04.05.2016

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

Universitäre Fördermaßnahmen können maßgeblich zum Erfolg eines Startups beitragen. Irene Fialka, Leiterin des Inkubators der Uni Wien, TU Wien und Wirtschaftsagentur Wien erklärt im Brutkasten-Gespräch, wie Inkubatoren arbeiten, warum Frauen bei der Gründung stärker gefördert werden sollten und warum Startups mehr sind als eine Modeerscheinung.
/artikel/irene-fialka-startups-universitaet-inits-foerderung
INiTS Ranking UBI
(c) INiTS - Geschäftsführerin Irene Fialka

Universitäre Fördermaßnahmen können maßgeblich zum Erfolg eines Startups beitragen. Davon ist auch Irene Fialka überzeugt. Die Leiterin von INiTS erklärt im Gespräch mit dem Brutkasten, wie Inkubatoren Gründer unterstützen können. Außerdem wirft sie einen Blick auf die Entwicklungen der österreichischen Gründerszene in den letzen zehn Jahren. Ihr Wunsch für die Zukunft: Mehr Frauen in der Management-Ebene.

Was ist unter einem Inkubator wie INiTS zu verstehen?

Wir geben den Gründern mit ihrer jeweiligen Idee die richtige Unterstützung. Wir helfen ihnen, ihre Idee auszuformulieren, so zu validieren, dass sie wirklich am Markt umsetzbar ist und unterstützen die ersten Umsetzungsschritte. Dadurch beschleunigen wir natürlich auch ihren Wachstumsprozess, weil die Geschäftsideen viel besser auf einen existierenden Markt ausgerichtet werden. Ziel ist, so früh wie möglich ein „minimum viable product“, also ein markttaugliches Produkt zu entwickeln.

Welche Formen der Unterstützung bekommen die Gründer von INiTS?

Zum einen ist das Begleitung und Coaching. Dann ist das die Vernetzung mit dem Ökosystem, mit Mentoren oder Investoren oder auch Experten, Rechtsanwälten und Industrieexperten. Die Unterstützung beinhaltet auch die Nutzung der Infrastruktur, also zum Beispiel das Bereitstellen von Büroräumen, wo einfach mal drauflos gearbeitet werden kann. Letztlich unterstützen wir die Gründer natürlich mit Geld, das in der frühen Phase sehr wertvoll ist.

+++ Mehr zum Thema: Wiener INiTS in den Top 10 der Uni Inkubatoren +++

Wird jeder, der seine Idee bei Ihnen vorstellt, unterstützt?

Im Jahr bekommen wir 260 Geschäftsideen, wir müssen ausfiltern und nehmen dann ungefähr 20 tatsächlich in das Programm auf. Wir fragen uns, wer in unser Suchradar passt und ob Idee und Innovationsgehalt glaubwürdig dargestellt werden. Der  Selektionsprozess ist nicht nur für uns wichtig, sondern auch für die Gründer. Sie haben die Möglichkeit, sich mit den anderen Startups im Programm zu messen und daraus nehmen sie ein enormes Learning mit.

Wie sieht der Auswahlprozess genau aus?

Es beginnt mit dem Ausfüllen eines Fragebogens, wo systematisch die wichtigsten Elemente abgefragt werden, und der Einladung zu einem persönlichen Gespräch. Dann gibt es einen Workshop, bei dem es um das Geschäftsmodell und die Value-Proposition geht. Danach bekommen die Projekte nochmals die Möglichkeit zu Pitchen und schließlich stellen sie den eigentlichen Antrag. Der ist dann so etwas wie ein erstes Geschäftskonzept und deckt Themen ab wie Geschäftsmodell, Kunden, Wettbewerb, Finanzierung usw.

Schließlich entscheidet ein externes Gremium, ob die Startups in den Inkubator aufgenommen werden können. Erst dann beginnt das „Startup-Camp“, ein intensives und innovatives 100 Tage Programm, bei dem wir sehr systematisch nach der lean Methode das Geschäftsmodell und den Markt validieren und die Startups mit potentiellen Kunden und Experten in Kontakt treten lassen, um dann die Unternehmensidee so weiterzuentwickeln, dass sie so schnell wie möglich umsetzbar und erfolgsversprechend ist. Ziel ist auch, kein Geld in Geschäftsideen zu investieren, die gar nicht aufgehen können.

Sind die geförderten Projekte tatsächlich erfolgreicher als andere?

Ja, jedenfalls die, die das Inkubationsprogramm von INiTS oder einem anderen AplusB Inkubator durchlaufen. Nach fünf Jahren existieren noch 87 Prozent der unterstützten Startups aber nur 67 Prozent jener ohne Unterstützung. Wobei Überleben noch nicht unbedingt Erfolg bedeutet. Es gibt aber einfach unterschiedliche Wachstums-Geschwindigkeiten. Laut einer Studie ist zu schnelles Wachsen sogar einer der häufigsten Scheitergründe für Startups.

