02.01.2023

Leadership 2023: die 7 besten Neujahrsvorsätze für Führungskräfte und ihre Teams

Gastbeitrag. Wenn sich das Jahr dem Ende zuneigt, ist das für Führungskräfte traditionell die Zeit, die letzten Monate Revue passieren zu lassen und sich zu überlegen, was gut funktioniert hat und was möglicherweise hätte besser laufen können. Worauf es im neuen Jahr ankommt und welche die wichtigsten Vorsätze für Führungskräfte und ihre Teams sein sollten, analysiert die Dekanin der WU Executive Academy, Barbara Stöttinger.
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Leadership, WU, Barbara Stöttinger
(c) WU Executive Academy - Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy über Leadership.

Bei Neujahrsvorsätzen ist es wie bei allen anderen Veränderungsprozessen auch: Man sollte zuallererst bei sich selbst beginnen – und das gilt ganz besonders für erfolgreiches Leadership.

Aus diesem Grund widmen sich die ersten drei Vorsätze auch dem Thema Self-Leadership. Genauso wichtig ist es aber, sich zu überlegen, was es von mir als Führungskraft braucht, um für mein Team da zu sein – vor allem, wenn die Rahmenbedingungen sehr herausfordernd sind – und es optimal zu unterstützen. Genau darum geht es dann in den Team-Leadership-Vorsätzen.

  1. Self-Leadership-Vorsatz: Verbessern sie ihre Fähigkeiten zum kritischen Denken

Um als Führungskraft erfolgreich zu sein, ist kritisches Denken, also die Fähigkeit, ein Problem zu erfassen und zu analysieren, um eine Lösung zu finden, von zentraler Bedeutung. Hier ein paar Tipps, wie sie trainieren können, die richtigen Fragen zu stellen:

  • Klammern Sie sich nicht an Ihren Hypothesen fest: Gute Fragen können sie dazu bringen, Ihre ursprünglichen Annahmen grundlegend zu überdenken – aber sie müssen bereit sein, dies ohne inneren Widerstand zu tun.
  • Mehr zuhören, weniger reden: Aktives Zuhören ermöglicht es ihnen, eine andere Sichtweise vollständig zu erfassen, was es ihnen wiederum erleichtert, ihre eigenen Annahmen und Vorurteile zu hinterfragen.
  • Stellen sie offene Fragen: Vermeiden sie es, Ja-oder-Nein-Fragen zu stellen. Versuchen sie stattdessen, ihr Gegenüber dazu zu bringen, sich detailliert zu äußern.
  • Ziehen sie auch das Gegenteil von dem, was sie denken, in Betracht: Jede Gruppe braucht jemanden, der sich nicht scheut, den Status quo infrage zu stellen, für den Fall, dass sie den Kurs ändern müssen.
  • Schlafen sie darüber: Eine erholsame Nacht kann ihnen helfen, ein Problem klarer zu sehen.
  1. Self-Leadership-Vorsatz: Lernen sie, mit Misserfolgen besser umzugehen

Wir alle kennen das: Man nimmt sich einen Neujahrsvorsatz vor und… hält ihn nicht ein. Warum ist das so? Oft liegt es daran, dass wir es uns anfangs nicht erlauben, schlecht darin zu sein. Wir scheitern ein paar Mal und beschließen dann aufzugeben. Aber jede neue Gewohnheit fühlt sich anfänglich schwerfällig an. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, sich mit dem Scheitern vertraut zu machen. Und so geht’s:

  • Beginnen sie damit, sich gegen große Enttäuschungen zu wappnen, indem sie ausprobieren, wie sie „im Kleinen“ scheitern können. Wenn sie sich zum Beispiel vornehmen, jeden Tag ihre wichtigsten To-dos für den nächsten Tag aufzuschreiben und entsprechend zu priorisieren. Wenn sie von der Nützlichkeit ihrer Aufzeichnungen noch nicht überzeugt sind, dann ist das nicht schlimm. Es ist ja nur eine Liste. Schreiben sie morgen einfach eine neue.
  • Als Nächstes sollten sie ihr Vorhaben anderen mitteilen, bevor sich Selbstzweifel einschleichen und sie kneifen. Diese Verbindlichkeit anderen gegenüber wird ihnen helfen, ihr Ziel tatsächlich durchzuziehen – egal wie schlecht sie beim ersten Mal sind.
  • Und schließlich sollten sie ein Protokoll über Ihre Bemühungen führen. Mit der Zeit werden sie feststellen, was sie alles erreicht haben. Anstatt sich an den kleinen, unvermeidlichen Misserfolgen aufzureiben, haben sie ihren Gesamtfortschritt im Blick.
  1. Self-Leadership-Vorsatz: Kennen sie ihre Vorurteile

