27.04.2017

Kreativwirtschaftsbericht 2017: Kreativunternehmen als Treiber des digitalen Wandels

Die Kreativwirtschaftsbranche sorgt direkt, aber auch indirekt für 300.000 Arbeitsplätze in Österreich. Neben einem deutlichen Beschäftigungsplus und mehr Kleinstunternehmen in der Kreativszene zeigt die Kreativwirtschaft weitere starke Effekte auf Gesamtwirtschaft.
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v.li.n.re. Peter Voithofer (KMU Forschung), Staatssekretär Harald Mahrer, WKO-Vizepräsidentin Martha Schultz, Herwig Schneider (IWI) und Gregor Eigner (CEO Mi'pu'mi Games). (c) BMWFW

„Unsere Kreativwirtschaftsunternehmen sind Treiber des digitalen Wandels, internationale Visitenkarten für den Wirtschaftsstandort und Innovatoren für andere Wirtschaftsbereiche. Damit leisten unsere Kreativen einen wertvollen Beitrag, um Österreich als Innovation Leader zu positionieren“, betonte heute, Mittwoch, Staatssekretär Harald Mahrer in einem gemeinsamen Pressegespräch mit Martha Schultz, Vizepräsidentin der WKÖ, anlässlich der Präsentation des 7. Kreativwirtschaftsberichts. Schultz wies auf den immensen Brückenschlag zu anderen Wirtschaftsbereichen hin, der von der Kreativwirtschaft ausgeht und der dazu beiträgt, dass die Kreativszene im Gegensatz zu anderen Branchen sehr robust wächst. „40 Prozent der Kreativen unterstützen andere Unternehmen bei Innovationen, für rund ein Drittel ist die Innovationsaktivität für ihre Kunden sogar das vorrangige Geschäftsmodell“, so Schultz.

„Die Kreativwirtschaft ist die Bugwelle der Veränderung und auch bei sich selbst höchst innovativ.”

300.000 Beschäftige in Kreativwirtschaft

„Die Entwicklung der Kreativen beschleunigt sich, das Beschäftigungsplus ist beachtlich. Kreativunternehmen wachsen von Solo-Selbständigen zu Kleinstunternehmen und geben damit dem heimischen Standort wichtige Impulse“, so Schultz. So stieg die Beschäftigung im Zeitraum 2008-2014 um 11,8 Prozent, 2012-2014 gar um 5,4 Prozent. „Das heißt, dass aus der Kreativwirtschaft heraus 300.000 Beschäftigte in der Gesamtwirtschaft direkt und indirekt einen Arbeitsplatz haben. Das ist umso wichtiger, als eine Vielzahl dieser Jobs gerade in den Regionen entstehen, auch wenn Wien der Hub ist, weisen Oberösterreich und Kärnten eine dynamischere Entwicklung auf“, unterstrich die WKÖ-Vizepräsidentin. In Summe arbeiten im Kreativbereich bereits 152.400 Personen in mehr als 42.000 Unternehmen, jedes zweite ist für Innovationen in anderen Branchen verantwortlich. „Die Kreativwirtschaft ist die Bugwelle der Veränderung und auch bei sich selbst höchst innovativ. Der Geschäftserfolg basiert in der Regel auf dem Einsatz modernster Technologien. Gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung sind unsere Kreativen Pioniere, die eine Brücke in die Zukunft bauen“, so Mahrer.

Redaktionstipps

Flexible Arbeitszeiten für Kleinstunternehmen „Um und Auf“

Staatssekretär Harald Mahrer und WKO-Vizepräsidentin Martha Schultz testen einen digitalen “Cube” für intelligente Geschicklichkeitsspiele. (c) BMWFW

Was diese jungen Unternehmen nun bräuchten, so Schultz, sei ein Mix aus Erleichterungen bei der Kleinstunternehmerregelung und flexibleren Arbeitszeiten. „Ich denke hier an eine Anhebung der Grenze bei der Kleinstunternehmerregelung von 30.000 auf 35.000 Euro, ab der die Betriebe von der Umsatzsteuer befreit sind. Und vor allem mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten. 64 Prozent der Unternehmen geben an, dass ein modernes Arbeitszeitgesetz direkt die betriebliche Ebene bei der flexiblen Gestaltung ermächtigen soll, denn Kreativität lässt sich nicht in einen nineToFive-Rahmen pressen. Flexible Arbeitszeiten sind das Um und Auf. Denn um ein Projekt abschließen zu können, überschreitet man manchmal die 10 Stunden, hat dafür aber ein verlängertes Wochenende“, betonte Schultz. Staatssekretär Mahrer verwies auf die bereits in Umsetzung befindliche Kreativwirtschaftsstrategie des BMWFW und auf entsprechende Fördermaßnahmen, wie den nächsten Call des Kreativwirtschaftsschecks im Juli. In Summe stehen 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, um die Innovationskraft von Klein- und Mittelunternehmen zu stärken. Zudem wird im Rahmen des Europäischen Garantiefonds der Zugang für Kreativunternehmen zu Bankkrediten durch eine Besicherung des Risikos erleichtert. „Die Kreativen sind erwachsen geworden und aus einer Randbranche ist eine zentrale Branche für unsere Wirtschaft geworden – diese Rolle wird sich in Zukunft noch weiter verstärken und daher unterstützen wir hier mit gezielten Maßnahmen. In Zukunft heißt es, keine Wirtschaft ohne Kreativwirtschaft“, so Mahrer.

