27.06.2023

Vom Abfall zum Rohstoff: Herausforderungen & Chancen für Österreich im Bereich der Kreislaufwirtschaft

Gastbeitrag. Oliver Danninger, Michael Weingärtner und Jennifer Duhs von der Management- und Strategieberatung accilium erläutert, welche Schritte in Österreich im Bereich der Kreislaufwirtschaft gesetzt werden müssten.
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v.l.n.r. Oliver Danninger, Associate Partner & Capability Lead Sustainability & CSRD, Jennifer Duhs, Manager & Capability Lead Digital Marketplace, und Michael Weingärtner, Senior Manager & Capability Lead Digital Process Ecxellence | (c) accilium

Der European Green Deal beinhaltet eine Vielzahl von Maßnahmen und Initiativen, um die europäische Wirtschaft in eine kohlenstoffarme Zukunft zu führen. Im Zentrum stehen die Themenfelder Energie, Verkehr, Landwirtschaft, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft und Forschung. Die konkrete Umsetzung der einzelnen Maßnahmen erfolgt dabei im Verlauf der kommenden Jahre. So hat sich das EU-Parlament beispielsweise zuletzt auf eine Reform zur Stärkung der EU-Energieeffizienzrichtlinie geeinigt. Diese beinhaltet die rechtliche Verankerung des Prinzips “Energieeffizienz zuerst” und verlangt von den Ländern, die Energieeffizienz in ihrer Politik und Planung zu berücksichtigen. Ergänzend zum EU Green Deal wurde im März 2020 der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft veröffentlicht. Der Plan umfasst insgesamt 54 Maßnahmen zur Schaffung eines Rahmenwerken für die Einführung von Kreislaufwirtschaftssystemen. Im Zentrum steht die die nachhaltige Entwicklung der zentralen Wertschöpfungsketten der EU, sowie der Abfallwirtschaft und des Sekundärrohstoffmarktes.

Notwendige Schritte zur Erfüllung der EU-Regularien im Aktionsplan Kreislaufwirtschaft

Zur Erfüllung der EU-Regulatorien bedarf es zahlreicher Veränderungen. Die Weiter- und Wiederverwendungsketten entstehen einerseits durch den Aufbau von Know-How, andererseits durch die Entwicklung sowie nachfolgenden Betrieb und Instandhaltung der notwendigen Anlagen. Um den Wertschöpfungskreislauf zu schließen und lokal voranzutreiben, müssen folgende Punkte erfüllt werden: 

  • Infrastruktur: Bereitstellung von flächendeckenden Sammelsystemen mit erhöhten Kapazitäten und Errichtung von Anlagen, die den Sortierprozess von gesammelten Materialien technologisch abdecken können und optimieren. 
  • Technologische Innovationen: Entwicklung von technologischen Innovationen mithilfe eines Netzwerkes aus Technologie- und Forschungspartnern, wofür entsprechende Investitionen getätigt werden müssen. 
  • Neue Geschäftsmodelle: Konzipierung von neuen Unternehmensstrukturen mit Fokus auf Erreichung von Recyclingquoten und Etablierung von Recycling- und recycelnde Unternehmen, die weiter- und wiederverwertbare Materialien aufkaufen.
  • Beitrag der Einzelperson: Veränderung des Verhaltens der Einzelperson und Schaffung eines Sammelbewusstseins bei den Haushalten unter anderem mittels verpflichtender Maßnahmen.

Neben dem Bedarf einer notwendigen Infrastruktur bestehend aus Sammelsystemen, Sortieranlagen und Logistiksystemen, sind technologische Innovationen und Fortschritte ausschlaggebend, wofür auch die erforderlichen Investitionen getätigt werden müssen. Darüber hinaus wird auch die Einzelperson und deren Verhaltensmuster eine wichtige Rolle spielen, wo auch die öffentliche Hand, durch Setzung von Maßnahmen, ihren Beitrag leisten muss.

Kreislaufwirtschaft: Die Situation in Österreich

Österreich hat ehrgeizige Ziele für die Abfallreduzierung und die Förderung von Kreislaufwirtschaftspraktiken festgelegt. Die Abfallreduktionsziele des Landes sind im Nationalen Abfallwirtschaftsplan festgelegt, der Ziele für die Reduzierung der Abfallerzeugung und die Erhöhung des Recyclings und der Ressourcenwiederverwendung festlegt.

