29.10.2019

Höhle der Löwen Folge 9: Modisch bewusste Autositze und mitwachsende Schneeanzüge

In der neunten Folge von "Die Höhle der Löwen" ging es um Aufhänge-Hilfen für Wandbilder, modische Autositze und Fahrräder mit "Kofferraum". Zudem begeisterte eine Gründerin mit ihrer Skianzug-Idee die Jury, während der "jüngste Gründer der Show" einen Löwen bändigen konnte.
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Höhle der Löwen, Ralf Dümmel, Georg Kofler, Dagmar Wöhrl, Judith Williams, Nils Glagau, Frank Thelen,, Carsten Maschmeyer
(c) TVNOW / Frank W. Hempel - Investor Georg Kofler unterzieht das "Convercycle"-Fahrrad einem Praxistest.

Die ersten Kandidaten in Folge 9 von “Die Höhle der Löwen” waren die Gebrüder Leonard und Laurenz Krieger. Mit Drive Dressy stellen sie individuelle Autositzbezüge her, die eigenen Angaben nach etwas “Fashion” ins Auto bringen sollen. Die Auto-Sitzbezüge seien passgenau und ließen sich leicht über den Originalsitz an- und abziehen, sagen die Gründer: Durch eine integrierte Airbag-Naht werde gewährleistet, dass sich der Airbag im Falle eines Unfalls problemlos entfalten kann. Die Gründer forderten 500.000 Euro für 15 Prozent Anteile.

+++ Wearable gegen “plötzlichen Kindstod” +++

3D-Konfigurator für Autositze

Mithilfe eines 3D-Konfigurators können die Sitzbezüge für jedes Auto individuell gestaltet werden. Dabei sei es egal, ob ein ganzes Set oder nur die Kopfstützen designt werden, sagen die Brüder. Für die Zukunft planen die Gründer, dass User eigene Motive hochladen können.

Bewertung zu hoch

Multi-Investor Carsten Maschmeyer war derart am Produkt interessiert, dass sein Kollege Georg Kofler ihn spitzbübisch unterbrach und fragte, ob denn noch wer anderer zu Wort kommen dürfe. Konzernchef Nils Glagau war die Bewertung zu hoch. Er und der ursprünglich sehr interessierte Maschmeyer stiegen deshalb aus.

Höhle der Löwen, Frank Thelen, Ralf Dümmel, Nils Glagau, Georg Kofler, Judith Williams, Dagmar Wöhrl
(c) -TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Laurenz und Leonard Krieger präsentierten mit “DriveDressy” Fashion-Seat-Cover fürs Auto.

Zweifel an Zielgruppen-Akquise

Auch Familienunternehmerin Dagmar Wöhrl und Ralf Dümmel meinten, die Firmenbewertung wäre zu hoch, sodass nur Kofler übrig blieb. Auch er hatte große Zweifel, dass das Duo mit seinem Produkt die Zielgruppen derart stark erreichen würde, wie sie es sich vorstellten. Kein Deal.

Bilder-Aufhänge-Hilfe

Alexander Jentzmyk war der nächste Pitcher auf der “Höhle der Löwen”-Bühne. Mit seinem Startup Drillstamp hat er eine Lösung für ein gängiges Problem gefunden. Seine Idee vereinfacht als Hilfsmittel das Markieren von Bohrlöchern, wodurch Bilder schnell und gerade aufgehängt werden können.

100.000 Euro für Markerspitze

Der Drillstamp wird dabei direkt bei den hinteren Halterungen eines Bildes eingehängt und mit sanften Druck gegen die Wand gedrückt. So entstehen zwei Markierungspunkte durch eine mit Tinte gefüllte Markerspitze an der Wand, exakt an den Stellen, wo das Bild aufgehängt und die Löcher gebohrt werden müssen. Der Gründer forderte 100.000 Euro für 25 Prozent Beteiligung.

