11.04.2024
NACHGEFRAGT

“Erst einmal abwarten”: Wie Investor:innen zur FlexCo stehen

Sollten jetzt alle neuen Startups eine FlexCo statt einer GmbH gründen? Nicht alle heimischen Investor:innen sind sich bei dieser Frage sicher.
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FlexCo - das sagen vlnr.: Hansi Hansmann, Christiane Holzinger, Berthold Baurek-Karlic, Nora Frizberg | (c) Conny Kacy / 360 Business Planer / Foto Wilke / Klaus Vyhnalek
vlnr.: Hansi Hansmann, Christiane Holzinger, Berthold Baurek-Karlic, Nora Frizberg | (c) Conny Kacy / 360 Business Planer / Foto Wilke / Klaus Vyhnalek

Dieser Artikel erschien zuerst in unserem aktuellen brutkasten-Printmagazin (Download-Möglichkeit am Ende des Artikels).


Sie ist zwar nicht perfekt, aber doch besser auf die Bedürfnisse von Startups zugeschnitten als die GmbH: In etwa so lautet der Tenor der heimischen Startup-Szene zur neuen Gesellschaftsform FlexCo. Aktuell herrscht aber teilweise noch ein gewisses Maß an Unsicherheit – das zeigen auch die Antworten auf einen brutkasten-Rundruf bei einigen bekannten heimischen Investor:innen. Denn die Frage, ob die FlexCo nun die Gesellschaftsform der Wahl für alle neuen Startups sein sollte, wollen nicht alle klar beantworten.

“Da muss ich nicht unbedingt dabei sein”

Österreichs bekanntester Business Angel Hansi Hansmann bringt seine Vorbehalte kurz und knapp auf den Punkt: “Ich habe damit ganz einfach noch keine Erfahrung. Es ist eine neue, vielversprechende Rechtsform. Allerdings würde ich persönlich nicht sofort eine gründen, sondern zuerst mal ein bisschen abwarten und Erfahrungen anderer anhören”, meint er und räumt ein: “Das ist wahrscheinlich kein sehr populärer Standpunkt.” Noch könnten auch Anwält:innen “den einen oder anderen Fehler machen, der langfristig Probleme machen könnte”, so Hansmann. “Da muss ich nicht unbedingt dabei sein.”

“Bis sich eine neue Rechtsform etabliert, können gut zehn Jahre vergehen”

Ähnlich sieht das Berthold Baurek-Karlic, gemeinsam mit Christiane Holzinger “Business Angel of the Year 2023”. “Ganz generell ist die FlexCo flexibler als die GmbH und einfacher als eine AG. Sie ist aber neu, und damit sind viele Rechtsfragen in der Praxis noch nicht erprobt. Bis sich eine neue Rechtsform national und später international – was für Startups mitunter wesentlich ist – etabliert, können gut zehn Jahre vergehen”, meint der Investor. Bei der Frage, ob die neue Gesellschaftsform in der Praxis angenommen werde, sei er “vorsichtig zurückhaltend”.

“Nur potenzielle Vorteile”

Deutlich positiver sieht die Sache Nora Frizberg, Legal-Chefin bei Speedinvest. Sie war selbst in den Prozess auf dem Weg zur FlexCo involviert. “Die FlexCo bricht veraltete Konzepte auf und ist ein signifikanter Schritt in Richtung eines Gesellschaftsrechts, das die Bedürfnisse der modernen Wirtschaft in den Vordergrund stellt”, meint sie. Sie würde die neue Gesellschaftsform daher auch den meisten neuen Unternehmen empfehlen. “Sie hat im Vergleich zur GmbH fast keine Nachteile, sondern aufgrund der weiteren Möglichkeiten – von denen man Gebrauch machen kann oder auch nicht – nur potenzielle Vorteile”, meint Frizberg. Einzig die verschärfte Aufsichtsratspflicht werde manche Unternehmen wahrscheinlich von der Wahl einer FlexCo abschrecken.

“FlexCo gleich bei der Gründung in Angriff nehmen”

“Business Angel of the Year“ Christiane Holzinger sieht die FlexCo ebenfalls tendenziell positiv, auch schon jetzt, kurz nach der Einführung. “Bei der Gründung selbst bringt sie keine signifikante Veränderung und damit auch keine wesentlichen Vorteile mit sich. Für Unternehmen allerdings, die in Zukunft eine Mitarbeiterbeteiligung planen oder für die das Thema externe Finanzierung durch Investor:innen, Business Angels oder VCs ein wichtiger Punkt ist oder sein wird, empfehle ich auf jeden Fall, die FlexCo gleich bei der Gründung in Angriff zu nehmen”, so Holzinger.

