16.07.2024
INTERVIEW

Longevity und Biohacking: Was Gründer:innen wissen müssen

Interview. Thomas Lechner, Co-Founder des Grazer Startups Luminous Labs, gibt einen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Thema Langlebigkeit - und Tipps, wie sich die wichtigsten Erkenntnisse in den Startup-Alltag integrieren lassen.
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Thomas Lechner, Co-Co-Founder von Luminous Lab, einem auf Longevity spezialisierten Grazer Startup
Thomas Lechner, Co-Co-Founder von Luminous Labs | Foto: Christine Rechling

Dieser Artikel erschien zuerst in der aktuellen Ausgabe unseres Printmagazins. Eine Downloadmöglichkeit findet sich am Ende des Artikels.


Ewig leben, länger gesund leben oder einfach die körperliche Leistungsfähigkeit im Berufsleben erhöhen – was steckt wirklich hinter den Megatrends Longevity und Biohacking?

Thomas Lechner beschäftigt sich seit Jahren mit den beiden Themen. Gemeinsam mit Barbara Sekulovska hat er Luminous Labs gegründet; das Grazer Startup entwickelt Rotlichttherapie-Geräte, mit denen positive Effekte auf Langlebigkeit und Wohlbefinden erzielt werden sollen. Im brutkasten-Interview gibt Lechner einen Überblick über den Themenbereich – und Tipps, wie sich die wichtigsten Erkenntnisse in den Startup-Alltag integrieren lassen.


brutkasten: Worum geht es beim Thema Longevity genau – ein längeres Leben, ein länger gesundes Leben? Wie würdest du es definieren?

Thomas Lechner: In den Medien ist es aktuell ein kontroverses Thema. Beim Begriff Longevity denkt man häufig an einen reichen weißen Mann, der in seinem Elfenbeinturm sitzt und sein Geld nicht hergeben will. Teilweise trifft dieses Klischeebild sogar zu: Sehr wohlhabende Menschen sind primär die treibenden Kräfte. Die sagen sich: „Jetzt habe ich so viel in meinem Leben geschaffen, sehe aber, dass es immer schwieriger wird und ich gerne noch mehr Zeit hätte.“ Aber die nächste große Phase beim Thema Langlebigkeit ist jetzt, dass man unterscheidet: Das eine ist die Lebensspanne – wie viele Jahre lebst du? Aber andererseits muss man die Gesundheitsspanne beachten: Wie viele dieser Jahre verbringst du in einem gesunden Zustand?

In Umfragen unterscheiden sich die Antworten auf die Frage, wie lange Menschen leben möchten, oft stark. Aber wenn man danach fragt, wie viee von den Lebensjahren man gesund verbringen möchte, antworten wahrscheinlich fast alle, dass „bis zum letzten Tag“ der Idealfall wäre. Das ist das größere Thema, und in diese Richtung bewegt sich auch die Langlebigkeits- Branche.

Wie ist Langlebigkeit von Biohacking abzugrenzen? Und wo überschneiden sich die Konzepte?

Biohacking ist ursprünglich von Dave Asprey begründet worden – aus dem Startup-Alltag im Silicon Valley heraus. Beim Biohacking schaut man hauptsächlich, dass man sich optimiert, sowohl körperlich als auch geistig. Das kann auch den Nebeneffekt haben, dass es die Gesundheits- oder die Lebensspanne erhöht. Aber primär geht es darum, die eigene Performance zu erhöhen. Biohacker wenden auch öfter Dinge an, die nicht überprüft sind und die vielleicht auch Nebenwirkungen haben können.

Langlebigkeit grenzt sich insofern davon ab, dass man dabei Dinge macht, die einem guttun und die dazu führen, dass man ein gutes und im Idealfall langes Leben hat. Dabei wägt man aber die Risiken und die Potenziale, die mit bestimmten Interventionen verbunden sind, sehr stark ab. Man ist weniger experimentell unterwegs.

Wie intensiv sollte man sich mit dem Thema Langlebigkeit beschäftigen?

Wenn man noch sehr jung ist, ist es gut, wenn man das Thema irgendwo im Kopf hat und sich bei den Dingen, die man so macht, fragt, ob das dabei hilft, ein gutes und gesundes Leben zu haben – oder ob es schadet. Und dann muss man eben die richtigen Entscheidungen treffen.