“Nische in der Nische”

Glagau war von dem Produkt nicht überzeugt und stieg gleich zu Beginn aus. Während Ralf Dümmel still nachdachte, sah auch Kofler keinen Nutzen bei Drillstamp und schied als möglicher Financier aus. Maschmeyer verstand das Problem, meinte aber, er arbeite mit Zollstock. Er nannte Drillstamp eine “Nische in der Nische” und ging ebenfalls als potentieller Investor.

Höhle der Löwen, Frank Thelen, Ralf Dümmel, Nils Glagau, Georg Kofler, Judith Williams, Dagmar Wöhrl
(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Alexander Jentzmyk hoffte mit “Drillstamp”, einer Aufhänge-Hilfe für Bilder, auf ein Investment.

Auch Wöhrl draußen

Wöhrl hingegen meinte, das Produkt habe einen gewissen Charme, jedoch würde sie es vielleicht einmal benutzen und dann in die Ecke legen. Auch sie nahm sich als Investorin heraus, sodass der bis dahin schweigsame Dümmel zu Wort kam.

“Fünf Löwen, eine Meinung: Langweilig!”

“Fünf Löwen, eine Meinung. Das wäre langweilig”, sagte er und meinte, er verstehe die bisherige Diskussion unter seinen Kollegen nicht. Er sah mehr Use-Cases, als der Rest der Jury: Neben Bildern auch Spiegel und dergleichen. Er zeigte sich überzeugt, dass Drillstamp Probleme löse und bot 100.000 Euro für 30 Prozent. Deal.

Aufklappbares-Fahrrad

Als nächstes öffnete sich die “Höhle der Löwen”-Bühne für David Maurer, Robert Kratz und Hubertus Osterwind. Das Trio entwickelte ein optionales, klappbares Lasten-Fahrrad, welches Lasten von bis zu 60 Kilogramm transportieren kann. Das Besondere an dem Gefährt sei, dass man am Hinterrad zusätzlichen Stauraum schaffen könne. Klappt man das Hinterrad aus dem Korb, entsteht zusätzliche Ladefläche mit Platz für bis zu zwei Getränkekästen. Sie forderten 500.000 Euro für 15 Prozent Beteiligung.

Der radelnde Kofler

Kofler versuchte sich nach dem Pitch im Studio als Radfahrer, fuhr aber gegen die Bühne und stolperte. Beim zweiten Versuch stellte er sich geschickter an und merkte, dass das Rad im ausgeklappten Zustand einen höheren Radius benötige und sich eher wie ein Tandem-Rad anfühle. Man könne sich aber daran gewöhnen, meinte der Medien-Investor.

Höhle der Löwen, Frank Thelen, Ralf Dümmel, Nils Glagau, Georg Kofler, Judith Williams, Dagmar Wöhrl
(c) TVNOW / Frank W. Hempel – Hubertus Osterwind, David Maurer-Laube und Robert Kratz haben ein ganz neues Fahrrad-Konzept entwickelt.

Ein Bauchgefühl

Die hohe Firmenbewertung begründete das Trio damit, dass sie in den letzten sechs Wochen (bis zur Aufzeichnung) 350.000 Euro Umsatz erwirtschaftet hätten. Maschmeyer gab daraufhin zu Protokoll, dass er viele Misserfolge im Fahrrad-Business erlebt habe. Sein Bauchgefühl warne ihn davor, es nochmal in diesem schwierigen Markt zu versuchen. Er stieg, so wie Glagau, aus.

Ein altes Problem…

Auch Dümmel merkte an, dass die Gründer vom Investor mehr als nur die “Finanzspritze” erwarten würden, dann aber so eine hohe Bewertung ausgerufen hätten. Das sei ein Problem. Auch er ging ohne Angebot. Wöhrl und Kofler meinten, sie verstünden vom Markt zu wenig und könnten nicht helfen. Kein Deal.

