25.06.2018

ISPA: “Urheberrechtsreform bringt lückenlose Internet-Zensur”

Gastkommentar. Die ISPA (Internet Service Providers Austria), der Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft, bezieht klar Stellung zur geplanten EU-Urheberrechtsreform.
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ISPA
(c) ISPA: Maximilian Schubert

Für die Meinungsfreiheit im Netz ist es fünf Minuten vor Zwölf. Nachdem in der Vorwoche eine knappe Mehrheit im EU-Justizausschuss für den umstrittenen Entwurf der Copyright-Richtlinie gestimmt hat, soll bereits in dieser Woche die Abstimmung im EU-Parlament folgen. Bei einem “Ja” würde das Leistungsschutzrecht für das Ende des freien Meinungsaustauschs im Internet sorgen und die Upload-Filter würden mittelfristig vielen KMUs schweren wirtschaftlichen Schaden zufügen.

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“Vielen noch nicht bewusst”

“Leider ist vielen Internet-Nutzerinnen und Nutzern, der Politik sowie Unternehmen in Österreich immer noch nicht bewusst, was die drohende Reform des Urheberrechts durch die EU für die Meinungsfreiheit im Internet bedeutet”, warnt Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA. Wie heftig umstritten die geplante Reform ist, zeigt auch die knappe Abstimmung im Justizausschuss des EU-Parlaments in der Vorwoche. Eine hauchdünne Mehrheit von 13 EU-Abgeordneten stimmte für das Leistungsschutzrecht, 12 waren dagegen.

Zudem sprachen sich die Abgeordneten im Rechtsausschuss für sogenannte Upload-Filter aus, die im Artikel 13 der umstrittenen Copyright-Richtlinie geregelt sind. “Die 13 ist offenbar nicht ganz zu Unrecht eine Unglückszahl”, vermutet Schubert, denn Artikel 13 laufe auf eine Überwachungspflicht für Hosting-Provider hinaus, die Urheberrechtsverletzungen entgegenwirken soll. Bereits in dieser Woche könnte das EU-Parlament für die Reform des Urheberrechts grünes Licht geben.

Ständige Software-basierte Überwachung von Inhalten

“Wir haben selbstverständlich Verständnis für die Wahrung der Urheberrechte von Autoren, Fotografen und anderen Content-Lieferanten”, betont Schubert. Bereits jetzt sind Hosting-Plattformen durch die bestehende E-Commerce-Richtlinie dazu verpflichtet, illegale Inhalte zu löschen, sobald sie davon Kenntnis erlangen. “Um die nun vorgesehene Überwachung der von Nutzerinnen und Nutzern im Internet zur Verfügung gestellten Inhalte umzusetzen, müssen die Provider allerdings eine Software installieren, die die Uploads der User laufend auf Urheberrechtsverletzungen untersucht”, so Schubert weiter. Ähnlich wie bei einem Virenscanner würde dies nicht nur enorme Ressourcen verschlingen, sondern auch eine unverhältnismäßig hohe Belastung für die Provider darstellen. Da diese letztlich dafür haftbar gemacht werden könnten, wenn Inhalte versehentlich durch den Filter rutschen, könnte die Bandbreite an Inhalten und Meinungen künftig sogar stärker als vorgesehen beschränkt werden.

Gefahr für die Meinungsfreiheit

Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Verbreitung “unbequemer” Informationen, z. B. Fotos oder Videos von sozialen Missständen oder Repressionsmaßnahmen eines Staates, über soziale Netzwerke mit der Behauptung, diese stellten eine Urheberrechtsverletzung dar, effektiv unterbunden wird. “Wer behauptet, Upload-Filter hätten nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, dem mangelt es entweder schlichtweg an technischem Verständnis oder er stellt die Tatsachen absichtlich falsch dar”, so der ISPA Generalsekretär. Für Schubert wäre es jedenfalls unverhältnismäßig, die Nachteile der Upload-Filter für die Allgemeinheit in Kauf zu nehmen, “nur um die wirtschaftlichen Interessen einer kleinen, aber wirtschaftlich und politisch ungemein gut vertretenen Stakeholder-Gruppe zu schützen”.