Wenn man erste Alterserscheinungen merkt, vielleicht so ab 50 Jahren, dann sollte man genauer hinschauen. Ich sehe das beispielsweise bei meinen Eltern: Die sind um die 60 herum, und da merkt man schon, dass man jedes Jahr massiv mehr Einsatz zeigen muss, um sein Level konstant zu halten, weil der Körper abbaut.

Das ist meiner Meinung nach der Unterschied: Man behält es entweder im Kopf, wenn man jung ist, und achtet darauf, die richtigen Entscheidungen zu treffen – oder man setzt auf Interventionen, wenn man den Abfall schon spürt.

Wenn ich mich für das Thema Langlebigkeit interessiere, wie kann ich erste Schritte setzen, wie in das Thema einsteigen?

Wichtig ist immer, dass man das Thema in unterschiedlichen Phasen betrachtet. Der Longe- vity-Investor Sergey Young sagt beispielsweise immer: Das Erste, was du machen kannst, ist, dei- nen aktuellen Lifestyle zu überprüfen – und zwar, indem du dich fragst: Was mache ich, das schäd- lich ist? Du rauchst nicht, trinkst nicht übermäßig? Das sind Dinge, die schon einmal extrem viel bringen. Man kann die Ernährung noch dazunehmen. Aber indem man Sachen, die schlecht für ei- nen sind, vermeidet, hat man einen ersten Schritt schon gesetzt.

Der zweite Schritt ist Diagnostik. Man sollte sich regelmäßig selbst oder von Ärzt:innen checken lassen – und lieber präventiv Dinge angehen. Dann hat man mehr Handlungsspielraum.

Der dritte Schritt ist, dass man optimierte Lebensweisen mit einbettet. Fasten kann bei- spielsweise einen positiven Einfluss auf die Gesundheitsspanne haben. Es gibt auch Dinge wie Wärme, Kälte, Atemübungen, Meditation, das Stressmanagement-Thema – das hat alles Einfluss, und das kann man angehen.

Obendrauf kann man noch bestimmte Interventionen setzen, die experimenteller sind. Dazu zählt beispielsweise unsere Technologie. Darüber hinaus geht der Trend langsam in die Richtung von „Reverse Actions“, das sind dann verjüngende Maßnahmen. Das wird noch dauern, ist aber der Weg in die Zukunft. Schritt für Schritt wird man Methoden finden, die es einem ermöglichen, zwei, drei oder fünf gesunde Jahre dazuzubekommen.

Du hast jetzt das Thema Rauchen und übermäßiges Trinken angesprochen. Wenn man es herunterbricht: Was sind die drei wichtigsten Punkte, die man aus einer Langlebigkeits- perspektive erfüllen sollte?

Der erste ist tatsächlich, nicht zu rauchen oder sich anderweitig zu vergiften. Ähnlich wichtig ist das Thema Schlaf – da geht es einerseits um die Schlafqualität, aber auch darum, dass man regelmäßigen Schlaf hat. Bemühe dich, dass du mindestens sieben bis acht Stunden Schlaf pro Nacht bekommst! Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass man Konstanz im Leben hat; dass man sich regelmäßig Zeit für sich nimmt, auch für die Familie.

Wenn man die sogenannten Blue Zones anschaut, also die Gegenden der Welt, in denen Menschen besonders alt werden, und untersucht, warum die Menschen dort so alt werden, kommt man auf ähnliche Themen: Was nimmt man zu sich? Also der Punkt Ernährung.

Dann beobachtet man in diesen Gegenden hohe körperliche Aktivitäten, die Leute bleiben also im hohen Alter relativ aktiv. Dazu kommen dann noch ein rhythmisches Leben und eine emotionale Verhaftung in der Gesellschaft. Auch das zeigt, dass die Kombination aus Ernährung, Bewegung und emotionalem Bezug mit einem Eingebundensein in die Gesellschaft sehr wichtig ist.

In welchem Ausmaß ist Bewegung notwendig, damit sie hinsichtlich Langlebigkeit relevant wird? Manchmal heißt es ja, dass schon ein geringes Ausmaß an Bewegung hilfreich ist – und Leistungssport möglicherweise dann schon schädlich sei …

Wenn man es jetzt ganz pauschal beantworten möchte, würde ich sagen: Jede Bewegung hilft. Man kann auch relativ viel machen, ohne dass es dem Körper Schaden zufügt. Wenn es in Leistungssport übergeht, kann es tatsächlich sein, dass es möglicher- weise auch hinderlich ist: Wenn du drei Stunden am Tag sehr intensives Training betreibst, kann es für den Körper fordernd sein und zu übermäßigen Abnutzungserscheinungen führen. Aber die große Mehrheit der Menschheit bewegt sich meistens zu wenig.