Wenn sie sich der Vorurteile bewusst sind, die sie selbst als Führungskraft haben, dann sind sie besser in der Lage, diskriminierendes Verhalten innerhalb ihres Teams zu identifizieren. Hier sind ein paar Fragen, über die sie nachdenken können:

  • Wie würde mein Team meinen Führungsstil andern gegenüber beschreiben?
  • Spiegeln meine Worte und Handlungen tatsächlich auch meine Absichten wider?
  • Welche Grundüberzeugungen habe ich und wie können diese mich und meine Kollegen bei der Arbeit einschränken oder befähigen?

Suchen sie in ihren Antworten nach bestimmten Denkmustern. Vergessen sie nicht, Feedback von ihren Kollegen einzuholen, um zu verstehen, wie sie wahrgenommen werden und was sie besser machen können. Je mehr sich die Sichtweisen und Meinungen anderer von den ihren unterscheiden, desto aufschlussreicher und wertvoller das Feedback. Auf diese Weise lernen sie, eine Führungskraft zu sein, die reflektiert ist und ihre Vorurteile ständig hinterfragt.

  1. Team-Leadership-Vorsatz: Werden sie ein großartiger Remote-Leader

Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir, dass hybrides Arbeiten gekommen ist, um zu bleiben. Für Führungskräfte bedeutet das jedoch, dass ein mitunter nicht geringer Teil ihrer Führungsarbeit virtuell stattfindet. Um mit (vielleicht noch wenig erfahrenen) Mitarbeitern eine für beide Seiten wertschätzende und effektive Beziehung aufbauen zu können, bedarf es in der digitalen Welt ganz besonderer Sorgfalt. Das können sie ganz konkret machen:

  • Konzentrieren sie sich zunächst auf das Thema Vertrauen, denn es stellt die Basis einer wechselseitig funktionierenden Beziehung dar. Im virtuellen Kontext spielt Vertrauen eine klarerweise noch größere Rolle. Sprechen sie daher aktiv darüber, wie sie die virtuelle Beziehung zu einem sicheren Raum für beide Seiten machen können, und vereinbaren sie Vertraulichkeit in Bezug darauf, welche Informationen festgehalten oder weitergegeben werden sollen und welche nicht. Und vor allem: Halten sie sich an ihre Vereinbarungen. Ihre Mitarbeiter können ja nicht einfach kurz bei ihnen im Büro vorbeikommen, um sie an eine Abmachung zu erinnern. Verdienen sie sich das Vertrauen ihrer Mitarbeiter, indem sie sich ausnahmslos an Vereinbartes halten.
  • Definieren sie gemeinsam die Regeln, Art und Häufigkeit ihrer virtuellen Kommunikation. Wie wollen sie miteinander kommunizieren, über E-Mail, Teams-Calls oder interne Messaging-Services? Oder soll es eine Mischung aus allem sein mit regelmäßig stattfindenden physischen Treffen im Büro? Je mehr sie vorab festlegen, desto weniger Missverständnisse entstehen später.
  • Und schließlich sollten sie – wo immer möglich – auch an gemeinsamem Projekten mit ihren Mitarbeitern arbeiten. Dies fördert nicht nur die Motivation und stärkt das Team-Gefühl, es erlaubt ihnen auch, die Stärken und Schwächen ihres Teams zu identifizieren und diese entsprechend zu fördern bzw. abzubauen.
  1. Team-Leadership-Vorsatz: Führen sie ein Team, das intelligenter arbeitet – nicht härter

Manchmal stecken wir zu viel Zeit und Mühe in die falschen Dinge und setzen die falschen Prioritäten – sei es, dass wir Stunden mit Status-Updates verbringen, die ohnehin niemand liest, oder wir Unmengen an Zeit in das Layout einer Präsentation investieren und dabei ganz auf die Qualität des Inhalts vergessen. Als Führungskraft ist es eine ihrer wichtigsten Aufgaben, ihrem Team dabei zu helfen, genau diese Fallstricke zu vermeiden und jenen Aufgaben, die am wichtigsten sind, Priorität einzuräumen:

  • Legen sie zunächst klare Deadlines für die großen strategischen Stoßrichtungen fest, hinterlegen sie wichtige Projektmeilensteine mit ungefähren Stundenanzahlen und informieren sie Ihre Mitarbeiter, wenn sie zu viel Zeit in eine bestimmte Aufgabe investieren. Vermeiden sie es aber gleichzeitig, ins Mikromanagement abzurutschen.
  • Betonen sie, dass das Perfekte oft der Feind des Guten ist.
  • Ermutigen sie ihre Teammitglieder, Zeitvorgaben für kleinere Aufgaben zu machen, etwa für das Verfassen von E-Mails oder die Suche nach Bildern für Präsentationen.
  • Erinnern sie sie auch daran, dass es völlig in Ordnung ist, Fehler zu machen: der Tippfehler im Newsletter oder die Datei, die nicht an die E-Mail angehängt wurde, werden ziemlich wahrscheinlich nicht über das Ge-oder Misslingen ihrer Karriere entscheiden.
  • Und schließlich sollten sie sie dabei unterstützen, Kontakte innerhalb des Unternehmens zu knüpfen, damit sie stets wissen, wer ihnen helfen bzw. bei Bedarf Fragen beantworten kann.
  • Betonen sie auch, dass sie nicht erwarten, dass sie alles alleine schaffen müssen, und dass die Zusammenarbeit mit anderen sicherstellen kann, dass alle gemeinsam am selben, dem richtigen Strang zum Wohle des Unternehmens ziehen.
  1. Team-Leadership-Vorsatz: Hören sie nicht auf, ihr Team immer wieder neu zu motivieren

Wenn ihr Team erschöpft, demotiviert oder ausgelaugt ist, gibt es einige Strategien, die sie einsetzen können, um es mit neuer, positiver Energie zu versorgen.

  • Führen sie proaktiv zielgerichtete Karrieregespräche – und machen sie sie zur Routine. Ihre Mitarbeiter wollen wissen, dass sie sich gemeinsam mit ihnen auf dem richtigen Weg befinden und die Möglichkeit haben, aktiv mitzugestalten. Geben sie gerade bei verbesserungswürdigen Bereichen besonders wertschätzendes Feedback, damit ihre Mitarbeiter bereit sind, mutig neue Chancen zu ergreifen, wenn sie sich ihnen bieten.
  • Schaffen sie Teamrituale, die die Beziehungen untereinander und ein Gefühl der Zugehörigkeit fördern. Wenn sich Menschen mit ihren Kollegen verbunden fühlen, belebt dies die Arbeit und macht sie gleichzeitig interessanter. Sie können Meetings mit verschiedenen Aktivitäten eröffnen, etwa indem sie die Teilnehmer bitten, etwas zu sagen, wofür sie an diesem Tag dankbar sind, oder ein Wort zu nennen, das ihre Gefühle am besten beschreibt. Die Idee dabei ist, dass das Team so selbst mit der Zeit zu einem Ort der Wertschätzung und des Vertrauens wird.
  • Und schließlich sollten sie sich nicht darüber den Kopf zerbrechen, ob ihre Mitarbeiter genug arbeiten, sondern ihnen stattdessen dabei helfen, Prioritäten richtig zu setzen. Unterstützen sie sie dabei, Tätigkeiten wegzulassen, die keinen Mehrwert generieren, und verknüpfen sie die Arbeit jedes Einzelnen mit den wichtigsten Prioritäten des Unternehmens. Dies trägt dazu bei, ein positives Gefühl des „wir schaffen das“ zu erzeugen, weil die Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten und den Sinn hinter ihrer Tätigkeit verstehen.

Und last but not least ein Vorsatz, der für Führungskräfte und Mitarbeiter im neuen Jahr gleichermaßen gelten sollte, in der Praxis aber in vielen Unternehmen deutlich zu kurz kommt:

  1. Self/Team-Leadership-Vorsatz: Haben sie wieder mehr Spaß bei der Arbeit

Untersuchungen haben ergeben, dass Spaß eines der wichtigsten Kriterien im beruflichen Kontext überhaupt ist, weil er sich positiv auf das Engagement, die Kreativität und die Mitarbeiterbindung auswirkt. Hier ein paar Tipps, wie sie für sich und Ihre Mitarbeiter wieder mehr Spaß in den Arbeitsalltag einbauen können:

