22.12.2022

Zweiter großer Jobabbau und Vorwürfe: Das sagt GoStudent

GoStudent steht erneut in der Kritik, nachdem eine zweite Welle von Kündigungen publik geworden ist. Dem brutkasten und weiteren Medien wurden von einer anonymen Gruppe von ehemaligen Mitarbeiter:innen interne Informationen zugespielt, die mit Vorwürfen unterlegt sind.
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(c) Felix Hohagen - GoStudent-Gründer Felix Ohswald und Gregor Müller.

Durch einen Bericht im Business Insider in dieser Woche (der brutkasten berichtete) wurde bekannt: Das österreichische Unicorn GoStudent muss zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres zahlreiche Mitarbeiter:innen abbauen. Pikant dabei: Ex-Arbeitnehmer:innen spielten zahlreichen Medien anonym Interna zu.

GoStudent-Gerücht: In Österreich 200 Personen vor Kündigung?

So wird medial u.a. gemutmaßt, dass es global über 600 Mitarbeiter:innen (in Österreich rund 200) treffen wird, eine neue niedere Bewertungsrunde für nächstes Jahr ansteht, und dass man für unrealistische Wachstumsvorhaben nun den Preis zahle – vor rund drei Wochen hat GoStudent den deutschen Nachhilfe-Marktführer Studienkreis übernommen.

Freigestellte Personen berichteten im Handelsblatt von einer “Stimmung à la Horrorfilm” im Büro und dass sie die beiden Founder, Ohswald und Gregor Müller “so kalt wie noch nie” erlebt hätten.

Zudem soll laut der deutschen Wirtschaftszeitung die inoffizielle Bewertung des Unicorns von drei Milliarden US-Dollar auf 1,7 Milliarden US-Dollar gefallen sein. Bei der jüngsten Finanzierungsrunde im Januar war GoStudent drei Milliarden Euro wert, jetzt jedoch habe das Handelsblatt aus internen Papieren eines Investors erfahren, dass mindestens ein großer Anteilseigner die Firma Ende Juni nur noch auf umgerechnet 1,7 Milliarden Euro taxiert hat.

Auch dem brutkasten wurden von einem Zusammenschluss ehemaliger Mitarbeiter:innen interne Informationen per Mail zugespielt.

Laut diesen Interna soll Mitte Jänner 2023 die Belegschaft auf 1.240 Personen reduziert werden (bis zum Sommer beschäftigte GoStudent fast 2.000 Menschen). Am Standort Düsseldorf sollen demnach 95 Prozent bereits gekündigt worden sein – einzig ein paar Angestellte vom Sales- und Customer-Retention-Team seien übrig.

Studienkreis als Rettungs-Akquise? GoStudent dementiert

Locations in Kanada und Lateinamerika wurden demnach bereits geschlossen sein, Griechenland soll bald folgen – “dort wurde die Belegschaft um 70 Prozent schon letzte Woche gekündigt”, so die anonyme Quelle. GoStudent dementiert diese Behauptung: Es bestünden derzeit keine Pläne, weitere Märkte zu schließen. Die Information über eine angebliche Schließung des griechischen Marktes sei falsch, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber dem brutkasten.

Thematisiert werden außerdem bisher unbestätigten Outsourcing-Vorhaben, den Kundendienstes in die Türkei zu verlegen (die Leaks sprechen von Lohn-Dumping-Plänen) und wütenden Kunden, die angeben, niemanden zu erreichen. Bemerkenswert ist auch eine andere Aussage der Informanten aus den zugespielten Unterlagen: Dass das oben erwähnte Unternehmen Studienkreis “in letzter Minute akquiriert wurde, weil die profitabel sind und uns jetzt weiter finanzieren werden”, so das Zitat. Auch diese Darstellung ist laut GoStudent falsch. Die Übernahme ist demnach keineswegs kurzfristig abgewickelt worden, sondern war vielmehr seit vielen Monaten in Vorbereitung.

GPA-Aussendung bestätigt gestiegene Beratungsfälle und 200 Kündigungen

Weitere geleakte Informationen erwähnen zudem, wie der Standard beschreibt, dass bei einem Meeting, in dem eine ganze Abteilung mit 60 Leuten freigestellt wurde, Co-Founder Gregor Müller mit folgenden Worten das Treffen eröffnet haben soll: “Das wirtschaftliche Umfeld sei schlecht, man habe die eigenen Ziele nicht erreicht, deswegen bedauere er die ‘Reduzierung der Workforce’, aber es müsse zum Wohl des Unternehmens sein.”

Auch von Druck auf gekündigte Mitarbeiter:innen, die eine einvernehmliche Kündigung angeboten bekommen haben – und innerhalb von vier Tagen hätten unterschreiben müssen, um nicht am 13. Jänner gekündigt zu werden – ist die Rede. Bis dahin gelte die Freistellung.