Ein interessantes Konzept ist auch jenes des „Centenarian Decathlon“, sinngemäß also des „Zehnkampfs für 100-Jährige“. Das hat der Longevity-Arzt und Autor Peter Attia geprägt; es hilft, zu wissen, wie viel man sich bewegen soll. Hinter dem Konzept steht folgende Frage: Stell dir vor, du bist 100 Jahre alt – was möchtest du in diesem Alter noch machen können? Daraus leitest du dann die derzeit notwendigen Maßnahmen ab.

Da muss es auch nicht unbedingt um einen Triathlon mit 100 gehen – aber vielleicht möchtest du mit 80 deine Enkel noch hochheben können. Und dann kannst du eben herleiten, wie viel Kilo du heute stemmen musst, damit du mit 80 deine Enkel, die 30 Kilogramm schwer sind, heben kannst – wenn man von einem konstanten Abbau des Körpers ausgeht.

Wie sehr spielt das Thema Mental Health in Longevity hinein?

Es spielt extrem hinein. Das geht oft unter, weil beim Thema Gesundheit der körperliche Aspekt am stärksten verankert ist. Aber im Langlebigkeitsaspekt kommt ja noch dazu, dass auch mit 80 oder 120 niemand allein sein möchte. Wenn man gute Beziehungen und Partnerschaften zu anderen Menschen hat, ist das förderlich – einerseits für die mentale Gesundheit, aber andererseits wirkt es sich auch körperlich aus.

Wie lässt sich das stressige Start- up-Leben mit dem Langlebigkeits- gedanken verbinden?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass es tatsächlich so ist, dass man als Startup-Gründer Prioritäten setzt, die für die Gesundheit oft nicht ideal sind. Ich sehe das bei mir selbst. Ich tracke meine körperlichen Parameter wie Schlaf oder Herzraten-Variabilität genau mit, und ich schaue dabei immer, wie balanciert ich grundsätzlich bin. Ich weiß, dass ich in stressigen Phasen wahrscheinlich kein gutes, ideal gesundes Leben schaffen kann. Aber wenn es zu stark kippt, dann versuche ich, Interventionen zu setzen. Im Idealfall bringt man diese Dinge in Einklang.

Wenn ich mich mit Biohacking beschäftigen oder auch experimentieren will – wie kann ich starten?

Auch hier gibt es drei Aspekte. Der erste ist mental: Alleine, was Atemübungen oder Meditation bringt, ist ziemlich krass. Wenn man sich ein paar Minuten vor der Arbeit Zeit nimmt und sich
vorbereitet, etwa indem man durchgeht, was heute die Prioritäten sind, hilft das schon sehr.

Das zweite Thema ist Sport. Regelmäßig Sport zu machen ist superwichtig – da reichen auch schon 20 Minuten, in denen man sich auspowert.

Der dritte Punkt sind erste Interventionen, die im Idealfall automatisch gehen. Bei mir sind das beispielsweise Supplements wie Vitamin D. Ich merke etwa im Winter schnell, wenn ich unterversorgt bin, dass es meine Performance runterzieht. Sobald man mehr in der Sonne ist oder eben Vitamin D supplementiert, merkt man, dass man stärker da ist. Außerdem ist auch Licht etwas sehr Wichtiges, speziell in der Früh. Dann kann man sich immer fragen: Habe ich eine gute Abendroutine? Eine gute Schlafhygiene? Und man kann auch auf Technologie setzen, etwa über Photobiomodulation, wie wir es anbieten.

(Text wird unter dem Bild fortgsetzt)

Luminous Labs entwickelt Rotlichttherapie-Geräte, mit denen positive Effekte auf Langlebigkeit und Wohlbefinden erzielt werden sollen | Foto: Luminous Labs

Du hast jetzt das Thema Supplements, also Nahrungsergänzungsmittel, angesprochen. Was ist hier aus deiner Sicht sinnvoll, was unnötig, was möglicherweise sogar schädlich?