  • Gestalten sie ihre To-do-Listen spielerisch: Sobald sie eine Aufgabe erledigt haben, belohnen sie sich mit einer Kleinigkeit – gehen sie spazieren, rufen sie einen Freund an oder gönnen sie sich etwas.
  • Ändern sie die Dinge. Einfache Veränderungen können Ihnen eine neue Perspektive geben. Versuchen sie zum Beispiel, schwierige Arbeitsaufgaben auf Post-it-Zettel zu schreiben, damit sie sie zu Kugeln formen und in den Müll werfen können, wenn sie sie erledigt haben.
  • Erstellen sie einen Soundtrack für Ihren Arbeitstag. Stellen sie unterschiedliche Playlists für verschiedene Arten von Aufgaben zusammen. Wenn sie Ihre Energie und Ihren Rhythmus auf die Musik abstimmen, kann dies ein effektiver Weg sein, um während des Tages eine positive Dynamik aufzubauen.
  • Variieren sie Ihren Arbeitsort. Haben sie das Gefühl, immer im selben Trott zu sein? Abwechslung heißt das Zauberwort. Gehen sie in Ihr Lieblingscafé, um sich in Ruhe einer kniffligen Herausforderung zu widmen, oder erledigen sie Ihren nächsten Anruf bei einem Spaziergang oder im Garten, während sie einen Espresso-Macchiato genießen. Sie werden sehen, ein vorübergehender Ortswechsel kann erholsam, verjüngend und mitunter auch sehr lustig sein.
  • Und ganz wichtig: Vergessen sie nicht, ihre Mitarbeiter dazu zu ermuntern, es ihnen gleichzutun. Es funktioniert, versprochen.
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Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala
Peter Ahnert, Hermann Erlach, Marco Porak und Jeannette Gorzala | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.


Wo stehen wir wirklich, was die Adaption von künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft angeht? Diese Frage zu beantworten war eines der Ziele der Serie “No Hype KI“, die brutkasten anlässlich des zweijährigen Bestehens von ChatGPT gestartet hat. Die ersten fünf Folgen beleuchten unterschiedliche Aspekte des Themas und lieferten eine Bestandsaufnahme.

Im Staffelfinale, der sechsten Folge, war der Blick dann in Richtung Zukunft gerichtet. Dazu fanden sich die Österreich-Chefs von Microsoft und IBM, Hermann Erlach und Marco Porak, sowie Nagarros Big Data & AI Practice Lead für Central Europe, Peter Ahnert, und KI-Expertin Jeannette Gorzala, die auch Mitglied des KI-Beirats der österreichischen Bundesregierung ist, im brutkasten-Studio ein.

“Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache”

Eine der Erkenntnisse der Serie: Unternehmen und Institutionen verabschieden sich von überschwänglichen Erwartungen und sehen sich stattdessen an, wie KI tatsächlich in der Praxis eingesetzt wird. „Der Hype ist weg und das ist eine gute Sache, weil jetzt kann man auf den Use Case gehen“, sagt Hermann Erlach, General Manager von Microsoft Österreich, im Videotalk. Er vergleicht den aktuellen Reifegrad von KI mit dem Beginn einer langen Reise: „Wenn ich so eine Reise angehe, dann brauche ich ein Ziel, einen Plan und Mitreisende. Alleine macht das wenig Spaß.“

Auch Marco Porak, General Manager von IBM in Österreich, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Er sieht das abgelaufene Jahr als eine Phase der Erkenntnis. Den Status Quo bei KI in Österreichs Unternehmen beschreibt er im Talk folgendermaßen: “Wir haben allerorts sehr viel ausprobiert, sind vielleicht da und dort auf die Nase gefallen”. Gleichzeitig habe es auch “schöne Erfolge” gegeben. Für Porak ist klar: “Die Frage der Stunde lautet: Wie machen wir jetzt von hier weiter?“

AI Act: “Jetzt müssen wir ins Tun kommen”

Ein großes Thema dabei ist der AI Act der EU. Jeannette Gorzala, Gründerin von Act.AI.Now, plädiert für eine pragmatische Haltung gegenüber der EU-Verordnung: “Der AI-Act ist ein Faktum, er ist da. Jetzt müssen wir ins Tun kommen.” Sie sieht in dem Regelwerk einen Wegweiser: “Wir müssen die entsprechenden Kompetenzen aufbauen und die Möglichkeiten nutzen, die diese Regulierung bietet. Das ist der Reiseplan, den wir brauchen.”

Auch Marco Porak sieht den AI Act positiv: „Er hat nicht die Algorithmen reguliert, sondern gesagt, was wir in Europa gar nicht wollen, etwa Sozialpunktesysteme oder Gesichtserkennung in Echtzeit.“ So entstehe für Unternehmen im globalen Wettbewerb ein Vorteil, wenn sie ihre KI-Anwendung nach europäischen Maßstäben zertifizieren lassen: „Das ist wie ein Gütesiegel.“

“Müssen positiv aggressiv reingehen, um unseren Wohlstand zu halten”

Hermann Erlach von Microsoft bezeichnet den Ansatz des AI Act ebenfalls als “gut”, betont aber gleichzeitig, dass es jetzt auf die Umsetzung von KI-Projekten ankomme: “Wir haben eine Situation, in der jedes Land an einem neuen Startpunkt steht und wir positiv aggressiv reingehen müssen, um unseren Wohlstand zu halten.”

