10.03.2022

Harald Friedl: “Kreislaufwirtschaft hat auch sicherheitspolitische Relevanz”

Harald Friedl zählt zu den global führenden Experten für Kreislaufwirtschaft und unterstützt als Kreislaufwirtschafts-Beauftragter das Klimaschutzministeriums (BMK). Im Interview erläutert er, wie Österreich in Sachen Kreislaufwirtschaft aufgestellt ist und wie wir in die konkrete Umsetzung kommen.
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Harald Friedl, Kreislaufwirtschafts-Beauftragter des Klimaschutzministeriums (BMK) | (c) Sacha Gillen

Eine regenerative Kreislaufwirtschaft ist ein elementarer Hebel, um die negativen Folgen der Klimakrise zu bekämpfen und Klimaziele zu erreichen. Im Zentrum stehen eine ressourceneffiziente und schadstoffarme Produktion sowie eine Reduktion von Primärrohstoffen. Möglich wird dies dadurch, dass Produkte und Materialien so lange wie möglich genutzt, repariert, aufgearbeitet oder recycelt werden.

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Doch wie ist Österreich in Sachen Kreislaufwirtschaft aufgestellt? Antworten darauf liefert Harald Friedl, Kreislaufwirtschafts-Beauftragter des Klimaschutzministeriums (BMK). Friedl gilt als einer der global führenden Experten im Bereich Kreislaufwirtschaft und berät international Regierungen, Städte und Unternehmen in der Umsetzung zur Kreislaufwirtschaft. Er war von 2017–2020 CEO von Circle Economy, einer Impact-Organisation aus Amsterdam, ist einer der Co-Autoren des Global Circularity Gap Reports 2018/19 und berät auch das Team des COP 26 Global Climate Action Champion zum Thema Kreislaufwirtschaft.

Im Interview mit Brutkasten Earth spricht Friedl unter anderem darüber, wie wir mit mehr Zusammenarbeit die 9.7% circularity rate für Österreich verbessern können. Zudem geht er auf die Ziele des ersten Circular Economy Summit Austria ein, der am 22. März 2022 in Wien über die Bühne gehen wird.

Kreislaufwirtschaft – warum ist das gerade jetzt so wichtig?

Wir sehen – auch durch die Ukraine-Krise – wieder verstärkt, wie wichtig mehr Unabhängigkeit bei Rohstoff- und Energieversorgung ist. Da kann die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft eine ganz wichtige Rolle spielen und sie hat damit auch starke sicherheitspolitische Relevanz – und wird den Standort Österreich mittelfristig stärken. Der Circularity Gap Report Austria hat gezeigt, Österreich ist 9,7% circular – das zeigt uns das große Verbesserungspotenzial. Und das ist eine Mega-Aufgabe, die wir nur gemeinsam schaffen können.

Ist Österreich in Sachen Kreislaufwirtschaft ein Frontrunner oder Nachzügler?

Es tut sich sicher viel in Österreich, vor allem in den letzten Monaten und Jahren. Wir haben tolle Industriebetriebe, KMU und auch Startups sowie Scaleups, die auch international im Bereich Circular Economy Beachtung finden. Da kann man schon stolz sein. Sei es jetzt Lenzing, die Materialnomaden, Eloop oder die ÖBB. Für mich erfreulich zu sehen ist, dass es immer mehr Begeisterung und Leadership zu dem Thema gibt. Auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler leistet hier einen wichtigen Beitrag. Und ich finde es super, dass sie das gemeinsam mit allen relevanten Ministerien macht. Anders geht es nicht.

Was bringt die Kreislaufwirtschaft für den Wirtschaftsstandort?

Die Kreislaufwirtschaft ist einerseits notwendig, weil wir die Klimaziele nur über einen Umbau unserer Wirtschaft erreichen können. Wir müssen lokaler denken, und ausbalancieren, was in den letzten Jahrzehnten zu einseitig aus dem Ruder gelaufen ist. Wir wollen ja doch alle eine menschenorientierte Wirtschaft, die auch profitorientiert sein soll und kann. Umgekehrt kann es aber nicht sein. Da wird sich ja dann auch die Marktwirtschaft, wie wir sie heute kennen, ad absurdum führen.

