13.11.2018

Markteintritt in Deutschland: Was österreichische Startups beachten müssen

Die Expansion ins größte Nachbarland steht bei vielen Startups ganz oben auf der Agenda. Wir haben beim AussenwirtschaftsCenter Berlin nachgefragt, was österreichische Startups beim Markteintritt in Deutschland beachten müssen.
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Markteintritt in Deutschland: Das müssen österreichische Startups bei der Expansion beachten
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Der österreichische Komponist Franz von Suppé sagte einst, “Du bist verrückt, mein Kind, du musst nach Berlin”. Diesem Ruf sind seine Landsleute gefolgt: Aktuellen Schätzungen des AußenwirtschaftsCenter Berlin der WKÖ zufolge leben derzeit etwa 260.000 Österreicherinnen und Österreicher dauerhaft in Deutschland. Rund 3000 Niederlassungen österreichischer Unternehmen – kleine Vertriebsbüros eingerechnet – gibt es in Deutschland. In der letzten Förderperiode von Go-International, der Internationalisierungsoffensive von BMDW und WKÖ, wurden gut 250 österreichische Unternehmen mit Direktförderungen beim Markteintritt in Deutschland unterstützt.

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Markteintritt in Deutschland: Geduld, Genauigkeit und Zeit

Aber einfach Schreibtisch, Stuhl und Computer besorgen und ab nach Deutschland? So einfach ist es mit der Expansion leider nicht. Zunächst sind erst noch ein paar rechtliche Hürden zu meistern. Wer in Deutschland einen Ableger seines Unternehmens gründen will, braucht Geduld, Genauigkeit und Zeit. Denn: Gründen geht in Deutschland bislang ausschließlich offline. Und die Bürokratie fühlt sich gerade für agile Gründer, die sofort loslegen wollen, mitunter lähmend an.

Gütesiegel “Made in Germany”

Allerdings hat sie auch einen Vorteil: Sie gibt Sicherheit, die sich letztendlich positiv auf den Ruf des Unternehmens auswirkt: Das Siegel “Made in Germany” hat global nicht an Strahlkraft verloren. Eine deutsche Adresse im Impressum schafft Vertrauen bei deutschen Kundinnen und Kunden. Zudem gilt: was sich in Österreich verkauft, wird mit relativ großer Wahrscheinlichkeit auch in Deutschland funktionieren. Wir haben beim AussenwirtschaftsCenter Berlin nachgefragt, was österreichische Startups beim Markteintritt in Deutschland beachten müssen.


Worin unterscheiden sich der österreichische und der deutsche Markt?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Der deutsche Markt tickt tatsächlich ein wenig anders: Er ist nämlich viel größer und in einigen Bereichen viel gesättigter als im überschaubaren Österreich. Selbst wenn die Produkte in Österreich einzigartig sind, ist es doch relativ wahrscheinlich, dass es in Deutschland schon jemanden gibt, der ähnliche Produkte anbietet.

Konkret heißt das: Gründer müssen nicht nur mit einem vergleichbar starken Qualitätswettbewerb wie in Österreich rechnen, sondern auch mit einem ziemlich harten Preiswettbewerb. Auch wenn ein bundesweiter Markteinstieg sexy klingt: Für manche Produkte oder in frühen Unternehmensphasen macht es vielleicht Sinn, den Eintritt zunächst auf bestimmte – regionale oder sektorale – Teilmärkte zu beschränken.

Welche Städte bieten sich für Österreicher als Niederlassungsstandort an?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Berlin bietet die beste Chance, um englischsprachige Mitarbeiter zu rekrutieren. In keiner anderen Stadt ist die Dichte an hochqualifizierten, international aufgestellten Menschen so hoch, wie in der Hauptstadt. Aber auch, wenn Berlin in Europa als die Startup-Metropole schlechthin gilt, so muss nicht jede Gründung automatisch in Berlin stattfinden. Während sich Österreichs Startup-Szene stark auf Wien und die größeren Städte konzentriert, ist das Ökosystem in Deutschland viel diverser. Beim Markteintritt in Deutschland lohnt es sich, genau zu analysieren, wo potentielle Kunden und Partner sitzen und dies zur Grundlage der Standortwahl zu machen. Wer beispielsweise eine Software für die Autoindustrie entwickelt oder hochpreisige B2C-Produkte anbietet, sollte ab in den Süden. Dabei muss man vielleicht kosmopolitische Abstriche machen, aber frei nach von Suppé: “Du bist im MedTech-Bereich, mein Kind, du musst nach Tuttlingen”.

