07.04.2018

ICOs: Der Hype ist vorbei – die Chance lebt

Analyse. Der ICO hatte einmal eine große Zukunft. Die Euphorie ist in Skepsis umgeschlagen. Tot ist er dennoch nicht.
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Initial Coin Offering
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Es ist Ende Juni 2017. Der Tiroler Julian Hosp, und seine Co-Founder nehmen mit ihrem Startup TenX mit Sitz in Singapur umgerechnet rund 80 Millionen US-Dollar bei einem Initial Coin Offering (ICO) ein. Ein Vorgang, der zu diesem Zeitpunkt in Österreich fast nur Krypto-Enthusiasten ein Begriff ist. Und so bleibt auch der ICO mit dieser Summe, von der österreichische Startups als Investment nur träumen können, im Heimatland des TenX-Gründers zunächst weitgehend unbemerkt. Es sollte einen Monat dauern, bis erstmals in einem österreichischen Medium darüber berichtet wird.

+++ Julian Hosp von TenX: “Zu viele Fälle, wo Token Sales missbraucht werden” +++

Zukunft der Unternehmensfinanzierung?

Wenige Wochen später hat es das Thema ICO bereits in einige österreichische Tageszeitungen geschafft. In der Tech-Szene spricht nun jeder darüber. Klar – in den Medien jagt zu diesem Zeitpunkt eine Meldung wie jene von TenX die nächste. Nicht selten hört man zu dieser Zeit, Initial Coin Offerings seien “die Zukunft der Unternehmensfinanzierung”. Und Investor Michael Altrichter attestiert Ende September, anlässlich des ersten ICOs nach österreichischem Recht, im Interview mit dem Brutkasten: “Ich vermute, ICOs werden in Zukunft noch viel bedeutsamer werden”. Mit dieser Ansicht ist er nicht der einzige.

Von Betrug und fehlender Substanz

Doch mit dem Hype kommen auch eine ganze Reihe von Betrugsfällen auf. Oder einfach nur ICOs, bei denen wenig unternehmerische Substanz dahinter ist. “Wenn einer kommt, der eigentlich noch keine Ahnung hat und dann zehn Millionen einsammeln will, um das Risiko auf 5000 andere Leute abzuwälzen, dann ist das schon sehr fragwürdig. Ich hoffe, dass Projekte, die so auftreten auf Dauer einfach kein Funding bekommen. Dass es so wird wie auf Kickstarter und Indiegogo und sie einfach nichts verkaufen. Damit könnte auch eine Bubble verhindert werden” sagt Julian Hosp dazu im Gespräch mit dem Brutkasten bereits Ende Juli.

Schnelles Ende des Hypes

Seine Hoffnung sollte sich erfüllen. Die User werden immer skeptischer. Betrügerische ICOs sind schon Ende des Sommers fast chancenlos. Doch auch ICOs von Unternehmen mit solidem Geschäftsmodell haben es zusehends schwerer. Als im September der erste Token Sale nach österreichischem Recht startet, ist der globale Hype eigentlich schon wieder vorbei. China hat das Initial Coin Offering zu diesem Zeitpunkt bereits verboten. Und die Krypto-Community lässt sich nur mehr von besonders herausragenden Projekten beeindrucken.

Millionenbetrag: Ja – Mega-Summe: Nein

Mit Einkünften im Gegenwert von rund zwei Millionen US-Dollar ist der erwähnte erste österreichische ICO dann auch im internationalen Vergleich nicht übermäßig erfolgreich. Freilich: Die Summe ist für das Startup – Hero – natürlich ein guter Kapitalschub, der auf klassischem Wege vielleicht nicht so einfach erreicht hätte werden können. Auch die weiteren österreichischen ICOs bislang landen in der gleichen Kategorie. Millionenbetrag: Ja – Mega-Summe wie bei TenX: Nein.

