16.03.2021

HolyRecipe: Kochbox-Startup stellt sich nach herber Kritik neu auf

HolyRecipe will mit Kochboxen, die man sich nach Hause bestellen kann, die Gastro-Szene unterstützen. Eigene Video-Anleitungen lassen Kunden zu Chefkochs in der eigenen Küche werden. So die Idee, die bei "2 Minuten 2 Millionen" gut ankam. Andere Dinge wiederum führten zu erheblicher Kritik, was Folgen fürs Startup hatte.
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HolyRecipe, Kochboxen,
(c) PULS 4/Gerry Frank - Das Startup HolyRecipe nahm sich die Kritik von Martin Rohla zu Herzen.

Die Idee von HolyRecipe gefiel den “2 Minuten 2 Millionen”-Investoren. User können auf der Plattform zwischen verschiedenen Gerichten wählen, die auch in einem der Partner-Restaurants angeboten werden. Das Startup versendet folglich eine Kochbox mit den jeweiligen Zutaten des Gerichts innerhalb von 48 Stunden und schaltet zudem auf dem angelegten Profil des Nutzers ein vorab abgedrehtes Video mit Kochanleitung frei.

HolyRecipe mit Fehlern beim Pitch

Darin erklärt der jeweilige Chefkoch, wie man die gewählte Speise nachkocht und verrät Tipps und Tricks. So weit, so gut. Bei ihrem Auftritt bei “2 Minuten 2 Millionen” gab es allerdings vor allem von Martin Rohla große Kritik. Vorausgegangen war der Umstand, dass sich die Gründer weigerten zu erzählen, wie viel Kapital im Startup stecken würde. Auch dass sie nicht sagen konnten, wie viel es sie kostet einen Kunden zu akquirieren, missfiel den Juroren.

Investor gegen Offenlegung

“HolyRecipes interner Investor wollte dies aus persönlichen Gründen nicht offenlegen. Dies war bereits vor der Show so kommuniziert. Im Nachhinein betrachtet wäre es natürlich besser gewesen diese Zahlen preiszugeben und offener mit dem Thema umzugehen”, erklärt Co-Founder Robert Leder. “Im Anschluss an die Aufzeichnung haben wir das Produkt wie wir es anbieten, sowie die Logistik und das Endergebnis, auf Herz und Nieren getestet und optimiert. Um spätestens zur Ausstrahlung der Show für einen möglichen Ansturm gerüstet zu sein.”

“Kritik nicht unbegründet”

Der Gründer sieht die Kritik Rohlas zwar als hart, aber nicht unbegründet. “Man braucht hier natürlich ein paar Tage um sich dessen bewusst zu werden, was hier passiert ist. Am Ende des Tages zählt nicht wie oft man gefallen ist, sondern wie schnell man wieder aufsteht und was man aus solchen Situationen mitnehmen kann”, sagt er. “Das Konzept und die Idee bleibt etwas woran das Team und ich glauben und hier werden wir von vielen Seiten positiv gestärkt. Aber einige Punkte haben wir nun berücksichtigt. Das Thema ‘Customer Akquisition Costs’, sowie der Wert, den ein wiederkehrender Kunde hat, hat an Bedeutung für uns gewonnen und das haben wir in unsere KPIs mit aufgenommen.”

Leder verweist darauf, dass es nach dem “unglücklichen Auftritt” in der Show weitere Neuigkeiten gibt, die er zeitnah mit der Öffentlichkeit teilen möchte. Und erbittet sich Geduld. An ihre Idee der Kochboxen mit Video-Anleitung glauben die Gründer weiterhin. Auch daran, dass sie damit der leidenden Gastronomie ein wenig unter die Arme greifen können.

Regionaler Ansatz von HolyRecipe

Die Idee kam uns ja im ersten Lockdown als die Restaurants schließen mussten. Kochboxen gehörten zu meinem Alltag, weil es für Abwechslung und Zeitersparnis sorgt. Die Tatsache, dass die Zutaten aus den Boxen der Mitbewerber allesamt nicht regional waren und die Gastronomie bei uns in Österreich an den Rande des Ruins getrieben wurde, hat unseren Plan erstmalig ins Leben gerufen”, sagt Leder. “Der Fokus lag und liegt ganz klar auf die Unterstützung der Gastronomie, gepaart mit Regionalität. Aber auch der Spaßfaktor soll nicht zu kurz kommen, für all jene, die das Kochen für sich entdeckt haben und sich das Restaurant nach Hause holen möchten.”

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Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith
Storebox-CEO und Cofounder Johannes Braith | Foto: brutkasten

Die neue EU-Kommission steht. Hierzulande laufen dagegen nach wie vor die Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS mit ungewissem Ausgang. Währenddessen kommt nicht nur Österreich nicht aus der Rezession heraus und auch die Prognosen bleiben tendenziell negativ. Begleitet wird das Szenario von einer Häufung an dramatischen Appellen und Forderungen nach umfassenden Änderungen in der Wirtschaftspolitik.

