03.09.2019

“Schlüsseldienst-Mafia”: leichtgemacht.at stellt Vergleichsservice ein

Wie Michael Schneider, leichtgemacht.at-Gründer, in einer Stellungnahme mitteilt, stellt das Vergleichsportal seinen Schlüsseldienst-Vergleich ein. In Gespräch mit dem brutkasten erklärt der Founder, welche Rolle Abzocke und Google-Lockangebote bei dieser Entscheidung gespielt haben.
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(c) Michael Schneider - Die Vergleichs-Plattform leichtgemacht.at stellt aufgrund dubioser Schlüsseldienst-Praktiken seinen Vergleichs-Service ein.

Die Vergleichsplattform leichtgemacht.at hat entschieden, ihren Schlüsseldienstvergleich einzustellen. Dem Unternehmen war es immer ein Anliegen, neben dem Umzugsvergleich, weitere Dienstleistungen im Handwerksbereich digital abzubilden. Deshalb kommt das Ende des Schlüsseldienst-Services überraschend. Im Gespräch mit dem brutkasten erklärt Michael Schneider warum dieser drastische Schritt notwendig war.

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Viele schwarze Schafe im Gewerbe

“Die Idee im Oktober 2017, einen Schlüsseldienstvergleich in die Plattform aufzunehmen kam uns durch diverse negative Medienberichte. Wir dachten, es wäre ein gutes Konzept, um etwas mehr Transparenz in die Sache zu bringen, weil es in diesem Gewerbe sehr viele schwarze Schafe gibt, “sagt Schneider. Zwei Jahre später seien es mehrere Faktoren, die zur Einstellung des Schlüsseldienstvergleichs geführt haben.

Kunden nur per Google-Akquise

“Wir haben rasch gemerkt: Kunden zu gewinnen ist hauptsächlich per Google-Akquise möglich. Durch eigene Recherchen und Partnerunternehmen stellte sich jedoch heraus, dass es ein Netzwerk von Lockvogelangeboten gibt”, sagt Schneider, die” alle in den oberen Suchergebnissen aufscheinen”.

Scheinfirmen würden eine Vielzahl an Werbeanzeigen in Google buchen und damit bewusst die Klickpreise in astronomische Höhen treiben. “Für lokale Aufsperr- und Schlüsseldienst-Anbieter ist es folglich nicht rentabel, dort zu investieren. Dadurch ist für viele Unternehmen auch kein Wachstum möglich”, so Schneider weiter. Dies hat auch für leichtgemacht.at Folgen: zuverlässige Kunden seien schwer zu finden.

“Daher müssen wir unser Vorhaben  – Transparenz und Sicherheit für den Endverbraucher, besonders in Notfallsituationen, und mehr Sichtbarkeit für verlässliche und seriöse Dienstleister (vor allem in Wien) – leider einstellen”, heißt es dazu in der Stellungnahme.

Terror-Calls bei Google-Anzeige

Schaltet jedoch tatsächlich eine seriöse Schlüsseldienst-Firma eine Google-Anzeige und erscheint in den oberen Rängen, so wird sie, einem ORF-Bericht nach, mittels Terror-Calls lahmgelegt. Firmentelefone oben gereihter Unternehmen würden durch Anrufe, die alle 15 bis 30 Sekunden mithilfe von Computern getätigt werden, blockiert. Deren Handynummern könnten nicht rückverfolgt werden.

Keine Reaktion von Google

Google selbst reagiere nicht auf Nachfragen Schneiders. “Wenn wir eine dieser Lockvogel-Werbungen, die mit Preisen weit unter dem KEO-Richtwert Kunden ergattern wollen melden, so entstehen gleich drei neue. Es ist wie ein Kampf gegen Windmühlen. Und Google antwortet uns nicht”, erklärt Schneider leicht deprimiert.

Google-Suche bringt unseriöse Ergebnisse

Er selbst habe gestern einen Test gemacht und abends eine mobile Google-Suche gestartet. Das Ergebnis: alle vier oben gereihten Anzeigen seien Lockangebote. Drei von vier Firmen würden kein Impressum aufweisen. Für eine Türöffnung würde dem Endverbraucher ein Preis von vier Euro versprochen. “Dieser wird dann schlussendlich um hunderte Euros erleichtert und abgezockt”, sagt Schneider.

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(c) leichtgemacht.at – Schlüsseldienst-Angebote von ab vier Euro führen oft zu überteuerten Preisen von mehreren Hundert Euro.

Google in der Pflicht gegen Fake-Schlüsseldienste

Auch wenn diese Praktiken bereits Thema im Parlament waren, Schneider sieht eher den US-Giganten in der Pflicht als die Politik. “Es wäre effizienter wenn Google rigoroser gegen dieses Netzwerk vorgehen würde. Etwa gegen Anzeigen ohne Impressum oder Lockvogel-Angebote mit einem Preis, der 20-fach unter den Richtlinien liegt. Es gibt genug Ansätze, um diese ‘Fake-Schlüsseldienste’ herauszufiltern. Es braucht nur strenge Regularien”, so Schneider.

leichtgemacht-Gründer: “Man kann es ruhig Schlüsseldienst-Mafia nennen”

Im Gespräch merkt man dem Gründer an, dass er einen langen Kampf geführt hat, gegen einen Gegner, den er nicht sieht und der global agiert – und deshalb schwer zu fassen ist. Er nimmt sogar den Begriff Mafia bewusst in den Mund: “Auch wenn es überspitzt klingt, es gibt da draußen ein Netzwerk von Strohmännern, die Unternehmen und Kunden einschüchtern. Firmen ohne Domain, die im Osten und im DACH-Raum sitzen. Es handelt sich schlicht um ein kriminelles Netzwerk. Daher kann man sie ruhig Schlüsseldienst-Mafia nennen”.


