31.03.2023

Wie der Lebensmittelhandel mit Startups gegen Food-Waste vorgeht

In den letzten Jahren sind zahlreiche große Player aus dem Lebensmitteleinzelhandel Kooperationen mit heimischen Startups eingegangen, um gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen. Wir stellen euch unterschiedliche Ansätze vor.
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(c) motatos / hofer / landl

Derzeit landen laut einem WWF Report rund 40 Prozent der Lebensmittel entlang der Produktionkette im Müll. Alleine in Österreich werden pro Jahr mehrere tausend Tonnen Obst und Gemüse in der Landwirtschaft weggeworfen, weil sie zu klein, zu groß, zu reif oder zu viel sind. Lebensmittelverschwendung ist allerdings ein massives Problem – nicht nur, weil gleichzeitig große Teile der Weltbevölkerung Hunger leiden. Es ist auch ein Umweltproblem, da die Produktion von Lebensmitteln viele Ressourcen braucht und ein großer Verursacher von CO2 ist.

Umso wichtiger ist es, dass auch im Bereich der Ernährung die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden. Dies kann durch Maßnahmen wie bessere Lagerung, verbesserte Logistik und ein bewussterer Umgang mit Lebensmitteln durch die Verbraucher:innen erreicht werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Wiederverwendung und das Recycling von Lebensmittelabfällen – wie beispielsweise das Sammeln von Speiseöl.

Für unseren Schwerpunkt Kreislaufwirtschaft haben wir uns fünf unterschiedliche Ansätze angesehen, wie der Lebensmittelhandel in Österreich gemeinsam mit Startups gegen Food-Waste vorgeht.


Hofer startet mit Unverschwendet Eigenmarke

Unverschwendet
(c) Hofer

Seit sieben Jahren gehen die Geschwister Cornelia und Andreas Diesenreiter von Unverschwendet mit ihrem Startup gegen Lebensmittelverschwendung vor – und zwar, indem sie Delikatessen aus überschüssigem Obst und Gemüse herstellen. Dazu verwendet das Startup ein eigenes Datenbanksystem, das eine genaue Übersicht darüber bietet, wann bestimmte Lebensmittelmengen für interessierte Abnehmer:innen im Überschuss vorhanden sind. Im Oktober 2022 schloss das Unternehmen eine Partnerschaft mit der Lebensmittelkette Hofer ab. Unter der Hofer Eigenmarke “Rettenswert” bietet der Discounter österreichweit seit Oktober letzten Jahres Chutneys, Fruchtaufstriche und Pestos an.

Billa kooperiert mit Kern Tec

(c) Christian Landl

Das niederösterreichische Startup Kern Tec hat sich auf das Upcycling von Steinobstkernen spezialisiert, die in Europa für die Industrie größtenteils noch immer ein Abfallprodukt darstellen. Die Rohstoffe werden mit einer eigens entwickelten Technologie zur Aufspaltung, Sortierung und Veredelung der Kerne zu Genuss- und Kosmetikölen oder Proteinmehle weiterverarbeitet. In einer neu errichteten Produktionsanlage im niederösterreichischen Herzogenburg konnten so über 1.000 Tonnen Steinobstkerne vor der Verschwendung gerettet werden. Unter der Marke „Wunderkern“ hat das niederösterreichische Startup 2022 einen neuen Drink aus Marillenkernen auf den Markt gebracht und ging zudem mit der Rewe Group eine Kooperation ein. Mittlerweile ist der Drink österreichweit in über 500 Supermarkt-Filialen erhältlich.

Interspar setzt mit Wiener Startup auf Altölsammeln

(c) Spar

Auch altes Speiseöl muss in den Kreislauf zurückgeführt werden. Um die Sammelquote für Altöl in Österreich zu erhöhen, kooperiert Interspar bereits seit letztem Jahr mit dem Wiener Startup E&P UCO-Recycling, das ein Altspeisöl-Sammlesystem entwickelt hat. In Interspar-Hypermärkten in ganz Österreich sowie in allen Maximarkt-Standorten stehen den Kund:innen Automaten zur Entsorgung von Altspeiseöl zur Verfügung. Mit Hilfe des Systems kann Altspeiseöl sofort von Wasser und Schmutz getrennt und gesondert gesammelt werden. Dies ermöglicht auch die Berechnung der reinen Menge Altspeiseöl, die den Verbraucher:innen direkt vergütet wird. Zudem verfügen alle Sammelautomaten über ein internet-basierendes Kommunikationsmodul, das die zentrale „Real-Time“-Überwachung der Automaten gewährleistet.

