20.10.2023

“Manche Investoren heben ohne 15 Prozent Wachstum im Monat nicht mehr ab”

Um das zu verhindern, teilt Speedinvest-Partner Markus Lang seine langjährige Erfahrung und gibt Ratschläge, wie man Fehler beim Pitch und im Pitch-Deck vermeidet. Und erläutert, warum eine kontinuierliche Investoren-Pflege für Founder und Founderinnen wichtig ist.
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Pitch, wie geht ein richtige pitch? Wie pitch man richtig, ÜPitch-Fehler, Pitch-Deck, wie gestalte ich ein Pitch-Deck? Investoren finden, Fehler beim Pitch, Fehler beim Pitchen
(c) Speedinvest - Markus Lang, leitender Partner “SaaS & Infra”-Team Speedinvest, spricht über Fehler beim Pitch und im Pitch-Deck.

Als leitender Partner im “SaaS & Infra”-Team von Speedinvest verbringt Pitch-Experte Markus Lang seine Arbeitszeit zwischen Berlin, Wien und London und unterstützt B2B-Software-Unternehmer:innen in ganz Europa.

Er ist Operator, Gründer und VC mit fast 15 Jahren Erfahrung in der Leitung, Skalierung und Beratung von Tech-Startups von null bis tausenden Mitarbeiter:innen. Lang hat für mehr als 50 Unternehmen Schecks ausgestellt, in der Regel als erstes institutionelles Unternehmen und meistens vor dem Umsatz, der Produkt- und manchmal auch Unternehmensgründung.

Als solcher gilt er als der erste Investor in Unternehmen wie GoStudent (seit 2016 investiert), Prewave, refurbed, Gigs, Upvest, Shapr3D, Opal und Sona. Von 2020 bis heute ist er auch als Advisor bei Glacier tätig.

Pitch-Experte früher selbst Gründer

Der 32-Jährige setzt sich für ambitionierte Gründer:innen ein, deren Ziel es ist, traditionelle Industrien in großen, unterversorgten Märkten zu digitalisieren, die andere vielleicht nicht für spannend genug halten. Er fühlt sich besonders zu B2B-Anwendungen und API-first-Unternehmen hingezogen, die diesen transformativen technologischen Wandel beschleunigen.

Bevor er zu Speedinvest kam, startete Lang seine Karriere mit der Gründung und Leitung eines von Venture Capital unterstützten Logistik-Startups. Er hat die Höhen und Tiefen des Unternehmensaufbaus erlebt und kennt die Achterbahnfahrt, die Gründer durchlaufen.

Neben seinen beruflichen Verpflichtungen ist Lang auch Lehrbeauftragter an der Technischen Universität Wien, berät staatliche Institutionen und NPOs und ist Mitbegründer einer Initiative zur Förderung von Vielfalt in Führungspositionen namens “Aufsichtsrat Next Generation”.

Speedinvest: 10.000 Präsentationen pro Jahr

Mit all seiner Erfahrung weiß der Wiener Investment-Experte natürlich, worauf Gründer und Gründerinnen beim Pitch vor Investor:innen achten müssen und welche Fehler sie begehen. Speedinvest erhält rund 10.000 Präsentationen pro Jahr und investiert davon in rund 20 bis 30 Startups.

Lang betont, dass sich Founder:innen vor allem in der Frühphase eines Startups in potentielle Kapitalgeber:innen hineinversetzen müssen. Wenn ein “Growth-Investor” in eine größere Firma investiert, kann er seine Einschätzung auf mehrere Faktoren basieren und eine “ordentliche Due Dilligence” durchführen.

In einer Early-Stage-Phase gibt es weniger Materialien, einen Finanzplan, eine erste Produktdemo vielleicht und das Pitch-Deck. Idealerweise alles professionell gestaltet.

Kein roter Faden als Problem im Pitch-Deck

“Viele haben jedoch keinen roten Faden gefunden, das Deck hat Rechtschreibfehler und ist schlecht designt”, erzählt Lang von seinen Erfahrungen. “Man denkt in solchen Fällen als Investor, die Gründer hatten drei Monate Zeit ihr Pitch-Deck durchzudenken und haben es nicht geschafft. Auch nicht, jemanden Korrekturlesen zu lassen. Da fragt man sich, wie wird dann ihre Landingpage aussehen, wie die Präsentation an Kunden, die Conversion Rate? Unsere These ist dann, wenn das Deck und der Finanzplan schlecht sind, wie sieht dann der Rest aus?”