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Wie stelle ich den Rollout nach Deutschland am besten an?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Grundsätzlich gibt es zwei Varianten, wie in Deutschland ein Standort gegründet werden kann: Entweder durch Eröffnung einer Niederlassung des österreichischen Unternehmens, oder aber eine rechtlich eigenständige Gesellschaft nach deutschem Recht.

Was ist denn einfacher?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Der einfachere Weg beim Markteintritt in Deutschland ist ganz klar die Eröffnung einer Niederlassung: Diese kann aufgrund der EU-Grundfreiheiten ohne Kapitaleinlage grenzüberschreitend eingerichtet werden. Die Zweigniederlassung kann in Deutschland selbstständig geschäftstätig werden, bleibt aber juristisch Teil der österreichischen Firma, die somit auch Vertragspartner der deutschen Kunden und Mitarbeiter ist.

Warum nutzen diese Chance dann nicht alle?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Das sollten sie! Wer am österreichischen Markt kein Wachstumspotential mehr hat, der hat es vielleicht noch am deutschen. Aber: Wenn man schnell wachsen will, stellen nationale Grenzen leider immer noch ein gewisses Hindernis dar, selbst zwischen zwei Nachbarländern: Schon allein die Anwendung des richtigen Steuersatzes kann den Kopf zum Rauchen bringen. Wenn der deutsche Standort rechtlich und wirtschaftlich unabhängig am Markt auftreten soll, dann muss die Gründung einer Gesellschaft nach deutschem Recht in Betracht gezogen werden.

Welche Möglichkeiten stehen hierfür zur Auswahl?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Am praktikabelsten sind die GmbH und die Unternehmergesellschaft UG, die beide beschränkt haftende Kapitalgesellschaften sind. Während für die GmbH ein Stammkapital von 25.000 Euro nötig ist, ist bei der UG die Gründung ab einem Euro möglich, wobei aber ein Viertel des Jahresüberschusses in Rücklage gebracht werden muss. Bei der Einrichtung einer UG oder GmbH gibt es im Großen und Ganzen drei wichtige Schritte: Die rechtlichen Gründungsakte, die Gewerbeanmeldung und die steuerliche Erfassung.

Auch in Deutschland kann man eine GmbH mit nur einem Gesellschafter gründen. Wer sich jedoch weitere Partner als Mitgesellschafter an Bord holt, muss besonders auf die Rechte und Pflichten im Gesellschaftsvertrag achten. Dieser muss den Anforderungen des deutschen GmbH-Gesetzes entsprechen und kann aus dem vom Gesetz vorgegebenen Musterprotokoll, einem deutschen Notar oder Rechtsanwalt sowie von einem der vielen zugelassenen Online-Anbieter stammen. Wichtig ist eben, dass der Vertrag alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt, also beispielsweise Firmenname, Firmensitz, Unternehmenszweck und die Höhe des Stammkapitals, sowie – wenn der Gründer Mitgesellschafter hat – möglichst vorteilhaft für das Unternehmen ausfällt.

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Also sofort zum Notar oder Anwalt?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Da führt im Grunde kein Weg vorbei. In Deutschland besteht für jede GmbH-Gründung Notariatszwang. Bei einem persönlichen Termin wird der Notar den Gründungsvertrag verlesen und die Unterschrift beurkunden. Danach überprüft der Notar die Einzahlung der Stammeinlage auf das Konto der Gesellschaft und veranlasst die Eintragung im Handelsregister beim zuständigen Amtsgericht. Der Tag dieser Eintragung ist das Geburtsdatum der deutschen Gesellschaft: Sobald die GmbH im Handelsregister erscheint, ist sie voll handlungs- und rechtsfähig. Für Notar, Gericht und einen einfachen Gesellschaftsvertrag müssen im Durchschnitt zwischen 500 und 2000 Euro eingeplant werden.

