28.09.2023

IPO-Markt erholt sich langsam – auch für Startups eine gute Nachricht

Das dritte Quartal brachte wieder etwas mehr Bewegung im globalen IPO-Markt. Das könnte mittelfristig auch eine positive Auswirkung auf den VC-Markt haben.
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IPO-Markt Wall Street Börse Börsengang
Foto (c) George Hodan

Nach einer längeren Phase des Abschwungs, scheint sich der globale IPO-Markt zuletzt wieder etwas aufzurappeln. EY sieht ihn in einer aktuellen Aussendung gar “im Zeichen des Aufschwungs”. Dabei sehen die Zahlen keineswegs berauschend aus. Im dritten Quartal 2023 gingen laut EY-Zahlen weltweit 350 Unternehmen an die Börse. Das sind sechs Prozent weniger als im Vorjahresquartal (371), das bereits erheblich schwächer war, als in den Jahren davor (insbesondere im Boom-Jahr 2021). Das Emissionsvolumen schrumpfte im Vergleich zwischen Q3 2022 und Q3 2023 sogar stärker um 27 Prozent auf 38,4 Milliarden US-Dollar.

IPO-Markt: Deutliches Plus in den USA, klares Minus in China und Europa

Dennoch: Im Vergleich zum noch viel schwächeren ersten Halbjahr dieses Jahrs deuten die jüngsten Entwicklungen zumindest auf eine Stabilisierung, vielleicht sogar auf eine Trendwende hin. Ein Indiz für Zweiteres ist die Entwicklung des in der öffentlichen Wahrnehmung wichtigsten IPO-Markts USA. Dort gab es zuletzt ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahres-Quartal: 33 IPOs (plus 14 Prozent) mit einem Emissionsvolumen von 8,6 Milliarden US-Dollar (im Vergleich zu 2,5 Milliarden US-Dollar in Q3/22).

Beim deutlichen Plus beim Volumen spielt der größte Börsengang des Jahres, der IPO des einst vom Tiroler Hermann Hauser mitgegründeten britischen Chip-Herstellers Arm, mit 5,2 Milliarden US-Dollar Volumen eine zentrale Rolle.

Die anderen globalen IPO-Märkte verzeichneten dagegen zuletzt weiterhin ein Minus. Insbesondere China drückt die globalen Zahlen stark. Mit 105 IPOs gab es zuletzt einen Rückgang um 33 Prozent im Vorjahresvergleich, beim Emissionsvolumen mit 16,8 Milliarden US-Dollar ein Minus von 37 Prozent. An europäischen Börsen ließen sich im dritten Quartal mit insgesamt 40 Unternehmen zwar nur um fünf Prozent weniger listen als vor einem Jahr. Beim Emissionsvolumen von 5,6 Milliarden US-Dollar gibt es aber ein sattes Minus von 53 Prozent.

“Für das verbleibende Jahr bleibe ich vorsichtig optimistisch”

“Das IPO-Sentiment hat sich im dritten Quartal im Vergleich zum ersten Halbjahr verbessert. Treiber waren vor allem die zurückgehende Volatilität, erholte Bewertungsniveaus und das sich abzeichnende Ende des Zinserhöhungszyklus der EZB und Fed”, analysiert dazu Stefan Uher, Leiter der Wirtschaftsprüfung bei EY. Trotz bleibender Unsicherheiten hätten Anleger:innen wieder mehr Vertrauen in die Robustheit der Aktienmärkte und mehr Bereitschaft, in qualitativ hochwertige IPOs zu investieren. “Für das verbleibende Jahr bleibe ich vorsichtig optimistisch”, so der Experte.

Klarer Zusammenhang zum VC-Markt

Diese Entwicklung könnte auch für Startups ein gutes Zeichen sein. Denn parallel zum Abschwung am IPO-Markt gab es auch am VC-Markt bekanntlich zuletzt ein längeres Tal. Dabei gibt es einen klaren Zusammenhang: Verringerte Chancen auf einen lukrativen Exit im Rahmen eines Börsengangs dämpfen die Investitionsbereitschaft vor allem im Later Stage-Bereich.

Die Abwertungen bei Scaleups würden sich in weiterer Folge aber auch in der Frühphase widerspiegeln, gab Oliver Holle zu diesem Thema vor einiger Zeit im brutkasten-Interview zu bedenken. “Je länger ich das Geschäft mache, desto mehr verstehe ich den Zusammenhang zwischen IPO-Fenstern und der Dynamik im Markt”, sagte er damals.

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Der vegane „Camembert“ des Wiener Startups Freundeskreis ist seit Juni dieses Jahres in ausgewählten veganen Supermärkten erhältlich. Co-Gründerin Mona Heiß gibt im Interview mit brutkasten einen Einblick in die nächsten Schritte des Unternehmens.
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Das „Kernteam“: Leo Sulzmann, Mona Heiß und Markus Korn. (c) Freundeskreis

Käsealternativen aus Cashewnüssen, Mandeln, Soja oder Erbsenprotein: Der Markt für Käseersatzprodukte erlebt derzeit eine Hochphase. Auch das Startup Freundeskreis hat es sich zur Mission gemacht, mit seinem pflanzlichen „Cam-mhh-berta“ die Käsewelt zu transformieren. Anstelle von Milchkulturen, die in herkömmlichem Camembert verwendet werden, setzt das Unternehmen auf eine untypische Zutat: Marillenkerne – ein Nebenprodukt der heimischen Obstindustrie.

