22.09.2023

Ihre Modelle visualisieren zukünftige Armut auf Landkarten

Lisette Espín-Noboa entwickelt in Wien mit Big Data Machine-Learning-Modelle und zeigt uns mit Poverty Maps, wo die Ärmsten in Zukunft leben.
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Lisette Espín-Noboa liefert Politiker:innen neue Entscheidungsgrundlagen. Foto: Map Box/OpenStreetMap/Bimal Viswanath
Lisette Espín-Noboa liefert Politiker:innen neue Entscheidungsgrundlagen. Foto: Map Box/OpenStreetMap/Bimal Viswanath

Heuer präsentierte ein wissenschaftliches Team von der Central European University (CEU) und dem Complexity Science Hub (CSH) einen Durchbruch: Sie können Armut auf Landkarten sichtbar machen.

Konkret nahmen sich die Forscher:innen dafür Sierra Leone und Uganda vor. Die beiden Staaten in Subsahara-Afrika zählen zu den ärmsten der Welt. Das Wiener Forscherteam entwickelte dazu das interaktive Online-Tool Poverty Maps, mit dem User:innen die Wohlstandsentwicklung in beiden Ländern vergleichen können. Sogar einen Ausblick auf die Zukunft können die Karten geben. Unmengen abstrakter Daten werden damit auf einen Blick zu aussagekräftiger Information.

Vom Taxiverhalten zu Armutskarten

„Die Idee wäre, dass politische Entscheidungsträger:innen, die Menschen unterhalb der Armutsgrenze helfen möchten, diese Art von Instrumenten nutzen können. Um zu verstehen, wo die Menschen sind, die wirklich Hilfe brauchen“, erklärt Lisette Espín-Noboa im brutkasten-Interview.

Die aus Ecuador stammende Computerwissenschaftlerin ist extra für das Projekt nach Wien gekommen. Sie ist Expertin für Predictive Analytics, Netzwerkanalysen und Machine Learning. Davor arbeitete sie vor allem mit Mobilitätsdaten, auf deren Basis sie Prognosen für die Zukunft erstellte. Espín-Noboa erforschte unter anderem, wie sich Taxis in der Metropole New York verhalten.

Wiederverwendbare ML-Modelle

„Sie gaben mir dieses Projekt und ich hatte die Freiheit, zu schauen, wie es funktioniert“, sagt die Computerwissenschaftlerin. Sie entwickelte ein eigenes Framework für drei Machine-Learning-Modelle. Damit visualisieren die Forscher:innen die Wohlstandsentwicklung auf Landkarten. Am Beispiel von Sierra Leone und Uganda bewies das Team bereits, dass es möglich ist.

Espín-Noboa erklärt, dass sie die Modelle nun auch für andere Länder verwenden. Dafür müsse nur die sogenannte Ground Truth für jedes Land anhand einer eigenen Datenbasis neu in das Modell gefüttert werden. Ground Truth ist die genaue und verlässliche Referenz, anhand derer die Richtigkeit von Daten oder Vorhersagen bewertet wird.

Wie viele Antennen, welche Toilette?

Für die beiden afrikanischen Länder verwendeten die Forscher:innen Umfragedaten als Basis. „In Afrika werden Umfragen zum Haushalt oder Lebensstandard durchgeführt. Diese Fragebögen ermitteln, wie viele Zimmer Ihr Haus hat, welche Art von Toilette Sie benutzen, wie Sie an Ihr Wasser kommen, ob Sie ein Auto habe oder ob Sie eine Haus- und Sanitäranlage haben“, erklärt die Computerwissenschaftlerin. Mit dem Internationalen Wohlstandsindex (IWI) wurden auf dieser Basis dann Grundwerte errechnet.

Hinzugefügt wurden in der Folge weitere Daten, die etwa von Satellitenbildern oder Social-Media-Postings stammen. Daraus konnten Espín-Noboa und ihre Kolleg:innen schließen, wie viele Menschen in einer Region ein iPhone besitzen oder wie viele Antennen sich in einem Gebiet befinden. „Wir dachten: Wenn der Ort viele Antennen hat, bedeutet das wahrscheinlich, dass er wohlhabend ist. Wenn er keine Antennen hat, ist er wahrscheinlich arm“, so Espín-Noboa. Daten aus OpenStreetMap würden wiederum verraten, wie weit die nächste Straße oder Schule entfernt ist.