Welchen weiteren Gang zu welchem Amt darf ein österreichischer Gründer in Deutschland ebenfalls nicht übersehen?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Für freie Gewerbe gilt: Ab zum Gewerbeamt. Um aktiv am Geschäftsleben teilnehmen zu können, muss für die Gesellschaft beim zuständigen Gewerbeamt – das ist meist bei der Kommunalverwaltung angesiedelt – ein Gewerbe angemeldet werden. Wer sich bei der richtigen Zuordnung seines Gewerbes unsicher ist, kann sich an eines der fünf AussenwirtschaftsCenter, die allen österreichischen Unternehmen als Anlaufstelle in Deutschland dienen, oder an die deutsche Handelskammer am jeweiligen Standort wenden. Dort wird das deutsche Tochterunternehmen ohnehin per Gesetz Mitglied.

Manche Behörden, wie beispielsweise die Berliner Senatsverwaltung, bieten Online-Services für die Gewerbeanmeldung an. Letztlich wird sich nach der Eintragung im Handelsregister auch das Finanzamt melden, um die Steuernummer zuzuteilen, die gebraucht wird, um Rechnungen ausstellen zu können. Auch die Gemeinden klopfen bezüglich der Gewerbesteuer an. Dieser Hebesatz wird von den Kommunen autonom festgelegt, sodass die Höhe der Gewerbesteuer durchaus auch bei der Standortwahl relevant sein kann.
Beides gilt übrigens auch für diejenigen Unternehmen, die “nur” eine UG oder eine Zweigniederlassung in Deutschland eröffnen wollen.

Deutschland hat ein sehr strenges Wettbewerbsrecht, es kommt häufig zu Abmahnungen durch Mitbewerber etc. Wie kann sich ein junges Unternehmen davor schützen?

AussenwirtschaftsCenter Berlin: Abmahnungen gehören zum Alltag, beispielsweise auch wegen falscher Preisauszeichnungen im Online-Shop oder unerlaubter Telefon- sowie E-Mail-Werbung. Hier ist absolute Vorsicht geboten: Homepage und Marketing müssen den deutschen Wettbewerbs- und Konsumentenschutzvorschriften entsprechen. Letztlich gilt es natürlich auch noch, die diversen Spezialgesetze für eure Branche zu beachten: So nachhaltig die Verpackung des Matcha-Mate-Energy-Smoothies auch sein mag, die Flasche unterliegt mit großer Wahrscheinlichkeit der Registrierungspflicht bei der deutschen Pfandgesellschaft. Und dies nur als Beispiel, denn es gibt noch viele weitere Spezialgesetze, vor allem für Verpackungen, elektronische Geräte und die Kennzeichnung von Lebensmitteln.


Service-Information:

Wer sich nicht sicher ist, ob oder wie überhaupt der Markteintritt in Deutschland gestartet werden kann, kann sich an das AußenwirtschaftsCenter in Berlin wenden. Das Team der Aussenwirtschaft Austria in Deutschland unterstützt bei rechtlichen Fragen und der Partnersuche in Deutschland. Zudem veranstaltet es auch regelmäßig so genannte Austrian Business Circles, bei denen sich mit anderen in Deutschland tätigen Unternehmen aus Österreich ausgetauscht werden kann.

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(c) cycoders GmbH - Die Geschäftsführer von cycoders Martin Guess und CEO Thomas Mörth.

Getuschel. Hinter vorgehaltener Hand wird geflüstert, Gespräche erst fortgesetzt, wenn die Führungskraft außer Hörweite ist. Man mutmaßt, man nimmt an. Man glaubt, dass die Firma Probleme hat und sich womöglich von Leuten trennen muss. Die Sorge wächst und man fürchtet, dass es einen treffen könnte. Und an die Arbeit zu denken, ist mit einem solchen Gefühl nur schwer möglich. So ähnlich geht es zu Krisenzeiten in Unternehmen zu, weiß Lolyo Co-Founder und CEO Thomas Mörth, der auch gemeinsam mit Martin Guess Geschäftsführer von cycoders ist. Er möchte mit seiner App Ängste von Mitarbeiter:innen lindern.

Lolyo mit direktem Draht

Die Idee dazu kam ihm vor ein paar Jahren, als er in seiner Werbeagentur kundenseitig den Wunsch verspürte, eine verbesserte digitale und interne Kommunikation zu entwickeln. “Es gab am Markt bereits einige Lösungen, aber die waren zu teuer oder zu kompliziert”, erzählt er. “Also haben wir entschieden, das wir uns der Sache annehmen.”