Bis 2030 strebt Österreich eine Reduktion der Gesamtabfallerzeugung um zehn Prozent im Vergleich zu den Werten von 2010 an und eine Erhöhung der Gesamt-Recyclingrate auf 65 Prozent. Der Plan enthält auch spezifische Ziele für die Reduzierung von gefährlichen Abfällen, Lebensmittelabfällen und Verpackungsabfällen, sowie anderen Abfallströmen.

Zusätzlich zu diesen nationalen Zielen hat Österreich auch Kreislaufwirtschaftsstrategien für verschiedene Sektoren wie Bauwesen, Textilien und Kunststoffe erarbeitet, die konkrete Abfallreduktionsziele und Initiativen enthalten. Das Land hat auch eine Reihe von Maßnahmen und Politiken zur Unterstützung des Übergangs zur Kreislaufwirtschaft eingeführt, wie etwa erweiterte Herstellerverantwortungssysteme, Abfallvermeidungsprogramme und Unterstützung für ökologisches Design und nachhaltige Produktionspraktiken.

Was ist notwendig, um einen funktionierenden Kreislauf aufzubauen?

Die Umsetzung der Regularien in Österreich sind auf einem guten Weg. Was braucht es aber, um eine Kreislaufwirtschaft erfolgreich umzusetzen? 

  • Entwicklung von Kreislaufwirtschaftsstrategien: Es ist wichtig, dass Regierungen, Unternehmen und Gemeinden konkrete Strategien und Ziele für die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft entwickeln und diese umsetzen.
  • Förderung von Kreislaufwirtschaftsinnovationen: Regierungen können Forschung und Entwicklung im Bereich Kreislaufwirtschaft fördern, indem sie Finanzierungsprogramme für Unternehmen bereitstellen, die innovative Kreislaufwirtschaftsprojekte entwickeln.
  • Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren: Regierungen, Unternehmen und Gemeinden sollten zusammenarbeiten, um eine Kreislaufwirtschaft zu fördern. Dies kann durch die Schaffung von Netzwerken, Plattformen und Partnerschaften erreicht werden.
  • Etablierung von Anreizen und Belohnungen: Regierungen können Anreize für Unternehmen schaffen, die Kreislaufwirtschaftspraktiken umsetzen. Dies kann in Form von Steuervergünstigungen, Förderprogrammen oder anderen finanziellen Anreizen erfolgen.
  • Sensibilisierung und Bildung: Es ist wichtig, die Öffentlichkeit über die Vorteile einer Kreislaufwirtschaft zu informieren und das Bewusstsein für die Bedeutung von Abfallvermeidung und Recycling zu schärfen.
  • Förderung von Kreislaufwirtschaftsinitiativen in der Wertschöpfungskette: Unternehmen sollten Kreislaufwirtschaftspraktiken in ihre gesamte Wertschöpfungskette integrieren, von der Beschaffung von Rohstoffen bis hin zum Recycling von Produkten am Ende ihres Lebenszyklus.

Diese Handlungsempfehlungen tragen dazu bei, die Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft zu fördern und zu beschleunigen. Eine Kreislaufwirtschaft kann nicht nur Umweltvorteile bieten, sondern auch zu wirtschaftlichem Wachstum, Jobchancen und sozialer Gerechtigkeit beitragen.


Die Gastautor:innen

Oliver Danninger, Associate Partner & Capability Lead Sustainability & CSRD, Michael Weingärtner, Senior Manager & Capability Lead Digital Process Ecxellence und Jennifer Duhs, Manager & Capability Lead Digital Marketplace, arbeiten bei accilium.

Die Management- und Strategieberatung wurde aus der Idee des sich verändernden Mobilitätsverständnisses unserer Gesellschaft gegründet. Unter dieser Prämisse treibt accilium seit sechs Jahren durch die Beschleunigung der digitalen Transformation die Mobilitäts- und Energiewende voran. Mit über 100 Berater:innen in Berlin, München, Wien und bald in Köln, Stuttgart und Hamburg zählt accilium zu den – laut brand eins und Statista – zehn besten Unternehmensberatungen Deutschlands in den Sektoren Automotive & Transport, Energy & Environment und Public Sector, Infrastructure.