Zudem, so der nächste Tipp, wollen Investor:innen auch nicht wissen, wie der Umsatz in fünf Jahren aussieht, nur um Gründer:innen “accountable” zu halten, sollte dieser nicht erreicht werden. Sondern, ob es eine Logik in dieser Umsatz-Annahme gibt. Ob Umsatzplänen Gedanken zugrunde liegen, die die Anzahl der Sales-Mitarbeiter umfassen, so wie notwendige Anrufe oder Präsentationen. Kurz, es geht um die nachvollziehbare Beantwortung der Frage, “wie kommst du auf die Umsätze?”.

“If you can’t explain it simply, you don’t understand it!”

Ein weiteres Problemfeld, das besonders oft in der Tech-Szene auftritt, ist die Überkomplexität von Pitch-Decks. Ein tolles Produkt auf 23 Slides erklärt, überfordere Investor:innen oft. Auch ein Wording, das nur “PhDs der eigenen Fachrichtung verstehen”, sei wenig zielführend, so der Experte.

“Hier gilt das Sprichwort ‘if you can’t explain it simply, you don’t understand it!”, sagt Lang. “Man muss erklären, ‘was ist mein produkt’, was mein USP und es so herunterbrechen, dass man einen ersten Pitch-Eindruck vermittelt. Damit es auch Personen außerhalb der Branche verstehen können.”

Too much…

Ein weiterer Fehler-Faktor beim Pitch bzw. Pitch-Deck ist unter dem Begriff “Überkreativität” zusammenzufassen.

Für Lang hat etwa eine Visitenkarte ihre rechteckige Form, weil sie gut in die Geldbörse passt; ein Auto vier Räder, damit es gut fährt. Ähnliches würde für die Form eines Pitch-Decks zutreffen: Es sollte einen ähnlichen Aufbau haben, wie es potentielle Geldgeber gewohnt sind.

“Es gibt sieben Pitch-Deck-Templates”, präzisiert Lang. “Die folgen alle einem Standard und befassen sich mit dem Business-Modell, der Größe des Marktes und erläutern, was schlussendlich das Ziel ist. Ich glaube, diesem Muster nicht zu folgen, ist ein grober Fehler.”

Zudem dürfe das Ziel jedes Pitches nicht zwangsweise sein, Personen gleich zur Kapitalausschüttung zu bringen, sondern Investor:innen für die eigene Sache zu begeistern. Das Interesse für weitere, detaillierte und vertiefende Gespräche zu wecken. Der Rest würde dann von alleine folgen.

Der Investoren-Pitch

Einer der letzten Punkte, die Lang über die Jahre gesehen hat und er dringend Gründer:innen raten möchte, ist: “ein Pitch und eine Due Dilligence funktioniert in beide Richtungen”.

“Wenn du einen Frühphasen-Investor aussuchst, bedeutet das oft, dass man zehn Jahre lang zusammenarbeitet”, sagt er. “Unerfahrene Gründer und Gründerinnen sind oft geblendet vom Kapital einer Person, das sie gleich mitnehmen wollen. Das kann in manchen Situationen funktionieren, aber grundsätzlich muss man schauen, dass Schloss und Schlüssel zueinander passen.”

Dazu gehört, nach dem Portfolio der potentiellen Kapitalgeber:innen zu fragen, ebenso nach Referenzen und herauszufinden, wie die Personen arbeiten.

“Man sollte um ein Intro zu einer gut funktionierenden Firma bitten und auch zu einer, die weniger gut läuft. Daran erkennt man die Qualität eines Investors”, rät Lang. “Manche Investoren hören auf, das Telefon abzuheben, wenn man nicht 15 Prozent Wachstum pro Monat hat. Deswegen mein großer Appell an Gründer:innen, auch Investoren pitchen zu lassen.”

Kaffee und E-Mails

Viele aus der Startup-Szene, so die letzte Einsicht des Speedinvest-Partners, würden “Fundraising” als reine Geldbeschaffung ansehen und glauben, folglich nicht mehr mit Investor:innen reden zu müssen. Dies würde vielleicht am Anfang gut gehen, in weiterer Folge aber nicht mehr.