Nach fünf Jahren existieren noch 87 Prozent der unterstützten Startups aber nur 67 Prozent jener ohne Unterstützung.

Sind Startups ein Hype oder schaffen Institutionen wie INiTS eine wirkliche Gründerszene in Österreich?

Es ist auf jeden Fall mehr als ein Hype. Um wettbewerbsfähig zu sein, darf man nicht stehen bleiben. Sobald man stehen bleibt, fällt man zurück. Es gibt jetzt viele Bereiche der Old Economy, die plötzlich sehen, dass es Innovationen gibt, die sie bis dato gar nicht auf dem Radarschirm gehabt haben, die aber existenzbedrohend sind. Wir sind sicher in einer Phase, in der radikale Innovation in vielen Branchen ein Bedrohungsszenario sind. Die größten Unternehmen weltweit werden ja auch immer jünger. Früher waren sie im Durchschnitt 60 Jahre alt. In den USA sind die größten Player jetzt durchschnittlich viel jünger.

Die Unternehmen werden also immer jünger, werden sie auch immer „weiblicher“?

In manchen Bereichen wie z.B. der VC Ebene sind die Frauenquoten über die letzten 10 Jahre sogar gesunken und nicht gestiegen. Daher sollte man auch beim Gründen Frauen stärker fördern, weil sonst wahnsinnig viel Potential verloren geht. Gemischte Teams sind oft einfach besser. Wenn ich interdisziplinär arbeite, werde ich auch besser als wenn ich immer nur im eigenen Saft koche. Und das ist bei Männern und Frauen genau das Gleiche. Was wir offensichtlich in unserer Erziehung nicht schaffen, ist, unseren Töchtern Mut einzuimpfen, Dinge auszuprobieren. Söhne werden nach wie vor zu Mutproben erzogen, Mädchen eher zum Vorsichtigsein, zur Perfketion. Auf vielen Ebenen muss da viel getan werden. Diana Project ist eine Studie, die zeigt, dass Unternehmen, die Frauen als Mitgründerinnen oder auf der Management-Ebene haben, sich in der ersten Finanzierungsrunde zwar schwerer tun, dann bei den Folgeinvestments aber höhere Validierungen bekommen und stärker wachsen. Sowohl umsatzmäßig, als auch mitarbeitermäßig.

Was wir offensichtlich in unserer Erziehung nicht schaffen, ist, unseren Töchtern Mut einzuimpfen

Davon abgesehen, wie hat sich die Gründerszene in Österreich in den letzten Jahren verändert?

INiTS gibt es seit 14 Jahren. Das Ökosystem ist nicht mehr vergleichbar mit dem von damals. Wir haben heute viel mehr Serial Entrepreneurs und viel mehr Privatkapital, vor allem für die ganz frühe Phase. Da, wo in Österreich Privatkapital quasi nicht vorhanden ist, ist die Skalierungsphase. Für größere Runden müssen wir im Ausland suchen. Die Politik hat das Thema Startup zum großen, wichtigen Thema gemacht und auch für die Medien ist es plötzlich interessanter. Die jungen Leute an den Universitäten können sich heute eine Karriereentwicklung vorstellen, wo eine Unternehmensgründung zum normalen Karriereschritt geworden ist. Das war vor zehn Jahren bei weitem nicht so. Die Universitäten versuchen, die jungen Leute nicht nur in Geistes-und Naturwissenschaften auszubilden, sondern ihnen genauso Entrepreneurship als wichtiges Element mitzugeben. Etablierte Unternehmen sehen in Startups wertvolle Partner und kommen auf uns zu, um unsere Zugänge zur Szene zu nutzen, aber auch unsere Ansätze und Instrumente um Innovationen voranzutreiben. Das ist nicht mehr vergleichbar mit früheren Zeiten, die Dynamik ist enorm, und das ist gut so.

 +++ Auch interessant: Seltener Insolvenz durch Führung von Frauen +++

Deine ungelesenen Artikel:
13.12.2024

Storebox-Gründer Braith: “gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen”

Ist die aktuelle wirtschaftliche Situation wirklich so dramatisch? Und was braucht es jetzt, damit Österreich und die EU wirtschaftlich wieder nach vorne kommen? Storebox-Co-Founder Johannes Braith im Interview.
/artikel/storebox-johannes-braith-interview-wirtschaftslage
13.12.2024

Storebox-Gründer Braith: “gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen”

Ist die aktuelle wirtschaftliche Situation wirklich so dramatisch? Und was braucht es jetzt, damit Österreich und die EU wirtschaftlich wieder nach vorne kommen? Storebox-Co-Founder Johannes Braith im Interview.
/artikel/storebox-johannes-braith-interview-wirtschaftslage
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

Irene Fialka: „Mehr als nur ein Hype“