Peter Ahnert sieht dabei auch ein Problem in der öffentlichen Wahrnehmung: KI werde tendenziell nicht nur zu klein gedacht, sondern meist auch in Zusammenhang mit Risiken wahrgenommen: “Es werden die Chancen nicht gesehen.” Woran liegt es? “Zu einem erheblichen Teil daran, dass noch zu wenig Bildung und Aufklärung an dem Thema da ist. In Schulen, in Universitäten, aber auch in Unternehmen und in der öffentlichen Hand.” Hier müsse man ansetzen, sagt der Nagarro-Experte.

Jeannette Gorzala sieht das ähnlich: “Bildung und Kompetenz ist das große Thema unserer Zeit und der zentrale Schlüssel.” Verstehe man etwas nicht, verursache dies Ängste. Bezogen auf KI heißt das: Fehlt das Verständnis für das Thema, setzt man KI nicht ein. Die Opportunitätskosten, KI nicht zu nutzen, seien aber “viel größer” als das Investment, das man in Bildung und Governance tätigen müssen. “Natürlich ist es ein Effort, aber es ist wie ein Raketenstart”, sagt Gorzala.

IBM-Programm: “Die Angst war weg”

Wie das in der Praxis funktionieren kann, schilderte IBM-Chef Porak mit einem Beispiel aus dem eigenen Unternehmen. IBM lud weltweit alle Mitarbeitenden zu einer KI-Challenge, bei der Mitarbeiter:innen eigene KI-Use-Cases entwickelten, ein – mit spürbaren Folgen: “Die Angst war weg.” Seine Beobachtung: Auch in HR-Teams stieg die Zufriedenheit, wenn sie KI als Assistenz im Arbeitsablauf nutzen. “Sie können sich auf die komplexen Fälle konzentrieren. KI übernimmt die Routine.”

Microsoft-Chef Erlach warnt auch davor, das Thema zu stark unter Bezug auf rein technische Skills zu betrachten: “Die sind notwendig und wichtig, aber es geht auch ganz viel um Unternehmens- und Innovationskultur. Wie stehen Führungskräfte dem Thema AI gegenüber? Wie steht der Betriebsrat dem Thema AI gegenüber?”, führt er aus.

Venture Capital: “Müssen in Europa ganz massiv was tun”

Soweit also die Unternehmensebene. Einen große Problemstelle gibt es aber noch auf einem anderen Level: Der Finanzierung von Innovationen mit Risikokapital. “An der Stelle müssen wir in Europa ganz massiv was tun”, merkte Ahnert an. Er verwies auf Beispiele wie DeepMind, Mistral oder Hugging Face, hinter denen jeweils europäische Gründer stehen, die aber in den USA gegründet, ihre Unternehmen in die USA verkauft oder zumindest vorwiegend aus den USA finanziert werden.

Der Nagarro-Experte verwies dazu auf eine Studie des Applied AI Institute, für die Startups aus dem Bereich generative KI zu den größten Hürden, mit denen sie es zu tun haben, befragt wurden. “51 Prozent haben Funding genannt. Weit abgeschlagen an zweiter Stelle mit 24 Prozent erst kam die Regulierung und unter 20 Prozent waren Themen wie Fachkräftemangel oder Zugang zu Compute Power.” Ahnerts Appell: “Bei dem Thema Finanzierung müssen wir was tun, damit wir in der nächsten Welle an der Spitze sind.”

Erlach: Adaption entscheidend

Letztlich sei aber vielleicht gar nicht so entscheidend, wo eine Technologie produziert werde, argumentierte Hermann Erlach von Microsoft. Denn es komme auf die Adaption an: “Vielleicht ist die Diskussion Europa vs. Amerika in Teilbereichen die falsche.” Die wichtigere Frage sei also: “Wie adaptiere ich diese Technologie möglichst schnell, um meinen Wohlstand zu erhöhen?”

Marco Porak ergänzt: “Ganz, ganz wesentlich ist Mut. Ganz, ganz wesentlich ist unsere kulturelle Einstellung zu dem Thema.” Man müsse die Chancen sehen und weniger das Risiko. In der Regulatorik könne man dies begleiten, indem man Anreize schafft. “Und ich glaube, wenn wir das als Österreich mit einem großen Selbstbewusstsein und auch als Europa mit einem großen Selbstbewusstsein machen, dann haben wir in fünf Jahren eine Diskussion, die uns durchaus stolz machen wird.”


Die gesamte Folge ansehen:


Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?”

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?”

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”

Folge 5: Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

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