06.12.2017

Interview: LexisNexis Österreich überlegt Startup-Übernahme

Der Österreich-Chef von LexisNexis, Alberto Sanz, spricht im Interview über die LegalTech-Szene in Österreich, die Digitalisierung in der Anwalts-Branche und Innovations-Pläne von LexisNexis.
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Alberto Sanz von LexisNexis bei der LegalTech-Konferenz in Wien - © Leadersnet.at, S. Menegaldo
Alberto Sanz von LexisNexis bei der LegalTech-Konferenz in Wien - © Leadersnet.at, S. Menegaldo

Alberto Sanz ist in der IT-Branche ein bekanntes Gesicht. Der ehemalige Geschäftsführer der Autoscout-Gruppe und Chef von ebay Österreich und Schweiz hat 2015 in das österreichische Startup zoomsquare investiert. Im selben Jahr hat er in Österreich auch die Geschäftsführung des juristischen Fachverlags LexisNexis übernommen. LexisNexis selbst gehört zu dem britischen Medienkonzern RELX, der die beiden österreichischen Jus-Verlage ARD und ORAC aufgekauft und fusioniert hat.

Nachdem Sanz das Ruder übernommen hat, wurde in Österreich eine der intelligentesten Rechercheplattformen des internationalen Konzerns entwickelt. Im Interview erzählt der LexisNexis-Österreich-Chef, warum LegalTech in kleinen Ländern ein schweres Pflaster ist, wie Anwälte von der Digitalisierung profitieren werden und ob man sich vor den “Roboter-Anwälten” fürchten muss.

+++ LegalTech: Wie Anwälte die Digitalisierung nutzen +++


Sie sind vor zwei Jahren aus einem sehr innovationsaffinen Umfeld aus der IT-Branche in Deutschland nach Österreich zu einem juristischen Fachverlag gekommen. War das ein Kulturschock?

Ich habe festgestellt, dass wir bei LexisNexis in Österreich schon sehr weit sind. Wir müssen uns im Vergleich zu anderen Verlagshäusern nicht fragen, wie wir unser Geschäftsmodell in die digitale Welt bringen. Als Fachverlag mit Multichannel-Strategie ist unser stark digitales Geschäftsmodell schon nachhaltig gesichert.

Wie schätzen Sie die LegalTech-Szene in Österreich ein?

In Österreich ist die Szene noch überschaubar. Es werden sicher noch Startups kommen, die gute länderübergreifende Lösungen anbieten. Wir sind in einer Branche, in der man in den meisten Fällen sehr lokal agieren muss. Das britische und unser Recht sind beispielsweise sehr unterschiedlich und die Inhalte von einem Land sind im anderen Land uninteressant. Wenn man eine lokale LegalTech-Nischenlösung entwickelt, ist die Monetarisierung eine große Herausforderung. Wenn der Markt klein ist – sagen wir 3000 Anwaltskanzleien – muss man schon sehr viele von dem Angebot überzeugen, damit sich die Investition rechnet. Lösungen zu entwickeln, die sich 1:1 in andere Märkte übertragen lassen, ist in der LegalTech-Branche im Vergleich zu anderen schwierig.

Wenn man bei LegalTech aber auch an öffentliche Institutionen denkt, sind wir in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern sehr weit. Alle Gesetzte aktualisiert online abrufen zu können ist in Österreich selbstverständlich – in UK und Deutschland gibt es das noch nicht so lange. Von Amtswegen, die es nur noch online gibt, ist man in Deutschland weit entfernt. Einerseits, weil es das nicht gibt und andrerseits, weil es nicht genutzt wird. (Die Nutzungsrate von Online-Regierungsservices liegt in Österreich bei 74% und in Deutschland bei 45%, Anm.)

Sind Startup-Übernahmen für LexisNexis in Österreich ein Thema?

Grundsätzlich ja. Wir müssen uns immer die Frage stellen, was wir dem Kunden als logisches nächstes Service anbieten können. Wir sind da sehr interessiert und schauen uns nicht nur in Österreich um. Vor allem in Deutschland tut sich einiges.

Müssen sich Anwälte vor Künstlicher Intelligenz fürchten?

Diese Angst vor “Roboter-Anwälten”, die indirekt geschürt wird, ist übertrieben. Derzeit kann man durch Software in der Anwaltswelt viel verbessern. Die Automatisierung einfacher, repetitiver Prozesse ist heute Realität. Je nachdem, welche Studie man heranzieht, kann das bis zu 30 Prozent der Arbeit betreffen. Am Ende muss aber ein Mensch mit den gewonnenen Daten und Informationen umgehen. Anwälte müssen auch Aufgaben bewältigen, die Roboter zumindest bisher nicht können. Anwälte müssen z.B. verhandeln, mit Menschen umgehen, Körpersprache lesen können.