Welche konkreten Marktchancen gibt es speziell für österreichische Startups im Bereich der Kreislaufwirtschaft?

Die Chancen sind riesig. Schauen wir uns Grover in Deutschland an oder Back Market, die aus Frankreich das erste „Circular Unicorn“ geworden sind. Das sind Mega News. Und als Österreicher sind wir natürlich super stolz auf Startups wie Refurbed, Unverschwendet, Blün oder Matwash. Als Circular Economy Startups und Scaleups sorgen sie mittlerweile auch international für Furore.

Passende Förderangebote, eine aktive Investoren-Community und noch mehr Wettbewerbe in dem Bereich können Österreich zu einem echten globalen Circular Innovation und Startup Hub werden lassen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass viel Innovation von den KMU und der Industrie kommt.

Und warum ist das relevant für heimische Jobs?

Der Circular Economy Summit werden wir einige Frontrunner vor den Vorhang holen. In grossen Industrieunternehmen wird Circular Economy in den aktuellen Unternehmensstrategien umgesetzt: Investitionen in den Standort und damit die Schaffung mehr lokaler und langfristiger Jobs sind positive Auswirkungen davon.

Aktuell wird von Seiten des BMK eine eigene Kreislaufwirtschaftsstrategie erarbeitet. Welche Eckpunkt umfasst die Strategie und welche Ziele werden dabei verfolgt?

Ziel der Strategie ist es, einen klaren Rahmen vorzugeben, wohin die Reise gehen soll. Es ist eine gute Basis – und es finden sich darin Rahmenbedingungen, aber noch keine Aktionspläne. Diese sind sicher noch dringend notwendig, in allen Sektoren, die schnell im zirkulären Sinn umgebaut werden müssen. Die globalen und EU Rahmenbedingungen werden sich in den nächsten drei bis fünf Jahren drastisch verändern. Die Folgen des Klimawandels, Rohstoffknappheit und hohe Rohstoffpreise werden eine immer größere Rolle spielen. Sekundärrohstoffe werden immer wichtiger werden. Was alle Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in jeder Branche brauchen, sind vertrauliche Plattformen, wo direkt und aktionsorientiert mit der richtigen Begleitung und Einbeziehung des Privatsektors sowie der öffentlichen Hand ehrlich Zukunftsgespräche über notwendige Entscheidungen für eine zirkulären Zukunft geführt werden können.

Was sehen Sie als größte Hürde zur Beschleunigung der Kreislaufwirtschaft?

Verkrustetes Denken und altes Regelwerk. Neu gedacht und mit dem richtigen Pfeffer im Hintern, können wir gemeinsam große Probleme auch zügig lösen. Nur, es müssen alle mitspielen. Die Wirtschaft, die Regierung – regional und national – und die Zivilgesellschaft. Ich kann mit Leuten die Verantwortung abschieben oder Finger zeigen wenig anfangen; alle müssen so schnell wie möglich ins Tun kommen.

Und was ist der größte Beschleuniger?

Innovation, Entrepreneurship und die Begeisterung, etwas zu verändern. Der Druck von der Bevölkerung auf echten Wandel wird immer größer. Neben sozialen Krisen gibt es die Umweltkrisen – und wir brauchen schnell gute Antworten. Systemwandel und Circular Economy gehören dazu.

Was möchten Sie mit dem Circular Economy Summit erreichen?

Das wichtigste Ziel ist es, einen nationalen Schulterschluss zu zeigen – dass sich Regierung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft dazu bekennen, dass das Thema eines der wichtigsten Zukunftsthemen überhaupt ist. Es geht nicht darum, sich auf Definitionsfragen einzulassen, sondern die Diskussion zur harten Frage: Wie kriegen wir das umgesetzt? Action Action Action – muss die Aufforderung an alle sein.



Video-Tipp: Harald Friedl zu Gast bei “One Change a Week”

Im Jänner 2022 war Harald Friedl zu Gast bei “One Change a Week”. Im Talk erläutert er, was die großen Trends im Bereich der Kreislaufwirtschaft sind und welche Marktchancen für Startups in diesem Bereich bestehen.

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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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