Anzug mit Toilettenstopp

Antje Risau ist gelernte Schneiderin. Ihr Unternehmen WeeDo funwear stellt mitwachsende Schneeanzüge für Kinder mit Tiermotiven her. Beim Kleidungsstück lassen sich Länge von Ärmeln und Beinen regulieren. Damit könne der Schneeanzug für mehrere Saisonen getragen werden. Zudem ermögliche der Taillenzipper einen schnellen “Toilettenstopp”, bei dem man nicht den kompletten Schneeanzug ausziehen muss. Die Handschuhe sind am WeeDo funwear-Schneeanzug befestigt, damit sie nicht verloren gehen. Weiters sind die Kapuzen so konzipiert, dass sie auch über einem Helm getragen werden können. Die Gründerin verlangte für 20 Prozent Anteile 100.000 Euro.

Schneeballschlacht im Höhle der Löwen- Studio

Risau sorgte mit ihren kleinen Vorführ-Modellen für eine Schneeballschlacht im Studio. Insgesamt stellten sieben Kinder als Drachen, Schildkröten oder Käfer die Vorteile des Anzugs von Risau vor. Der Panzer der Schildkröte kann etwa als Rucksack, Sitzdecke oder als “Schlitten” verwendet werden. An Ellbögen und Knie sind zudem noch extra Schützer im Anzug eingebaut.

Charme ist Trumpf

Die Jury war vom Charme der Gründerin bezirzt. Auch dass sie sich in China mehrere Fabriken für die Produktion persönlich angesehen hatte, sorgte für Bewunderung. Vor allem Frank Thelen war voll des Lobes, stieg aber aus, weil Kindermode nicht sein Bereich sei.

Höhle der Löwen, Frank Thelen, Ralf Dümmel, Nils Glagau, Georg Kofler, Judith Williams, Dagmar Wöhrl
(c) TVNOW / Bernd-Michael Maurer – Antje Risau aus Hamburg hoffte mit “WeeDo Funwear”, Kostüm-Schneeanzüge für Kinder, einen Löwen von sich zu überzeugen.

“Wintersportbereich ein Nischenmarkt”

Wöhrl meinte, ihr Unternehmen habe sich aus dem Wintersportbereich zurückgezogen, es sei ein Nischenmarkt. Online sei zudem ein schwerer Vertriebs-Kanal, deutete sie an. Die Gründerin erzählte daraufhin, dass sie in ihrem Online-Shop B2C-Preise führe, jedoch zusätzlich auch Importeure und Händler an der Hand habe, an die sie zum “Wholesale-Preise” verkaufe.

Zwei Löwen draußen

Dümmel nannte die Gründerin ein Musterbeispiel, Skianzüge seien aber kein Investmentgeschäft für ihn. Shopping-Queen Judith Williams zeigte sich von der Qualität des Produkts überzeugt, stieg aber auch aus. Kofler war der letzte Löwe, der noch zur Auswahl stand.

Onlineshop als Ankerpunkt

Risau sei mit dem Onlineshop richtig unterwegs, meinte er, denn ein solches Business brauche einen Ankerpunkt. Man müsse es jedoch schaffen, in kurzer Zeit – also in den Wintermonaten – Geld zu verdienen. Die Gründerin unterbrach den Investor und erzählte von ihrem Ganzjahres-Konzept. Sie habe bereits für Influencer eine Skate-Linie entwickelt. Das und die Art der Gründerin brachte Kofler schlussendlich dazu, ein Angebot abzugeben: 100.000 Euro für 30 Prozent. Deal für WeeDo.

+++Schneeanzug-Startup WeeDo: Nach DHDL-Auftritt unter “Zugzwang”+++

DIY-Fitnessriegel

Den Abschluss der Sendung bildete Plantbreak. Gründer Max Rongen musste seinen Traum, Fußball-Profi zu werden aufgrund einer Verletzung begraben. Der Abiturient widmet sich nun der gesunden Ernährung. Und entwickelte einen DIY-Fitnessriegel als Backmischung. Er forderte 50.000 Euro für 20 Prozent Anteile.