“Die besten ‘Fundraiser’ unter unseren Gründern und Gründerinnen sehen dies als kontinuierlichen Prozess an”, erzählt Lang abschließend. “Sie pflegen privat ihre Investorenbeziehungen, schicken regelmäßig unverfängliche Updates zur Firma per Mail und treffen sich auf einen Kaffee. So baut man ein Netzwerk und Beziehungen auf. Als junger Gründer kann man dies gut bei Invest Austria etwa oder AustrianStartups tun und dort beginnen. So bringt man sich in eine gute Situation, wenn man später ‘hinausgeht’ und nach Kapital sucht. Denn, man muss niemanden mehr erklären, wer man ist und wie das eigene Produkt funktioniert. Ein kontinuierlicher ‘Effort’ in dieser Sache und Vertrauensbeziehungen aufzubauen, das ist meine dringliche Empfehlung.”

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27.01.2025

Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.
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“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.

Kollaborativ, transparent, frei zugänglich und nicht profit-orientiert – mit Open-Source-Software wird eine Reihe von Eigenschaften assoziiert. Und oftmals stehen bei der Nutzung ethische Überlegungen im Zentrum. Dabei gibt es auch ganz praktische Gründe, die für eine Verwendung durch Unternehmen sprechen – auch bei der Implementierung von KI-Anwendungen, ist Stephan Kraft, Community Advocate & Business Development OpenShift & Application Services bei Red Hat, überzeugt. In Folge fünf der Serie “No Hype KI” diskutierte er dieses und weitere Themen mit Florian Böttcher, Solution Architect bei CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac, Policy Lead bei Women in AI und Patrick Ratheiser, Gründer & CEO von Leftshift.One.

“Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”

“Ich will das Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”, sagt Stephan Kraft. Für Red Hat als weltweit führenden Anbieter für Open-Source-Lösungen für Unternehmen gehen die Argumente für eine Nutzung nämlich weit darüber hinaus. “Es geht nicht darum, Open Source als Selbstzweck zu sehen, um zu den Guten zu gehören”, so der Experte. Tatsächlich sei die Verwendung von Open Source gerade bei der Etablierung von KI im Unternehmen für Startups und KMU eine wichtige Weichenstellung.

Offenheit, um Diskriminierung entgegenzuwirken

Auch Natalie Ségur-Cabanac sieht Open Source als “Key Technology” im KI-Bereich. Für “Women in AI” spiele die Offenheit eine zentrale Rolle: “Diese Offenheit braucht es, um Diskriminierung entgegenzuwirken.” Open Source verbessere den Zugang für Frauen zur Technologie, die Abbildung von Frauen in den Daten und es vergrößere die Möglichkeiten in der Forschung. Man müsse aber auch aufpassen, ob Software wirklich so offen sei, wie behauptet, sagt sie bezogen auf die aktuellen Diskussionen rund um OpenAI, das sich – ursprünglich als offenes Projekt gestartet – zum profitorientierten Unternehmen entwickelte. Es brauche auch eine klare Definition, was “open” sei.

Masse an Möglichkeiten

Leftshift.One-Gründer Patrick Ratheiser betont auch die schiere Masse an Möglichkeiten, die Open Source bietet. “2021 hatten wir weltweit Zugriff auf circa 5.000 Open-Source-Modelle. Jetzt sind es bereits mehr als eine Million.” Die Nutzbarkeit sei also klar gegeben, zudem biete die Technologie eine gewisse Unabhängigkeit und werde über ihre Vielfalt zum Innovationstreiber.

Ist Open Source immer die beste Lösung?

Doch bedeutet das, dass Open Source immer die optimale Lösung ist? Ratheiser sieht das differenziert: “Es ist ganz wichtig zu erkennen, was der Kunde braucht und was in dem Fall gerade notwendig ist. Egal, ob es nun On-Premise, in der Cloud, Open Source oder Closed Source ist.” Florian Böttcher von CANCOM Austria pflichtet hier bei: “Wir setzen genau so auf hybrid.”

Datenstruktur im Hintergrund ist entscheidend

Ein Thema, bei dem bei Open Source Vorsicht geboten ist, spricht Natalie Ségur-Cabanac an. Besonders wichtig sei es bei KI-Anwendungen, eine gute Datenstruktur im Hintergrund zu haben. “Die Verantwortung, dass ein Modell mit sauberen Daten trainiert worden ist, liegt bei den Anbietern. Bei Open Source verschwimmt das ein bisschen. Wer ist wofür zuständig? Das ist eine Herausforderung für die Compliance zu schauen, wo man selbst verantwortlich ist und wo man sich auf einen Anbieter verlassen kann.”