Zukunftsvorhersagen auch für Europa

Nun versuchen Espín-Noboa und ihr Team diese Karten auch für Österreich und Ungarn zu erstellen. Noch fehlen ihr aber die dafür notwendigen Daten für ihre Modelle. Sie ist deshalb auf der Suche nach Organisationen, die Daten zur Verfügung stellen.

„Wir können nicht einfach die gleichen Daten verwenden, weil die Standards unterschiedlich sind. Etwa fragt man in Ungarn nicht, welche Art von Toiletten jemand benutzt“, erklärt Espín-Noboa. Stattdessen sei in etwa Ungarn aussagekräftiger, wie viel Immobilien kosten. Für jedes Land müsse deshalb eine eigene „Ground Truth“ ermittelt werden, dann könnten die entwickelten Modelle für verschiedene Länder verwendet werden, glaubt die Expertin.

Bessere Entscheidungsgrundlage

Das Projekt ist ein Novum, denn bisher verließen sich Entscheidungsträger:innen vor allem auf Volkszählungsdaten, wenn es um den Umgang mit Armut ging. Die Karten stellen die Entwicklung jedoch viel detaillierter dar. „Mit der Ground Truth haben wir Armut vorhergesagt, aber Sie können alles vorhersagen. Wenn Sie fundierte Fakten zum Thema Bildung haben, können Sie etwa auch Bildung vorhersagen“, sagt Espín-Noboa. Sie hofft, dass künftig mehr Tools für politische Entscheidungsträger:innen zur Verfügung stehen – damit diese bessere und zielgerichtete Entscheidungen treffen können.

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Die Sieger:innen des "Innovator of the Year 2025" | Foto: Marko Kovic

Knapp einen Monat lang hatte die brutkasten-Community die Qual der Wahl: Wer hat heuer mit innovativen Ideen, Mut und Tatkraft besonders überzeugt? Im großen Online-Voting konnte sie abstimmen und jene Personen wählen, die aus ihrer Sicht Österreichs Innovationslandschaft in diesem Jahr am meisten geprägt haben.

Am heutigen Abend war es dann so weit: Im Rahmen einer feierlichen Award Ceremony wurde im Palais Auersperg in Wien der Innovator of the Year 2025 vergeben. Und hier sind sie: Die Zweit- und Drittplatzierten sowie die Gewinner:innen in den Kategorien Startups, Scaleups, Corporate Innovation und BOLD Innovation.

Kategorie: BOLD Innovation

Im Mittelpunkt der Kategorie BOLD Innovation stehen die sogenannten BOLD Minds: Vordenker:innen und Pionier:innen aus Wirtschaft, Politik, Forschung und den Creative Industries. Allesamt Persönlichkeiten, die wichtige Themen von gesellschaftlicher Relevanz aktiv vorantreiben. Sie schaffen neue Impulse, vernetzen unterschiedlichste Bereiche und tragen dazu bei, dass Österreich international als Standort für zukunftsweisende Ideen sichtbar bleibt.

** Die „Innovator of the Year“-Kategorie BOLD Innovation wird durch die BOLD Community unterstützt.


Christina Hirschl | © SAL

Das Voting konnte Christina Hirschl von Silicon Austria Labs (SAL) mit einem klaren Vorsprung für sich entscheiden. Das Spitzenforschungszentrum für Elektronik- und softwarebasierte Systeme (ESBS) hat 2025 bereits mehrere großangelegte Projekte gestartet – ein Beleg für den Innovationsgeist, den Hirschl als Geschäftsführerin verkörpert. Mit ihrem Engagement treibt sie Hightech-Innovationen in Österreich voran und stärkt damit den Wirtschaftsstandort nachhaltig.