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Keine Schoko-Torte

Frank Thelen lobte den Pitch des Gründers. Und Wöhrl zeigte sich begeistert von der Kompetenz des jungen Mannes. Nach dem Lob folgte eine Verkostung, bei der die Juroren meinten, der Riegel schmecke “gesund”. Wöhrl warf ein, ein Riegel sei gar zu trocken. Dümmel hingegen nahm Rongen in Schutz und meinte, die anderen Löwen hätten jetzt eine Schoko-Torte erwartet, weil die Riegel so gut aussähen.

Ein Leuchtturm-Gründer

Danach nannte Thelen Rongen einen Leuchtturm-Gründer. Er erinnerte sich an seine eigenen Anfänge. Jedoch meinte der Tech-Profi, der Gründer wäre “zu früh dran”, damit er investieren könne. Er stieg aus. Auch Maschmeyer fand es “toll”, was der Founder anstelle. Er wäre nah dran, jedoch empfehle er ihm, noch eine Weile familiär zu bleiben. Er und Wöhrl stiegen mit nahezu gleich lautendem Lob aus.

Deal für jüngsten Gründer der Show

Williams meinte, man müsse noch etwas am Geschmack machen, um die Masse zu begeistern. Anders dachte Dümmel, der sich bis auf eine Geschmacksrichtung vollends zufrieden zeigte. Er bot die 50.000 Euro für 25 Prozent. Deal für den “jungsten Gründer seit Sendebeginn”.


⇒ Drive Dressy

⇒ Drillstamp

⇒ Convercycle

⇒ WeeDo

⇒ Plantbreak

⇒ DHDL-Folgen zum Nachsehen auf TVNOW

⇒ DHDL

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Rituale, Rituale der Startup-Welt, Ritual, Howard, Factinsect, Hadia, Storebox, Instahelp, monkee, Dental Armor, Coinpanion
(c) Hello Again/zVg/Hadia/Die Abbilderei/Storebox/schon nice gmbh/Victor Malyshev - (o.v.l.) Franz Tretter von Hello Again, Romana Dorfer von Factinsect, Anna Lauda von Hadia, Bernadette Frech von Instahelp/ Johannes Braith von Storebox, Saad Wohlgennannt von Dental Armor und Martin Granig von monkee.

Dieser Artikel ist im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Ein Pythonkopf aus Stein ragt aus der Dunkelheit hervor. In Kreisen angeordnete, farbenfrohe Speerspitzen verzieren den kalten Höhlenboden; manche davon stammen aus Hunderte Kilometer entfernten Gegenden. Am Ende der Höhle erstreckt sich ein kleiner, versteckter Raum, der Platz für eine Person bietet; üblicherweise versteckt sich ein Schamane darin und spricht zu seinem Stamm, sodass es scheint, die steinerne Schlange selbst lasse donnernde Worte erklingen.

Diese Verehrung des majestätischen Reptils fand vor rund 70.000 Jahren in der Kalahari-Wüste am Fuße der Tsodilo Hills im heutigen Botswana statt. Dies hat im Jahr 2012 die Archäologin Sheila Coulson herausgearbeitet und, so heißt es, damit das älteste wissenschaftlich belegte Ritual der Welt entdeckt.

Seitdem haben sich Rituale in Gesellschaften im Großen und Kleinen gehalten und weiterentwickelt – von religiösen Gepflogenheiten über politisches Zeremoniell bis hin zu privaten, sich wiederholenden Gewohnheiten sind sie in tausendfacher Weise etabliert. Das Küssen des Balls im Sport, das Aufstehen mit dem „richtigen Fuß“, Salz über die Schulter werfen, auf Holz klopfen, Dinge nicht verschreien, Braut und Bräutigam nicht vor der Hochzeit sehen, zu bestimmten Jahreszeiten fasten, den Jahreswechsel laut feiern oder die zum Ritual gewordene Morgen-Rou­tine wiederholen.

