30.05.2022

Metaverse: Diskriminierung an einem Ort, der eigentlich besser sein will

Die Hoffnung ist groß, dass das Metaverse unserer Gesellschaft viele Verbesserungen ermöglicht. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die Diskriminierungsformen unserer Realität sich auch in neuen virtuellen Welten widerspiegeln.
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Regenbogen: Diskriminierung verschiedenster Menschengruppen, wie beispielsweise der LGBTQ+ Community, ziehen sich auch im Metaverse fort © Ok/AdobeStock
Diskriminierung verschiedenster Menschengruppen, wie beispielsweise der LGBTQ+ Community, ziehen sich auch im Metaverse fort © Ok/AdobeStock

Menschen und Gesellschaften entwickeln sich ständig weiter. Das ist auch daran zu erkennen, dass wir im Laufe der Zeit ständig neue Räume und Sphären kreieren, in denen unser Leben stattfindet. Diese neuen Räume haben manchmal das Potenzial, unsere Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Zu glauben, dass wir aber Probleme wie Diskriminierungen, Hass und Ausgrenzung vollständig aus irgendeiner Welt schaffen können, wäre naiv. Diskriminierungsformen unserer Gesellschaft werden stets weitergetragen und spiegeln sich auch in neuen Sphären wieder. Bestes Beispiel hierfür: Das Metaverse. Chefredakteur des Wiener ‘Progressive Queer Magazine’ Vangardist, Julian Wiehl, erklärt im brutkasten-Interview, welche Vor- und Nachteile er für die LGBTQ+ Community und andere, von Diskriminierung betroffene Menschengruppen im Digital Space sieht. Und was man dagegen tun kann.

Statistiken geben einen Überblick

Zunächst einmal ein paar Hard Facts: 90 Prozent aller geouteten Queeren und Transpersonen geben laut Vangardist an, beim Online-Gaming Anfeindungen erlebt zu haben. 40 Prozent von ihnen ergänzen zudem, dass sie das Spielen aufgrund dessen komplett aufgegeben haben. Eine Studie der Boston Consulting Group ging in Österreich der Frage nach, wie hetereosexuelle und LGBTQ+ Personen ihren eigenen Avatar definieren würden, wenn sie ab morgen im Metaverse arbeiten müssten. 30 Prozent gaben demnach an, eine falsche oder keine Angabe über ihre sexuelle Orientierung bzw. Identität zu geben, um ihre beruflichen Erfolgsaussichten zu verbessern. Könnte man allerdings sicherstellen, dass berufliche Erfolgschancen von der Angabe der sexuellen Orientierung unbeeinflusst bleiben, geben nur noch 13 Prozent der befragten LGBTQ+ Personen an, diese Angabe zu verschleiern.

Diskriminierung bzw. die Angst davor betreffen dabei nicht nur Personen aus der LGBTQ+ Community. 24 Prozent der befragten Frauen (ohne Angabe über ihre sexuelle Orientierung) gaben an, dass sie mit einem männlichen Avatar im Metaverse auftreten würden, um mehr Erfolg in ihrer beruflichen Laufbahn zu generieren. Wäre garantiert, dass die Angabe des Geschlechts keinen Unterschied für die Karrierechancen macht, geben noch vier Prozent der Frauen an, im Metaverse als Mann aufzutreten. Dem gegenüber stehen zwei Prozent von Männern, die im Metaverse einen weiblichen Avatar nutzen würden. In Mark Zuckerbergs Metaverse-Projekt ‘Horizon Worlds’ musste außerdem bereits ein Mindestabstand zwischen Avataren eingeführt werden, nachdem weibliche Avatare bedrängt bzw. unangebracht berührt wurden.

Metaverse: Neue Welt, alte Probleme

“Wir befinden uns jetzt im Jahr 2022 – Während die Probleme zumindest in der westlichen ‘Realwelt’ weniger und die Queer-Akzeptanz höher wurde, sehen wir in den Metaverses die alten Probleme. Das ist auffällig, da ja eigentlich die Hoffnung besteht, dass diese Welten besser sein sollen: Dezentralisierung, mehr Demokratie, digitale Orte an denen es keine bösartigen Gesetze zur Unterdrückung von Menschengruppen gibt etc.”, meint Julian Wiehl vom Vangardist Magazine.

Er unterteilt die Problematik sowohl im Metaverse als auch in Sozialen Netzwerken dabei in zwei Punkte: Auf der einen Seite hätten die User:innen durch die teils gegebene Anonymität den Mut, Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung bzw. Identität anzufeinden. Auf der anderen Seite würde man deutlich erkennen, dass die Algorithmen von Facebook und Co. tendenziell queerfeindlich sind, was nicht zuletzt die Löschung des Beitrags vom ORF-Journalisten Peter Fässlacher zeigt. Dieser hat vor einigen Wochen sein Buch mit dem Titel “Die schwule Seele” auf Facebook gepostet, was automatisch vom Algorithmus gelöscht wurde.

