11.01.2017

“Wir machen die Dinge einfach”: Sophie Martinetz über die Investorinnen.com Conference

Unter dem Motto „The Future of Investments“ bringt Investorinnen.com erstmals einen Summit nach Wien, um die Zukunft von (female) Investments zu diskutieren. Initiatorin Sophie Martinetz hat mit dem Brutkasten darüber gesprochen, warum Frauen anders investieren als Männer.
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Sophie Martinetz ist Initiatiorin der Investorinnen.com Conference.

Wieso gibt es Bedarf an Veranstaltungen wie der Investorinnen-Konferenz?

Wir haben gemerkt, dass im Ecosystem, bestehend aus Fonds-Managern, Startups und Investoren etwas fehlt. In der Branche tut sich momentan zwar viel aber wir haben gemerkt, dass es keine Diversität gibt. Es gibt in der Szene recht wenig Frauen, obwohl es relativ viele Frauen mit viel Geld gibt. Es gibt auch Frauen, die gerne investieren wollen. Da reden wir nicht nur von 100 Millionen sondern auch ab 10.000 Euro aufwärts. Genug Startups brauchen dieses Geld, die Frauen fühlen sich oft nicht angesprochen oder haben noch nie überlegt, in ein Startup oder junges Unternehmen zu investieren.

Es gibt also nicht nur wenige Frauen, die Startups gründen, sondern auch wenige Frauen, die investieren?

Wenn man zu Startup-Veranstaltungen geht, sieht man sehr stark, dass der Bereich insgesamt sehr männerlastig ist. Mit unserem Event wollen wird das einfach einmal in die andere Richtung drehen, eine Konferenz auf  Augenhöhe machen, wo es einen Erfahrungsaustausch und einen Wissenstransfer gibt und wo wir ganz konkret auch rein technische Themen besprechen.

Investieren Frauen anders als Männer?

Es gibt Studien, die zeigen, dass Männer hauptsächlich in Tech-Produkte investieren und Frauen eher in Dienstleistungsbereich gründen. Das sind unterschiedliche Welten, unterschiedliche Ansätze oder unterschiedliche Probleme, die man zu lösen versucht. Und wenn es unterschiedliche Probleme gibt, dann sollte es auch unterschiedliche Arten von Investoren geben. Männer und Frauen sind nicht vollkommen unterschiedlich aber natürlich haben Frauen gesellschaftlich bedingt ganz andere Lebenserfahrungen und darum auch ein anderes Problemverständnis. Gründerinnen bekommen nachweislich schwieriger und weniger Geld. Vielleicht, weil sie mit Männern sprechen, die die Probleme, die sie haben oder lösen wollen, nicht verstehen können.

“Wenn es unterschiedliche Probleme gibt, dann sollte es auch unterschiedliche Arten von Investoren geben.”

Warum ist das so?

Dass wir verstehen, welche Probleme jemand anderer in gewissen Lebenssituationen hat, ist durch individuelle Erfahrungen innerhalb von gesellschaftlichen Normen oft vorgegeben.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Der eine sagt zum Beispiel, er will eine App finanzieren und die Gründerin gegenüber sagt, sie macht  einen super coolen Autokauf-App speziell für Damen. Dann denkt sich der Mann “Ich liebe Autos, aber meine Frau interessiert sich gar nicht dafür. Das kann nicht funktionieren.“ Es geht nicht mehr nur um Zahlen, Fakten und Daten, sondern eben auch um die Befindlichkeit und darum, womit man sich verbunden und sicher fühlt. Er findet das Produkt dann einfach unsexy. Aber eine Frau versteht aus eigener Erfahrung vielleicht sofort, dass Frauen Kaufentscheidungen nach anderen Kriterien treffen und kennt wahrscheinlich genug andere Frauen, die genau diese App verwenden würden. Also können sie den Markt anders einschätzen.

Welche Rolle spielen Kinder?

Vielleicht versteht eine andere Frau besser, dass eine Frau gründet, obwohl sie Kinder hat. Die sagt dann: “Ja okay, die hat ein Kind, die wird das organisieren und die wird das durchziehen.“ Aber ein Mann, der das nicht kennt, der denkt vielleicht nur entweder/ oder . “Wenn man nicht die ganze Zeit für die Firma arbeitet, dann kann das nichts werden.“ Ich kenne Geschichten von Gründerinnen, die von Investoren zur Seite genommen wurden und gesagt bekamen “Wenn du ein Kind bekommst, brauchst du überhaupt nicht mehr zurück kommen, dann musst du die Firma übergeben.“ Aber das kommt bei uns in Europa sicher eher seltener vor.

Redaktionstipps

Wie wichtig sind Rollenvorbilder?

Rollenvorbilder haben einen Vorteil: Wenn man etwas Konkretes sieht, dann kann man es sich besser vorstellen – so funktionieren wir Menschen eben. Wenn man sagen kann: „Diese Person, die macht was Cooles“, dann sagen alle: „He, die Frau hat auch Kinder, und die teilt sich die Kinder auch mit ihrem Mann. Und das ist ganz normal“ Dann kann man dann konkret etwas angreifen und mit jemandem sprechen. Deswegen haben wir auch diese Veranstaltung geplant, nicht irgendetwas Virtuelles oder eine Website.

Kommen auch Männer zur Konferenz?

Wir haben keine Männer zur Konferenz eingeladen, wohl aber am Abend. Es geht uns auch nicht darum, die Männer auszuladen. Wer kommen will, kommt. Wir wollen mehr Visibility für Frauen schaffen. Es gibt ja genug Investorenveranstaltungen. Aber warum gehen da die Frauen nicht hin? Weil sie sich vielleicht nicht angesprochen fühlen. Da geht es oft darum, wer der Größte oder der Stärkste ist. Viele Frauen sagen: „Ich hätte es gerne unaufgeregter, klar, sachlicher, nicht alles ist super. Was mache ich denn ganz konkret, wenn alles ganz rasch wächst oder aber auch einmal den Bach hinunter geht?“

“Besonders Frauen wollen Dinge oft einfach schnell ohne großes Aufsehen fertig bekommen. Wir machen die Dinge einfach.”

Heißt das, dass Frauen weniger zur Selbstbeweihräucherung neigen?

Wir leben in einer Welt, in der die Rollen unterschiedlich verteilt sind. Zweieinhalbtausend Jahre hat es so funktioniert, dass Frauen für das Zuhause zuständig waren, also waren sie für den unaufgeregten Teil des Lebens zuständig, der aber sehr wichtig ist. Früher hat man gesagt „Sie halten den Männern den Rücken frei.“ Die Männer mussten etwas zu essen bekommen und die Wohnung musste sauber sein. Das sind alles unaufgeregte Dinge, die aber wahnsinnig wichtig sind. Daher ist unsere Gesellschaft nicht darauf ausgerichtet, dass wir dauernd alle den Glam-Faktor haben können. Besonders Frauen wollen Dinge oft einfach schnell ohne großes Aufsehen fertig bekommen. Das ist eine gute und oft unterschätzte Eigenschaft. Wir machen die Dinge einfach.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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