Mehrzahl der Kreativunternehmen sind kleinbetrieblich

Die beiden Studienautoren des siebenten österreichischen Kreativwirtschaftsberichts, Peter Voithofer, KMU Forschung Austria, sowie Herwig Schneider, IWI, betonte insbesondere die starken volkswirtschaftlichen Effekte der Kreativwirtschaft. So weist die Kreativwirtschaft insgesamt eine volkswirtschaftliche Produktion von 37,6 Mrd. Euro auf und eine Wertschöpfung von 18,7 Mrd. Euro – dies unter Berücksichtigung aller Verflechtungen am heimischen Standort. Die Mehrzahl der Kreativunternehmen sind kleinbetrieblich strukturiert, 61 Prozent sind EPU, und jung – 39 Prozent der Unternehmen sind weniger als 10 Jahre am Markt.

“In Zukunft heißt es, keine Wirtschaft ohne Kreativwirtschaft.”

91 Prozent der Kreativunternehmen sind innovationsaktiv

44 Prozent der Kreativunternehmen rechnen sich schwerpunktmäßig der Entwicklung und Konzeption zu, B2B-Beziehungen sind vorherrschend: 78 Prozent zählen andere Unternehmen und Selbständige zu ihren Kunden. Maßgeblich sind, so die Studienautoren, Cross-Over-Effekte in den Bereichen Industry-, Netzwerk- und Wissens-Crossover. Diese reichen von einer Stärkung der Innovationsleistung anderer Wirtschaftsbereiche, Impulsen etwa im Lieferantenbereich durch neue Produkte und Technologien, der Erhöhung der Attraktivität von Städten und Regionen und der Stärkung regionaler Wertschöpfungs- und Innovationssysteme sowie im Innovationsbeiträgen für New Public Management bis dem Gesundheitswesen.  91 Prozent der Kreativunternehmen sind innovationsaktiv. Drei Viertel haben in den vergangenen drei Jahren neue Produkte bzw. Dienstleistungen für Kunden erstellt. Der Schwerpunkt kreativer Innovationen liegt auf neuartiger Gestaltung (57 Prozent) und Technologieanwendung (53 Prozent).

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Lalamu, Konkurs
(c) Lalamu

Zuerst eine Tonspur, dann das Video eines Gesichts (etwa auch auf einem Foto oder nicht allzu abstrakten Gemälde oder sogar auf einer Statue) aufnehmen – fertig. Die Aufnahmen werden vom Server mittels KI-basiertem Tool verarbeitet. Das Lip Sync-Video kommt nach ein paar Sekunden zurück und kann auf TikTok und Co gepostet werden. Das konnte das Produkt des Wiener Startups Lalamu.

Lalamu: Neben Lip-Sync auch B2B-Angebot

Die B2C-App, die in der Basis-Version kostenlos war und für die es mehrere Packages mit längerer Video-Dauer und ohne Werbung zu kaufen gab, war jedoch nicht der einzige Geschäftszweig. Lalamu wollte auch mit einem B2B-Angebot durchstarten. Konkret wandte man sich an Filmindustrie, Museen und Agenturen, die das AI-Algorithmus-basierte Tool des Startups für ihre Zwecke einsetzen sollten.

Mit diesen Vorhaben konnte man ein Investment ergattern: Das Wiener Unternehmen holte sich insgesamt 245.000 Euro von Investor:innen. Es wurde auch ins Microsoft for Startups-Programm aufgenommen, schaffte es mit der Lalamu Studio App in den Canva App Store mit mehr als 400.000 Usern und entwickelte schlussendlich die unabhängige Web-Platform lipsyncer.ai. Nun aber berichtet der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) vom Konkurs des KI-Startups.

Konkurs eröffnet

“Die LaLaMu EntertAInment GmbH kann ihren laufenden Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Vom zuständigen Handelsgericht Wien wurde ein Konkursverfahren eröffnet”, heißt es dort.

Das sagt der Founder

Auf Anfrage erklärt Founder Matthias Spitzer, dass es in einer Zeit, in der das Startup Unterstützung gebraucht hätte, etwa für neue Developer, keine gegeben habe. Die Konkurrenz aus den USA (Runway und Sync Labs) hätten dagegen über die letzten Jahre mehrere Millionen US-Dollar an Investment erhalten.

“Das ist ein Genickbruch”, sagt Spitzer. “Da kommst du nicht mehr weiter.” Lalamu habe noch versucht mit Lipsyncer.ai “die Kurve zu kratzen”, habe die Videoqualität verbessert und optimiert, damit sie etwa bei Werbevideo-Vorproduktionen oder Erklärvideos zum Einsatz kommen kann. Doch leider hätten die vielen User:innen bloß den Free Modus-Bereich genutzt, wie der Founder erwähnt.

“Unser Umsatz hat es einfach nicht erlaubt, zu wachsen”, ergänzt Spitzer. “Wir wurden links und rechts überholt. Eigentlich waren wir ja eine Zeit lang im Sektor weltweit bekannt bzw. namhaft und spürten eine klare Bewegung nach vorne. Wir haben uns sehr erhofft mehr gesehen zu werden und eine großzügige Finanzspritze zu erhalten. Aber, was wirklich schade ist, keiner in Österreich hat sich getraut im großen Stil zu investieren.”

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