINtech
(c) VINtech – Das VINtech-Team spürt eine steigende Offenheit für alkoholfreie Weine.

Auch wenn es in Österreich eine Herausforderung ist, Menschen von ihrer Idee und dem Potenzial zu überzeugen, spürt das VINtech-Team eine deutliche Entwicklung und auch steigende Offenheit in Bezug auf alkoholfreie Weine.

“Auf der VieVinum2024 gab es beispielsweise erstmals eine alkoholfreie Masterclass – für uns ein Zeichen, dass der österreichische Weinmarkt dieses Potenzial erkennt und auch Teil davon sein möchte”, so die Gründerin weiter. “Auf lange Sicht sollte sich der Weinbauer diversifizierte Möglichkeiten überlegen, weiterhin wirtschaften zu können.”

Aktuell befindet sich VINtech noch in der Forschung, mit Fokus auf ihrer Machbarkeitsstudie, um ein “Proof of Concept” auszuarbeiten – in Kooperation mit der Hochschule Geisenheim.

VINtech: “Alkoholfreier Wein kein Konkurrenzprodukt”

Für Erdmann und Co. ist alkoholfreier Wein kein Konkurrenzprodukt, sondern eine Erweiterung der geschmackvollen Alternativen im alkoholfreien Getränkemarkt.

“Wein ist eines der aromareichsten Lebensmittel der Welt und diese Vielfalt und Diversität möchten wir den Menschen ermöglichen, die auf die schädlichen Eigenschaften des Alkohols verzichten wollen. Auch die Entwicklung von alkoholfreiem Bier zeigt, dass es möglich ist qualitativ hochwertige alkoholfreie Produkte herzustellen. Die ersten alkoholfreien Biere waren wenig überzeugend – heutzutage hat jede Brauerei ihr eigenes alkoholfreies Bier und der Konsument nimmt diese gut an”, weiß die Founderin.

Zu den nächsten Zielen gehört die Fertigstellung des Verfahrens und die damit verbundene Finalisierung ihres Geschäftsmodells. “Ferne Ziele sind weitere Forschung im Bereich der Aromarückgewinnung und ganzheitlichen Weinbau-Konzepten für alkoholfreien Wein” erklärt Erdmann abschließend. “Außerdem ist ein Dienstleistungsstandort für Österreich eine gute Option für uns, um das Land Österreich im alkoholfreien Wein- und Getränkemarkt stark zu positionieren.”

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