10.11.2021

Haus aus dem 3D-Drucker: So setzt STRABAG das neue Verfahren ein

An einem STRABAG-Standort in Niederösterreich entsteht in nur 45 Stunden Druckzeit ein neues Bürogebäude. Was bringt das neue Verfahren und wo liegen die Herausforderungen?
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Der 3D-Druck ermöglicht Gestaltungsfreiräume gegenüber dem klassischen Betonbau, wie z.B. architektonisch ansprechende abgerundete Formen. © STRABAG/ Peri
Der 3D-Druck ermöglicht Gestaltungsfreiräume gegenüber dem klassischen Betonbau, wie z.B. architektonisch ansprechende abgerundete Formen. © STRABAG/ Peri
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Gerade einmal 45 Stunden arbeitet der 3D-Drucker am Rohbau des neuen STRABAG-Büros in in Niederösterreich. In Hausleiten stand dazu ein haushoher 3D-Drucker, der Schicht für Schicht Beton auftrug, bis der 125 Quadratmeter große Bau fertig war. „Der 3D-Betondruck bringt einen wichtigen Innovationsimpuls für die Baubranche und ist eine spannende Ergänzung zu anderen Bauweisen. Wir wollen mit diesem Praxistest gemeinsam mit unseren Partnern PERI und Lafarge den 3D-Betondruck weiterentwickeln”, sagt der für Digitalisierung und Innovation verantwortliche STRABAG-Vorstand Klemens Haselsteiner.

Auf einem fest installierten Metallrahmen bewegt sich der 3D-Drucker über drei Achsen an jede Position innerhalb der Konstruktion. Zunächst werden mit dem Trockenmörtel schichtweise zwei parallele Druckbahnen aufgebaut, die eine Hohlwand bilden. Die Wand wird schließlich mit Ortbeton aufgefüllt. Während dieses Vorgangs berücksichtigt der Drucker bereits spätere Leitungen und Anschlüsse. Selbst die Wärmedämmung wird mit dem 3D-Drucker umgesetzt, der dazu einfach eine zusätzliche Druckbahn vor die Außenwand setzt, die dann mit Dämmmaterial gefüllt wird. 

Diese Vorteile bringt der 3D-Betondrucker

Der Vorteil des Verfahrens liegt einerseits in der kurzen Bauzeit. Der BOD2 Portaldrucker des 3D-Betondruck-Pioniers PERI schafft einen Meter pro Sekunde. Gleichzeitig ermöglicht der 3D-Drucker gestalterische Spielräume, die im klassischen Betonbau schwierig umzusetzen sind – etwa abgerundete Wände. Neben den technischen Vorteilen, geht es aber auch darum, Fachkräfte effizienter einsetzen zu können, indem repetitive Tätigkeiten automatisiert werden. “Technologien wie der 3D-Betondruck sind einer von vielen notwendigen Wegen, um den Fachkräftemangel in unserer Branche auszugleichen. Ein wichtiger weiterer Weg ist natürlich, dass wir selbst Fachkräfte in Form einer qualitativ hochwertigen Ausbildung schaffen. Das tun wir z. B. auf unserem kürzlich eröffneten STRABAG Camp[us] Ybbs”, erklärt STRABAG-CEO Thomas Birtel. “Für uns ist auf längere Sicht der Facharbeiter, die Facharbeiterin nicht von der Baustelle wegzudenken”. 

© STRABAG/ Peri
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Facharbeiter und 3D-Drucker bauen gleichzeitig

Insofern war es für STRABAG auch wichtig, dass der Druckprozess so gestaltet ist, dass das Baustellenpersonal gleichzeitig am Bauwerk arbeiten kann. “Da es sich noch um eine sehr junge Technologie handelt, mussten wir beispielsweise Lösungen für Fensteranschlüsse und die Abdichtung zur Bodenplatte finden, damit das Bürogebäude auch dicht ist. Hier konnten unsere Ingenieure ihr Wissen und ihre Erfahrung einbringen”, so Haselsteiner. Gleichzeitig gebe es derzeit beim 3D-Betondruck noch Einschränkungen bei der Gebäudegröße: “Insofern sehe ich den 3D-Betondruck als eine spannende Ergänzung zu den aktuellen Bauweisen”.

Die Technologie hinter dem ersten 3D-gedruckten Haus in Österreich kommt von PERI, wo man sich bereits seit 5 Jahren intensiv mit dem Thema beschäftigt: “2018 haben wir uns an der dänischen Firma COBOD beteiligt, dem weltweit führenden Hersteller von 3D-Betondruckern. Der BOD2, der hier in Hausleiten druckt, stammt von unserem Technologiepartner COBOD”, sagt PERI-CEO Christian Schwörer. Er rechnet damit, dass die Technologie in den nächsten Jahren vor allem im Wohnungsbau an Bedeutung gewinnen wird – in Deutschland hat PERI in diesem Bereich bereits erste Projekte umgesetzt.

© STRABAG/ Peri
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Baubewilligung schafft wichtige Grundlage in Österreich

“Wichtig ist: alle unsere Projekte sind „echte“ Häuser, die alle baurechtlichen Genehmigungsprozesse durchlaufen haben, die vermietet und bewohnt werden, bzw. in denen Menschen arbeiten”, betont Thomas Imbacher, Vorstand Innovation & Marketing bei PERI. In Österreich ist der Weg für solche Projekte nun geebnet: “Wichtig war es auch, mit diesem ersten Projekt auf Behörden-Seite Wissen zu dieser neuen Technologie aufzubauen. Mit dieser Baubewilligung haben wir eine wichtige Grundlage für weitere Projekte dieser Art geschaffen”, sagt Peter Krammer, im STRABAG SE-Vorstand für Österreich zuständig.

Beton-3D-Druck ist auch materialseitig eine Herausforderung, denn das Druckmaterial muss lange verarbeitbar bleiben. “Das 3D-Druckmaterial, sprich der Trockenmörtel aus der TectorPrint-Serie, das beim Bürogebäude in Hausleiten zum Einsatz kommt, zeichnet sich durch eine lange Verarbeitbarkeit und hohe Pumpbarkeit aus”, erklärt Gernot Tritthart, Vertriebs- und Marketingdirektor bei Lafarge.

Videobeitrag zum 3D-Betondruck in Niederösterreich in der Show brutkasten backstage:

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


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