+++ Reguliert die EU das Internet zu Tode? +++

Privaten Bloggern droht Zahlung von Lizenzgebühren

Dieser von europäischen Rechteinhabern in der EU getriebene, zensurfreundliche Ansatz ist aus Sicht der ISPA, welche die Interessen von rund 230 Mitgliedsbetrieben in Österreich vertritt, nicht nur ein schlechtes Beispiel für andere Länder, die Upload-Filter könnten auch viele KMUs in Österreich wirtschaftlich schwer treffen. “Einen hohen Preis werden auch die unzähligen privaten Blogger und unabhängigen Journalisten zahlen müssen, indem künftig möglicherweise sogar Lizenzgebühren anfallen werden, wenn sie sich in ihren Beiträgen lediglich auf andere Inhalte beziehen”, so Schubert.

Bedenken der UNO gegen die Richtlinie

Schützenhilfe für die Argumente der Gegner der Copyright-Richtlinie kommt auch von der UNO. Zuletzt haben sich sogar UNO-Berichterstatter mit Mahnungen vor einem EU-weiten Zensurregime durch die geplanten Upload-Filter zu Wort gemeldet und die Einhaltung der Menschenrechte gefordert. Filtertechnologien seien nicht geeignet die gesetzlich verankerten Einschränkungen von Copyrights zu berücksichtigen, weil dazu Inhalte interpretiert werden müssten, heißt es im Schreiben des UN-Berichterstatters David Kaye. Zudem sei eine solche Maßnahme ohne die Verarbeitung personenbezogener Daten der Internet-User wohl kaum möglich. Einer lückenlosen Zensur wäre damit Tür und Tor geöffnet.

Eindringlicher Appell der ISPA zum Umdenken an die Verantwortlichen

“Die ISPA appelliert eindringlich an die Verantwortlichen, die Copyright-Richtlinie noch einmal zu überdenken. Während die Regelung offensichtlich darauf abzielt, große multinationale Konzerne zu treffen, könnte in Europa eine Vielzahl von KMUs und Startups finanziell und wettbewerbstechnisch auf der Strecke bleiben”, warnt Schubert.


Über ISPA

Die ISPA – Internet Service Providers Austria ist der Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft. Sie wurde 1997 als eingetragener Verein gegründet und vertritt rund 230 Mitglieder aus den Bereichen Access, Content und Service u. a. gegenüber Politik und Verwaltung und anderen Gremien. Ziel der ISPA ist die Förderung des Internets sowie die Kommunikation der Marktteilnehmer untereinander.

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Die Austrian AI Landscape von Clemens Wasner (EnliteAI, AI Austria) zeigt AI-Startups und -Unternehmen aus der heimischen Startup-Szene. Das Branding dazu wurde von Andreas M. Keck, Kopf und Gründer von “beamr. brand consulting studio” pro-bono durchgeführt. Es ist bereits die insgesamt achte Ausgabe der österreichischen KI-Landschaft.

AI Landscape 2024 wird größer als ihre Vorgänger

“Heuer gibt es 70 neue Unternehmen, ein Novum in dieser Größenordnung. Es ist ein internationales Phänomen, denn die Eintrittsbarriere für die Gründung eines KI-Unternehmens ist gesunken. Ein Grund ist, dass viele Basistechnologien als ‘open source’ verfügbar sind und nicht mehr von Grund auf selbst entwickelt werden müssen”, erklärt Wasner die gestiegene Anzahl an KI-Unternehmen in Österreich.

Besonders im Bereich “Corporate Early Adopters” zeigt sich eine starke Steigerung. “Unternehmen, die teilweise 100 Jahre alt sind, haben eigene AI-Business-Units aufgebaut, eigene Teams zusammengestellt und sind Joint Ventures eingegangen. AI ist schlussendlich in der Realwirtschaft angekommen”, so der AI-Experte weiter.

Die AI Landscape Austria 2024

(c) EnliteAI, AI Austria, Andreas M. Keck (beamr) – Die gesamte Austrian AI Landscape.

Cybersecurity-Bereich steigt

Allgemein ist festzustellen, dass sich – entgegen der letzten Jahre – mehr Firmen mit “Cybersecurity & Defence” beschäftigen. Die Gründe dafür sind, dass es einerseits, wie erwähnt, mehr Open-Source-Modelle gibt, auf die man zurückgreifen kann, ohne selbst Basis-Modelle entwickeln zu müssen. Andererseits hat der Ukraine-Krieg ein Bewusstsein für diese Branche geschaffen.