Eigenständige Technologie als Trumpf

Das liegt daran, dass auch ein gutes Geschäftsmodell im Hintergrund noch kein Garant für einen erfolgreichen Token Sale ist. Alle österreichischen ICOS bislang liefen über die Ethereum-Blockchain. Die Teams haben also ihre eigenen Anwendungen auf der bestehenden Technologie aufgesetzt. Das beeindruckt in der Krypto-Community nur mäßig. ICOs, die nach dem großen Hype noch extrem erfolgreich waren, hatten fast alle eine eigenständig entwickelte Technologie im Hintergrund, die einen genuinen Problem-Lösungs-Ansatz bringt.

Mittlere Summen mit gutem Blockchain-Business-Modell

Die Idee des Initial Coin Offering als neue Form der Unternehmensfinanzierung ist nach Ende des Hypes also nur bedingt zu bestätigen. Große Summen gibt es praktisch nur für herausstechende, eigens entwickelte Blockchain- bzw. andere Distributed Ledger-Systeme. Mittlere Summen, wie im Fall der österreichischen ICOs kann man sich mit einem glaubwürdigen Business-Modell aber (noch) holen. Das aber nur, wenn es ein Modell im Blockchain– oder verwandten Bereich ist.

Der Coin als Selbstzweck?

Dann wiederum zählt, ob der ausgegebene Coin einen Zweck erfüllt. Welche Funktion hat er im System oder auf der Plattform des Unternehmens? Ein Coin als Selbstzweck ist einfach zu riskant, müssten sich Anleger dort doch zur Gänze darauf verlassen, dass er am Markt reüssiert. Wenn man sich dagegen etwa auf der Plattform des Unternehmens etwas darum kaufen kann, gibt das Sicherheit. Das ist in gewisser Weise Paradox, dient doch die größte Kryptowährung, Bitcoin, selbst keinem besonderen Zweck.

Ende des Hypes bringt mehr Nutzen als Schaden

Fazit: Dass der Hype bereits wieder vorbei war, bevor er so richtig begonnen hat, hat dem Prinzip ICO letztlich mehr genutzt als geschadet. Es steht einer recht klar eingrenzbaren Gruppe von Unternehmen (sinnvoll) zur Verfügung. Nämlich solchen, die entweder ein spannendes Businessmodell auf der (meist Ethereum-)Blockchain aufbauen, oder besser noch solchen, die ein eigenes Distributed Ledger System entwickelt haben. Diese Unternehmen können sich damit – je nach Innovationsgrad – eine anständige Finanzierung sichern. Wer hingegen nichts zu bieten hat, dass die Krypto-Community spannend findet, oder überhaupt einfach nur versucht, Geld zu machen, wird scheitern. Diese Kriterien klingen dann auch sehr ähnlich, wie jene klassischer Finanzierungsformen.

+++ ICOs: Die Rechtslage von Initial Coin Offerings in Österreich +++

Hintergrund: Was ist ein Initial Coin Offering (ICO)?

Der Begriff ICO (Initial Coin Offering) ist an die Abkürzung IPO (Initial Public Offering) für Börsengang angelehnt. Das wird mitunter als irreführend kritisiert, kann man dabei doch keine Firmenanteile erwerben. Stattdessen verkauft ein Unternehmen, das einen ICO, oder auch “Token Sale” durchführt, seine eigenen Coins bzw. Tokens. Käufer hoffen bei dieser Erstausgabe darauf, dass sich der Preis der Coins später am Markt positiv entwickelt. Denn letztlich entscheiden Angebot und Nachfrage, ob man eine gute Investition getätigt hat. In Österreich wurde allerdings – schärferen Regulierungen sei Dank – bereits bei mehreren ICOs ein Modell genutzt, bei dem der Token als Gutschein für eine spätere Dienstleistung fungiert.

Beim überwiegenden Großteil der weltweiten ICOs werden Coins ausgegeben, die auf der Ethereum-Blockchain aufgesetzt sind. So auch bei den bisherigen Token Sales in Österreich. ICOs von Unternehmen, die eine eigene Grundlagen-Technologie geschaffen haben, sind dagegen rar, dafür meist erfolgreicher.


Dieser Artikel erschien in gedruckter Form im aktuellen Brutkasten Magazin #6

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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