09.11.2021

Krypto-Steuer: Jetzt steht fest, wann sie kommen soll – und weitere Details

Seit Wochen wird darüber spekuliert, wie die von der Bundesregierung geplanten Änderungen bei der Versteuerung von Kryptowährungen konkret ausgestaltet sein werden. Nun liegt ein erster Entwurf vor, aus dem unter anderem hervorgeht, wann die Regelung in Kraft treten soll.
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Kryptowährungen
Foto: Dan Eady/Adobe Stock

Bereits im August hatte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) angekündigt, dass die Versteuerung von Krypto-Assets geändert – und jener von Wertpapieren – angeglichen werden soll. Die Details blieben jedoch offen – auch nach einem Beschluss im Ministerrat, der Anfang Oktober erfolgte. Nun hat das Ministerium einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, der nun bis 6. Dezember in Begutachtung ist. Bis dahin können Stellungnahmen eingebracht werden. Bis das Gesetz tatsächlich im Nationalrat beschlossen wird, können sich noch Änderungen ergeben.

Laut dem nun veröffentlichten Entwurf werden, wie erwartet, Kryptowährungen erzielte Kursgewinne künftig 27,5 Prozent Kapitalertragssteuer fällt – und zwar unabhängig von der Haltedauer. Derzeit sind Gewinne noch steuerfrei, sofern man die jeweiligen Krypto-Assets mindestens ein Jahr gehalten hat. Verkauft man sie früher, wird aktuell noch Einkommenssteuer fällig.

Deren Höhe ist vom eigenen Einkommenssteuertarif abhängig – in den meisten Fällen dürfte sie jedoch deutlich über den 27,5 Prozent liegen, die künftig an Kapitalertragssteuer bezahlt werden müssen. Für aktive Trader bringt die Neuregelung also häufig einen Vorteil. Für die sogenannten HODLer, also Personen, die Krypto-Assets kaufen und lange halten, fällt die Steuerfreiheit nach einem Jahr künftig allerdings ersatzlos weg.

Neuregelung soll für ab 28. Februar 2021 gekaufte Krypto-Assets gelten

In Kraft treten soll die Neuregeglung mit 1. März 2022. Anzuwenden wäre die Regelung auf Kryptowährungen, die nach dem 28. Februar 2021 – also ein Jahr vor dem geplanten Inkraftteten – angeschafft wurden. Die geplante Regelung soll nicht nur für Kursgewinne gelten, sondern auch für andere Einkünfte, die aus Kryptowährungen erzielt wurden – also etwa mit Staking. Auf den Tausch von Krypto-Assets in andere Krypto-Assets soll die Regelung dagegen nicht angewendet werden.

Bei Aktien und anderen Wertpapieren wurden bereits jetzt unabhängig von der Haltedauer 27,5 Prozent Kapitalertragssteuer auf realisierte Gewinne fällig. Im von ÖVP und Grünen vereinbarten Regierungsprogramm steht zwar eine Wiedereinführung einer Haltefrist, nach der Kursgewinne aus Wertpapieren steuerfrei würden. Das Finanzministerium hätte diese Haltefrist gerne auch auf Krypto-Assets angewendet. Weder die Wiedereinführung der Frist noch ihre Ausweitung auf Krypto-Assets fanden aber in die nun beschlossene Steuerreform Eingang. Allerdings wird künftig ein Verlustausgleich von Kryptowährungen mit „anderen sondersteuersatzbesteuerten Kapitaleinkünften“, also Aktien und Derivaten, möglich sein, wie der brutkasten aus dem Finanzministerium erfuhr.

Änderungen bringt die Neuregelung aber nicht nur für Anlegerinnen und Anleger, sondern auch für Krypto-Dienstleister: Inländische Broker wie beispielsweise Bitpanda oder Coinfinity sollen die künftig fällige Kapitalertragssteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen. Diese Verpflichtung soll allerdings für Kapitalerträge schlagend werden, die nach dem 31. Dezember 2022 anfallen. Für das Jahr 2022 können die betroffenen Unternehmen die Kapitalertragssteuer aber auf freiwilliger Basis einbehalten.