Umgründung von GmbH zu FlexCo?

Sie evaluiere momentan auch bei ihren Kunden in der Unternehmensberatung und bei ihren Startup-Beteiligungen, ob eine Umgründung von einer GmbH zur FlexCo im konkreten Fall sinnvoll erscheint. “Denn das Thema Mitarbeiterbeteiligung dominiert natürlich auch 2024 bei vielen Unternehmen. Gute Mitarbeiter:innen wollen zumindest mittelfristig an das Unternehmen gebunden werden”, erläutert Holzinger.

“Nicht der große Wurf, den ich mir für unser Ökosystem erwartet habe”

Doch sie räumt ein: “Für mich persönlich ist die FlexCo nicht der große Wurf, den ich mir für unser Ökosystem erwartet habe. Erleichterungen bei der Kapitalzufuhr in Unternehmen, um die finanziellen Herausforderungen stemmen zu können, wie zum Beispiel ein Beteiligungsfreibetrag oder eine Risikokapitalprämie, wären heuer wesentlich wichtiger umzusetzen”, so die Investorin.

“Geht an den Kernproblemen des Startup-Standorts vorbei”

Noch kritischer äußert sich in diesem Zusammenhang Berthold Baurek-Karlic: “Unser Gesellschaftsrecht war nicht optimal, aber auch nicht schlecht. In anderen Bereichen gäbe es viel mehr Aufholbedarf. Die Regierung hat für die FlexCo viel Zeit und Energie in ein Projekt investiert, das letztlich an den Kernproblemen des Startup-Standorts vorbeigeht”, so der Investor. Tatsächlich brauche es mehr Anreize zur Unternehmensgründung, geringere steuerliche Belastungen, insbesondere bei der Lohnsteuer, eine verstärkte Mobilisierung von Eigenkapitalinvestor:innen “und ganz generell mehr Unternehmer-Mindset”. Generell beobachte er, dass immer mehr Gründer:innen mit dem Gedanken spielen, im Ausland zu gründen. “Das sollte uns zu denken geben”, so Baurek-Karlic.

FlexCo-Skepsis könnte sich auf Dauer legen

Fest steht also: Egal ob positiv oder vorsichtig zurückhaltend – wirklich zufrieden sind die heimischen Investor:innen mit der rechtlichen Situation für Startups und Startup-Investments auch nach der FlexCo-Einführung noch nicht. Zumindest die Skepsis gegenüber der neuen Gesellschaftsform könnte sich aber – je nach Erfahrungen – auf Dauer legen. Wie gut die FlexCo tatsächlich angenommen wird, wird die Statistik zeigen.

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(c) Josepha - Silvan Weder (l.) und Joseph Gitterle von Josepha.

User:innen zu generieren, gehört zu den härtesten Tasks von Gründer:innen. Und ist sehr oft mit hohen Kosten, Marketingmaßnahmen und gezielten Kampagnen verbunden, die wiederum auch Kapital verschlingen. Bei Josepha, einer Schweizer Shopping-Plattform mit einem österreichischen Co-Founder, hat das anders funktioniert.

Josef Gitterle ist in Tirol aufgewachsen und hat dort das Gymnasium Landeck besucht. Für sein Wirtschaftsstudium ging er an die Universität in St. Gallen, wo er seinen Bachelor und später seinen Master in “Banking & Finance” absolvierte.

Grundstein für Josepha im Inkubator gelegt

Während des Studiums haben er und sein damaliger Mitbewohner den “Premium Furniture Webshop” aufgebaut. Dann lernte er Ende 2022 Silvan Weder kennen. Weder brachte jahrelange Forschungserfahrung im Bereich Künstlicher Intelligenz an der ETH Zürich aus seiner Zeit bei Amazon, Meta und seinen Forschungs-Arbeiten mit, während der Tiroler mit Erfahrung im stationären Handel und E-Commerce punkten konnte. Gemeinsam waren sie Teil des Schweizer Startup-Inkubators Talent Kick.

