14.12.2023

Grüne Wirtschaftssprecherin: “Für uns ist Wirtschaft wichtiger, als manche glauben wollen”

Elisabeth Götze, die Wirtschaftssprecherin der Grünen im Nationalrat, im Interview über die FlexKap und die nächsten wichtigen Themen im Startup-Bereich.
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Elisabeth Götze | (c) Die Grünen
Elisabeth Götze | (c) Die Grünen

Unter der Ägide der Grünen Justizministerin Alma Zadić ist mit der neuen Rechtsform FlexKap und der Mitarbeiter:innenbeteiligung der wohl größte Brocken in Sachen Startup-Politik der vergangenen Jahre entstanden. Aber wie stark ist die Handschrift der Grünen im neuen Gesetz tatsächlich abzulesen? Wir haben die grüne Wirtschaftssprecherin im Nationalrat, Elisabeth Götze, im Interview zur FlexKap und weiteren Startup-Themen befragt.


Die Grünen fallen in der Startup-Politik meist nicht stark auf. Wie relevant ist das Thema für die Partei?

Für mich persönlich und für die Grünen ist das Thema sehr relevant. Ich war in den vergangenen drei Jahren mit dem FlexKap-Gesetz beschäftigt – auch als noch von der “Austrian Limited” die Rede war. Für uns Grüne ist Wirtschaft wichtiger, als das manche glauben wollen. Auch die Förderung von Gründung, von jungen Unternehmen und im Speziellen Startups halte ich für sehr wichtig.

Wie Sie erwähnt haben, hat es drei Jahre zum FlexKap-Gesetz gedauert. Unter der Hand hat man gehört, dass auch die Grünen beim einen oder anderen Thema blockiert haben – wie auch andere Gruppen. Wie war das aus ihrer Sicht?

Es war ein Aushandlungsprozess und wir haben auch deswegen so lange gebraucht, weil wir sichergehen wollten, dass diese neue Gesellschaftsform wirklich wasserfest wird. Das ist die erste neue Gesellschaftsform seit über einhundert Jahren in Österreich. Wir haben sehr bewährte Rechtsformen und es ist wichtig, dass auch die neue gut funktioniert und allgemeine Anerkennung erfährt – und ich bin davon überzeugt, das ist uns gelungen.

Es gab von Grüner Seite durchaus Diskussionen und Einwände. Aber ich glaube, wir haben einen guten Weg hingelegt und diese Bedenken alle ausgeräumt – in jede Richtung. Denn die gab es übrigens auch bei unserem Koalitionspartner.

Also sind Sie zufrieden mit dem Ergebnis?

Ich bin sehr zufrieden. Das ist, glaube ich, wirklich ein Schritt in die richtige Richtung und eine wesentliche Verbesserung für die Startups. Und ich bin froh, dass das Gesetz mit 1. Jänner in Kraft tritt.

Gibt es aus Ihrer Sicht trotzdem Punkte beim FlexKap-Gesetz und der Mitarbeiter:innenbeteiligung, wo man noch nachschärfen könnte? Oder wo es in den kommenden Jahren einen weiteren Handlungsbedarf gibt?

Wenn ich das schon wüsste, dann hätten wir es schon gemacht. Das Gesetz ist gut abgerundet. Wenn sich zeigt, dass es Verbesserungen braucht, dann wird es die Möglichkeit natürlich geben. Aber ich glaube, es muss erst einmal in Kraft treten. Dann sehen wir, wie es funktioniert und können gegebenenfalls reagieren. Im Moment sehe ich keinen Bedarf.

Aus der Startup-Community gab es ja beispielsweise die Forderung, die Fristen bei der Mitarbeiter:innenbeteiligung weiter zu verkürzen. Nach dem Erstentwurf wurden sie von drei Jahren im Unternehmen und fünf Jahren Haltefrist auf zwei bzw. drei Jahre verkürzt. Die Community wollte aber jeweils ein Jahr. Wie sehen Sie das? Könnte man der Startup-Szene da nicht noch mehr entgegenkommen?

Wie Sie gesagt haben, hat es nach der Begutachtungsphase eine wesentliche Verbesserung aus Sicht der Startups gegeben. Ich glaube, das ist jetzt eine gute Lösung.

Was sind aus Ihrer Sicht die nächsten großen Themen, die in der Startup-Politik behandelt werden sollten?

