27.08.2018

InsureTech in Österreich: “Noch keine fundamentalen Disruptionsansätze”

Analyse. Die Branche ist riesig und sie bietet viel Potenzial. Versichert ist fast jeder. Die vielbeschworene Disruption scheint im InsureTech-Bereich aber langsamer abzulaufen. Und Startups arbeiten lieber mit den großen Konzernen, als gegen sie.
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InsureTech in Österreich: Noch keine fundamentalen Disruptionsansätze
(c) fotolia.com - sebra

Versichert ist in Österreich fast jeder. Rund 20 Milliarden Euro Umsatz wurden in der österreichischen Versicherungsbranche, laut dem Portal Statista, im Vorjahr generiert. Mehr als 27.000 Personen waren in Österreich bei insgesamt 54 in der Branche registrierten Unternehmen beschäftigt. Der Löwenanteil von Umsätzen und Beschäftigten fällt zwar auf wenige Branchenriesen. Doch die Zahlen machen klar: Das ökonomische Potenzial im InsureTech-Bereich ist enorm. Und es sind innovative Technologien, mit denen es ausgeschöpft werden kann.

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“Es geht um Dinge wie Tod und Unfälle”

Dabei ist Technologie nur die halbe Miete. “Versicherungen sind eigentlich ein Produkt, das niemand will. Es geht um Dinge wie Tod und Unfälle. Das sind Verdrängungsthemen”, sagt Bernhard Klemen, Co-Founder des Wiener InsureTech-Startups Netinsurer. Daher falle es schwer, Versicherungsprodukte rein digital zu vertreiben. “Es braucht Menschenkontakt. 90 Prozent der Verkäufe laufen nach wie vor über traditionelle Kanäle”. Klemens These, die er und seine Co-Founder mit Netinsurer umsetzen wollen: Technologie soll im Hintergrund unterstützen und Prozesse optimieren, im Vordergrund steht – anbieter- und kundenseitig – der Mensch.

Bernhard Klemen von Netinsurer im Video-Interview:

Noch keine fundamentalen Disruptionsansätze

Fällt die vielfach heraufbeschworene (digitale) Disruption im Versicherungsbereich also doch nicht so heftig aus? “Fundamentale Disruptionsansätze sehen wir auf dem Markt noch nicht. Aber natürlich gibt es eine Reihe von Startups, die bemerkenswerte Erfolge erzielen”, sagt Michael Wieser, Partner beim Helvetia Venture Fund, einem auf InsureTechs fokussierten Corporate VC mit rund 50 Mio. Euro Kapital.

Es wären die versicherten Güter an sich, die sich verändern würden – und somit auch deren Risikobewertung, sagte Wieser bereits vor einiger Zeit im Brutkasten-Interview. Stichworte dazu sind Connectivity und Internet of Things. Wieser bringt ein Beispiel: “Es gibt ein Startup, das sich auf Konnektivität bei E-Bikes spezialisiert hat. Es wird erkannt, wenn das Rad gestohlen wird, aber auch Schäden an der Batterie und anderen Teilen werden frühzeitig bemerkt. Als Versicherer des Fahrrads habe ich hier viele Risiken gut im Griff und kann passende Tarife anbieten”.

“Versicherungen müssen kreativer werden”

Auch Erika Kriszan, Initiatorin des Insurance Innovation Day, sieht im Gespräch mit dem Brutkasten Potenzial beim Angebot. “Aus der Produktperspektive müssen die Versicherungen kreativer werden. Einige der heute wichtigsten Produkte werden an Bedeutung verlieren. Etwa KFZ-Versicherungen, im Zuge der Entwicklung selbstfahrender Autos und entsprechender Sharing-Systeme. Deswegen müssen die Gesellschaften heute beginnen, innovative, kreative Produkte anzudenken, um diese Lücke schließen zu können”.

