10.11.2022

“Klarnas Schwenk zum Spar-Modell ist scheinheilig”

Das "Buy Now Pay Later"-Dogma hat viele Menschen in die Schuldenfalle getrieben. Einer der Protagonisten dieses Modells führt jetzt ein Spar-Feature ein. Martin Granig, Gründer der monkee-App nennt dies "financial Greenwashing".
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Buy Now Pay Later, Klarna, Martin Granig, monkee, Save Now Pay Later
(c) Adobe.Stock/Jon Anders Wiken - Buy Now Pay Later hat viele in eine Schuldenfalle getrieben.

Es ist eine Sucht. Das Kaufverhalten vieler Menschen war die letzten Jahre durch die Möglichkeit geprägt, Dinge gleich zu kaufen, aber später zu bezahlen. Dieser “Buy Now Pay Later”-Trend (BNPL) führte zu einer hohen Verschuldung von User:innen diverser Payment-Dienste und brachte Anbietern hohe Gewinne.

Eine Besonderheit dabei ist die Möglichkeit, Rechnungen nicht nur später, sondern auch mittels Ratenzahlungen zu begleichen. Verpasste man allerdings Zahlungen und schob sie auf einen späteren Zeitpunkt, so konnte es geschehen, dass man sich plötzlich mit Zinsen von zehn bis 15 Prozent konfrontiert sah. Und hohe Schulden anhäufte.

Monkee-Gründer Martin Granig: “Buy Now Pay Later unter Druck”

Besonders sichtbar wurde dies auf dem Social Media-Kanal TikTok, wo User:innen als Challenge unter #klarnaschulden ihre offenen Rechnungen präsentierten, die teilweise mehrere Tausend Euro betrugen.

Gerade der schwedische Payment-Anbieter steht (nicht nur) bei Martin Granig schwer in der Kritik. Der plötzliche Schwenk zu einem neuen “Spar-Feature”, um auf das “Save Now Buy Later”-Modell umzusteigen, wirkt wie “financial Greenwashing” sagt er.

“Buy Now Pay Later kommt unter Druck, einerseits weil die Kosten zur Finanzierung steigen und es für Klarna immer teurer wird, Geld auszuleihen, das sie zum Vorfinanzieren des Konsums bei Retailern verwenden können”, erklärt Granig den plötzlichen Umstieg. “Auf der anderen Seite steigt massiv die Anzahl von Konsumenten mit Zahlungsausfällen. Viele sind nicht mehr in der Lage, Raten zurückzuzahlen. Weshalb sich auch Klarnas Kosten im ersten Quartal verzehnfacht haben. Ihr Business-Modell bricht zusammen durch steigende Zinsen.”

Grauzone Kreditvergabe

Es ist nicht nur die Veränderung des wirtschaftlichen Umfeldes von Konsument:innen (Inflation, etc …), die für Payment-Anbieter mit dem BNPL-Modell zum Problem werden.

Der gesamte “Buy Now Pay Later”-Bereich bewegt sich in einer Grauzone. Kreditvergaben sind üblicherweise stark reguliert und unterlaufen strikten Prüfungen durch Banken. Die EU strebt seit kurzem strengere Regeln für Minikredite und den Kauf auf Raten beim Onlineshopping an, um der Verschuldung durch e-Commerce entgegenzuwirken.

“Die Verschärfung ziele auch auf BNPL-Anbieter wie das schwedische Unternehmen Klarna, die einen Teil ihrer Erträge mit Mahngebühren erzielten”, wird Malte Gallée, Deutscher Grüner im EU-Parlament, im Handelsblatt zitiert. Der Zahlungsanbieter hätte sein Geschäftsmodell auf der Überschuldung seiner Kunden aufgebaut.

Trendumkehr: Zuerst sparen, dann kaufen

Auch wenn Granig das neue Spar-Feature von Klarna als “scheinheilig” bezeichnet, so sieht er doch global einen Trend, den auch Big Player wie Apple und Google nun aufgreifen.

“Der Zeitpunkt ist interessant”, so sagt er. “Nachdem man in den letzten 24 Monaten während Covid Millionen damit gemacht hat, Geld an Menschen zu verleihen, die es sich gar nicht leisten konnten, kommt jetzt das Business-Modell ins Wanken. Dieses neue Feature ist ein ‘interessanter’ Move.”

Neukundengewinnung wurde kostenintensiver

Granig weiß auch, dass Kosten für Retailer zur Neukundenakquise im Vergleich zum Vorjahr um 66 Prozent gestiegen sind. Seine Smartphone-Spar-Idee, die er gemeinsam mit Christian Schneider und Jean-Yves Bitterlich als monkee-App umgesetzt hat, leiste seit Jahren nicht nur bei User:innen einen Beitrag zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Geld, sondern bringe mit Features wie “FutureBoost” auch für Retailer Vorteile.

Kurz gesagt geht es darum, dass man bei Erreichen eines Sparziels, um etwa ein Smartphone oder einen Laptop zu kaufen, zusätzlich bei monkee-Partnern einen prozentuellen Discount erhalte. Dies bedeute für Business-Partner auch eine gewisse Planungssicherheit.

Monkee: “Save Now Buy Later schädigt nicht”

“Retailer, die bei uns mitmachen, erreichen dadurch sehr relevante Kunden, die genau auf das sparen, was sie anbieten. Damit kreieren sie auch positive Touchpoints, weil sie durch ihre ‘FutureBoosts’ unsere User:innen bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützen. Save Now Buy Later ist verantwortungsvoller und schädigt nicht die finanzielle Gesundheit”, erklärt Granig.

Monkee selbst hat aktuell über 200.000 Downloads und mehr als 400 Partner in Deutschland und Österreich. Darunter nicht nur Verkäufer aus dem Elektronik- oder Urlaubs-Segment (Booking), sondern neuerdings auch Anbieter von “Necessities” wie REWE, Fressnapf oder Shop Apotheke.

Fokus auf stationären Handel

Ende des Jahres plant monkee zudem mit VISA und quenta eine Smartcard zu launchen, um das System “FutureBoost” in den stationären Handel zu skalieren.

“Damit erhöht sich der Wert für unsere Kunden sehr, weil das meiste Geld in den stationären Handel fließt; für unsere Partner, weil auch lokale Geschäfte dann loyale Kunden bekommen können”, so Granig abschließend.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

+++ Jetzt bewerben und von Expedition Zukunft profitieren +++

Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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