Stripe-Konkurrent erreicht an erstem Handelstag 17 Mrd. Dollar Börsenwert
Die Aktien des US-Zahlungsabwicklers Marqeta sind bei ihrem Börsendebüt an der Nasdaq um 13 Prozent gestiegen. Investoren steckten beim Initial Public Offering (IPO) 1,2 Mrd. Dollar in das Unternehmen.
Stark gefragt waren die Aktien des Zahlungsabwicklers Marqeta bei ihrem Börsendebüt an der Nasdaq: Mit 30,52 Dollar beendeten sie ihren ersten Handelstag am Mittwoch mit einem Plus von mehr als 13 Prozent gegenüber dem Ausgabepreis. Damit erreichte der Stripe-Konkurrent einen Börsenwert von 17 Mrd. Dollar. Zum Vorjahr hat sich die Bewertung ungefähr vervierfacht: Im Mai 2020 war Marqeta bei einer 150 Mio. Dollar schweren Finanzierungsrunde noch mit 4,3 Mrd. Dollar bewertet worden.
Weiterhin ist das Unternehmen jedoch deutlich kleiner als Stripe: Der Konkurrent erreichte bei einer Runde im März eine Bewertung von 95 Mrd. Dollar.
Am Donnerstag zeichnete sich für die Marqeta-Aktie ein weiterer Kursanstieg ab. Vorbörslich lagen die Papiere 2 Prozent im Plus bei 31 Dollar. Im Vorfeld des Börsengangs am Mittwoch hatte das Unternehmen die Preisspanne für seine Aktien mit 20 bis 24 Dollar festgelegt. Der Ausgabepreis lag dann mit 27 Dollar bereits deutlich über dieser Spanne.
Marqeta nahm bei IPO 1,2 Mrd. Dollar auf
Insgesamt warf das Unternehmen beim Börsengang 45 Mio. Aktien auf den Markt und nahm damit 1,2 Mrd. Dollar auf. Mit dem Geld wolle man nun das weitere Wachstum finanzieren und möglicherweise auch Übernahmen tätigen, sagte Marqeta-Finanzchef Tripp Faix gegenüber dem Anlegermagazin Barron’s.
Das Unternehmen mit Sitz in Oakland hatte im Vorfeld auch die Möglichkeit eines Direct Listings, also einer Direktplatzierung der Aktien an der Börse in Betracht gezogen. Dabei werden keine neuen Aktien ausgegeben – diesen Weg hatte zuletzt etwa die Kryptobörse Coinbase gewählt. Letztlich fiel die Wahl dann aber doch auf einen klassischen Börsengang über ein Initial Public Offering (IPO).
Unternehmen nicht profitabel
Im Zuge des IPOs haben nach Angaben des Unternehmens keine Bestandsinvestoren Aktien verkauft. Zu diesen zählt übrigens auch eine der größten deutschen Banken – die Commerzbank. Sie ist über ihren VC-Arm CommerzVentures an Marqeta beteiligt. Auch große Namen aus der US-Finanzbranche gehören zu den Anteilseignern – etwa Goldman Sachs und Visa.
Marqeta hat 2020 einen Umsatz von 290 Mio. Dollar gemacht – mehr als doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Profitibel ist das 2010 gegründete Unternehmen allerdings noch nicht: Der Nettoverlust lag im Vorjahr bei 12,8 Mio. Dollar. 2019 hatte er nach Angaben des Unternehmens noch 12,8 Mio. Dollar betragen.
Marqeta bietet eine Zahlungsabwicklungsplattform mit offener Programmschnittstelle (API) an und gibt eigene Bezahlkarten heraus. Zu den Kunden des Unternehmens zählen unter anderem Square, Uber und DoorDash. Das Unternehmen hat mehr als 400 Mitarbeiter und ist in 12 Ländern aktiv.
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Nachlese. Wo steht die österreichische Wirtschaft bei künstlicher Intelligenz zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT? Dies diskutieren Doris Lippert von Microsoft und Thomas Steirer von Nagarro in der ersten Folge der neuen brutkasten-Serie "No Hype KI".
Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.
„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.
Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.
Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen
Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“
Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft
Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.
Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.
Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.
Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“
Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit
Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.
“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.
Langfristiges Potenzial heben
Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“
Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“
Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?
Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.
Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.