Blümel: „Schritt in Richtung Gleichbehandlung zwischen Wertpapieren und Kryptowährungen“

Mit der Neuregelung im Zuge der Steuerreform gehe man einen Schritt in Richtung Gleichbehandlung von Kryptowährungen und Wertpapiere, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in einem exklusiven Statement für den brutkasten. „Gewinne bei Kryptowährungen im Vegleich zum Anschaffungswert unterliegen der Kapitalertragssteuer, gleichzeitig kann aber zwischen Wertpapieren und Kryptowährungen gegenverechnet werden. Das ist ein wesentlichen Schritt, um auch dieses Finanzprodukt weiter zugänglich zu machen und auch in der Breite populär zu machen“.

Dass immer mehr Menschen digitale Währunge nutzen, sei eine „spannende und auch gute Entwicklung“, sagte Blümel weiter. „Wir müssen aber darauf achten, dass diese spannende technologische Innovation auch fruchtbringend umgesetzt werden kann. Das heißt, wir dürfen keine Unterschiede in der Regulierung zu herkömmlichen Finanzprodukten groß werden lassen, sonst wird es immer Antipathien geben. Deshalb haben wir uns bemüht, den Kryptowährungs-Bereich gleich behandeln wie zum Beispiel andere Wertpapiere“, sagte Blümel. Das sei auch ein wesentlicher Schritt in der aktuellen Steuerreform gewesen.

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US-Zölle: Exportfirmen haben sich vorbereitet und beobachten die unsichere Lage

Die US-Zölle, die Donald Trump der Welt auferlegt und zum Teil wieder zurückgenommen hat, sind weiterhin das beherrschende Thema zurzeit. Während die Weltpolitik mit Maßnahmen und Gegenmaßnahmen aufwartet oder es in Planung hatte, bleiben betroffene Startups und Firmen noch eher wortkarg, wie WKÖ-Wirtschaftsdelegierte in Washington Irene Lack-Hageneder und WKÖ-Wirtschaftsdelegierter und Co-Direktor von Open Austria in San Francisco Michael Dobersberger erzählen.
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TikTok
(c) Gage Skidmore - Donald Trump

„Fehlendes Wissen über die möglichen Konsequenzen von Entscheidungsoptionen, da die Konsequenzen von anderen, nicht kontrollierbaren, Ereignissen abhängen“ – so definiert das Spektrum der Wissenschaft in seinem Lexikon der Psychologie den Begriff Unsicherheit.

Oder anders: Was gestern noch galt, gilt heute nicht mehr und was vorgestern zählte, ist schon lange Geschichte. Und vielleicht habe ich einen Plan. Ungefähr so lässt sich die (Zoll-)Politik von US-Präsident Donald Trump charakterisieren. Eigentlich sollten gestern reziproke Zölle in der Höhe von 20 Prozent auf Waren aus der EU in Kraft treten. Doch nun kommt alles anders. Wie die APA beschreibt, gab es von den USA einen Zoll-Pullback: „Im Streit über neue Zölle der USA macht US-Präsident Donald Trump bei den meisten Ländern nun doch einen Rückzieher, während der Schlagabtausch mit China in eine neue Runde geht.“

20-Prozent-Zölle in 90-Tage-Pause

Der US-Präsident hatte am gestrigen Mittwoch erklärt, er habe eine 90-tägige Pause angeordnet und den Satz der neuen Zölle deutlich gesenkt. Zugleich kündigte er an, den Zollsatz für aus China importierte Waren von 104 auf 125 Prozent zu erhöhen, weil China auch mit hohen Gegenmaßnahmen reagiert hatte. Dem US-Präsidialamt zufolge bleibt jedoch ein Basiszollsatz von zehn Prozent für praktisch alle Einfuhren in die USA in Kraft. In dieser „Feuerpause“ sollen nun Verhandlungen mit anderen Staaten zu „Deals“ führen, wie auch Wolfgang Schwarzbauer, Leiter des Forschungsbereichs regionale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaft bei Eco Austria bereits vorausahnend vorschlug.

Da sich die EU bis gestern mit 20-prozentigen Strafzöllen konfrontiert sah, reagierte man mit einem eigenen Maßnahmenpaket. Ab dem 15. April sollten auf eine Reihe von US-Produkten Zölle erhoben werden – und das teils deutlich. Konkret sah die EU-Kommission vor, auf Waren wie Sojabohnen, Textilien sowie Erzeugnisse aus Eisen, Stahl und Aluminium einen Zollsatz von 25 Prozent einzuheben. Für andere Produkte waren zehn Prozent fällig. Die vollständige Liste der betroffenen Güter umfasste 66 Seiten. Nun scheint eine Trendwende in Sachen „Deal-Making“ als der nächste logische Schritt, wie es gestern auch aus der heimischen Politik hieß.