Auch hier stellt sich wieder die Frage, wie riskant man unterwegs sein möchte. Ich finde es grundsätzlich immer gut, wenn man ärztliche Begleitung hat. Zudem hilft es auch, wenn man seine Werte trackt, sei es mit Fitnesstrackern oder mit einem täglichen Journal. Dann kann man nachvollziehen, was mit Körper und Geist passiert: Was wird besser, was schlechter? Wasserlösliche Vitamine sind meist harmloser, da überschüssige Vitaminaufnahmen über die Niere und den Harn wieder ausgeschieden werden. Bei fettlöslichen Vitaminen besteht die Gefahr einer Überdosierung, die dann auch schädlich sein kann.

Es gibt ja auch Devices, mit denen man messen kann, wie sich der Blutzuckerspiegel verändert, wenn man bestimmte Dinge isst oder trinkt. Hältst du so etwas für sinn- voll?

Ich finde das hochgradig spannend und nutze das selbst auch. Man bekommt dadurch einen besseren Eindruck: Ist es mir jetzt das Plundergebäck wert, dass ich nach der Mittagspause einen Riesen-Down habe, oder nicht?

Man kann dann auch gut experimentieren: Wie wirkt sich beispielsweise eine Woche Intermittent Fasting aus? Was passiert in meinem Körper und welche mittelfristigen Auswirkungen hat es?

Wie siehst du die Entwicklungen rund um das Thema Longevity in den vergangenen Jahren?

Grundsätzlich hat es sich in den vergangenen Jahren überhaupt erst entwickelt. Bis vor rund drei Jahren hat es das Thema eigentlich so noch nicht gegeben – weder im Markt noch bei den Investoren. Biohacking kommt jetzt auch immer stärker in der breiten Masse an und die Leute sind offener dafür. Teilweise wird der Begriff Longevity auch schon aus Marketing-Gründen verwendet. Mittlerweile gibt es jetzt auch Ärzte, die den Begriff verwenden und sich darauf spezialisieren. Aber dennoch steckt das Thema noch in den Kinderschuhen und es zeigt sich jetzt erst, wie stark und schnell es sich vor allem auch in den Augen von Investoren entwickelt.

Es gibt auch Staaten, die das Thema Gesundheit bisher noch nicht so aufgearbeitet hatten und die sich jetzt in dieser Hinsicht einen Schritt weiter nach vorne trauen, verglichen etwa mit Europa. Ich war Ende des vergangenen Jahres beispielsweise in Saudi-Arabien eingeladen – ich konnte dort auch mit dem Gesundheitsminister reden; dort werden Regulatory Sandboxes für das Thema Longevity oder auch andere Medizininterventionen aufgebaut. Sie ermöglichen Experimente – natürlich im sicheren Rahmen, aber eben viel schneller als in anderen Ländern. In einem solchen Umfeld passiert dann wahrscheinlich in einem Jahr so viel wie in Österreich in zehn Jahren.

Manche im Longevity-Bereich haben das Ziel, den Alterungsprozess völlig zu stoppen – oder sogar umzukehren. Ist das realistisch oder fällt das eher in den Bereich Science-Fiction?

Es wird in den nächsten Jahren nicht die eine Pille geben, die das Altern stoppt und mit der man dann einfach nur genug Geld ausgeben muss, um jung zu bleiben. Was es meiner Meinung nach aber schon geben wird, sind Interventionen, die die Gesundheitsspanne verlängern. Vielleicht wird man manche Krankheiten, die jetzt die größten Killer sind, ausschalten können – und man kann den körperlichen und geistigen Verfall verlangsamen.

Es gibt auch den Begriff „Longevity escape velocity“ – er bezeichnet eine Situation, in der Interventionen das Leben oder auch die Gesundheitsspanne schneller verlängern, als du alterst. Du würdest also beispielsweise biologisch um ein Jahr älter, aber man kann die Lebensspanne durch eine Intervention um zwei Jahre verlängern. In diese Richtung könnte es in Zukunft gehen: dass man es schafft, vielleicht zwei, drei Jahre dazuzubekommen für beispielsweise ein Jahr, das man „verlebt“.

Eine der wahrscheinlich größten Herausforderungen für die Menschheit wären die Fragen, die sich daraus ergeben: Ist das überhaupt ethisch vertretbar? Was darf das kosten? Für wen ist das zugänglich? Was bedeutet eine mögliche Verlängerung des Lebens für Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen? Für Menschen, die zum Beispiel 30 oder 40 Jahre alt sind, ist das toll. Aber was ist mit 90-Jährigen? Reicht es hier, dass man sagt, man er- hält den aktuellen Zustand, oder müsste man den nicht sogar umkehren, damit man ein wirklich gutes Leben erreicht? Diese Fragen zu beantworten, wird eine sehr große Herausforderung werden.