Compliance: Großes Thema – mehr Sichereheit mit professioneller Unterstützung

Stephan Kraft hakt hier ein. Genau aus solchen Gründen gebe es Unternehmen wie Red Hat, die mit ihrem Enterprise-Support für Open-Source-Lösungen die Qualitätssicherung auch im rechtlichen Bereich übernehmen. “Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Versprechens gegenüber Kunden”, so Kraft. Unbedacht im Unternehmen mit Open Source zu arbeiten, könne dagegen in “Compliance-Fallen” führen, pflichtet er Ségur-Cabanac bei.

Das sieht auch Patrick Ratheiser als Thema bei Leftshift.One: “Unsere Lösung ist Closed Source, wir setzen aber im Hintergrund Open Source ein. Wichtig ist, dass wir dem Kunden Compliance garantieren können.” Stephan Kraft empfiehlt Unternehmen bei der Open-Source-Nutzung: “Man kann nicht immer gleich die neueste ‘bleeding edge’-Lösung nehmen sondern sollte etwas konservativer herangehen.”

Infrastruktur: Gut planen, was man wirklich braucht

Unabhängig davon, ob man nun Open Source oder Closed Source nutzt, braucht es für die Nutzung von KI die richtige Infrastruktur. “Es kommt natürlich auf den Use Case an, den ein Unternehmen umsetzen will. Da sind die Anforderungen an die Infrastruktur sehr unterschiedlich”, grenzt Florian Böttcher ein. CANCOM Austria unterstützt seine Kunden in genau der Frage. Anwendungen wie das Training von KI-Modellen würde aus gutem Grund kaum in Österreich umgesetzt. “KI ist sehr stromhungrig und entwickelt viel Hitze. Das ist schwierig für ein eigenes Data-Center im Unternehmen, gerade wenn man die Strompreise in Österreich ansieht”, so Böttcher.

“Rechenleistungs-Hunger” von KI könnte sich in Zukunft verringern

Wichtig sei es letztlich, sich als Unternehmen sehr klar darüber zu sein, was man umsetzen wolle. “Danach, welche Software-Lösung man für seinen Use Case einsetzen muss, richtet sich auch die Infrastruktur”, so Böttcher. Er erwarte aber auch, dass die KI-Modelle im nächsten Entwicklungsschritt effizienter werden und der “Rechenleistungs-Hunger” sich verringere.

Patrick Ratheiser ergänzt: “Es ist grundsätzlich eine Kostenfrage.” Unternehmen müssten sich sehr gut überlegen, ob sie ein eigenes LLM (Large Language Model) betreiben und dieses sogar selbst trainieren wollen, oder lieber doch eine Usage-basierte Lösung wählen. Er sehe bei österreichischen Unternehmen – auch bei größeren – eine klare Tendenz zur zweiten Variante. “Es lässt sich deutlich schneller einrichten, ist kalkulierbarer und auch viel schneller skalierbar”, erklärt Ratheiser.

Etwa im Forschungsbereich sei es jedoch wichtig und notwendig, auch eigene LLMs und die damit verbundene Infrastruktur zu betreiben. Doch auch die Möglichkeit von hybriden Lösungen biete sich an. “Man kann mittlerweile auch Teile in der Cloud lassen und Teile On-Premise. Man kann etwa nur ein datenschutzsicheres LLM selbst betreiben”, erklärt der Experte, der auch bei der Wahl der genutzten Modelle einen hybriden Ansatz empfiehlt: “Man braucht nicht für alle Use Cases das neueste Modell. Manchmal braucht man überhaupt kein LLM.”

Datenschutz: Einige Herausforderungen bei LLMs

Stichwort: Datenschutz. Hier schafft die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im KI-Bereich besondere Herausforderungen, weiß Natalie Ségur-Cabanac, die vorab betont: “Ich persönlich halte die DSGVO für ein gutes Regulierungswerk, weil sie sehr viel Spielraum gibt. Ich sage immer: Datenschutz ist sehr komplex, aber nicht kompliziert.” Konkret seien etwa der Grundsatz der Zweckbezogenheit, also dass man Daten nur für konkrete Zwecke einsetzen darf, und dass man sie minimierend einsetzen muss, relevant für den KI-Bereich. “Da haben wir schon einen Konflikt, weil man ja [bei LLMs] erst einmal schaut, was man aus möglichst vielen Daten machen kann”, so die Expertin.

Ist KI rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich?