Für Handelsminister Wolfgang Hattmannsdorfer sind Verhandlungen mit den USA das oberste Ziel. „Ein Handelskrieg bringt niemandem etwas und ist insbesondere für die USA ein Schuss ins Knie. Aber wer mit Trump verhandeln will, muss selbstbewusst auftreten. Mit dem zweiten Gegenpaket ist das gelungen. Es trifft Trump dort, wo es politisch weh tut, in den republikanischen Bundesstaaten. Darüber hinaus ist es gelungen, für die österreichische Industrie notwendige Produkte Ausnahmegenehmigungen zu bewirken, um die Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft so gering wie möglich zu halten“, so der Handelsminister gestern – allerdings vor der Rücknahme der reziproken Zölle gegenüber der Union.

Strategische Geduld und keine Denkverbote

Dennoch sei die EU weiterhin aufgefordert sich in „strategischer Geduld“ zu üben: „Das bedeutet, dass die USA einmal für sich selbst sehen sollen, was sie für einen großen Schaden, insbesondere für die eigene Wirtschaft, anrichten“, so der Minister weiter per Aussendung. „Und zweitens, dass wir im Falle des Scheiterns von Verhandlungen gleich ein drittes Gegenpaket vorbereiten. Dieses muss insbesondere auf Tech-Konzerne abzielen. Angefangen von steuerlichen Themen bis hin zu regulatorischen Daumenschrauben darf es hier keine Denkverbote geben.“

Bemerkenswert ist, dass diese strategische Geduld, die Hattmansdorfer von der EU einforderte – und nun scheinbar ein dreimonatiges Ablaufdatum hat – bereits an anderer Stelle zu wirken scheint. Wie man bei den Aussagen der beiden Wirtschaftsdelegierten Irene Lack-Hageneder in Washington und Michael Dobersberger, Co-Direktor von Open Austria in San Francisco, merkt.

Einerseits wurden die Außenwirtschafts-Expert:innen erst von wenigen Startups wegen der US-Zölle kontaktiert, wie sie auf Nachfrage erzählen: „Das liegt wohl auch daran, dass diese meist Dienstleistungen im Bereich Tech und KI anbieten“, erklären sie. „Dienstleistungen fallen nach aktuellem Stand nicht unter die neuen US-Zölle. Einige österreichische KMUs haben bereits Niederlassungen in den USA und können daher die Auswirkungen der Zölle etwas abfedern. Die individuelle Betroffenheit der einzelnen Unternehmen von den Zöllen ist aber sehr unterschiedlich. Dienstleistungen wie ‚SaaS‘ sind derzeit von den Zöllen nicht betroffen. Die bisher kommunizierten Tarife zielen auf die Handelsbilanzdefizite des Warenhandels der USA mit deren Handelspartnern ab.“

Zölle
(c) zVg – Irene Lack-Hageneder und Michael Dobersberger: „Betroffenheit von einzelnen Zöllen unterschiedlich.“

Auf der anderen Seite hätten sich Unternehmen, die befürchtet haben, von den Zöllen betroffen zu sein, vorausschauend Vorräte angelegt. „Abgesehen davon sind die Reaktionen sehr unterschiedlich. Aus Gesprächen mit Exportunternehmen ist hervorgegangen, dass es einige wenige Produkte aus Europa gibt, die auch nach Zöllen weiterhin günstiger und besser als die Konkurrenzprodukte in Nordamerika sind. Es werden auch viele Produkte nicht mehr in den USA gefertigt und daher gibt es keine Alternative zu Importprodukten“, erklären Dobersberger und Hack-Lageneder.

Preise höher als Zölle?

In den USA direkt werde auch befürchtet, dass einige Unternehmen sich dafür entscheiden könnten, die Preise sogar noch stärker als die Zölle anzuheben, insbesondere wenn es keine Alternativen zu den Produkten gibt und die Unternehmen über eine gewisse Marktmacht verfügen.

„Angesichts der volatilen Lage sind seriöse Prognosen, wie sich die Situation in Zukunft entwickeln wird, derzeit aber nicht zu treffen“, sagen beide Experten und verweisen auf US-Quellen, um dem irgendwie näherzukommen zu verstehen, was Donald Trump eigentlich plane.