Spiritualität und Ordnung

All dies lässt sich komprimiert und per Definition in zwei Bedeutungen unterteilen: in eine spirituelle Handlung und in ein „wiederholtes, immer gleichbleibendes, regelmäßiges Vorgehen nach einer festgelegten Ordnung“. Exakt diese Ordnung (also die zweite Definition) ist es, die auch manchen Startup-Gründer:innen dabei hilft, den stressigen Joballtag zu bewältigen, Klarheit zu schaffen und Erfolge zu erreichen.

Sohlen und Poster

So zeigt sich etwa Johannes Braith vom österreichischen Scaleup Storebox als großer Anhänger davon, sich klare Ziele zu setzen und diese zu visualisieren.

„Dabei halte ich es für wichtig, einerseits eine große Vision zu definieren und diese in kleinere Meilensteine herunterzubrechen“, sagt er. „Diese verhältnismäßig kleinen Meilensteine sind leichter zu erreichen, greifbarer und man kann entsprechend auch früher Erfolge verbuchen. Das Wichtigste ist, konstant dranzubleiben. Erfolg ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“

Das Visualisieren definierter Ziele wurde bereits früh als Ritual bei Storebox eingeführt: Im Office des Logistikunternehmens prangen Vision und Werte als Poster an der Wand und OKRs (Objectives and Key Results) werden in Echtzeit mittels Soll/Ist-Vergleich auf Bildschirmen angezeigt.

Zudem gibt Braith noch eine weitere Besonderheit aus seiner Ritualwelt preis: „Habe ich ein Etappenziel für mich definiert, schreibe ich es mir auf die Sohlen meiner Schuhe“, sagt er. „Das hilft mir, mich daran zu erinnern, dass jeder kleine Schritt zählt.“

Der Knopf des Erfolgs

Franz Tretter, Gründer des Kundenbindungs-Startups Hello Again, nutzt Rituale dazu, um Ziele und Kultur in seinem Team zu verankern. Dazu gehört ein „Global Success Button“, der bei jedem neuen Kunden gedrückt wird, mit anschließender Feier im Büro. Mitarbeiter:innen, die remote arbeiten oder unterwegs sind, werden per Mail oder Smartphone ebenso informiert; „einfach, damit man Bescheid weiß“, sagt Tretter.

Auch etwas namens „Howard 1000“ gehört zum regelmäßigen Ritual des Linzer Teams dazu. Dabei handelt es sich um eine Wand bestehend aus 1.000 Kästchen mit einer besonderen Bedeutung. „Wir haben diese aufgebaut, als wir 120 Kunden hatten. Mit jedem Kunden, den wir gewonnen haben, haben wir ein Logo hinzugefügt und haben nun knapp 900 Kästchen voll“, erklärt Tretter.

Und zu guter Letzt sind bei Hello Again die „Compliment Cards“ ein weiteres internes Ritual: „Wertschätzung ist total wichtig bei uns“, erklärt Tretter. „Wir haben eigene Kärtchen beim Eingang, da schreibt man gelegentlich etwas Nettes drauf und legt es am Abend Kollegen auf den Tisch. Die freuen sich am nächsten Morgen.“

An diesen beiden Beispielen bemerkt man bereits eine kleine Gemeinsamkeit, die zwischen den Zeilen mitschwingt: Wiederkehrendes, etwas Konstantes ist nicht bloß eine Orientierungshilfe für Startup-Gründer:innen, sondern kann als einer von mehreren Bausteinen eines spezifischen Mindsets gesehen werden; eines Mindsets, das von einem ruhigen Leadership-Skill zeugt und deutlich zeigt, dass manchmal das wilde Gefüge in einem selbst sowie auch das Äußere, das sich unter Mitarbeitenden am Arbeitsplatz entwickelt, gepflegt werden muss.

Gemeinschaft fördern

Das weiß auch Anna Maria Lauda von Hadia, einem Wiener Verein, der weibliches Unternehmertum in Afghanistan fördert. Ihr hilft eine tägliche zehnminütige Meditation, den Tag entschleunigt, entspannt und fokussiert zu beginnen.