Tipp der Redaktion

Mit der sogenannten “Corporate Sustainability Reporting Directive” (CSRD) verschärft die EU in den nächsten Jahren die Anforderungen an das nichtfinanzielle Reporting. Im brutkasten-Talk haben wir Anfang April 2023 mit Oliver Danninger, Associate Partner und Lead Sustainability & CSRD bei accilium, darüber gesprochen, worauf Unternehmen achten müssen.

Schwerpunkt zum Thema Kreislaufwirtschaft

Im brutkasten-Schwerpunkt zum Thema Kreislaufwirtschaft berichten wir über aktuelle Entwicklungen und Hintergründe rund um eine kreislauforientierte Wirtschaft. Im Zentrum stehen Innovationen von Startups, Corporates und mittelständischen Unternehmen, die eine ressourceneffiziente und schadstoffarme Produktion ermöglichen.

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Benefits, Home-Office
(c) GrECo - Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits GrECo.

Es herrscht eine Zeit im Arbeitswesen, in der sich sehr viele Personen mit der Zukunft und davon ausgehend mit Benefits von Unternehmen beschäftigen. Dabei steht vor allem die betriebliche Vorsorge hoch im Kurs. Neun von zehn Befragte finden eine Pensionsvorsorge (91 Prozent), eine private Krankenversicherung (90 Prozent) oder steuerfreie Zukunftsleistungen wie lohnsteuerfreie betriebliche Vorsorge (89 Prozent) bei der Jobsuche besonders attraktiv. Das zeigt die aktuelle “Health & Benefits Studie” des Versicherungsunternehmens GrECo, die sowohl die Arbeitnehmer:innen- als auch die Arbeitgeberseite befragt hat.

Benefits: Anforderungen an Jobs steigen

Die unternehmenseigene Befragung unter österreichischen Unternehmen wurde im Juli und August 2024 durchgeführt, um die Sichtweisen und Strategien der Arbeitgeber zu beleuchten. Diese Umfrage richtete sich an heimische Entscheidungsträger:innen aus den Bereichen “Human Resources” und “Benefits-Management”. Insgesamt nahmen 274 Unternehmensrepräsentant:innen an der Befragung teil. Dabei lag der Fokus auf den geplanten Benefits-Maßnahmen der nächsten zwei Jahre.

“Die Anforderungen an den Job steigen weiter. Viele Arbeitnehmer:innen wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber sie bei den alltäglichen Herausforderungen unterstützt. Auch eine zusätzliche Pensions- und Krankenvorsorge, die deutlich über die staatliche Grundversorgung hinausgeht, wird zunehmend geschätzt. Lösungen, die Mitarbeiter:innen auch in Zukunft gut absichern, stehen insgesamt an oberster Stelle der Wunschliste”, erklärt Joachim Schuller, Competence Center Manager Health and Benefits bei GrECo.

Für Unternehmen gilt es, sich bewusst zu machen, dass Benefits, die zeitgemäß und besonders relevant für die Lebensqualität der Mitarbeitenden sind, den besten Pull-Faktor darstellen und einen direkten Einfluss auf die Loyalität haben.

Langfristig vs. kurzfristig

Vor allem langfristige Benefits wie Vorsorgelösungen hätten laut der Umfrage für acht von zehn Befragten (83 Prozent) eine höhere Priorität als kurzfristige Vorteile wie Fitnessangebote. Ein Unterschied zeigt sich jedoch bei der Gen Z, deren Fokus auf anderen Herausforderungen wie beispielsweise mentaler Gesundheit und der Vereinbarkeit von Familie und Karriere gerichtet ist.

“Das liegt nicht daran, dass die Gen Z Pensionsvorsorge oder Krankenversicherung nicht schätzt. Untersuchungen zeigen, dass die Gen Z anfälliger für Burnout und Stress ist. Der Mental Health-Aspekt wird somit immer wichtiger, um Fluktuation und geringer Produktivität entgegenzuwirken“, erklärt Schuller. “Es geht hier um ein abgestimmtes Paket, das sowohl Prävention als auch die entsprechende Absicherung im Bedarfsfall sicherstellen kann.”