Die EU hat etwa am 15. März 2024 das Arbeitsprogramm für den European Defence Fund veröffentlicht. Die offizielle Ausschreibung wurde am 20. Juni geöffnet, eine Einreichung war bis zum 5. November 2024 möglich. Diese Ausschreibung war mit 1,1 Milliarden Euro dotiert, wovon 40 Millionen Euro für disruptive Technologien und 67 Millionen Euro für KMU vorgesehen sind.

AI Landscape: GenAI als Treiber

Einen anderen Faktor für die Steigerung der Anzahl an KI-Firmen in Österreich sieht Wasner darin, dass viele Unternehmen in der Vergangenheit auf Automatisierung gesetzt hätten. Belege erkennen, den E-Mail-Posteingang lesen und ins CRM schieben – das sei mit der eigenen Technologie natürlich limitiert gewesen, durch Generative AI und LLMs (Large Language Models) wären nun sehr viele in diesem Bereich tätig. “Das ist etwas, das weltweit parallel passiert”, so Wasner. “Und Chatbots oder Dashboards beinhaltet.”

Auch bemerkenswert ist, dass im Bereich “Life Science” mittlerweile 30 Unternehmen aus Österreich vertreten sind. Für den KI-Experten “wenig verwunderlich”, da es hierzulande mit LISAvienna, INITS und mit dem Science Park Graz gleich drei Ökosysteme gibt, die in diesem Feld “Firmen produzieren”.

Zudem ist der Proptech-Bereich auffällig stark geworden, was wiederum an der Nutzung von LLMs liegt, zum Beispiel wenn es um die Auswertung von Dokumenten rund um Bauprojekte geht. Überall dort, wo man auf unstrukturierte Daten treffe – Baupläne, etc. – sei nun GenAI vermehrt einsatzbar und das ganze Proptech-Feld gehe “durch die Decke”. Insgesamt, so Wasner, gebe es heuer einfach mehrere große Themenfelder in der heimischen AI Landscape.

Beachtlich sei zudem, dass in der KI-Branche wenig Firmen pleite gegangen sind. “Dieses Jahr habe ich im Vergleich zum Vorjahr nur drei, vier Firmen herunternehmen müssen”, sagt er. “Davor waren es rund 30.”

Doch der KI-Experte warnt vor zu großer Euphorie. Er sieht den Moment jetzt als “Ruhe vor dem Sturm” und erwartet eine Konsolidierungswelle für das kommende Jahr. In diesem Sinne prognostiziert er einen Akquise-Trend, der uns bevorsteht. Größere Firmen würden, so seine Einschätzung, Unternehmen aus der Sparte “Operations & Search” aufkaufen, weil sich deren Angebot als replizierbares Business für Dienstleister auszeichne (Knowledge-Management, Bots, Suche mit LLMs).

Mehr Deregulierung, aber…

Was den europäischen Standort betrifft, wünscht sich Wasner mehr Deregulierung, allerdings nicht unbedingt auf der KI-Seite, wie er sagt. Europas KI-Problem liege vor allem im Umstand begründet, dass es hier schwieriger sei, zu gründen bzw. etwa Mitarbeiterbeteiligungen schwerer zu implementieren wären. “In Europa gibt es 27 Rechtsformen bei der Unternehmensgründung, das ist einfach nicht ‘investible'”, sagt er. Auch seien die Finanzierungen zu gering, vor allem dann, wenn man eine KI-Foundation baue. Mistral aus Frankreich wäre da der einzige Ausreißer, was europäische Top-KI-Firmen betreffe.

Als zweiten Punkt nennt Wasner, dass sich die “Compute-Infrastruktur” als zu klein für den europäischen Raum zeige und es von der EU-Seite Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro – wenn nicht mehr – bräuchte, um im KI-Konzert der Großen eine Chance zu haben. Der dritte und letzte Faktor, den Wasner in Sachen Wettbewerbsfähigkeit erwähnt, ist, auf “skilled immigration” zu setzen, um die besten Talente ins Land zu holen, wie er sagt: “Das allerdings geht nur, wenn man die ersten beiden Punkte löst.”

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