„Dadurch kann ich klarere Prioritäten setzen und produktiver arbeiten“, sagt sie. „Früher lag mein Schwerpunkt vor allem auf individuellen Praktiken wie dem Selbstmanagement und der strikten Zeitplanung durch To- do-Listen. Doch im Laufe meiner Reise als Gründerin habe ich erkannt, dass Flexibilität und der wertvolle Austausch mit dem Team genauso entscheidend sind. Heute schätze ich Rituale, die nicht nur den persönlichen Fokus stärken, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl fördern.“

Daher veranstaltet Lauda wiederkehrende Onlinemeetings mit ihren Weberinnen in Afghanistan. „Regelmäßige Check-ins mit den Frauen sind inspirierend und motivierend. Allzu leicht verliert man in der Hektik des Alltags den Bezug zu den Menschen, für die man arbeitet. Und diese Gespräche erinnern mich daran, was unser gemeinsames Ziel ist und wie viel wir schon erreicht haben“, sagt sie.

Saad Wohlgenannt, Gründer und CEO des Zahn-Startups Dental Armor und der Kryptobörse Coinpanion, hatte im Lauf der Zeit verschiedene Rituale, die er jedoch mittlerweile fast alle ab- gelegt hat; darunter eine wöchentliche „Rückschau“, um zu überlegen, was er besser machen könnte, oder Journaling (Anm.: Blick nach innen mit schriftlicher Aufzeichnung, was in einem vorgeht).

Heute plant er an jedem Geburtstag, was er im kommenden Jahr erreichen möchte. Meistens setzt sich der Founder dabei ein monetäres Ziel für sein Business sowie ein paar persönliche Ziele, wie etwa einen neuen Sport zu erlernen, ein Land zu bereisen oder ein bestimmtes Problem zu lösen.

„Die wichtigsten Rituale, die mir langfristig helfen, meine Ziele zu erreichen, haben meistens den Effekt, mich kurzfristig vom Arbeiten abzuhalten“, sagt er. „Zum Beispiel beginne ich meinen Tag mit ein paar Mobility-Übungen, Liegestützen, Klimmzügen und einer kalten Dusche – erst danach schaue ich in meine E-Mails und starte richtig durch. Ab 20.30 Uhr ist mein Handy auf ‚Nicht stören‘, und dann bin ich nur noch schwer erreichbar.“

Drei und nicht mehr

Romana Dorfer beschäftigt sich mit ihrem Startup Factinsect damit, die Fülle an Fake News im Netz aufzulösen und User:innen gesicherte Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie selbst hat sich früher oft viele, unspezifische und große Ziele vorgenommen, die jedoch innerhalb eines Tages kaum zu erreichen waren. Dabei waren Fortschritte nur schwer messbar und am Ende des Tages wurde kein Ziel erledigt, wie sie gesteht. Dadurch ist oft das Gefühl entstanden, wenig erreicht zu haben.

Heute greift sie maximal auf drei Vorhaben pro Tag zurück. „Der Vorteil ist, dass ich fast immer alle Ziele für den Tag erreiche und dadurch meine Motivation steigt. Meistens arbeite ich dann noch an weiteren Themen“, sagt Dorfer.

Bei Martin Granig, Gründer der Spar-App monkee und Vater einer siebenjährigen Tochter, sehen die Morgen oftmals chaotisch aus. Um dem entgegenzuwirken, hat er eine Morgenroutine entwickelt: „Ich stehe meist 30 Minuten früher auf. Das gibt mir die Gelegenheit, mich in Ruhe im Bad fertig zu machen“, sagt er. „Während des Zähneputzens mache ich ein paar Übungen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, bevor ich Frühstück für meine Tochter und Kaffee für meine Frau und mich zubereite. So habe ich noch ein paar ruhige Momente für mich, bevor der Trubel beginnt.“

Am Ende seines Arbeitstags führt der Gründer einen kurzen Check-in durch und klärt für sich, was er heute schaffen möchte, was er tatsächlich geschafft hat und was er noch anpassen muss.