Auch Transparenzbestimmungen – sowohl in der DSGVO als auch im AI-Act der EU – seien zu beachten. “Wenn ich KI verwende, muss ich auch wissen, was drinnen ist”, fasst Ségur-Cabanac zusammen. Ist KI also rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich? “Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss seine Hausaufgaben schon gut machen”, sagt die Expertin. Wichtig sei daher auch die im Rahmen des EU-AI-Acts eingeforderte KI-Kompetenz in Unternehmen – im technischen und rechtlichen Bereich.

KI-Kompetenz als zentrales Thema

Patrick Ratheiser stimmt zu: “Neben der Technologie selber sind bei unseren Kunden die Mitarbeiter ein Riesen-Thema. Man muss sie nicht nur wegen dem AI-Act fit bekommen, sondern es geht darum, sie wirklich auf die Anwendungen einzuschulen.” Wichtig seien dabei auch die Kolleg:innen, die sich bereits mit dem Thema auskennen – die “Pioniere” im Unternehmen. “AI Literacy ist sicherlich das Thema 2025 und in nächster Zeit. So, wie wir gelernt haben, mit dem Smartphone umzugehen, werden wir es auch mit generativer KI lernen”, so Ratheiser.

“Einfach einmal ausprobieren”

Stephan Kraft ergänzt: Neben einer soliden Datenbasis und der notwendigen Kompetenz brauche es bei KI – gerade auch im Bereich Open Source – noch etwas: “Einfach einmal ausprobieren. Es braucht auch Trial and Error. Das ist vielleicht oft das Schwierigste für CFOs und Geschäftsführer.” Dieses Ausprobieren sollte aber innerhalb eines festgelegten Rahmens passieren, damit die KI-Implementierung gelingt, meint Natalie Ségur-Cabanac: “Unternehmen brauchen eine KI-Strategie und müssen wissen, was sie mit der Technologie erreichen wollen.” Auch sich mit den zuvor angesprochenen rechtlichen Anforderungen – Stichwort Compliance – zu beschäftigen, komme zeitlich erst nach der Festlegung der Strategie.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI
27.01.2025

Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.
27.01.2025

Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.

Kollaborativ, transparent, frei zugänglich und nicht profit-orientiert – mit Open-Source-Software wird eine Reihe von Eigenschaften assoziiert. Und oftmals stehen bei der Nutzung ethische Überlegungen im Zentrum. Dabei gibt es auch ganz praktische Gründe, die für eine Verwendung durch Unternehmen sprechen – auch bei der Implementierung von KI-Anwendungen, ist Stephan Kraft, Community Advocate & Business Development OpenShift & Application Services bei Red Hat, überzeugt. In Folge fünf der Serie “No Hype KI” diskutierte er dieses und weitere Themen mit Florian Böttcher, Solution Architect bei CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac, Policy Lead bei Women in AI und Patrick Ratheiser, Gründer & CEO von Leftshift.One.

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Offenheit, um Diskriminierung entgegenzuwirken

Auch Natalie Ségur-Cabanac sieht Open Source als “Key Technology” im KI-Bereich. Für “Women in AI” spiele die Offenheit eine zentrale Rolle: “Diese Offenheit braucht es, um Diskriminierung entgegenzuwirken.” Open Source verbessere den Zugang für Frauen zur Technologie, die Abbildung von Frauen in den Daten und es vergrößere die Möglichkeiten in der Forschung. Man müsse aber auch aufpassen, ob Software wirklich so offen sei, wie behauptet, sagt sie bezogen auf die aktuellen Diskussionen rund um OpenAI, das sich – ursprünglich als offenes Projekt gestartet – zum profitorientierten Unternehmen entwickelte. Es brauche auch eine klare Definition, was “open” sei.

Masse an Möglichkeiten

Leftshift.One-Gründer Patrick Ratheiser betont auch die schiere Masse an Möglichkeiten, die Open Source bietet. “2021 hatten wir weltweit Zugriff auf circa 5.000 Open-Source-Modelle. Jetzt sind es bereits mehr als eine Million.” Die Nutzbarkeit sei also klar gegeben, zudem biete die Technologie eine gewisse Unabhängigkeit und werde über ihre Vielfalt zum Innovationstreiber.

Ist Open Source immer die beste Lösung?

Doch bedeutet das, dass Open Source immer die optimale Lösung ist? Ratheiser sieht das differenziert: “Es ist ganz wichtig zu erkennen, was der Kunde braucht und was in dem Fall gerade notwendig ist. Egal, ob es nun On-Premise, in der Cloud, Open Source oder Closed Source ist.” Florian Böttcher von CANCOM Austria pflichtet hier bei: “Wir setzen genau so auf hybrid.”