Während andere Medien, Startup-Blogs, Plattformen und auch österreichische Founder darüber spekulieren, ob ein „Masterplan“ hinter Trumps Aktionen dahinter steht oder seine Taten einfach einem impulsiven Ego ohne jegliche Überlegung folgen, wird der US-Präsident bei CNBC folgendermaßen beschrieben und zitiert: „Trump sagte, er habe die Verhängung höherer Zölle gegen viele Länder pausiert, weil die Leute „ein bisschen aufgeregt waren“. „Nun, ich dachte, dass die Leute ein bisschen aus der Reihe tanzen. Sie wurden ein bisschen aufgeregt, ein bisschen ängstlich (…) denn wir haben eine große Aufgabe zu erledigen. Kein anderer Präsident hätte getan, was ich getan habe. Kein anderer Präsident. Und es musste getan werden. Man muss in der Politik flexibel sein“.

CNN schrieb indes: „Kurz nach der Ankündigung sagte Finanzminister Scott Bessent, die Pause sei die ganze Zeit Teil seiner Strategie gewesen. Trump hatte großen Mut, den Kurs bis zu diesem Moment zu halten.“

Infopoint zu Zöllen

Wie der „nächste Kurs“ innerhalb dieser 90-Tage-Frist oder danach aussehen mag und wie man politisch oder ökonomisch reagieren soll, lässt sich mit großer Gewissheit aktuell nicht sagen. Man weiß aber, dass sich österreichische Exportfirmen bereits seit Monaten intensiv auf die US-Zölle vorbereiten und weiter an individuellen Lösungen arbeiten. Sie möchten sich angesichts der weiterhin sehr unsicheren Lage derzeit jedoch nicht öffentlich dazu äußern. Abwarten und Beobachten als Credo. Für alle Fälle und alle betroffenen Unternehmen wurde von der „Austrian Trade Commission“ ein Infopoint zum Thema US-Zölle eingerichtet.

10.04.2025

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„Fehlendes Wissen über die möglichen Konsequenzen von Entscheidungsoptionen, da die Konsequenzen von anderen, nicht kontrollierbaren, Ereignissen abhängen“ – so definiert das Spektrum der Wissenschaft in seinem Lexikon der Psychologie den Begriff Unsicherheit.

Oder anders: Was gestern noch galt, gilt heute nicht mehr und was vorgestern zählte, ist schon lange Geschichte. Und vielleicht habe ich einen Plan. Ungefähr so lässt sich die (Zoll-)Politik von US-Präsident Donald Trump charakterisieren. Eigentlich sollten gestern reziproke Zölle in der Höhe von 20 Prozent auf Waren aus der EU in Kraft treten. Doch nun kommt alles anders. Wie die APA beschreibt, gab es von den USA einen Zoll-Pullback: „Im Streit über neue Zölle der USA macht US-Präsident Donald Trump bei den meisten Ländern nun doch einen Rückzieher, während der Schlagabtausch mit China in eine neue Runde geht.“

20-Prozent-Zölle in 90-Tage-Pause

Der US-Präsident hatte am gestrigen Mittwoch erklärt, er habe eine 90-tägige Pause angeordnet und den Satz der neuen Zölle deutlich gesenkt. Zugleich kündigte er an, den Zollsatz für aus China importierte Waren von 104 auf 125 Prozent zu erhöhen, weil China auch mit hohen Gegenmaßnahmen reagiert hatte. Dem US-Präsidialamt zufolge bleibt jedoch ein Basiszollsatz von zehn Prozent für praktisch alle Einfuhren in die USA in Kraft. In dieser „Feuerpause“ sollen nun Verhandlungen mit anderen Staaten zu „Deals“ führen, wie auch Wolfgang Schwarzbauer, Leiter des Forschungsbereichs regionale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaft bei Eco Austria bereits vorausahnend vorschlug.

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Zölle
(c) zVg – Irene Lack-Hageneder und Michael Dobersberger: „Betroffenheit von einzelnen Zöllen unterschiedlich.“

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Preise höher als Zölle?

In den USA direkt werde auch befürchtet, dass einige Unternehmen sich dafür entscheiden könnten, die Preise sogar noch stärker als die Zölle anzuheben, insbesondere wenn es keine Alternativen zu den Produkten gibt und die Unternehmen über eine gewisse Marktmacht verfügen.

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