Werden kleine Kanzleien durch die Digitalisierung unter Druck geraten?

Digitalisierung hilft in zwei Bereichen: bei der Effizienz und beim Erweitern von Geschäftsmodellen. Wenn eine mittlere Kanzlei durch Technologie bestimmte Prozesse beschleunigt, kann sie günstigere Preise anbieten als ein kleinerer Anwalt, der diese Technologie vielleicht nicht hat. Hier entsteht Druck, den wir als Anbieter von Informationen und Wissen vielleicht etwas lindern können. Technologie ermöglicht es kleineren Anwälten, auch in Randgebieten, die sie sich vielleicht bisher nicht zugetraut haben, Mandate anzunehmen. Das ist der Teil, wo das Business erweitert wird. Anwälte im ländlichen Bereich müssen breiter aufgestellt sein. Denen geben wir das Rüstzeug, um das noch besser zu machen.

Welches Rüstzeug ist das?

Inhaltlich ist unsere neue Rechercheplattform eine kleine Revolution. In den Lexis Briefings geht es darum, zu bestimmten Themen kompaktes Wissen zur Verfügung zu stellen. Derzeit decken wir etwa 1000 Themen ab und es werden immer mehr. Unsere Briefings – die von namhaften Experten geschrieben wurden – helfen nicht nur kurzfristig, zum Beispiel während eines Telefonats mit einem Mandanten. Sie sind tatsächlich eine neue Form der Rechtsliteratur und geben einen extrem kompakten Überblick zu einer Fülle wichtiger Rechtsfragen.

Die Lexis SmartSearch Technologie wiederum beschleunigt die Rechtsrecherche und liefert Antworten statt reiner Ergebnislisten. Wir erkennen den Kontext der Suche. Das funktioniert ungefähr so, wie die Zusammenfassungen zu einem Thema, die Google bei einer Suchanfrage liefert. Früher hätte es auf die Suchanfrage nach einer berühmten Person lediglich eine sehr lange Liste von mehr oder weniger relevanten Ergebnissen gegeben und der Nutzer musste sich die Informationen selbst suchen. Jetzt gibt es ein Kurzprofil der Person, das immer nach einem bestimmten Schema funktioniert, zusätzlich zur Ergebnisliste. So kann man sich wesentlich schneller ein Bild von einer Person machen, als früher. Bei uns sind die Themen natürlich etwas komplizierter, aber das Grundprinzip ist ähnlich.

Wir können mit der neuen Plattform auch die normale Ergebnisliste grafisch darstellen und so helfen, schneller das relevante Dokument zu finden. In der grafischen Darstellung wird die Relation der Dokumente zueinander abgebildet und zusätzlich sind alle Dokumente auf einer zeitlichen Achse angeordnet.

Welche Rolle hat der Mutterkonzern bei der Entwicklung gespielt?

Wir haben auf Grundtechnologien aufgebaut, die wir uns in der Entwicklung als rein lokaler Anbieter nicht hätten leisten können. Technisch haben wir auf Lösungen des Mutterkonzerns aufgebaut, aber sehr viele lokale Anpassungen und Erneuerungen vorgenommen. Mittlerweile fragt der Konzern bereits nach, wie unsere Lösung in anderen Ländern repliziert werden können.

Will LexisNexis auch noch andere LegalTech-Gebiete erobern? Sind zum Beispiel Blockchain oder die vielzitierten “Roboter-Anwälte” ein Thema?

Wir decken den Recherche-Teil in der Arbeitswelt von Anwälten ab, stellen uns aber schon immer wieder die Frage, ob wir das erweitern sollen und können. Wir sind gut im Informationen-Sammeln und Fragen-Beantworten, könnten aber mehr Berührungspunkte mit Anwälten haben. Der klassische Weg ist: Der Anwalt übernimmt einen Fall und dann wird recherchiert. Das kostet Zeit. Wir wollen dieses Wissen aber nicht nur liefern, wenn wir danach gefragt werden, sondern sofort, wenn es Sinn hat. Wir kommen hier in den Bereich digitaler Wissens-Assistenten. Das wäre eine logische Weiterentwicklung.

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Ferry Fischer, Coach und Unternehmensberater (c) Ferry Fischer

Du siehst einen Golfprofi, wie er auf den letzten Löchern der finalen Runde ruhig und voller Konzentration den Fokus behält und das Turnier souverän gewinnt. Kann er das, weil er so talentiert ist oder weil er geheime Tricks kennt? Nein, er kann das, weil er sich selbst kennt und kontinuierlich seine mentale Fähigkeiten, die jede:r besitzt, entwickelt hat.