Wie ich schon vorhin gesagt habe, haben wir nun einen wirklich wichtigen Meilenstein erreicht, um den Startups zu signalisieren, wie entscheidend wir sie für den Erfolg Österreichs sehen.

Das drängendste Problem, von dem ich aus der Startup-Szene höre, ist die finanzielle Lage. Es ist momentan sehr schwierig, weil viele Investor:innen auslassen. Auch die allgemeine wirtschaftliche Lage setzt den Startups zu.

Ein zweites Thema, das mir persönlich ein großes Anliegen ist, ist das Frauen-Thema. Wir wissen, dass sehr viele Frauen Unternehmen gründen, aber gleichzeitig wissen wir, dass Frauen lange nicht so viele Investments bekommen wie Männer. Da ist es aus meiner Sicht wichtig, gegenzusteuern. Es gibt bereits Regelungen, dass Unternehmen mit mehr Diversität stärker unterstützt werden und das halte ich für eine richtige Entwicklung. Wir wissen ja, wie viel resilienter diverse Unternehmen sind. Für die Frauen-Startups würde ich mir noch mehr wünschen.

Sie haben es gerade angesprochen: Wir haben ja in Österreich zumindest im EU-Vergleich eine relativ hohe Gründerinnen-Quote bei Startups. Was statistisch richtig schlecht ist, ist die Lage bei Investment-Finanzierungen für frauengeführte Startups. Gibt es da eine politische Schraube, an der man drehen könnte?

Es gibt ja wie gesagt bereits die Förderungen für frauengeführte Startups zu Unternehmensbeginn. Inwieweit man auch die Investor:innen beanreizen muss, ist sicherlich auch ein Thema. Ich glaube, da geht es auch sehr stark um Bewusstseinsbildung. Wenn man weiß, dass diverse Unternehmen erfolgreicher sind, dann macht es absolut Sinn  in diese zu investieren. Also da sehe ich auch von Seiten der Medien Handlungsbedarf darüber zu informieren.

Was könnte man von politischer Seite noch machen, um mehr Frauen zum Startup-Gründen zu animieren? Bei den Unternehmensgründungen insgesamt ist ja die Frauenquote viel höher als spezifisch bei den Startup-Gründungen…

Was wir jetzt jedenfalls gemacht haben ist, dass wir das FlexKap-Gesetz in weiblicher Form geschrieben haben. Inwieweit das Frauen motiviert, wird sich zeigen, aber ich finde es ein sehr schönes Signal zu sagen: Gründen ist nicht männlich, gründen ist auch sehr stark weiblich und wir wollen auch Gründerinnen haben. Auch das war ja sehr stark in Diskussion. Üblicherweise sind in Gesetzestexten die Frauen mitgemeint und in diesem Fall sind die Männer mitgemeint; ich bin davon überzeugt, die jungen Gründer fühlen sich hier auch angesprochen.

Anderes Thema: Bei der Rot-Weiß-Rot-Karte soll jetzt mit einem Strategieausschuss noch mehr Tempo gemacht werden. Was ist die Position der Grünen zum Thema qualifizierte Einwanderung?

Bei der Rot-Weiß-Rot-Karte hat es in den vergangenen Jahren wesentliche Verbesserungen gegeben. Man merkt, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte schon viel stärker in Anspruch genommen wird und ich denke, weitere Erleichterungen machen absolut Sinn.

Ein Teil des Problems sind aber nicht nur die Bestimmungen, sondern die Prüfungen und die Dauer der Prozedur. Auch da hat es schon Verbesserungen gegeben, etwa dass die Rot-Weiß-Rot-Karte vorläufig beantragt und dann verlängert werden kann, wenn man eine Fachkraft sehr schnell braucht.

Generell zum Thema Fachkräftemangel: Was sind aus Ihrer Sicht notwendige politische Schritte, um hier weiter entgegenzuwirken?

Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern grundsätzlich einen Arbeitskräftemangel. Das ist ein großes gesellschaftliches Thema. Wir arbeiten dem auf verschiedenen Ebenen entgegen. Eine wichtige Frage ist: Wie können Menschen ihre diversen Betreuungspflichten mit der vollen Berufstätigkeit, die sie auch leisten wollen, verbinden. Gerade für Frauen, die da besonders häufig betroffen sind, ist das eine große Herausforderung. Da gibt es noch ein Riesenpotenzial. Wenn wir das heben können, ist viel gewonnen.