Lidl startet in Graz Test mit Too Good to Go

(c) Too Good to Go

Auch Lidl hat sich im Rahmen seiner Nachhaltigkeitsstrategie 2030 dazu verpflichtet, Lebensmittelverluste und organischen Abfall bis 2025 um 30 Prozent zu reduzieren. In Österreich ging Lidl dafür eine Kooperation mit Too Good to Go ein. Seit 1. Feber können Lidl Kund:innen in Graz die “Too Good To Go”-App zur Lebensmittelrettung in ingesamt sechs Filialen nutzen und testen. Im Zuge der Kooperation können Kund:innen noch bis Ende April einwandfreie Lebensmittel, die tagsüber nicht verkauft wurden, in Form von speziellen Überraschungskisterl zu einem vergünstigten Preis erwerben. Die Bestellung erfolgt über die “To Good To Go”-App. Das reservierte Kisterl steht dann kurz vor Ladenschluss zur Abholung bereit. In die Überraschungskisterl kommen beispielsweise Frischfleisch und -fisch, einwandfreie Molkerei- und Trockenprodukte, aber auch Brot vom Vortag. Der Inhalt variiert je nachdem, was am Ende des Tages übrigbleibt. Für ein Kisterl zahlen Kund:innen 3,99 Euro und erhalten laut Lidl im Gegenzug Waren im Wert von mindestens zwölf Euro.

Kastner setzt auf Absatzprognose-Software von Circly

Eric Weisz (Mitte) mit seinen Co-Foundern von Circly © Circly
Eric Weisz (Mitte) mit seinen Co-Foundern von Circly © Circly

Die Kastner Gruppe ist ein österreichischen Familienunternehmen, das sich seit der Gründung im Jahr 1829 vom Landkaufhaus zum Lebensmittelgroßhändler entwickelt hat. Das Unternehmen beschäftigt aktuell mehr als 950 Mitarbeiter:innen. 2022 belief sich der Jahresumsatz auf knapp 268 Million Euro. Zudem betreibt die Gruppe acht Großhandels-Standorte und zählt 30.000 Abholkunden sowie 11.000 Zustellkunden – darunter auch 150 Nah&Frisch Kaufleute. Bereits seit mehreren Jahren kooperiert die Gruppe mit zahlreichen Startups. 2021 wurde unter anderem bekannt, dass die Gruppe eine Partnerschaft mit dem niederösterreichischen Startup Circly eingegangen ist, das eine selbstlernende und autonome Absatzprognose-Software entwickelt. Mit Hilfe von KI-gestützten Modellen lassen sich so Ressourcen- & Lebensmittelverschwendung vorbeugen.

Motatos: Online-Supermarkt für gerettete Lebensmittel

Motatos
(c) Motatos

Neben dem stationären Einzelhandel gibt es auch im Bereich des E-Commerce für Lebensmittel mittlerweile Lösungen gegen die Lebensmittelverschwendung. Seit Feber 2023 ist am österreichischen Markt der Online-Supermarkt Motatos vertreten. Über die Plattform werden Produkte, wie Teigwaren, Snacks oder Getränke, zu reduzierten Preisen angeboten. Der ursprünglich in Schweden gestartete Online-Lebensmittelhändler wirbt damit, dass Konsument:innen auf bekannte Markenprodukte, wie Knorr, Kellogg’s und Coca-Cola, bis zu 60 Prozent sparen können. Für die geretteten Produkte kooperiert Motatos nicht mit dem Einzelhandel, sondern direkt mit den Produzent:innen. Neben seinem Heimatland Schweden ist das E-Commerce-Scaleup mittlerweile in Finnland, Dänemark, Großbritannien und Deutschland vertreten. Österreich ist somit der sechste europäische Markt, den Motatos in Angriff nimmt.


Tipp der Redaktion:

Mit Jänner 2023 startet die brutkasten-Redaktion einen neuen thematischen Schwerpunkt zum Thema Kreislaufwirtschaft. Im Zentrum stehen Innovationen von Startups, Corporates und Mittelstand, die eine ressourceneffiziente und schadstoffarme Produktion ermöglichen. Zudem berichten wir über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe rund um eine kreislauforientierte Wirtschaft.

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4gamechangers 2020 startup Moonshot
(c) Puls4 | 4gamechangers

Das 4Gamechangers Festival war ein jährlicher Fixpunkt im heimischen Startup-Ökosystem. Und zog nationale wie internationale Player der Szene an. Umso überraschender ist es, dass die für Mai 2025 geplante Ausgabe von ProSiebenSat1Puls4 und auch dem ORF als Co-Veranstalter entfällt, wie der “Standard” am Freitag berichtete.

4Gamechangers soll weiterleben

“In Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen bedarf es mutiger Entscheidungen. Diese müssen wir nun treffen und mit unserem dreitägigen 4Gamechangers Festival im Jahr 2025 eine Pause einlegen – doch die allseits geschätzte Marke 4Gamechangers ist uns eine sehr wertvolle und wird definitiv weiterleben”, heißt es von offizieller Seite.

Die Pause sei keine leichte Entscheidung, jedoch könne man sich nur so Zeit für eine Innovationsklausur nehmen und langfristig die Qualität bewahren, die das Festival auszeichne und einzigartig mache.

Geschäftsmodell überdenken

“Das kommende Jahr werden wir intensiv nutzen, um in einer kreativen Pause die Marke weiterzuentwickeln. Wir werden unser Geschäftsmodell überdenken und neue, innovative Ansätze entwickeln, um 4Gamechangers als Marke und als Festival neu zu formieren”, heißt es weiter in der Aussendung. “Wir wären nicht die Founder der Marke 4Gamechangers, wenn wir diesen Change nicht als Chance sehen, noch viel Größeres für die Zukunft zu entwickeln. Bereits im Herbst 2025 wird sich 4Gamechangers wieder zurückmelden. Stay tuned!”

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