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Aus dem Archiv: Luminous Labs und Zeitgeber im Talk über das Zukunftsthema Longevity (April 2023)

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Das Team von StartUp Burgenland am Abend der StartUp Lounge im Wiener Filmquartier (c) Maze&Friends

Vor vier Jahren startete StartUp Burgenland mit dem Ziel, das wirtschaftliche Potenzial der Region zu fördern und zu erweitern. Mittlerweile hat StartUp Burgenland mit seinem Inkubator- und Accelerator-Programm auch über die Grenzen des Bundeslandes hinaus einen wesentlichen Impact erzielt und zahlreiche junge Menschen im Aufbau ihres Unternehmens gefördert.

In vier Durchgängen haben bislang 30 Startups am StartUp Burgenland Accelerator und Inkubator teilgenommen. “Es ist wunderbar auf die letzten vier Jahre zurückzublicken und zu sehen, mit welcher Bandbreite an Gründerinnen und Gründern wir zusammengearbeitet haben”, eröffnete Martin Trink, Leiter von StartUp Burgenland, die StartUp Lounge am vergangenen Donnerstag, den 13. November 2024.

Im Rahmen der StartUp Lounge lud die Wirtschaftsagentur Burgenland in das Wiener Filmquartier im fünften Wiener Gemeindebezirk, um den Abschluss des vierten Batches des Inkubator- und Accelerator-Programms mit sieben der teilnehmenden Startups und zahlreichen Stakeholdern der heimischen Innovationsszene zu feiern.

Moderatorin Elisabeth Gamauf (li.), Michael Gerbavsits (Mitte), Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Burgenland, und Martin Trink (rechts), Leiter StartUp Burgenland (c) Maze&Friends

“StartUp Burgenland ist ein Ort, an dem Gemeinschaft wächst”

Den Impact, den der StartUp Burgenland Accelerator bei den jungen Menschen vor Ort erzielt, ist unverkennbar: Know How, Kunden und Kapital sind nur drei der vielen Benefits, die Teilnehmende rund um das Coaching, Mentoring und Networking in den letzten acht Monaten mitnehmen konnten. Die Unterstützung geht weit über den Rahmen des Programms hinaus.

Michael Gerbavsits, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Burgenland, hob die essenzielle Rolle von StartUp Burgenland hervor: “StartUp Burgenland ist mehr als nur ein Programm für Geschäftsideen – es ist ein Ort, an dem eine Gemeinschaft wächst, die innovatives Unternehmertum als essenzieller Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung begreift. Mit umfassender Unterstützung von der Ideenentwicklung bis zur Markteinführung hat sich das Projekt als unverzichtbar etabliert.”

Die StartUp Lounge diente nicht nur als offizielles Abschlussevent, um jungen Talenten eine Bühne zu geben, auf der sie den Fortschritt der letzten Monate präsentieren durften. Neben Networking in einer familiären Atmosphäre durfte das Publikum im Rahmen des Abendprogramms der Erfolgsgeschichte des Brüder- und Gründerpaares Patrick und Markus Reinfeld zuhören, die schon in Batch 1 des StartUp Burgenland Accelerators ihr Business “Pflegenavi” gestartet haben.

“Wir unterstützen nicht nur Geschäftsmodelle, sondern vor allem auch junge Menschen. Wir begleiten sie über ein paar Monate und manchmal auch noch länger”, begrüßte Geschäftsführer Gerbavsits die beiden Founder.

Im Rahmen der StartUp Lounge fanden Founder:innen, Mentor:innen und Stakeholder:innen aus dem Ökosystem zusammen. (c) Maze&Friends

“Es gibt keinen Hard Cut, das Team ist immer proaktiv dabei”

“Wir sind heute als Vorzeigeprojekt da. Um zu zeigen, wie wir uns seit Batch 1 weiterentwickeln konnten und uns nun auf dem Markt etabliert haben”, so Patrick Reinfeld. Das Brüderpaar sprach von laufender Unterstützung vonseiten des StartUp Burgenland Teams. Und vor allem von Authentizität und Menschlichkeit:

“Es gibt hier keinen Hard Cut, das gesamte Team von StartUp Burgenland bietet uns seither laufende Unterstützung – lange über das Programm hinaus. Das Team war und ist immer proaktiv dabei, heben immer ab, wenn wir etwas brauchen. Und gerade jetzt, wo wir dabei sind, unser Produkt so richtig im Markt auszurollen, haben sie uns hier zur StartUp Lounge eingeladen und uns die Chance gegeben, uns hier vor Stakeholdern nochmals zu positionieren und zu zeigen, wo unsere Reise hingeht. Das ist etwas ganz Besonderes.”