Um hier auch nochmal auf das Thema Gründungen von Frauen zurückzukommen: Wir wissen, dass Unternehmerinnen weniger Kinder bekommen. Ein Anliegen ist daher, dass Elternschaft mit Unternehmensführung besser vereinbar ist. Das ist eine große Herausforderung, weil Unternehmerin ist frau selbst und ständig und das geht sich schwer mit Betreuungspflichten aus, die dann auch austariert werden müssen. Ich setze mich dafür ein, dass es hier wirklich Verbesserungen gibt.

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Rechtsanwalt Christian Nordberg | (c) Nordberg

Mitten in der österreichischen Startup-Szene sorgte das Quantencomputing-Unternehmen ParityQC im April diesen Jahres für Aufsehen: Das Unternehmen rund um Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser sicherte sich ein Investment der B&C Innovation Investments GmbH, die mit einem nicht genannten Betrag beim Spin-off einstieg. Laut einer Aussendung der Uni Innsbruck und der Österreichische Akademie der Wissenschaften erreichte ParityQC eine Bewertung vergleichbar mit US-börsennotierten Quantenunternehmen. Diese Bewertungen bewegten sich zum damaligen Zeitpunkt meist im niedrigen neunstelligen Bereich. (brutkasten berichtete).

Aber wie läuft ein solcher Deal ab, insbesondere wenn es um hochsensible Technologien wie Quantencomputing geht? brutkasten hatte die Gelegenheit, mit Christian Nordberg, dem Rechtsanwalt, der die Transaktion rechtlich begleitet hat, zu sprechen. Nordberg liefert Einblicke in die Dynamik einer solchen Finanzierung, die Rolle der IP-Rechte und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem liefert Nordberg auch Tipps für Startups, die sich in einer Finanzierungsrunde befinden.

Die Ausgangslage im Fall von ParityQC

Das 2019 gegründete Unternehmen ParityQC hat sich in kürzester Zeit einen Namen in der internationalen Quantencomputing-Szene gemacht. Die Gründer Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser entwickelten ein einzigartiges Architekturmodell für Quantencomputer, das speziell auf Optimierungsprobleme ausgerichtet ist. Diese Technologie ist in der Lage, komplexe Probleme schneller und effizienter zu lösen als herkömmliche Systeme – ein entscheidender Vorteil in Bereichen wie Logistik, Energienetzwerken und Finanzmärkten.

Anders als viele Startups, die oft Jahre brauchen, um profitabel zu werden, hatte ParityQC in der Phase der Finanzierungsrunde bereits eine starke finanzielle Basis. Dank renommierten Kunden wie NEC ist das Unternehmen nach eigenen Angaben seit 2023 profitabel – eine Seltenheit in der Quantenbranche (brutkasten berichtete).

“Ein Unternehmen wie ParityQC, das bereits operativ erfolgreich ist, hat natürlich eine viel bessere Verhandlungsposition gegenüber Investoren als ein Startup in der Frühphase, das dringend Kapital benötigt,“ erklärt Nordberg. Die Profitabilität und die bereits bestehende Kundenbasis gaben dem Unternehmen eine gewisse Unabhängigkeit und Verhandlungsmacht.

Die Bedeutung von IP-Rechten

In der hochspezialisierten Welt des Quantencomputings kommen rechtliche Herausforderungen, wie die Bewertung und Absicherung geistigen Eigentums, besonders stark zum Tragen. Bei einer Due-Diligence-Prüfung wird das gesamte Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft – von den finanziellen Aspekten über das Geschäftsmodell bis hin zu den IP-Rechten.

Nordberg erklärt: „Für den Investor steht die Frage im Vordergrund, wie gut die einzigartigen Technologien von ParityQC rechtlich geschützt und risikominimiert werden können.“ IP-Rechte, insbesondere bei einer technologischen Innovation, die wie bei ParityQC eine Zukunftsbranche vorantreibt, sind ein entscheidender Faktor, um das Investment langfristig abzusichern.

In diesem Fall wurde ein technischer Berater hinzugezogen, der die Patente und Technologien im Detail analysierte. Neben dem rechtlichen Schutz ist es hier wichtig, dass der Inhalt und die Funktionsweise der Technologie verstanden werden. “Bei Quantencomputing war das auch für uns als Kanzlei eine besondere Herausforderung, da es sich um hochkomplexe technologische Entwicklungen handelt”, so Nordberg.