Die Gewerkschaft GPA veröffentlichte in diesem Sinne per Aussendung, dass sie derzeit vermehrt mit Beratungsfällen wegen Kündigungen beim Tech-Unternehmen GoStudent zu tun habe. “Das Unternehmen beabsichtigt nach Informationen der Gewerkschaft die Kündigung von knapp über 200 der insgesamt knapp 490 in Österreich beschäftigten Mitarbeiter:innen”, so die Meldung.

GPA-Rat an Mitarbeiter:innen

“Ein paar Tage vor Weihnachten fast die halbe Belegschaft zu informieren, dass der Jahreswechsel Arbeitslosigkeit bringt, ist ein fatales Vorgehen. Wenn sich die Geschäftsführung mit Expansionsbestrebungen übernommen hat, dann kann nicht ein Kahlschlag bei Jobs die erste Alternative sein”, sagt Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA.

Und rät: “Wir bitten alle Beschäftigten, keine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses ungeprüft zu unterschreiben. Bitte kommen Sie zu uns in die Gewerkschaft und lassen Sie sich beraten, bevor sie möglicherweise um berechtigte Ansprüche umfallen! Hier zeigt sich die Bedeutung eines Betriebsrats. Wäre ein solcher vorhanden gewesen, hätte er bereits vor Wochen handeln können. Auch die Verhandlung eines Sozialplans wäre möglich gewesen.”

GoStudent selbst lässt auf Nachfrage mitteilen, dass Felix Ohswald heuer nicht mehr für ein Interview zur Verfügung stehe, sandte dem brutkasten aber ein schriftliches Statement zu.

GoStudent: “Müssen Pläne neu evaluieren”

Darin heißt es: “Das wirtschaftliche Klima hat sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert und die Kaufkraft von Verbraucher:innen in Europa ist auf einem Rekordtief. Das bedeutet, dass wir, wie viele andere Unternehmen auch, unsere Pläne für das kommende Jahr neu evaluieren müssen. Im Jahr 2023 werden wir uns voll und ganz auf unser zentrales Angebot konzentrieren: Die Bereitstellung von qualitativ hochwertiger Nachhilfe. Leider bedeutet dies auch, dass wir unser Unternehmen umstrukturieren müssen.”

Und weiter: “Leider werden wir uns schweren Herzens von einigen hervorragenden Mitarbeiter:innen verabschieden müssen. Wir haben diese Woche die entsprechenden Schritte eingeleitet. Diese Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen. Wir sind allen betroffenen Mitarbeiter:innen für ihre harte Arbeit und ihren Einsatz sehr dankbar Wir glauben an unsere Vision, hochwertige Bildung für alle zugänglich zu machen. Wir sind in einer wirtschaftlich sehr soliden Position und zuversichtlich, dass wir mit diesen schwierigen, aber notwendigen Veränderungen die aktuellen Herausforderungen meistern werden.”

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Logo von OpenAI
Foto: Adobe Stock

Wenn OpenAI neue Dinge ankündigt, hört die KI-Szene hin. Klar, nicht jede Ankündigung des US-Unternehmens in den vergangenen zwei Jahren hatte dieselbe Tragweite wie jene vom 30. November 2022, als OpenAI den Start eines Chatbots namens ChatGPT verlautbaren ließ. Aber potenziell könnte jede Mitteilung des Unternehmens rund um CEO Sam Altman bahnbrechend sein. Kein Wunder also, dass es für Aufsehen sorgte, als OpenAI Anfang Dezember verlautbarte, zwölf Tage hintereinander neue Dinge vorzustellen.

Schon in der Ankündigung hatte Altman darauf hingewiesen, dass es neben größeren auch kleinere Neuigkeiten sein würden, die OpenAI liefern würde. So kam es dann auch: Zugang zu ChatGPT über WhatsApp oder die Integration in Apple Intelligence waren eher in die zweite Kategorie einzuordnen. Daneben veröffentlichte OpenAI aber auch das neue Modell o1 für ChatGPT – oder Sora, ein Tool zur Videoerstellung.

Den größten Widerhall in der KI-Szene fand allerdings die Ankündigung am letzten der zwölf Tage. Am vergangenen Freitagabend stellte OpenAI sein neues Modell o3 vor. Wichtig dabei: Das Modell ist noch nicht öffentlich zugänglich. OpenAI stellte zunächst einmal nur vor, wie das Modell in unterschiedlichen KI-Benchmarks abschnitt. Aber diese Ergebnisse hatten es in sich.

o3 zeigt starke Performance bei AGI-Benchmark

Vielbeachtet wurde dabei vor allem die Benchmark namens ARC-AGI (Abstraction and Reasoning Corpus for Artificial General Intelligence), bei der zwei Varianten des o3-Modells deutlich bessere Ergebnisse erzielten als die bisher führenden o1-Modelle. Das Ziel von ARC-AGI ist es zu messen, wie sich eine KI im Umgang mit ihr unbekannten Aufgaben schlägt.