Wie steht es wirklich um Österreich und die EU? Was sind nun die drängendsten Maßnahmen? brutkasten geht diesen Fragen gemeinsam mit führenden Köpfen der heimischen Innovationsszene nach.

Storebox-Co-Founder und -CEO Johannes Braith sieht im brutkasten-Interview auch Chancen, die die Krise biete, formuliert aber konkrete Maßnahmen, die dazu nun auf politischer Seite ergriffen werden müssten.


brutkasten: Düstere Prognosen und drastische Appelle stehen aktuell in der Wirtschaftsberichterstattung an der Tagesordnung. Wie beurteilst Du die Situation? Ist sie wirklich so dramatisch?

Johannes Braith: Ich beobachte die Großwetterlage natürlich laufend. Allerdings halte ich es für gut, wenn man sich in seinen daily Operations als Founder nicht zwangsläufig beunruhigen lässt. Gerade Startups sind es gewohnt Krisen zu managen bzw. mit ihnen umzugehen. In manchen Fällen kann dadurch sogar etwas Positives entstehen. Denn Krisen erzwingen oft Veränderungen, welche wiederum oft Chancen beinhalten.

Aber natürlich finde ich es beunruhigend, dass wir, was unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa angeht, so dramatisch den Anschluss verlieren. Ich hoffe, dass der steigende Schmerz dazu führt Regulierungen abzubauen und ein neues Selbstverständnis hinsichtlich Wirtschaft, Startups und Technologie einkehrt.

Welche gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen sollten in Österreich möglichst schnell umgesetzt werden? Was muss unbedingt ins Regierungsprogramm?

Das Thema ist leider ziemlich mühsam, da sehr, sehr gute Vorschläge seit langer Zeit am Tisch liegen, die allerdings nicht umgesetzt wurden. Ein wichtiger Punkt ist es bestimmt, Risikokapitalgeber zu incentivieren – Stichwort Beteiligungsfreibetrag.

Noch wichtiger wäre es allerdings die Steuern auf Arbeit deutlich zu reduzieren. Wir sind in einer Zeit, in der wir die Extrameile gehen müssen. Das sollte auch belohnt werden. Man könnte z.B. Überstunden steuerlich freistellen, Pensionisten incentivieren, wenn sie in der Rente arbeiten möchten – eventuell gänzlich steuerfrei, oder man kann über Modelle nachdenken, mit denen man Vollzeitarbeit nicht nur ermöglicht (Kinderbetreuung) sondern eventuell auch belohnt.

Generell stelle ich mir die Frage, wie Menschen den Sinn in ihrer beruflichen Tätigkeit wieder zurückerlangen können. In vielen Gesprächen und Beobachtungen sehe ich, dass die Leistungebereitschaft extrem abgenommen hat. Ob das immer durch politische Maßnahmen geheilt werden kann, bezweifle ich. Ich halte viel von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Und was sollte die neue EU-Kommission unbedingt sofort angehen?

Regulierung massiv abbauen. Ich bin mit Storebox mittlerweile in sechs Ländern und mehr als 200 Städten operativ tätig. Es kann ja nicht sein, dass wir gefühlt hunderte unterschiedliche Regulierungen vorfinden, die das Prosperieren von Unternhemen extrem erschweren.

Was wären konkret für euch als Scaleup die wichtigsten Schritte auf nationaler und EU-Ebene?

Die Lohnkosten senken, Regulierungen massiv reduzieren und die Zuwanderung hochqualifizierter Personen massiv erleichtern.

Was bräuchte es, damit die Wiener Börse bzw. zumindest eine europäische Börse für einen IPO eines Scaleups wie Storebox attraktiv ist?

Große Anschlussfinanzierungen müssen in Europa mit europäischem Kapital getätigt werden, um ab einer gewissen Stage als logischen Schritt einen IPO auch in einem europäischen Heimatmarkt zu forcieren.

Aktuell wird nicht nur im Zusammenhang mit Börsengängen die Standortattraktivität stark diskutiert. War Abwanderung aus Europa für euch jemals ein Thema?

Aktuell noch nicht. Ich lebe sehr gerne in Österreich und sehe nicht alles nur negativ. Wir leben in einem tollen Land mit vielen Möglichkeiten, toller Infrastruktur und einigermaßen stabilen Verhältnissen. Die Verwaltung dieses Zustands wird allerdings nicht ausreichen. Es muss gestaltet werden, um den Standort attraktiv zu halten.

Bitte eine Prognose: Abhängig von den Entscheidungen, die in nächster Zeit getroffen werden – was ist das Worst- und was das Best-Case-Szenario für Europa?

Das Worst-Case-Szenario: Die EU zerfällt in unterschiedliche Lager, weil es nicht möglich war, Interessen zu alignen und die großen Hebel zu betätigen. Geopolitisch wäre das eine absolute Katastrophe!

Das Best-Case-Szenario: Die Wettbewerbsfähigkeit wird durch radikale Maßnahmen wieder hergestellt. Die Menschen spüren eine deutliche Entlastung, haben Perspektiven und glauben an eine bessere Zukunft. Europa wächst weiter zusammen und bleibt ein starker und wichtiger globaler Player.

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