“Developer:innen müssen sensibilisiert werden”

Wie kann man also verhindern oder zumindest einschränken, dass diese Entwicklungen sich weiter fortführen? Für Wiehl gehe es darum, jene Menschen, die diese Welten bauen zu sensibilisieren, sodass ein offener Dialog über die Problematik möglich ist. “Wenn man eine Million User:innen hat und davon 1000 betroffen sind, mag das in der Statistik für manche weniger relevant erscheinen. 1000 Menschen, die angefeindet werden, sind aber schlimm genug. Wenn man dann bedenkt, dass sich manche Kinder tatsächlich das Leben nehmen oder dass sie dann wirklich in die Depression kommen, wird noch einmal deutlich, dass solche Anfeindungen auch ihre Konsequenz haben”, betont der Editor in Chief. Vor allem junge Menschen wären schließlich in diesen digitalen bzw. virtuellen Welten aktiv – da sie noch vulnerabler sind, müssten sie auch noch mehr vor diesen Anfeindungen geschützt werden. Unter anderem die Developer:innen hätten hierfür den notwendigen Einfluss, um die Rahmenbedingungen zu schaffen.

Wiehl ist weiterhin überzeugt, dass das Metaverse das Potenzial hat, mit den richtigen Rahmenbedingungen besser als unsere reale Welt zu werden. Wenn man Räume schafft, in denen Diversität von Anfang an normal ist, würde diese auch für die User:innen als normal akzeptiert, so Wiehl. Ein anderes Beispiel: “Wenn man zu Beginn alle Avatare nur als weiße, blauäugige, blonde Personen inszenieren würde, dann ist es anschließend viel schwieriger, Avatare mit unterschiedlicher Hautfarbe zu integrieren. Ist das aber von Anfang an einfach Teil des Metaverses, hinterfragt das niemand und es ist einfach normal – dann ist dieser Raum ein inklusiver Ort.”

Es ist nicht nur die Integration von Identitäten und Geschlechterthemen, die Wiehl als Problemfeld erkennt und zur Lösung beitragen möchte. Das Metaverse könne auch in anderen Bereichen Vorteile aufzeigen: Nachdem beispielsweise in der realen Welt in vielen Ländern die Ehe für Alle gesetzlich eingeführt wurde, gab bzw. gibt es immer noch einzelne Menschen, die sich weigern, jeweilige Paare zu trauen. In Amerika kam es sogar dazu, dass sich eine Bäckerei weigerte, eine Hochzeitstorte für ein gleichgeschlechtliches Paar zu backen. Im Metaverse würde das laut Wiehl nicht passieren, da die Algorithmen so eingestellt werden, dass Regeln einheitlich gelten. “Wenn eingeführt wird, dass Avatare heiraten dürfen, dann gilt das für alle”, erklärt er.

Pride Exhibition mit NFTs

Vor diesem Hintergrund hat sich das Vangardist Magazine dazu entschieden, eine Watchdog-Website ins Leben zu rufen, auf der Menschen ihre Erfahrungen zu Hass im Digital Space melden können. Ziel ist es, diese Daten zu sammeln, zu visualisieren und sie letztendlich NGOs, politischen Vereinen, Aktivist:innen und Developer:innen zur Verfügung zu stellen um für die Problematik zu sensibilisieren. Es sei geplant, im kommenden Herbst mit der Website online zu gehen.

Für die Finanzierung dieser Website und anlässlich des Pride Months 2022 findet vom 1. bis zum 12. Juni 2022 die Pride Exhibition statt. Die Kunstausstellung präsentiert dabei, sowohl analoge als auch digitale Kunst in Form von NFTs. Unter dem Motto “Evolution through Art and Technology” wird Österreichs erste NFT-Kunstgalerie artèQ zum queeren Art Space, während die physische Ausstellung im “ega: Frauen im Zentrum” im sechsten Wiener Gemeindebezirk stattfindet. Der Erlös der verkauften NFTs soll dabei dem Funding der Watchdog-Website dienen. Die bewusste Entscheidung für eine Symbiose aus analoger Kunst und NFT-Kunst erklärt Julian Wiehl folgendermaßen: 

“Viele Menschen sind ja voller Hoffnung, dass das Metaverse ein guter Platz ist – darum möchten wir mit den NFTs auch in ihrer Sprache sprechen. Auf der anderen Seite ist die Queer-Community oft auch noch analog unterwegs. Da wir niemanden ausschließen wollten, ist letztendlich beides in der Ausstellung vertreten. Ich sage immer: Video didn’t Kill the Radio Star – es ergänzt sich. Meiner Meinung nach sollen beide Welten bedient werden. Ich glaube da nicht an Exklusivität.”