Wie die O3-Modelle verglichen mit anderen OpenAI-Modellen abschneiden // Grafik: ARC Prize

Es gibt unterschiedliche Definitionen von AGI. Die meisten davon verstehen AGI aber als ein System, das sämtliche intellektuellen Aufgaben mindestens so gut oder besser als ein Mensch erledigen kann.

Die ARC-AGI-Benchmark wurde von François Chollet konzipiert. Er definiert AGI als ein System, das “in der Lage ist, effizient neue Fähigkeiten zu erwerben und neuartige Probleme zu lösen, für die es trainiert wurde.”

Eine AGI ist also nicht für eine bestimmte Aufgabe trainiert, sondern kann jegliche Aufgaben übernehmen. Es ist weitgehender Konsens in der KI-Szene, dass solche Systeme noch nicht existieren. OpenAI wurde aber beispielsweise explizit mit dem Ziel gegründet, AGI zu erreichen.

Chollet gehört zu den bekanntesten Namen der internationalen KI-Szene. Er hat die bekannte KI-Library Keras entwickelt und seit einigen Jahren für Google tätig. Dem von ChatGPT ausgelösten Hype rund um generative KI steht Chollet seit Anfang an eher kritisch gegenüber, wie beispielsweise auch dieser brutkasten-Bericht wenige Wochen nach Erscheinen von ChatGPT thematisierte.

o3: “Wir befinden uns auf neuem Terrain”

Umso interessanter ist es, was Chollet nun zu den Ergebnissen des o3-Modells bzw. seiner Varianten zu sagen hat. In einem Blogeintrag attestiert er OpenAI, mit dem Modell einen “bedeutenden Sprung nach vorne” erreicht zu haben.

Die Performance des Modells stelle “einen echten Durchbruch” in der Anpassungsfähigkeit und Verallgemeinerung” von KI-Modellen dar”, wenn es darum gehe, wie sich KI-Modelle an neue Aufgaben anpassen könnten. o3 stelle nicht bloß einen “schrittweisen Fortschritt” dar. Vielmehr befinde man sich auf “neuem Terrain”, das “ernsthafte wissenschaftliche Aufmerksamkeit” erfordere.

Aber es ist schon Artificial General Intelligence (AGI)? Hier schränkt Chollet ein: “o3 scheitert immer noch an einigen sehr einfachen Aufgaben, was auf grundlegende Unterschiede zur menschlichen Intelligenz hinweist”. Dennoch befeuerten die Ergebnisse die Diskussion rund um AGI – und manche Stimmen sahen, anderes als Chollet, mit o3 AGI sogar bereits erreicht.

Selbst wenn dem so wäre, wäre es zum jetzigen Zeitpunkt schwer nachzuprüfen: Denn das Modell ist noch nicht veröffentlicht. Forscher:innen im Bereich der KI-Sicherheit können sich für Zugang vormerken lassen. Wann und zu welchen Konditionen das Modell für Endnutzer:innen zugänglich sein wird, ist aktuell noch unklar. Klar ist allerdings schon jetzt, dass die beeindruckenden Ergebnisse bei der ARC-AGI-Benchmark enorme Rechenressourcen erforderten – und dementsprechend teuer waren.

Reasoning-Modelle

Das o3-Modell ist eine verbesserte Version des o1-Modells, welches OpenAI am 4. Dezember veröffentliche und das zuvor bereits in Preview- und Mini-Varianten für ChatGPT-User:innen zugänglich gewesen war. Dieses Modell unterscheidet sich zu dem im Mai 2024 veröffentlichten GPT4o-Modell insofern, als es auf einen “Reasoning”-Ansatz setzt.

OpenAI bezeichnet GPT4o weiterhin als das “vielseitige, hochintelligente Flagship-Modell”, das für die “meisten Aufgaben” die richtige Wahl sei. Die o1-Modelle wiederum referenziert das Unternehmen als “Reasoning-Modelle, die sich bei komplexen, mehrstufigen Aufgaben auszeichnen”.

Enduser:innen von ChatGPT merken dies in der Nutzung vor allem insofern, als sich die o1-Modelle länger Zeit nehmen, Ergebnisse zu produzieren. Diese Modelle “verbringen mehr Zeit mit Nachdenken, bevor sie reagieren”, wie es OpenAI formuliert. In einigen (aber nicht notwendigerweise in allen) Bereichen liefern sie dann deutlich bessere Ergebnisse als die bisherigen Modelle.


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