InsureTech-Startups: B2C nur bedingt erfolgreich

Mit solchen “kreativen Produkten” im B2C-Bereich versuchen es auch immer wieder InsureTech-Startups – in Österreich nur bedingt erfolgreich. Da wäre etwa FeelsLikeHome, das eine Versicherung für ausländische Studierende anbot. Noch bevor das Wiener Startup so richtig durchstarten konnte – man weiß nicht, ob es das getan hätte – wurde es für einen nicht genannten Betrag von einem Versicherungs-Riesen aufgekauft. Oder das eingangs erwähnte Startup Netinsurer. Dort startete man 2014 mit Krankenversicherungen für Hunde und Katzen und Fahrrad-Versicherungen. Später folgte der Pivot zum reinen B2B-Unternehmen.

“Eher ein Miteinander als ein Gegeneinander”

Eben dieser B2B-Bereich ist – man ahnt es – die beliebtere Spielwiese unter den heimischen InsureTech-Startups. Sei es Netinsurer, das Maklern und Co. eine digitale Hilfestellung beim Verkauf bietet. Oder das Wiener Startup bsurance, dass sich auf die Vermittlung passender Versicherungsprodukte über Drittanbieter spezialisiert hat. Michael Wieser vom Helvetia Venture Fund bestätigt diese Tendenz im InsureTech-Bereich auch über Österreichs Grenzen hinaus: “In Bezug auf Startups nehmen wir eher ein Miteinander als ein Gegeneinander wahr. Kooperation ist ja auch im Interesse der Startups, um schnell einen breiten Marktzugang zu erhalten”.

Nicht zuletzt dürfte hier auch die Bereitschaft großer Player, in Startups aus der Branche zu investieren, mitspielen. Nicht nur Helvetia, auch die österreichische Uniqa betreibt eine eigene Venture-Gesellschaft mit rund 50 Mio. Euro Kapital. Im Portfolio ist unter anderem das oben genannte Startup bsurance.

Keine großen “Challenger”

Sogenannte Challenger, wie sie im FinTech-Bereich viel Aufsehen erregen, sind dagegen ein kleineres Thema. “Von der Reife wie N26 oder Revolut sind auch die guten Insurtechs noch ein paar Jahre entfernt”, sagt Wieser. Eine Versicherung aufzubauen, scheint eben noch schwieriger zu sein, als eine neue Bank zu starten. Schließlich greifen auch die erfolgreichen B2C-Modelle überwiegend auf Ressourcen großer Partner aus der Branche zurück. Ein Beispiel hierfür ist das Wiener Startup Finabro (das zusätzlich auch ein B2B-Modell betreibt). Dort bietet man Anlageprodukte über Lebensversicherungen an. Und auch Finabro ist Teil des Uniqa Ventures-Portfolios.


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Das Gründungsteam von voidsy | (c) voidsy

In der Industrie ist die zerstörungsfreie Prüfung von Materialien und Bauteilen von zentraler Bedeutung, besonders in sicherheitskritischen Bereichen wie der Luftfahrt oder der Automobilbranche. Doch die bis dato verfügbaren Systeme sind meist komplex in der Anwendung, teuer und primär für den Einsatz in Laboren konzipiert. Abhilfe möchte künftig das in Wels angesiedelte Startup voidsy schaffen, das mit seinem sogenannten 3D V-ROX eine einfache und zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) von Bauteilen ermöglicht.

Die Unternehmensgründung erfolgte im Jahr 2022 durch voidsy-CEO Holger Plasser gemeinsam mit seinen drei Co-Gründern Gernot Mayr, Günther Mayr und Gregor Thummerer. Alle vier waren zuvor als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Fachhochschule Oberösterreich tätig. 

Die Vorteile von 3D V-ROX

“Mit dem 3D V-ROX wollten wir eine Lösung schaffen, die nicht nur präzise, sondern auch praktikabel für die direkte Anwendung in der Industrie ist”, erklärt Plasser, Mitbegründer und CEO von voidsy. “Wir haben uns darauf konzentriert, ein System zu entwickeln, das die komplexe Technologie der aktiven Thermografie in eine kompakte und bedienerfreundliche Form bringt.” Das System kann dabei direkt in der Produktionsumgebung eingesetzt werden. 