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v.l.n.r: Christoph Knogler / CEO KEBA Group AG, Gerhard Weidinger / CTO KEBA Energy Automation GmbH, Jens Winkler / ehem. Geschäftsführer EnerCharge GmbH, Stefan Richter / CEO KEBA Energy Automation GmbH, Andreas Schoberleitner / CFO KEBA Group AG (c) Keba

Das Jahr 2024 gestaltet sich durchaus holprig für das Kärntner E-Mobility-Unternehmen EnerCharge. Der in Kötschach-Mauthen stationierte Ladeanbieter entwickelt und produziert Schnellladetechnik für E-PKW, E-LKW und E-Busse. Im Jahr 2018 entstand das E-Mobility-Unternehmen aus der österreichischen Alpen-Adria-Energie-Firmengruppe (AAE), die hierzulande auch als Ökostromlieferant AAE Naturstrom bekannt ist.

Anfang 2023 begann man stark zu wachsen. Im März dieses Jahres vermeldete EnerCharge schließlich eine neue Beteiligung, nämlich jene der deutschen Pfalzwerke Aktiengesellschaft in Höhe von 23 Prozent der Firmenanteile.

“Wir haben mit den Pfalzwerken einen Partner gewonnen, der mit uns die Internationalisierung des Unternehmens verstärkt vorantreiben kann”, sagte Roland Klauss, Unternehmensgründer und Geschäftsführer von EnerCharge, damals. “Dies wird uns künftig bei der Weiterentwicklung unserer Produkte stärken, sodass wir noch schneller auf die sich stetig ändernden Markt- und Nutzeranforderungen reagieren können”, hieß es weiter.

Überraschender Konkurs im Juli

Klauss kündigte damals große Pläne zur Expansion an, die sich vier Monate später revidierten: Das Kärntner Mobility-Unternehmen musste im Juli überraschenderweise Konkurs anmelden – brutkasten berichtete. Die Verbindlichkeiten betrugen rund 15,17 Millionen Euro – nachranging 3,22 Millionen Euro aus Gesellschaftsdarlehen. Betroffen waren rund 125 Gläubiger und 97 Dienstnehmende, davon 50 Angestellte und 47 Arbeiter:innen.

Ausschlaggebend dafür waren “nicht schnell genug zu fixierende Bestellungen zu Jahresbeginn, was dazu führte, dass sich die Kostenstruktur nicht nachhaltig decken ließ”, heißt es heute.

Noch im Juli berichtete der Alpenländische Kreditorenverband (AKV): EnerCharge hätte “keine finanziellen Mittel, um einen Sanierungsplan zu finanzieren”. Man beabsichtigte “in Absprache mit dem bestellten Insolvenzverwalter, das Unternehmen aus der Insolvenz ‘lebend’ als Ganzes zu verkaufen, damit für die Gläubiger eine höhere Quote erzielt werden kann”.

Keba übernimmt beide Standorte von EnerCharge

So geschah es: Mit dem heutigen Donnerstag vermeldet die Linzer Keba-Gruppe, das Kärntner MobilityTech EnerCharge zu übernehmen. Keba agiert mit 2000 Mitarbeitenden als Maschinenbauer und Automatisierungshersteller und ist aktuell an 26 Standorten tätig. Nun übernimmt man die Firma EnerCharge mit rund 60 Personen an den beiden Standorten Kötschach-Mauthen und Oberlienz in Osttirol.

Mit der Übernahme will man die Produkte und Lösungen von EnerCharge integrieren und Keba damit zum “Vollsortimenter im Markt der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge” machen, heißt es per Aussendung. Mit EnerCharge übernimmt der Linzer Maschinenbauer auch dessen Fachgebiet im Bereich der DC-Gleichstrom-Ladestationen zwischen 40 und 480 kW Leistung. Anwendung finden diese sowohl in der Schnellladeinfrastruktur für E-Autos als auch bei E-LWKs. Absatzmärkte befinden sich aktuell in Europa und dem Mittleren Osten.

Kaufpreis bleibt verschwiegen, EnerCharge wird zu Keba-Tochter

Organisatorisch soll die EnerCharge GmbH als neu gegründete Gesellschaft mit dem Namen Keba eMobility DC GmbH als Tochtergesellschaft der Keba Energy Automation GmbH integriert werden. Über den Kaufpreis, heißt es per Pressemeldung, wurde Stillschweigen vereinbart.

“Mit dieser Akquisition vervollständigen wir nicht nur unser KEBA eMobility Portfolio,
sondern gewinnen auch rund 60 engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für unsere
Unternehmensgruppe”, sagt Christoph Knogler, CEO der Keba Group AG.

“Offen gesagt hätten wir uns keinen besseren Käufer vorstellen können”, sagt Jens
Winkler, bisheriger Geschäftsführer der EnerCharge GmbH, über die Akquisition. “Mit der Unterstützung aus Linz werden wir unsere Schnellladetechnologie unter der Marke KEBA nun noch schneller in die internationalen Märkte bringen und technologisch konsequent weiterentwickeln.”

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