24.07.2019

Wenn der Klimawandel den Standort zerstört

Kommentar. Am Rhein droht die (Güter-)Schifffahrt aufgrund von Dürre das zweite Jahr in Folge zum Erliegen zu kommen. Nicht nur dort zeigt sich: Nicht der Klimaschutz, sondern der Klimawandel bedroht die Industrie. Es ist Zeit, die Notbremse zu ziehen. Wenn schon nicht für unsere Kinder, dann doch bitte für den Standort.
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Kommentar: Nicht der Klimaschutz sondern der Klimawandel schadet dem Standort - Leaders for Climate Action
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Zugegeben, es traut sich heute ja niemand mehr, es öffentlich so auszudrücken: “Der Klimaschutz darf nicht auf Kosten des Standorts gehen”. Aber Hand aufs Herz: Haben wir nicht alle genau diesen Satz im Ohr, wenn Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Ende Juni diesen Jahres in einer Aussendung an die wahlwerbenden Parteien appelliert, “nicht ökonomische Vernunft dem Wahlkampf zu opfern – auch nicht unter dem Titel ‘Klimaschutz’.”? Oder wenn er wenige Tage später klarstellt: “Wenn über Gesamtstaatsziele nachgedacht wird, müssen neben dem Klimaschutz auch der Standort, Wohlstand und Arbeitsplätze berücksichtigt werden”?

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Ein Feuerwerk an halbherzigen Klima-Maßnahmen

Die Prämisse “Standort versus Klimaschutz” hat bei vielen Vertretern der heimischen Industrie (und auch der Wirtschaft im Allgemeinen) ganz offensichtlich noch nicht ausgedient. Hinter vorgehaltener Hand ist sie fast noch ein Gemeinplatz. Und die heimische Politik spielt bislang mit. Was Donald Trump in den USA und Jair Bolsonaro in Brasilien auf oberster Ebene ganz offen betreiben, nämlich “der Industrie” – also ausgewählten begünstigten Unternehmen – den Vorzug vor jeglicher Klimaschutzmaßnahme zu geben, passiert auch in Österreich nach wie vor. Aber mit einer “österreichischen Lösung”. Wir erleben auf politischer und betrieblicher Ebene ein Feuerwerk an halbherzigen Klima-Maßnahmen, die meist bestenfalls an der Oberfläche des Problems kratzen und das Erreichen der Klimaziele des Pariser Abkommens in unerreichbare Ferne rücken lassen.

“Es ist nicht der Klimaschutz, von dem die Gefahr für den Standort ausgeht, sondern der Klimawandel.”

Wenn die Frachter stillstehen

Dabei zeigt eine aktuelle Entwicklung in Deutschland einmal mehr, was zahlreiche wissenschaftliche Studien in den vergangenen Jahren sehr deutlich nahelegen: Es ist nicht der Klimaschutz, von dem die Gefahr für den Standort ausgeht, sondern der Klimawandel. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet (hier in einem Beitrag der Presse nachzulesen), droht die (Güter-)Schifffahrt am Rhein dieses Jahr aufgrund von Dürre und langfristiger Gletscherschmelze zum Erliegen zu kommen. Selbiges passierte im vergangenen Jahr erstmals seit Beginn der historischen Aufzeichnungen. Laut Bloomberg ist dieser Umstand mitverantwortlich für die Abschwächung des deutschen Wirtschaftswachstums im Vorjahr.

“Wir bekommen 30 Millionen Tonnen Rohstoffe aus Rotterdam”, wird dort Premal Desai, Leiter der Stahlsparte bei ThyssenKrupp, zitiert. Der Rhein sei für Thyssenkrupp Steel eine Überlebensfrage. Und nicht nur beim Stahl-Riesen ist man besorgt. Paradoxerweise – man könnte auch von schlechtem Karma sprechen – trifft das Niedrigwasser am Rhein die Mineralöl- und die Kohleindustrie besonders stark. Komme die Schifffahrt zum Erliegen, treibe das den Ölpreis in die Höhe, schreibt Bloomberg.

Heute der Rhein, morgen die Donau?

Auch Österreich ist vor einer derartigen Entwicklung nicht gefeit. Am Oberlauf der Donau in Bayern steht eine Einschränkung des Schiffsverkehrs bereits jetzt im Raum. Vielleicht nicht dieses Jahr, aber auf absehbare Zeit könnte selbiges auch innerhalb unserer Grenzen passieren. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass der Wiener Hafen das größte Logistikzentrum Ostösterreichs betreibt, wo nach Angaben des Unternehmens jährlich 350.000 Containereinheiten umgeschlagen werden.

Energiebranche, Holzindustrie, Landwirtschaft, Tourismus – genug?