(c) voidsy

Zudem hat das System einen weiteren Vorteil: Der 3D V-ROX setzt keine ionisierende Strahlung frei und es werden keine Materialien kontaminiert. Darüber hinaus kann die Qualitätsprüfung um bis zu 80 Prozent schneller und kostengünstiger durchgeführt werden. “Unser System ist kontaktlos und deutlich schneller als beispielsweise die herkömmliche Ultraschallmethode, was in vielen Anwendungen einen großen Vorteil darstellt”, so Plasser.

Bereits erste Systeme von voidsy im Einsatz 

Seit der Gründung hat voidsy an der Verbesserung und Weiterentwicklung des 3D V-ROX gearbeitet. Das Unternehmen hat bereits eine Pilotserie von etwa zehn Geräten produziert, die bei verschiedenen Kunden aus der Luftfahrt-, Automobil- und weiteren Industriezweigen im Einsatz sind. Diese Pilotkunden spielen eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung des Systems, da ihr Feedback direkt in die nächste Version von 3D V-ROX einfließt. Der Abschluss der Serienreife ist übrigens für Ende des Jahres geplant.

“Die Rückmeldungen unserer Pilotkunden sind für uns von unschätzbarem Wert“, betont Plasser. “Sie helfen uns dabei, unser Produkt stetig zu verbessern und es noch besser an die Bedürfnisse der Industrie anzupassen.”

Das Welser Startup hat bereits Kunden weltweit, einschließlich in China und den USA. Der Export geht jedoch mit gewissen Herausforderungen einher, da es sich um ein sogenanntes Dual-Use-Produkt handelt. Das bedeutet, dass das Gerät sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden könnte, was spezielle Exportgenehmigungen erfordert.

Geschäftsmodell und bisherige Finanzierung

Das Geschäftsmodell konzentriert sich auf den Verkauf der entwickelten Hardware-Devices. Der Preis für das Gerät liegt im sechsstelligen Bereich, zwischen 100.000 und 150.000 Euro, abhängig von der Ausstattung. Neben der Hardware bietet Plasser mit seinem Team auch verschiedene Softwarepakete an, die zusätzlich verkauft werden.

Zur Finanzierung ihres Unternehmens konnte voidsy auf eine Reihe von Förderprogrammen zurückgreifen. Besonders hervorzuheben ist die Unterstützung durch das Pre-Seed-Programm der Austria Wirtschaftsservice (aws), das maßgeblich zur erfolgreichen Entwicklung und Markteinführung des „3D V-ROX“ beigetragen hat. Das Programm aws Preseed Deep Tech ermöglichte es voidsy, die Grundlagen für die innovative Thermografie-Technologie zu legen und die ersten Schritte hin zur Kommerzialisierung zu gehen.

“Der Support der aws ging weit über die finanzielle Unterstützung hinaus. Das Team hat uns mit seinem Know-how tatkräftig bei der Entwicklung eines Schutzrechtskonzeptes für unseren Proof of Concept und der Ausarbeitung unseres Geschäftsmodells unterstützt”, so Plasser.

Zukunftsperspektiven von voidsy

Aktuell arbeitet das Team an der Vorbereitung einer ersten Risikokapitalrunde, um das weitere Wachstum zu sichern. „Unsere Vision ist es, in den nächsten Jahren zu einem führenden Anbieter im Bereich der zerstörungsfreien Materialprüfung zu werden“, sagt Plasser.

Obwohl voidsy das Potenzial von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Materialprüfung erkennt, setzt das Unternehmen zunächst auf traditionelle Methoden, da die Akzeptanz von KI in der Branche noch gering ist. “KI ist zweifellos die Zukunft, aber wir müssen auch die Skepsis der Industrie berücksichtigen”, erklärt Plasser. „Wir entwickeln bereits KI-basierte Lösungen, aber unser Fokus liegt derzeit auf der Optimierung der bestehenden Technologie.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt entstand in Kooperation mit der Austria Wirtschaftservice (aws)

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