Pflegenavi entwickelt e-Wallets für Heimbewohner:innen

Im Rahmen des Accelerator-Programms 2021 gründeten die Brüder ihr Startup Pflegenavi. Drei Jahre später verzeichnete das Startup schon mehrere tausend User:innen. Darunter namhafte Organisationen wie die Caritas und der Samariterbund.

Pflegenavi fokussiert sich auf die Verwaltung von Bewohnergeldern – also Drittgeldern – in Pflegeheimen. “Wir haben uns die Frage gestellt: Was sind die Herausforderungen bei Leiter:innen von Pflegeeinrichtungen? Hier geht es klassisch um die Verwaltung von Bewohnergeldern, um die Verwaltung von Rechten und Risiken. Und auch um Haftungsthemen. Hier setzt Pflegenavi an: Wir haben eine digitale Allround-Lösung entwickelt, mit der wir Pflegeeinrichtungen eine transparente Verwaltung dieser Bewohnergelder ermöglichen.”

Das FinTech entwickelte eine cloudbasierte Softwarelösung, um eine digitale, auf e-Wallets basierende Depotverwaltung zu ermöglichen, die Bewohnergelder sicher und klar abgrenzt. E-Wallets, also elektronische Geldbörsen, können Bewohner:innen und Besucher:innen der Pflegeeinrichtungen eine einfache, digitale Abwicklung ihrer Zahlungen garantieren. Damit lassen sich alltägliche Zahlungen für Bewohner:innen oder Angehörige einfach und sicher abwickeln.

“Wir haben unseren Co-Founder gefunden”

Das Gründerteam pries indes den Mehrwert des StartUp Burgenland Accelerators im Laufe seiner Geschäftsentwicklung an. Essenzielle Vorteile seien neben zielgerichteten Coaching- und Workshop-Sessions vor allem die zahlreichen Möglichkeiten zum Networking:

Dank des Accelerators habe das Team gemerkt, dass ihm die IT-Komponenten gefehlt hat: “Der größte Mehrwert war hier die Vernetzung mit unserem jetzigen Co-Founder Rainer Schuster, der uns genau diese Lücke optimal füllen konnte. Mittlerweile haben wir einen Product-Market-Fit gefunden, der gut performt und bereits weitere Geschäftsfelder erreicht. Aktuell wollen wir den Rollout in Österreich vorantreiben, 2025 geht es in Richtung Deutschland.”

Vertrauenswürdige KI im Fokus

Nach den Eindrücken des Startups Pflegenavi bereicherte Verena Krawarik, Head of Innovation der APA, den Abend mit einem Panel zu den Herausforderungen des EU AI Acts. Krawarik sprach über den Stellenwert von “Trustworthy AI” rund um den bevorstehenden EU AI Act und berief sich auf heimische Informationsstellen zum Thema AI – darunter die KI-Servicestelle, TÜV-Ratgeber sowie die RTR. Außerdem zur Sprache kamen Rahmenbedingungen zu Künstlicher Intelligenz im Innovationsmanagement.

Verena Krawarik, Head of Innovation der APA (c) Maze&Friends

“Februar ist Schlüsseltermin, ab dann sind verbotene KI-Praktiken auch wirklich verboten. Dann dürfen sie keine Praktiken anwenden, die in China vielleicht Gang und Gebe sind”, so die Innovationsexpertin. Sie gewährte außerdem Einblicke in die im AI Act vorgesehenen Risikoklassifizierungen sowie zur bevorstehenden Transparenzpflicht.

Abschließend appellierte Krawarik, frühzeitig mit AI-spezifischer Grundausbildung und einschlägigen Schulungsprogrammen zu beginnen, um Wissenslücken in Unternehmen zu vermeiden und die Affinität gegenüber neuester technologischer Entwicklungen zu intensivieren.