Heraus kam Lolyo, eine Mitarbeiter:innen-Mitmach-App als Kommunikationstool, das man aufs eigene Smartphone laden kann und so direkten Zugang zum Führungsteam erhält.

“Wenn man Mitarbeiter binden möchte, mitteilen, was man alles tut, dann war das bisher mit klassischen Kanälen schwierig”, so Mörth weiter. “So ein Tool ist heutzutage jedoch unverzichtbar und funktioniert nicht bloß einseitig, sondern auch umgekehrt. Es ist ein direkter Draht zur Unternehmensführung.”

Das Zeitalter der Verunsicherung

Gerade jetzt, wo Unternehmen Personal abbauen müssen oder zumindest die Gefahr dazu groß sei, herrsche in der Regel große Verunsicherung, weiß der Founder. “Das schlägt sich negativ in der Produktivität nieder, denn ängstliche Personen können nicht motiviert arbeiten.”

Die Folgen dieser negativen Gefühle können für alle Seiten verheerend sein: Die Arbeitsmoral verschlechtert sich und eine sinkende Produktivität, erhöhter Stress und Burnout-Gefahr schleichen sich ein und lähmen den täglichen Betrieb.

Mit den psychischen Folgen für die verbleibenden Mitarbeiter:innen hat sich Alexander Ahammer mit seinem Team vom VWL-Institut der Johannes Kepler Universität Linz in einer Studie beschäftigt. Eine der Erkenntnisse: Innerhalb eines Zeitraums von eineinhalb Jahren nach dem Personalabbau der untersuchten Firmen erfolgten 6,8 Prozent mehr Medikamentenverschreibungen sowie 12,4 Prozent mehr Krankenhaustage, erwähnte der Ökonom 2022 in einem APA-Gespräch. Dass diese Ängste Arbeitgeber:innen viel Geld kosten können, wurde auch in einer Studie der FH Köln aus dem Jahr 2000 belegt, wie Mörth erwähnt. “Diese Angst kann man aber mit den richtigen Instrumenten wegnehmen.”

Lolyo als mobiles Intranet

Lolyo ist im Detail ein mobiles Intranet, das Mitarbeitende miteinander vernetzt. Die drei primären Kanäle – News, Pinnwand und Chat – sollen dabei einen optimalen Informationsfluss garantieren. Zudem enthält die App eine Vielzahl an Features, die das Engagement erhöhen und interne formelle Abläufe wesentlich vereinfachen soll. Im Idealfall soll sie für alle Mitarbeitenden den Zugang zu allen digitalen Services des Unternehmens anbieten.

Insgesamt gibt es 30 verschiedene Features, die von Terminen, Formularen, Umfragen über automatische Übersetzung bis hin zum Start eines eigenen Podcast-Kanals verschiedene Angebote parat halten. Der Mitmach-Booster von Lolyo ist zudem als Anreiz gedacht, aktiv zu bleiben. Wenn man sich Nachrichten durchliest, liked oder kommentiert, erhält man Punkte, die dann in einem vom Unternehmen aufgesetzten “Goodies Store” eingelöst werden können. “Das ist unser USP”, sagt Mörth. “Wir haben diese Art von ‘Gamification’ von Anfang an integriert.”

300 Kunden

Seit dem Beginn im Jahre 2018 konnte Lolyo 300 Kunden (Anm.: darunter Liebherr, Efco, Recheis, Wutscher Optik) aus 15 Ländern für sich gewinnen. “Corona war für uns ein glücklicher Fall, denn die Unternehmen mussten umdenken”, erinnert sich Mörth. “Der Bedarf nach guter Kommunikation hat sich ja damals plötzlich erhöht.”

Auch die Mundpropaganda war für das 16-Personen starke Team wesentlich. “Wir sind ein kleines Unternehmen und nicht investorengetrieben”, erklärt der Founder. “Und haben keine Millionen an Marketing-Budget. Der Erfolg kam über unsere ‘Word of Mouth-Taktik’. Damit konnten wir bisher unseren Umsatz jährlich verdoppeln.”

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