Bemerkenswert ist, dass trotz aller Bemühungen aktuell 67 Prozent der Unternehmen die Vorteile betrieblicher Vorsorgeleistungen noch nicht ausschöpfen. Dabei bieten steuerfreie Zukunftssicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherung und Pensionszusagen gerade die finanzielle Sicherheit, die sich die Mitarbeiter:innen wünschen würden, so die Studie.

Der Jahresbericht der Pensionsversicherung Österreich zeigt, dass ein Viertel der österreichischen Arbeitnehmer:innen (25 Prozent) noch vor dem Ruhestand berufsunfähig sind und nur vier Prozent der Erwerbstätigen in Österreich eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben.

“Diese Lücke wird aber nach wie vor auch in der Praxis von nur rund 17 Prozent der Unternehmen abgedeckt. Auch eine “Pensionszusage” bieten nur 27 Prozent an und das, obwohl sie angesichts der steigenden Lebenserwartung ein wichtiges Angebot wäre, um die Erhaltung des Lebensstandards im Alter sicherzustellen”, liest man im Bericht.

Benefits kein Obstkorb

Im Kampf um die besten Talente steigt der Druck auf die Arbeitgeber, über das Gehalt hinaus ansprechende Sozialleistungen anzubieten. Über ein Drittel (35 Prozent) der heimischen Arbeitnehmer:innen ist sogar bereit, auf zehn Prozent des Gehalts zu verzichten, wenn sie dafür wichtige Benefits erhalten – in der Gen Z ist es sogar jede:r Zweite (46 Prozent).

Benefits wie Home-Office oder flexible Arbeitszeiten, zählen jedoch nicht dazu. Sie werden viel mehr als selbstverständliche Voraussetzung betrachtet und sind wie der Obstkorb, den nur mehr 24 Prozent als sehr ansprechend bewerten, seit langem kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

“Eine ‚One-size-fits-all-Lösung‘ bei Benefits ist nicht mehr zeitgemäß. Unternehmen, die die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter:innen erkennen und entsprechend handeln, sind für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt besser gerüstet und langfristig erfolgreicher”, so Schuller weiter.

Kommunikation mangelhaft

Aufholbedarf gibt es auch in der Kommunikation: Nur 56 Prozent der Mitarbeiter:innen kennen auch alle angebotenen Benefits. Auf Seite der Arbeitgeber gilt es dringend, eine zugängliche Übersicht der angebotenen Benefits zu schaffen und diese laufend zu kommunizieren. Etwa ein Drittel (32 Prozent) der befragten Unternehmen gibt zudem an, keine genaue Kenntnis darüber zu haben, wie viel Prozent der Lohnsumme für Benefits aufgewendet werden.

“Das zeigt deutlich, dass Unternehmen ihre Kommunikationsstrategie für bestehende Mitarbeiter:innen dringend verbessern müssen, denn 88 Prozent wünschen sich einen Arbeitgeber, der sich um sie kümmert”, fasst Schuller abschließend zusammen. “Nur wer langfristige Absicherung und moderne Arbeitsmodelle kombiniert, wird im Wettbewerb um die besten Talente bestehen können – erst recht in Zeiten des Fachkräftemangels.”

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Die Umsetzung der Kreislaufwirtschaftsstrategien und -maßnahmen, wie sie im Artikel beschrieben werden, kann sowohl positive wirtschaftliche Auswirkungen haben. Durch die Förderung von Kreislaufwirtschaftsinnovationen und die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren können neue Geschäftsmodelle entstehen und Arbeitsplätze geschaffen werden. Zudem können die Entwicklung von Infrastruktur und technologischen Innovationen zu Investitionen führen, die wiederum der Wirtschaft zugutekommen. Eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft kann also nicht nur zu einer nachhaltigen und ressourceneffizienten Wirtschaft beitragen, sondern auch zu wirtschaftlichem Wachstum und Jobchancen führen.

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