Ende letzten Jahres konnte Freundeskreis eine Förderung von 400.000 Euro von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) sichern – brutkasten berichtete. Mit dieser Förderung bauten sie nicht nur ihre Produktion aus, sondern brachten auch ihren veganen „Cam-mhh-berta“ erfolgreich auf den Markt. Im Interview mit brutkasten berichtet Co-Gründerin Mona Heiß über die Fortschritte des Startups und die Pläne für die Zukunft.

Freundeskreis wird mit weiteren 97.000 Euro gefördert

Seit Juni dieses Jahres ist der pflanzliche “Cam-mhh-berta” in ausgewählten Bio-Supermärkten in Wien erhältlich: Pepper & Ginny (1010), Maran Vegan (1060) und Markta (1090). Das Feedback ist vielversprechend: Nach Unternehmensangaben wurden in den ersten vier Monaten bereits rund 1.000 Stück verkauft.

Nur wenige Monate nach der aws-Förderung konnte sich Freundeskreis eine weitere finanzielle Unterstützung sichern: Die Wirtschaftsagentur Wien stellte über die Förderschiene “Produktion” dem Startup rund 97.000 Euro zur Verfügung. Wie Co-Gründerin Mona Heiß im Interview mit brutkasten verrät, soll das Geld in eine neue Pilot-Käsefabrik in Wien-Penzing fließen, die zugleich als zukünftiger Firmenstandort dienen wird.

Bisher finanziert sich Freundeskreis ausschließlich über Fördermittel. Für die kommenden Monate plant das Team jedoch eine Finanzierungsrunde im Frühjahr, um Investor:innen zu gewinnen und das Wachstum des Startups weiter voranzutreiben.

Marillenkerne liefert Cremigkeit und gesunde Nährstoffe

Freundeskreis entwickelte eine pflanzliche Käsealternative, die primär aus Marillenkernen besteht: den „Cam-mhh-berta“. Laut dem Unternehmen ist dieser geschmacklich und in der Konsistenz kaum von herkömmlichem Camembert zu unterscheiden. Der Grund liege in den Eigenschaften der Marillenkerne, die reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sind. Diese Nährstoffe sorgen demnach nicht nur für gesundheitliche Vorteile, sondern tragen auch maßgeblich zur cremigen Textur bei, erklärt Heiß.

Die Produktion des „Cam-mhh-berta“ erfolgt in „traditioneller Handarbeit“ auf einem Bauernhof im Wienerwald, in einer ehemaligen Käserei. Dabei setzt Freundeskreis auf dasselbe Verfahren, das auch bei der Herstellung von Kuhmilchkäse Anwendung findet. Das Ergebnis sei ein Käse, der sich durch “Cremigkeit, Nachhaltigkeit und Tradition” auszeichnet.

“Cam-mhh-berta” besteht nur aus vier Zutaten

Das Besondere an der Käsealternative sind die Marillenkerne, die als Hauptzutat dienen. Diese fallen normalerweise als Abfall- oder Nebenprodukt der Saft- und Marmeladenproduktion an. Freundeskreis bezieht die Kerne von regionalen Lieferanten, darunter das niederösterreichische Scaleup Kern Tec – brutkasten berichtete. Aus den Marillenkernen wird durch ein speziell entwickeltes Verfahren eine milchige Flüssigkeit gewonnen, die mithilfe von Reifekulturen, veganen Enzymen und Mikroorganismen zum „Cam-mhh-berta“ verarbeitet wird. Die Käsealternative kommt mit nur vier Zutaten aus: Marillenkerne, Salz, Wasser und vegane Reifekulturen.

Ein kritischer Punkt bei der Verarbeitung von Marillenkernen ist die darin enthaltene Blausäure, die gesundheitsschädlich sein kann. Hier hat Gründer und Forscher Leo Sulzmann ein spezielles Verfahren entwickelt, um die Blausäure auf natürliche Weise abzubauen.

Freundeskreis-Team wächst

Hinter dem Food-Startup Freundeskreis stehen Forscher und Geschäftsführer Leonhard Sulzmann sowie Co-Gründerin Mona Heiß. Während Sulzmann sich auf die wissenschaftlichen und technologischen Aspekte konzentriert, verantwortet Heiß die Kreativdirektion und den Markenaufbau. Zum Kernteam gehört außerdem Sales- und Operations-Verantwortliche Markus Korn. Mittlerweile zählt das Team sechs Mitglieder, die gemeinsam am weiteren Ausbau der Marke Freundeskreis arbeiten.

Zukünftig sollen mehr vegane Käsealternativen auf den Markt kommen

Freundeskreis arbeitet aktuell an der Entwicklung weiterer veganer Käsealternativen. Bereits Anfang nächsten Jahres soll eine vegane „Frischkäsevariante“ auf Basis der Marillenkerne auf den Markt kommen. Doch das ist nicht alles: Eine weitere Produktreihe ist bereits in Planung. Co-Gründerin Mona Heiß verrät, dass es sich dabei voraussichtlich um ein Produkt handeln werde, das speziell zum Backen geeignet sei. Langfristig will das Startup außerdem auch einen veganen „Hartkäse“ anbieten. Die Herstellung dieses Produkts ist jedoch komplexer, da es aufgrund des verwendeten Verfahrens eine bestimmte Zeit für die Reifung benötigt.

In den kommenden Wochen soll außerdem ein Online-Shop live gehen, über den die Produkte von Freundeskreis direkt bestellt werden können. Diese Plattform wird zunächst als Testversion betrieben, um herauszufinden, wie gut sich die Produkte für den Direktvertrieb eignen. Geplant ist dabei ein Modell, bei dem die Käsealternativen erst auf Bestellung und nicht auf Vorrat produziert werden. Weiter in die Zukunft gedacht, kann sich das Startup auch den Vertrieb in Supermärkten vorstellen.

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