Über die StartUp Lounge äußerte sich die Innovationsexpertin: “Ich finde es ganz toll, dass hier zu Themen Lösungen entstehen, die gar nicht leicht zu lösen sind. Das zeigt die Kompetenz der jungen Leute hier, und das begeistert mich sehr.”

StartUp Walk durch sieben aufstrebende Accelerator-Projekte

Als krönenden Abschluss begab sich das Publikum auf den “StartUp Walk” im Filmquartier: Sieben der acht teilnehmenden Startups aus Batch 4 des Accelerators durften ihr Unternehmen in 90 Sekunden vor den anwesenden Stakeholdern pitchen. Jedes Team erzählte auf äußerst authentische Art und Weise von seiner persönlichen Reise im StartUp Burgenland Accelerator.

Unter den sieben anwesenden Startups fanden sich: Friends in Flats, KOMO, teamchallenge.at, Bimexperts, FireFighter Rescue App, Reefmaster und Trumpet Star. Kurze Einblicke in die Pitches der Teams finden sich am Ende des Artikels.

Nach Alumnus-Talk, AI-Panel und StartUp Walk tauschten sich die pitchenden Startups mit den anwesenden Key Playern des Ökosystems aus – und feierten ihre Fortschritte der letzten Monate im Rampenlicht des Abends.

“Die jungen Menschen brennen für ihr Unternehmen”

Auch teilnehmende Stakeholder aus der Innovationsszene zeigten sich begeistert von der Menschlichkeit, Kompetenz und der Hingabe, die von den Jungunternehmen vermittelt wurde. Einer davon ist Alexander Raffeiner. Der Coach und PR-Stratege durfte “die Teams im Bereich PR und Kommunikation coachen und sie auf die Pressekonferenzen vorbereiten. Für mich war es heute eine echte Belohnung, zu sehen, wie gut alle Startups ihre Ideen gepitched haben.”

Über die Begeisterung der Teams ließ sich nicht hinweg sehen: “Die jungen Menschen brennen für ihr Unternehmen. Da gibt es schon die ein oder anderen Hürden zu überwinden. Aber wenn du siehst, wie weit diese jungen Menschen es in kurzer Zeit bringen, bin ich als Coach richtig stolz”, so Raffeiner.

Niki Futter: “Das Burgenland versucht, im eigenen Umfeld Startups aufzubauen und zum Erfolg zu führen”

Auch Niki Futter, Business Angel und Vorstandsvorsitzender der invest.austria, war bei der StartUp Lounge vor Ort: “StartUp Burgenland ist ein Incubator für ein Bundesland, das versucht, im eigenen Umfeld Startups aufzubauen und zum Erfolg zu führen. Wir haben heute sieben Startups gesehen, die durch das Programm gelaufen sind. Das ist heute ihr Abschlussabend. Und man kann ihnen nur alles Gute wünschen.”

Auch die Atmosphäre des Abends ließ den Business Angel nicht unberührt: “Es war eine wunderbare Veranstaltung. Insbesondere hat es mich gefreut, Verena Krawarik von der APA wieder zu sehen, die zu den Top-Expert:innen im AI-Bereich in Österreich zählt und die hier einen doch substantiell breiten und vernünftigen Einblick in die Problematik der AI-Regulierung gegeben hat”, meint Niki Futter zu Programm und Atmosphäre des Abends.

“Ein ganz großes Danke”

Schließlich schloss StartUp-Burgenland-Leiter Martin Trink den offiziellen Teil der Veranstaltung mit den Worten: “Das ist keine One-Man-Show. Das funktioniert nur deshalb, weil wir ein großartiges Team sind. Ein ganz großes Danke an alle!”

Allen, denen es mit einer neuen Geschäftsidee nun in den Fingern juckt, bietet sich bis Ende November noch die Möglichkeit, sich zur Aufnahme in den kommenden Batch 5 des StartUp Burgenland Incubators und Accelerators zu bewerben. Im Jänner geht der neue Durchlauf an den Start – mit einer Besonderheit, wie Leiter Martin Trink verkündete:

“StartUp Burgenland – als jüngstes AplusB Mitglied – veranstaltet gemeinsam mit der aws den Business Angel Day 2025 am 23.Oktober 2025 im Schloss Esterhazy – eine ideale Gelegenheit, um Investoren und Gründer zusammenzubringen, den Austausch zu intensivieren und neue Partnerschaften zu fördern.“


Diese Startups pitchten im StartUp Walk

Friends in Flats

Mathias Molnar von Friends in Flats (c) Maze&Friends

Den ersten Pitch startete das Startup Friends in Flats, das die Vermietung von Wohnungen als Wohngemeinschaften digitalisiert und den Prozess für Wohnungseigentümer und Mieter:innen damit effizienter gestaltet. Vom StartUp Burgenland Accelerator profitierte das Team vor allem dank der “vielen Connections und hochklassigen Workshops”.