Selbstvertrauen kommt von Selbstbewusstsein. Je bewusster ich mir über meine Fähigkeiten und meine Schwachstellen bin (und natürlich auch, wie ich damit gut umgehen kann), desto mehr entwickle ich Vertrauen in mich selbst. Das ist ein Prozess stetiger Reflexion und Entwicklung.

Ich selbst halte mich für einen durchschnittlich talentierten Sportler und habe jeden Sport, den ich ausgeübt immer erst sehr spät begonnen. Dennoch war ich ehrgeizig und wollte was erreichen, also habe ich einen wichtigen Aspekt des Erfolges mehr entwickelt als die anderen. Die mentale Stärke. Und damit ist mir sowohl im Sport als auch im Beruf weit Überdurchschnittliches gelungen.

Hier stelle ich dir nun meine „Best Of Mental-Stärken“, bzw. Techniken vor, damit du auch davon profitieren kannst.

1. Resilienz: Der Umgang mit Rückschlägen

Im Sport ist Scheitern unvermeidbar – Golfer:innen, Tennisspieler:innen, etc. verlieren die allermeisten Turniere und gewinnen nur wenige. Mental starke Athlet:innen wissen: Eine Niederlage macht sie nicht zum Versager oder zur Versagerin, sondern gibt ihnen die Chance, zu lernen und zu wachsen.

Wichtig ist, dass ich weiß, dass ich es schaffen kann und von jeder Niederlage lerne. Unbeirrbar gehe ich meinen Weg, aber ich hinterfrage mich ständig und passe mich durch die Erfahrung des temporären Scheiterns an.

Wenn du im Golf den ersten Schlag gleich mal in den Wald schlägst und die Nerven bewahrst, mit dem Mindset „das braucht jetzt genau mich, um doch noch erfolgreich das Loch zu Ende zu spielen“, dann gibst du dem Erfolg eine gute Chance. Wenn du es dann schaffst, ist das Erfolgserlebnis umso größer. Schaffst du es nicht, dann nimmst du deine Learnings, gehst zum nächsten Loch und bist um ein Stück erfahrener, um mit einer ähnlichen Situation nun besser umzugehen (wie du das noch zwischen zwei Löchern schaffen kannst, zeige ich dir im Punkt 3).

Umsetzung für Founder:innen:

Lernperspektive einnehmen: Nach jedem Rückschlag bewusst analysieren: „Was lief gut? Was lief schlecht? Was lerne ich daraus?“ (am besten schriftlich, das verstärkt es noch) Fehlerkultur etablieren: Im Team kommunizieren, dass Fehler und Misserfolge ein natürlicher Teil des Wachstumsprozesses sind und Lessons Learned nach jedem Projekt etc. einfordern.

2. Klare Zielsetzung: Der Kompass zum Erfolg

Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, dann habe ich nie aufgegeben (und schon gar nicht aus Frust oder Enttäuschung), war jedoch stets bereit, mich aufgrund der Erfahrungen anzupassen. Das heißt, entweder habe ich mein Tun angepasst, um das Ziel zu erreichen oder ich habe das Ziel nach einer strukturierten Analyse der Fakten verändert oder verworfen (das ist für mich kein Aufgeben, sondern eine wohl durchdachte und selbstreflektierte neue Entscheidung).

Manchmal öffnen sich Möglichkeiten, die du nie für möglich gehalten hast und die sich erst ergeben, weil du dran geblieben bist. Solange ich an meine Vision glaube und bereit bin, mich, den Weg und die Rahmenbedingungen stets zu hinterfragen, kann mich nichts aufhalten. Das Ziel ist das Ziel, der Weg muss sich dem Ziel anpassen und ich mich auch.

Umsetzung für Founder:innen:

Sei dir klar, was du mit deinem Unternehmen erreicht haben willst: Setze dir nun (Zwischen-)Ziele, die dich dorthin bringen werden, und verfolge sie. Wenn du diese Ziele nicht erreichst, dann passe an (Schritte, Methoden, Zwischenziele). Aber verliere nicht das visionäre Ziel aus den Augen! OKR als Methode hilft da besonders gut!

Miss es oder vergiss es: Damit wir uns den Fortschritt nicht schönreden, was sehr leicht geschieht, müssen wir messen und laufend anpassen. Aber nie das große Ziel aus den Augen verlieren. Was leicht geht: genießen und dann mehr davon. Was schwer geht, noch einmal probieren und dann hinterfragen! Mein Motto dabei: „Face the brutal facts!“

3. Mentale Visualisierung: Erfolg beginnt im Kopf

Dabei gibt es zwei Ausrichtungen:

1. Mentales Vorerleben: Du siehst das Erreichen des Ziels vor Augen. Oder den erfolgreichen Abschluss mit Investor:innen.