Datenstruktur im Hintergrund ist entscheidend

Ein Thema, bei dem bei Open Source Vorsicht geboten ist, spricht Natalie Ségur-Cabanac an. Besonders wichtig sei es bei KI-Anwendungen, eine gute Datenstruktur im Hintergrund zu haben. “Die Verantwortung, dass ein Modell mit sauberen Daten trainiert worden ist, liegt bei den Anbietern. Bei Open Source verschwimmt das ein bisschen. Wer ist wofür zuständig? Das ist eine Herausforderung für die Compliance zu schauen, wo man selbst verantwortlich ist und wo man sich auf einen Anbieter verlassen kann.”

Compliance: Großes Thema – mehr Sichereheit mit professioneller Unterstützung

Stephan Kraft hakt hier ein. Genau aus solchen Gründen gebe es Unternehmen wie Red Hat, die mit ihrem Enterprise-Support für Open-Source-Lösungen die Qualitätssicherung auch im rechtlichen Bereich übernehmen. “Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Versprechens gegenüber Kunden”, so Kraft. Unbedacht im Unternehmen mit Open Source zu arbeiten, könne dagegen in “Compliance-Fallen” führen, pflichtet er Ségur-Cabanac bei.

Das sieht auch Patrick Ratheiser als Thema bei Leftshift.One: “Unsere Lösung ist Closed Source, wir setzen aber im Hintergrund Open Source ein. Wichtig ist, dass wir dem Kunden Compliance garantieren können.” Stephan Kraft empfiehlt Unternehmen bei der Open-Source-Nutzung: “Man kann nicht immer gleich die neueste ‘bleeding edge’-Lösung nehmen sondern sollte etwas konservativer herangehen.”

Infrastruktur: Gut planen, was man wirklich braucht

Unabhängig davon, ob man nun Open Source oder Closed Source nutzt, braucht es für die Nutzung von KI die richtige Infrastruktur. “Es kommt natürlich auf den Use Case an, den ein Unternehmen umsetzen will. Da sind die Anforderungen an die Infrastruktur sehr unterschiedlich”, grenzt Florian Böttcher ein. CANCOM Austria unterstützt seine Kunden in genau der Frage. Anwendungen wie das Training von KI-Modellen würde aus gutem Grund kaum in Österreich umgesetzt. “KI ist sehr stromhungrig und entwickelt viel Hitze. Das ist schwierig für ein eigenes Data-Center im Unternehmen, gerade wenn man die Strompreise in Österreich ansieht”, so Böttcher.

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Etwa im Forschungsbereich sei es jedoch wichtig und notwendig, auch eigene LLMs und die damit verbundene Infrastruktur zu betreiben. Doch auch die Möglichkeit von hybriden Lösungen biete sich an. “Man kann mittlerweile auch Teile in der Cloud lassen und Teile On-Premise. Man kann etwa nur ein datenschutzsicheres LLM selbst betreiben”, erklärt der Experte, der auch bei der Wahl der genutzten Modelle einen hybriden Ansatz empfiehlt: “Man braucht nicht für alle Use Cases das neueste Modell. Manchmal braucht man überhaupt kein LLM.”

Datenschutz: Einige Herausforderungen bei LLMs

Stichwort: Datenschutz. Hier schafft die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im KI-Bereich besondere Herausforderungen, weiß Natalie Ségur-Cabanac, die vorab betont: “Ich persönlich halte die DSGVO für ein gutes Regulierungswerk, weil sie sehr viel Spielraum gibt. Ich sage immer: Datenschutz ist sehr komplex, aber nicht kompliziert.” Konkret seien etwa der Grundsatz der Zweckbezogenheit, also dass man Daten nur für konkrete Zwecke einsetzen darf, und dass man sie minimierend einsetzen muss, relevant für den KI-Bereich. “Da haben wir schon einen Konflikt, weil man ja [bei LLMs] erst einmal schaut, was man aus möglichst vielen Daten machen kann”, so die Expertin.

Ist KI rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich?

Auch Transparenzbestimmungen – sowohl in der DSGVO als auch im AI-Act der EU – seien zu beachten. “Wenn ich KI verwende, muss ich auch wissen, was drinnen ist”, fasst Ségur-Cabanac zusammen. Ist KI also rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich? “Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss seine Hausaufgaben schon gut machen”, sagt die Expertin. Wichtig sei daher auch die im Rahmen des EU-AI-Acts eingeforderte KI-Kompetenz in Unternehmen – im technischen und rechtlichen Bereich.

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Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

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