Und die Frachtschifffahrt ist bei weitem nicht der einzige Bereich, in dem der Klimawandel dem Standort schadet. Niedrigwasserstände sind etwa auch (abhängig vom Kraftwerkstyp) ein Problem für die Wasserkraft. Die Energiebranche wird zudem, wie auch andere Branchen, von gehäuften Extremwetterereignissen getroffen. Man denke auch an die Holzindustrie, die gerade den Kampf gegen die durch die Temperaturerhöhung begünstigte Ausbreitung des Borkenkäfers verliert. Oder an die Landwirtschaft, die teilweise bereits mit massiven Ernteausfällen kämpft. Die langfristigen Auswirkungen auf den Tourismus sind überhaupt noch nicht abschätzbar. Der Klima- und Energiefonds schätzt die Kosten, die in Österreich aufgrund des Klimawandels bis 2050 insgesamt entstehen werden, auf bis zu 8,8 Milliarden Euro – pro Jahr.

“Starke Zweifel an der Klimapolitik der kommenden Regierung sind bereits jetzt angebracht.”

“Standort versus Klimaschutz” ist fahrlässig

Es liegt auf der Hand: Die Prämisse “Standort versus Klimaschutz” ist viel zu kurz gedacht, faktisch falsch und in höchstem Maß fahrlässig – nicht nur im Sinne von Natur und Menschen, sondern auch im Sinne von Wirtschaft und Industrie. Es braucht daher radikale und kompromisslose Maßnahmen auf regulatorischer Ebene. Denn dass der “Bottom-Up-Ansatz” hier nicht funktioniert, kann in Anbetracht der faktischen Untätigkeit weiter Teile der Industrie als erwiesen gesehen werden. Und es braucht massive Investitionen in Innovation, die uns vielleicht noch davor bewahren kann, unseren liebgewonnenen Lebensstil gänzlich aufgeben zu müssen.

Es ist Zeit, die Notbremse zu ziehen

Der derzeitige Wahlkampf zeigt diesbezüglich eine positive Entwicklung in der heimischen Politik. Zumindest auf dem Papier wird das Thema jetzt nicht mehr nur von den Grünen priorisiert. Die notwendige Radikalität lassen die Wahlprogramme aber dennoch vermissen. Starke Zweifel an der Effizienz der Klimapolitik der kommenden Regierung – wie auch immer sie aussehen mag – sind also bereits jetzt angebracht. Dabei müsste doch eigentlich klar sein: Es ist Zeit, die Notbremse zu ziehen. Wenn schon nicht für unsere Kinder, dann doch bitte für den Standort.

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(c) Liquid AI - (v.l.) Mathias Ledhner, Eva Rus, Alexander Amini und Ramin Hasani von Liquid AI.

Liquid AI CEO Ramin Hasani war von 2016 bis 2020 “Machine Learning Researcher” an der TU Wien; sein CTO Mathias Lechner machte von 2018 bis 2022 am “Institute of Science and Technology Austria (ISTA) seinen PhD – davor in der österreichischen Hauptstadt seinen Master, ebenfalls an der Technischen Universität.

Liquid AI: Weniger Daten und Rechenleistung nötig

Nun vermelden beide ein 250 Millionen US-Dollar Investment für ihr Bostoner MIT-Spin-off (Liquid AI hat im Vorjahr bereits rund 46,6 Millionen US-Dollar an Startkapital erhalten): “Diese Finanzierung wird uns dabei helfen, die Entwicklung, Skalierung und Bereitstellung von ‘Liquid Foundation Models’ (LFMs: Allzweck-KI-Modelle, die weniger Daten und Rechenleistung benötigen) zu beschleunigen, unseren leichtgewichtigen, universell einsetzbaren KI-Modellen, die private, effiziente und zuverlässige KI auf Unternehmensniveau für alle ermöglichen”, teilen sie per Blogeintrag mit.

Das Ziel von Liquid AI, dessen Bewertung nun laut Bloomberg bei über zwei Milliarden US-Dollar liegt, ist es, das leistungsfähigste und effizienteste “KI-System in jeder Größenordnung” zu entwickeln.

“Wir sind stolz darauf, dass unsere neuen, branchenführenden Partner unserer Mission vertrauen; gemeinsam wollen wir souveräne KI-Erfahrungen für Unternehmen und Nutzer freisetzen”, sagt Hasani.

Skalierbarkeit

Seit der Gründung des KI-Startups hat das Duo daran gearbeitet, zu beweisen, dass ihre Wissenschaft und Technologie skalierbar sei: “Wir haben unsere textbasierten Modelle veröffentlicht, multimodale LFMs angekündigt und begonnen, unsere KI-Produkte mit wichtigen Partnern auf dem Markt zu testen, um ihre Wirkung in der Praxis zu demonstrieren”, heißt es weiter.

In der nächsten Phase möchte Liquid AI die Series-A nutzen, um ihre Recheninfrastruktur zu skalieren, die Produktbereitstellung im Edge- und On-Premise-Bereich zu beschleunigen, z. B. LFM-Inferenz- und Feinabstimmungs-Stacks, und um ihre KI-Angebote über Partnerschaften einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Liquid AI: Vorteile ausdehnen

“Wir werden unsere KI-Produkte in geschäftskritische Workflows in vielen Bereichen wie Unterhaltungselektronik, Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, E-Commerce und Biotechnologie integrieren”, so das Team weiter. “Die Finanzierung wird auch die wissenschaftliche und technologische Entwicklung von Liquid AI beschleunigen und die Vorteile von LFMs auf mehr Modellgrößen und Datenmodalitäten ausdehnen.”

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