KOMO

Sebastian Kolbe von KOMO (c) Maze&Friends

Weiter ging es mit dem Startup KOMO rund um Gründer Sebastian Kolbe – er selbst ist Inhaber eines Küchenstudios. Kolbe entwickelte eine ERP-Softwarelösung für Küchenstudios – aus eigener Frustration rund um papierreiche Auftragsabwicklung und -verwaltung heraus. Das Ziel der Software ist es, Arbeitsabläufe in Küchenstudios zu digitalisieren und effizienter zu gestalten.

teamchallenge.at

Matthias und Karin Leonhardt von teamchallenge.at (c) Maze&Friends

Die dritte Station des StartUp Walks war das Jungunternehmen teamchallenge.at. Mit seiner “Outdoor-Challenge” für Firmen, Vereine, Freunde oder Familien versucht das Startup, Team-Building unkompliziert und per Smartphone im Freien zu ermöglichen. Das Gründerteam besteht aus ehemaligen Leistungssportlern im Orientierungslauf. Dementsprechend ähneln die vom Startup konzipierten Challenges einer Kombination aus Schnitzeljagd, Escape-Room und Orientierungsparcours. Mittels QR-Code lassen sich Aufgaben am Handy abrufen und interaktiv in Teams lösen.

Bimexperts

Eva Galas von Bimexperts (c) Maze&Friends

Weiter ging es mit dem Startup Bimexperts, das sich der Emissionsreduktion in der Gebäude- und Baubranche verschrieben hat. Mit ihrem Softwaretool TGA Concept will die Bimexperts GmbH in Kombination mit KI Planungsfehler, Energiekosten sowie Materialverschwendung reduzieren und damit Kosten sparen sowie die Bauqualität fördern. Somit sollen mehr Zeit und Ressourcen zur Konzeption von nachhaltigen Lösungen für Bauprojekte geschaffen werden.

FireFighter Rescue App

Lukas Thurner von FireFighter Rescue App (c) Maze&Friends

An fünfter Stelle pitchte das Startup FireFighter Rescue App. Um bei Feuerwehreinsätzen den Zugriff auf benötigte Informationen zu beschleunigen und den Informationsfluss effizient zu gestalten, hat der freiwillige Feuerwehrmann und Softwareentwickler Lukas Thurner eine App entwickelt, die digitale Vernetzung von Feuerwehren ermöglicht: Dazu wird jedes teilnehmende Einsatzfahrzeug mit einem Tablet ausgestattet, das über die FireFighter-Rescue-App Zugang zu spezifischen Informationen zum Einsatz liefert. Und damit eine sichere und effiziente Bewältigung ermöglichen soll.

Reefmaster

Stefan Kofler von Reefmaster (c) Maze&Friends

Das sechste pitchende Startup hat sich der Mission der Heim-Aquarien-Reinigung verschrieben. “Ein Aquarium ist zu viel Arbeit” soll ab sofort keine Ausrede für dessen Anschaffung mehr sein. Denn die Idee des Gründers und CEOs Stefan Kofler ist es, Meeres-Aquarien mittels nutzerfreundlicher Technologien vom “Reefmaster Piper” selbst reinigen zu lassen. Dabei handelt es sich um ein vollautomatisches Wasseranalyse-System, das bis zu 26 Arbeitstage im Jahr sparen soll. Der Reefmaster Piper übernimmt Reinigung, Wartung und Messung der Wasserqualität.

Trumpet Star

Mario Schulterer von Trumpet Start (c) Maze&Friends

Zu guter Letzt überraschte ein Pitch mit musikalischer Untermalung das Publikum auf seinem StartUp Walk: Trumpet Star verbindet digitale und analoge Lernmethoden für das Instrument Trompete. Die multimediale Technologie soll es Schüler:innen jeglichen Alters ermöglichen, per App auf Smartphone, Tablet oder im Lernheft Trompete zu lernen. Mit der Lernplattform sollen Schüler:innen auch außerhalb des Klassenzimmers beim Üben motiviert und unterstützt werden.

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