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Das NOSI-Gründer:innen-Team (vlnr.) Klara Brandstätter, Patrik Aspermair und Johannes Bintinger | (c) NOSI
Das NOSI-Gründer:innen-Team (vlnr.) Klara Brandstätter, Patrik Aspermair und Johannes Bintinger | (c) NOSI

Startup-Gründer:innen bezeichnen ihre Produkte im Pitch gerne als “revolutionär” oder “völlig neuartig”. Patrik Aspermair, Co-Founder und CEO des Tullner (NÖ) Startups NOSI, tut das im Gespräch mit brutkasten nicht. Muss er auch nicht, denn dass diese Begriffe auf das Produkt, das er gemeinsam mit seinen Mitgründer:innen Johannes Bintinger und Klara Brandstätter entwickelt und auf den Markt gebracht hat, zutreffen, erkennt man auch ohne darauf hingewiesen zu werden.

NOSI digitalisiert mit seinen Sensor-Systemen Gerüche – brutkasten berichtete bereits. “Jeder kennt die Möglichkeit, das Sehen und das Hören zu digitalisieren. Man kann es sogar am eigenen Smartphone machen”, sagt Aspermair. Und mit NOSI – kurz für “Network for Olfactory System Intelligence” – kommt noch ein weiterer Sinneseindruck dazu, der fortan digital erfasst werden kann.

Wofür braucht es die elektronische Nase?

Und wofür braucht man das? “Die elektronische Nase soll überall dort eingesetzt werden, wo der Mensch seine Nase nicht reinstecken möchte oder kann, bzw. wo er einfach nicht da ist, etwa weil es 24 Stunden am Tag passieren muss”, erklärt Aspermair. Einsatzmöglichkeiten gibt es unter anderem in der Pflege oder in der Hotellerie, wo mittels elektronischer Nase Ungeziefer frühzeitig erkannt werden kann. Damit konnte NOSI nicht nur eine ganze Reihe von Preisen abräumen. Erste mit dem mittlerweile zehnköpfigen Team umgesetzte Kundenprojekte nach dem formellen Start dieses Jahr zeigen: Die Nachfrage dafür ist da.

Gründung von NOSI dieses Jahr nach jahrelanger Forschung und Entwicklung

Um dort überhaupt hinzukommen, haben Gründer:innen und Team einen weiten Weg hinter sich gebracht. Über viele Jahre hinweg wurden die Polymer-Sensoren und die dazugehörige KI-Software von Aspermair und Bintinger am AIT entwickelt. Formell gegründet wurde dann mit Co-Founderin Brandstätter Anfang dieses Jahres.

“Ohne die aws gäbe es NOSI als Unternehmen gar nicht.”

Und dafür brauchte es das nötige Kapital. Das lieferte die Austria Wirtschaftsservice (aws) mit der Preseed-Förderung. “Ohne die aws gäbe es NOSI als Unternehmen gar nicht. Wenn wir die Preseed-Förderung nicht bekommen hätten, hätten wir nicht gegründet. Denn sie war auch der externe Check, ob unser Business-Plan auch vor einer unabhängigen Jury hält”, erzählt Aspermair.

Mit dem Kapital habe man dann die ersten Mitarbeiter:innen angestellt – mittlerweile umfasst das Team zehn Personen. “Und wir konnten die Entwicklung auf einen Status bringen, an dem wir erste Geräte potenziellen Kunden anbieten konnten”, sagt der NOSI-Gründer. Man habe zudem viele Gespräche in diversen Branchen geführt, sei auf unterschiedlichen Events und Konferenzen eingeladen gewesen und habe eine sehr gute Medienpräsenz gehabt. “Wir haben uns sehen und messen lassen. Das braucht alles seine Zeit. Und durch die Förderung war die Runway vorhanden, um das so zu machen”, so Aspermair.

Auch im Bereich IP (Intellectual Property) habe man sich Unterstützung von der aws geholt. “Das ist für uns ein wichtiges Thema und bei der aws gibt es viele Ansprechpartner dafür, die leicht zugänglich sind”, so der Gründer.

Märkte ergründen

Bei allem was bereits zurückliegt, hat NOSI am Markt gerade einmal die ersten Schritte absolviert. “In der Preseed-Phase mussten wir zunächst einmal wissen, was überhaupt unsere Märkte sind. Welche potenziellen Anwendungsbereiche können wir schon in naher Zukunft bespielen? Denn Geruchssensorik hat natürlich in sehr vielen Anwendungsbereichen Potenzial, aber man kann nicht alles gleichzeitig machen und muss fokussieren”, erklärt der Gründer. Dazu brauche es viel Arbeit und viele Gespräche. “Das schafft man nur mit einem Team, das einen unterstützt”, sagt Aspermair.

Von Tulln in die ganze Welt

Nun geht es für NOSI daran, Schritt für Schritt und Branche für Branche den Markt zu erobern – nicht nur in Österreich. “Wir haben uns unter anderem für das GIN-Programm Go Asia beworben, um zu ergründen, ob der asiatische Markt für uns spannend ist”, sagt der Gründer. Gesucht werden dabei nicht nur direkte Kunden, sondern auch Systemintegratoren.

Und für die Expansionsschritte und die Weiterentwicklung der Technologie wird es auch weiteres Kapital brauchen. Hier kommt die aws wieder ins Spiel. “Wir beantragen auch die aws-Seed-Förderung und das FFG-Basisprogramm”, verrät Aspermair. Und auch ein Investment aufzunehmen, ziehe man mittelfristig in Betracht.

Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit der Austria Wirtschaftsservice (aws)

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