Weit mehr als reine Paragraphen

Die Rechtsberatung spielte in der Verhandlungsphase von ParityQC eine zentrale Rolle. Neben der Prüfung der rechtlichen Aspekte war es für Nordberg und sein Team essenziell, das Unternehmen durch die Verhandlungen zu begleiten und strategisch zu beraten. Der Unterschied zu größeren Unternehmen besteht oft darin, dass Startups keine eigenen Rechtsabteilungen oder Corporate-Strukturen besitzen. “Bei ParityQC war das zwar nicht der Fall, Startups in der Frühphase benötigen allerdings oft nicht nur rechtliche, sondern auch strukturelle Unterstützung, um den Anforderungen von Investoren gerecht zu werden“, betont Nordberg.

Die Anforderung an den Rechtsberater ist nicht nur eine klassische Rechtsberatung zu liefern, sondern auch ein Verständnis für unternehmerische Abläufe mitzubringen. “Wenn Startups Unterstützung bei Verhandlungen benötigen, dann geht es häufig auch darum, die Verhandlungsposition zu stärken und sicherzustellen, dass das Startup langfristig von der Partnerschaft mit dem Investor profitiert,“ erklärt Nordberg.

Ein zusätzlicher, oft unterschätzter Aspekt sind dabei die vertraglichen Feinheiten, die sich aus der Investmentrunde ergeben. Hierzu zählt etwa der Gesellschaftsvertrag, der neu aufgesetzt wird, um Investoren Mitsprache- und Vetorechte einzuräumen, ohne dabei die Gründungsgesellschaften in ihrer zukünftigen Geschäftsentwicklung zu stark einzuschränken.

Tipps für Startups in Finanzierungsphasen

Nordberg gibt zudem auch Ratschläge für Startups, die sich in einer Finanzierungsphase befinden. „Investoren wollen sehen, dass ein Startup eine gewisse Struktur aufweist, da dies Vertrauen schafft“, betont er. Dabei gehe es keinesfalls darum, die Atmosphäre eines Konzerns zu simulieren, sondern vielmehr darum, grundlegende Prozesse und Abläufe klar zu definieren. “Wenn ein Startup strukturiert auftritt und den genauen Finanzierungsbedarf kennt, zeigt das den Investoren, dass sie es mit einer professionellen Organisation zu tun haben,“ so Nordberg.

Ein weiterer Tipp des erfahrenen Anwalts betrifft die Wahl des Investors. Hier sollten Gründer:innen darauf achten, dass der Investor zur Unternehmenskultur und den Zielen passt. Neben dem finanziellen Beitrag sind es oft die Netzwerke, Branchenkenntnisse und die Unterstützung bei der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung, die ein Investor bieten kann. “Ein Startup sollte sich gut überlegen, ob der Investor lediglich Kapital bereitstellt oder auch strategischen Mehrwert bringt,“ erklärt Nordberg.

Arbeit mit Startups erfordert Dynamik und Flexibität

Nordberg teilt zudem auch seine persönlichen Learnings. Für Rechtsanwälte, die sich mit Startup-Beratung beschäftigen, bringt diese Arbeit eine besondere Dynamik und Flexibilität mit sich. Die oft noch jungen Gründer:innen sind stark auf die Entwicklung ihrer Produkte und Ideen fokussiert, und Rechtsberatung muss daher effizient und verständlich sein. „Die Gründer haben selten die Zeit und Kapazität, sich in komplexe juristische Details einzuarbeiten. Da ist es unsere Aufgabe, sie praxisnah und lösungsorientiert zu unterstützen,“ sagt Nordberg.

Abschließend betont Nordberg, dass es für die österreichische Gründerszene ein positives Signal sei, dass ein so komplexes Thema wie Quantencomputing in Österreich erfolgreich im Zuge einer Eigenkapitalrunde finanziert werden konnte. Der Anwalt ist überzeugt, dass derartige Deals dazu beitragen, den Innovationsstandort Österreich zu stärken. Mit seiner Kanzlei sieht er sich gut aufgestellt, um weiteren Startups den Weg durch die komplexe Welt der Investorengespräche zu ebnen – eine Rolle, die in einer wachsenden Startup-Landschaft immer wichtiger wird.


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