Es zahlt sich aus, im Unterbewusstsein das Erfolgserlebnis im Vorhinein auszulösen, um dein Selbstbewusstsein zu stärken und den Fokus auf Erfolg zu lenken. Kein:e Slalomläufer:in der Welt würde den Slalom in Angriff nehmen, ohne vorher den erfolgreichen Lauf visualisiert zu haben. Würde er/sie das nicht machen, wäre ein Ausscheiden wohl das sichere Ergebnis.

Ich stelle mir vor schwierigen Gesprächen immer vor, wie das Gespräch zur Zufriedenheit beider gut endet. Nicht, wie es verläuft, denn das ist egal, Hauptsache es endet gut. Wenn dann das Gespräch oder die Verhandlung eine komische Richtung einnimmt, dann sage ich mir: „Interessant, wie sich das gerade entwickelt. Gut dass ich weiß, wie es ausgeht!“. Mit dieser Technik ist ein Erfolg nicht garantiert, aber die Erfolgswahrscheinlichkeit steigt enorm.

2. Mentales Umerleben: Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen real und imaginär Erlebtem. Es speichert beides als Erfahrung ab. Das können wir uns zu Nutze machen.

Wenn also etwas schief gelaufen ist, dann setze dich hin und erlebe die Situation so, wie sie optimal hätte verlaufen sollen. Spiele die Situation ideal durch und speichere so einen Erfolg ein, an den sich dein Unterbewusstsein dann in der nächsten ähnlichen Situation erinnern wird.

Umsetzung für Founder:innen:
Vorbereitung durch Visualisierung: Stelle dir vor einem Pitch oder einem schwierigen Gespräch vor, wie du souverän auftrittst und dein Ziel erreichst. Mentales Umerleben durchspielen: Nimm jeden Misserfolg her, analysiere, was schief gelaufen ist und wie du es hättest besser oder ideal machen können und spiele dann die Situation mit der Idealversion durch. Nimm die Erfolgsgefühle dabei war, das steigert noch den Effekt.

4. Selbstdisziplin: Die Kunst der konstanten Umsetzung flexibler Planung

Erfolg ist immer das Ergebnis des Tuns. Du kannst daher den Erfolg nicht machen, sondern nur ermöglichen. Machen kannst du aber deinen täglichen Beitrag. Daher überlege dir, was du jeden Tag ganz konkret tun kannst, um deinen gewünschten Erfolg zu schaffen. Setze dir Zwischenziele, um zu überprüfen, ob du den erwünschten Fortschritt erreichst. Erreichst du den Fortschritt nicht, dann überlege, ob das Ziel richtig gewählt ist und/oder ob das tägliche Tun ausreicht und passe bei Bedarf an.

Jetzt ist es wichtig, den täglichen Zweifel auszuschalten. Einmal in der Woche oder alle zwei Wochen darf angepasst werden. Täglich wird getan und abgehakt. Das funktioniert! Alleine durch das tägliche Abarbeiten des Plans deines eigenen Beitrags entsteht ein Erfolgserlebnis, das dich vorantreibt.

Wie ich mit Hockey im Alter von 21 Jahren begonnen habe und mir zum Ziel gesetzt habe, es in die erste österreichische Liga zu schaffen, war mir klar, dass mir technisch nahezu jeder Hockeyspieler, der von Kindheit an trainiert hat, überlegen sein wird. Was ich aber tun kann, war meine mentale Stärke und meine körperliche Kondition mehr zu entwickeln, als die anderen. Ich hatte einen genauen Plan für beides und nach 10 Jahren hatte ich es geschafft. Um die Zeit war ich sogar den österreichischen Nationalspielern, mit denen ich einmal trainiert habe, konditionell und mental überlegen. Ich habe in dieser Zeit jede Woche nach einem Plan trainiert und diese Pläne laufend nach meinen Fortschritten und Rückschritten angepasst. Heute würde man sagen, ich habe nach OKR trainiert. Das gab es damals aber noch nicht als Begriff.

Umsetzung für Founder:innen:
Routinen etablieren: Plane deinen täglichen Beitrag zum Erfolg und halte dich an diese Struktur. Überlegt anpassen: Passe deinen Plan nur in ruhigen Momenten an, nicht wenn unter der Woche Frust oder Zweifel aufkommen. Alles braucht seine Zeit, sich zu entwickeln und daher ist es wichtig, Pläne in Ruhe und überlegt zu erstellen und anzupassen. Wenn es aber keine messbare Entwicklung gibt, dann ist es auf jeden Fall Zeit, anzupassen.

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