„Das hilft mir, mein Time-Boxing im Kalender zu optimieren, gerade für die Aufgaben, die zwar wichtig sind, aber erst in der Zukunft anstehen“, erklärt er. „Ich habe gelernt, dass es notwendig ist, solche Dinge bewusst zu planen, bevor sie von den dringenden, aber weniger wichtigen Aufgaben verdrängt werden.“

Raus aus der Bubble

Für Granig gibt es zudem noch ein persönliches Highlight der Woche: Freitagabend-Basketball. „Das mag zwar kein typisches Gründer-Ritual sein, aber für mich ist es essenziell. Es hilft mir, Stress abzubauen, den Kopf frei zu bekommen und in einer entspannten Atmosphäre mit Freunden zu lachen. Danach starte ich erfrischt ins Wochenende – und am Montag wieder voller Energie in die neue Woche“, so der Tiroler, der früher oft von „dringenden Dingen“ stark getrieben war, die dazu führten, dass wichtige strategische Aufgaben oftmals zu kurz kamen.

„Man arbeitet in so einem Fall zu viel ‚in the business‘ statt ‚on the business‘“, sagt er. „Heute habe ich meine Timeboxing-Routine deutlich verbessert, damit genau diese wichtigen Dinge nicht untergehen. Früher musste ich auch keine Rücksicht auf Familie und Kind nehmen. Das hat sich natürlich geändert, und ich musste Wege finden, trotz all der Verantwortung auch noch Zeit für mich zu schaffen. Daher meine Morgenroutine und mein Freitagabend-Basketball. Dort geht es einfach nur ums Spielen und um entspannte Gespräche über deutlich unkompliziertere Dinge als Startups, Karriere oder Business. Das tut gut und gibt mir Energie.“

Ankerpunkte fürs Wesentliche

Ähnlich ergeht es Instahelp-Founderin Bernadette Frech. Für die Gründerin des Grazer Health-Startups sind Rituale bewusste Ankerpunkte, um den Fokus auf dem Wesentlichen zu halten – im Beruf wie im Privatleben.

„Eines der wichtigsten Rituale habe ich mit meinen Kindern: Jeden Morgen beginnen wir den Tag mit einer vollen Minute Umarmung, ohne Worte, nur Nähe. Das stärkt unsere Bindung und gibt uns einen liebevollen Start in den Tag“, sagt Frech. „Abends reflektieren wir gemeinsam: Beim Rückenkraulen sprechen wir über Belastendes, bei der kitzligen Fußmassage teilen wir schöne oder lustige Momente und bei der Kopfmassage besprechen wir, wofür wir dankbar sind und was uns gut gelungen ist.“

Ambition vs. Balance

Auch bei ihr haben sich Rituale über die Jahre verändert und sich immer wieder ihren Lebensumständen angepasst. Früher, als berufliche Ambitionen im Vordergrund standen, hatten Frechs Rituale viel mit persönlicher Effizienz und beruflicher Zielerreichung zu tun. Heute, als dreifache Mama und Unternehmerin, haben sich die Prioritäten verschoben.

„Es geht mir jetzt viel stärker darum, eine Balance zwischen Karriere und Familie zu finden, ohne den Fokus auf meine eigene mentale Gesundheit zu verlieren“, erklärt sie. Das Ritual mit ihren Kindern sei ein Beispiel dafür, wie sich Rituale an neue Lebensphasen anpassen.

„Früher hätte ich vielleicht nicht gedacht, dass eine Umarmung am Morgen oder ein Ritual vor dem Schlafengehen so kraftvoll sein könnten. Heute sind es genau diese Momente, die mich erden und mir und meinen Kindern Energie geben“, erzählt sie. „Was sich jedoch nie geändert hat, ist meine wöchentliche psychologische Beratung. Sie ist seit Jahren eine Konstante, die mich sowohl beruflich als auch persönlich auf Kurs hält, auch wenn sich die Themen im Laufe der Zeit wandeln.“

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