“Währenddessen haben wir diverse Ideen entwickelt und getestet. Der erste Prototyp entstand innerhalb eines Nachmittags, inspiriert von der Philosophie ‘do things that don’t scale'”, erinnert sich Gitterle. “Unsere ersten Nutzer konnten Produkt-URLs einfügen, woraufhin wir manuell alle relevanten Informationen recherchierten und per E-Mail zustellten. Obwohl es bis zu zehn Stunden dauerte, waren die Nutzer begeistert, was uns zeigte, dass enormer Bedarf besteht und wir ein konkretes Problem lösen. Über 1.092 manuelle Suchanfragen halfen uns, die Schwierigkeiten unserer Nutzer bei der Produktsuche genau zu verstehen und legten den Grundstein für Josepha. Im Mai 2024 haben wir die vollständige Plattform online gestellt.”

Josepha ist konkret dazu da, um, anstatt stundenlang durch das Internet zu klicken, alle relevanten Informationen zu jedem online erwerbbaren Produkt sofort zu erhalten. Darunter: Testberichte, Produktvideos, Alternativen und eine Liste von Shops mit Preisen, Lieferzeiten, Versandkosten und Verfügbarkeit. Dazu muss man den Link des Produktes in das Suchfeld der Plattform eingeben und man erhält die Ergebnisse durch eine KI, die im Hintergrund läuft.

Josepha-Founder sind Gegner von Meetings

Gitterle und Weder haben sich entschieden, in der Schweiz zu gründen, da sowohl sein als auch das berufliche Umfeld seines Partners dort stark verankert ist. “Silvan hat seinen PhD an der ETH Zürich gemacht, und die Nähe zu Top-Universitäten und technischen Talenten war für uns entscheidend. Innerhalb von Europa bietet die Schweiz ideale Voraussetzungen, um hochqualifizierte Fachkräfte für unsere Vision zu gewinnen”, erklärt der Tiroler.

Bei den Eidgenossen haben die beiden in den ersten vier Monaten 20.000 User:innen ohne bezahlte Werbung gewinnen können.

“Als Team sind wir unheimlich schnell. Schnell im Umsetzen, testen und evaluieren. Wir sind beide Gegner von Meetings und unser Fokus liegt auf dem Umsetzen. Ganz nach dem Motto: Action produces information” erklärt Gitterle. “Unser bisheriger User-Erfolg basiert auf einer organischen Social-Media-Strategie. Wir haben verschiedene Content-Formate und -Hooks auf TikTok und Instagram getestet und die erfolgreichsten Ansätze auf mehreren Accounts skaliert. Durch dauerhaftes Experimentieren und Optimieren konnten wir eine starke organische Reichweite aufbauen, ohne einen Cent in bezahlte Werbung zu investieren. Mit unserer Strategie generieren wir pro Woche über 500.000 Views auf Social Media.”

Die größte Herausforderung dabei war das Automatisieren von dem, was das Duo vorher in 1.092 Suchen manuell gemacht hat: die Aggregation und Bereinigung von Produktdaten über verschiedene Quellen hinweg.

“Das ist technisch sehr anspruchsvoll, wir konnten das aber bereits erfolgreich umsetzen”, so Gitterle weiter. “Überraschend einfach war die Validierung des Nutzerbedarfs: Bereits unser erster, rudimentärer Prototyp wurde stark nachgefragt, obwohl Nutzer:nnen lange auf ihre Ergebnisse warten mussten. Für uns war klar: Wenn wir die gleiche Erfahrung in Sekundenschnelle hinbekommen, verändert das das Shopping grundlegend.”

Leidenschaft liegt im Consumer-Bereich

Überraschend war für das Founder-Team auch der weit verbreitete Mythos, dass B2B-Unternehmen angeblich leichter aufzubauen seien. Zahlreiche erfahrene Wirtschaftsakteure und Investoren rieten den beiden immer wieder, ihre Technologie für eine B2B-Lösung zu nutzen.

“Aus eigener Erfahrung können wir die Erfolgswahrscheinlichkeit weder bestätigen noch widerlegen, aber eines ist für uns klar: Unsere Leidenschaft liegt im Consumer-Bereich. Als Gründerteam brennen wir dafür, das Shopping-Erlebnis für jeden Einzelnen mithilfe von Technologie neu zu gestalten”, erklärt der Finanzexperte den Weg seines gebootstrappten Startups.

Zu den nächsten Zielen gehört der Ausbau der Produktberatung und die Einführung einer mobilen App, die die Nutzung von Josepha weiter vereinfachen soll. Mit dem Ziel, “Josepha zur führenden Shopping-Plattform in Europa und den USA auszubauen​.”

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