Platz zwei ging an Johanna Pirker, Professorin für N-Dimensional User Experience an der TUM School of Computation, Information and Technology der Technischen Universität München sowie an der TU Graz. Den dritten Platz sicherte sich Julia Eisner. Sie lehrt und forscht an der FH Wiener Neustadt und leitet seit dem vergangenen Jahr das AI-Literacy-Team.

Kategorie: Corporate Innovation

Mit dem Innovator of the Year in der Kategorie Corporate Innovation zeichnet brutkasten auch heuer wieder Persönlichkeiten aus, die in etablierten Unternehmen den Wandel vorantreiben -Menschen, die Brücken zwischen Konzernstrukturen und Startup-Dynamik schlagen, internationale Impulse nach Österreich holen und eine lebendige Innovationskultur in großen Organisationen fördern.

** Die „Innovator of the Year“-Kategorie Corporate Innovation wird durch die Erste Bank unterstützt.


Lisa Kratochwill | © Verbund X

In diesem Jahr geht der erste Platz an Lisa Kratochwill, Leiterin des Accelerator-Programms bei Verbund X. Es soll Startups und Unternehmen dabei unterstützen, gemeinsam leistungsstarke Innovationen zu entwickeln. Der Accelerator verbindet führende Startups, Scaleups und Tech-Champions mit Branchenführern, um Innovationen in den Bereichen Energie und Infrastruktur voranzutreiben. Das Programm kann viele erfolgreiche Kooperationsprojekte von innovativen Unternehmen mit Verbund-Teams, aber auch mit mehreren Corporate-Partnern vorweisen.

Auf Platz zwei folgt Christoph Knogler, CEO des Linzer Technologieunternehmens Keba. Den dritten Platz sicherte sich Philippe Thiltges, Co-Founder und CEO des Wiener Venture Builders whataventure

Kategorie: Startups

Als Leitmedium für die Gestalter:innen der Zukunft vergibt brutkasten den Innovator of the Year natürlich auch in der Kategorie Startups. Trotz herausfordernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gelang es zahlreichen Gründer:innen, bemerkenswerte Fortschritte zu erzielen, ihre Unternehmen weiterzuentwickeln und Lösungen zu schaffen, die den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig stärken.

**Die „Innovator of the Year“-Kategorie Startups wurde durch die Österreichische Notariatskammer unterstützt.


Korbinian Kasinger | © kW-Solutions

Gewonnen hat diese Kategorie Korbinian Kasinger, Gründer und CEO von kW-Solutions. Das junge Unternehmen hat 2025 entscheidende Weichen für weiteres Wachstum gestellt. Mit seiner Lösung Charly Smart Charging integriert das Startup erstmals automatisch negative Strompreise in den Ladevorgang von E-Autos – ein Schritt, der vor allem in Mehrparteienanlagen spürbare Kostenvorteile ermöglicht.

Platz zwei ging an Ewa Lenart, Gründerin des Wiener ConstructionTech-Startups Howie. Auf dem dritten Platz landete Jakob Zenz, Co-Founder und CEO des Wiener ClimateTech-Startups EcoNetix.

Kategorie: Scaleups

In der Kategorie Scaleups stehen wachstumsstarke Unternehmen im Fokus, deren Gründer:innen oder Führungsebene es geschafft haben, ihre Geschäftsmodelle erfolgreich zu skalieren und über regionale Grenzen hinaus in internationale Märkte zu wachsen.


Laura Tacho | © Laura Tacho, LinkedIn

Die Kategorie Scaleups konnte Laura Tacho klar für sich entscheiden. Sie ist CTO beim US-Startup DX aus Salt Lake City in Utah. Tacho sitzt allerdings im niederösterreichischen Bad Vöslau – und hat ihr Startup von dort zu einem Milliarden-Exit begleitet. Das Startup DX hat eine Lösung entwickelt, mit der die Produktivität von Developer:innen gemessen werden kann.

Platz zwei ging an Tamás Petrovics, Co-Founder und CEO von Xund. Platz drei teilen sich Florian Wimmer, CEO und Co-Founder des Linzer Krypto-Scaleups Blockpit, und Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith.


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