24.06.2019

goUrban: Pivot vom Wiener E-Moped-Startup zum globalen Tech-Anbieter

Das Wiener Startup goUrban startete im Frühjahr 2018 mit einer Sharing-Plattform für 50 E-Mopeds in Wien. Noch im selben Jahr erfolgte der (Teil-)Pivot. Inzwischen hat man mit der eigenen Sharing-System-Software-Lösung Kunden in drei Kontinenten.
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goUrban-CEO und -Co-Founder Jonathan Gleixner - Pivot zum globalen B2B-Software-Anbieter
(c) der brutkasten / Haris Dervisevic: goUrban-CEO und -Co-Founder Jonathan Gleixner

Wer aufmerksam durch Wien geht, sieht sie immer wieder: die E-Mopeds des Wiener Startups goUrban. Nach längerer Vorbereitung und einem Investment war man im Frühjahr 2018 mit 50 Stück davon in den Markt gestartet. In den Monaten darauf zeichnete sich aber ein noch viel größeres Geschäftsmodell ab, das noch im gleichen Jahr zum (Teil-)Pivot und zum Absprung eines der Co-Founder führte. Die Mopeds fahren nach wie vor auf Wiens Straßen. Mit dem Software-Angebot goUrban Mobility will man aber nichts geringeres als den globalen Sharing-Markt erobern – von der B2B-Seite.

+++ Fokus-Channel: Mobility +++

Sharing ohne System

“Wir hatten zunächst die Software für unser eigenes Sharing-Modell zugekauft. Die hat prinzipiell funktioniert, aber es hat sich gezeigt: Es ist kein System dahinter, mit dem man gut skalieren kann”, erzählt goUrban Co-Founder und CEO Jonathan Gleixner im Gespräch mit dem brutkasten. Es ist ein Problem, das man zunächst bei den neuen Fahrrad-Sharing-Anbietern, die bald wieder verschwanden gesehen habe. Und nun sehe man es etwa bei den vielen E-Tretroller-Startups. Man habe sich also entschlossen, die Software selbst zu bauen, erzählt der CEO.

Mehr Effizienz

“Wir haben zunächst für uns selbst gewisse Metriken verstanden. Es geht uns darum, die Systeme effizienter zu machen. Man muss systematisch anschauen, wo welcher Bedarf besteht und die Fahrzeuge entsprechend platzieren”, erklärt Gleixner. Ein großes Thema sei etwa Relocation. “Es braucht z.B. Incentives für Nutzer, Fahrzeuge an bestimmte Plätze zu bringen. Das erhöht einerseits die Verfügbarkeit für Nutzer und ist andererseits im Interesse der Stadt, die nicht überall verstreute Fahrzeuge haben will. Und mit dieser Effizienz wird das System natürlich am Ende des Tages günstiger”. Zu dieser Frage kooperiere man auch mit der Wiener TU.

Jonathan Gleixner im aktuellen Video-Talk

Live-Talk mit Jonathan Gleixner, COO von goUrban

Jonathan Gleixner, der Co-Founder und COO von goUrban, dem Wiener e-Scooter Sharing Anbieter über den Pivot zum globalen Technologieanbieter für Shared-Mobility, die Marktexplosion und die große Roadmap zum Android für Mobilität!

Gepostet von DerBrutkasten am Montag, 24. Juni 2019

Nicht aus Not pivotiert

Für das zunächst für das eigene Sharing-Service entwickelte System habe schnell unerwartet viel Nachfrage von außen bekommen, erzählt Gleixner. “Schon Ende letzten Jahres haben wir dann die ersten Kunden ongeboarded. Inzwischen gibt es täglich neue Anfragen. Wir sind momentan auf drei Kontinenten, Europa, Asien und Südamerika, operativ tätig und haben 16 zahlende Kunden – und jede Woche kommen neue dazu”. Anders als in anderen Unternehmen, habe man aber nicht aus Not pivotiert, wie Gleixner betont: “Unser Geschäftsmodell war weder schlecht noch nicht lukrativ. Wir haben einfach ganz andere Chancen gesehen und die guten Umsätze aus dem Moped-Sharing haben uns bislang viel geholfen”.

goUrban “vom Scooter bis zum Helikopter”

Mit goUrban Mobility sei man nun, was die möglichen Kunden anbelange, sehr offen. “Es ist eine ganze Bandbreite von Fahrzeugen möglich – vom Scooter bis zum Helikopter”, sagt Gleixner. Man richte sich an große Corporates und Mobility-Startups ebenso, wie an ganze Städte, die ihr ÖPNV-Angebot ergänzen wollen. Generell sei Shared Mobility nur in einer Dreierkonstellation möglich, erklärt der goUrban CEO: “Die erste Komponente ist die Technologie, die zweite sind die Nutzer – sie müssen sehen, dass Mehrwert größer ist, als ein eigenes Auto zu nutzen. Die dritte ist die Stadt – dort treten durch die vielen Anbieter Probleme auf und unser System schafft Ordnung”.

“Android für Mobilität”

Auch wenn man die Lösung stark automatisiert habe und neue Kunden innerhalb weniger Stunden onboarden könne – die Nähe am Kunden sei weiterhin essenziell. “Jede Stadt ist so individuell, dass ich mit Standard-Lösung nur bedingt weit komme. Bei unserer dynamischen, flexiblen, offene Plattform können Betreiber ihre eigene App aufsetzen und marktspezifische Features einbauen. Wir wollen an der Basis stehen und damit das ‘Android für Mobilität’ werden”, sagt Gleixner. Die Flexibilität bilde sich auch im Pricing ab: Nach einer “kleinen Setup-Fee” für das Standard-Paket zahlen Kunden dann pro Fahrzeug pro Monat.

Delivery-Modell für Zwischenzeiten

Die Erfahrungen aus den ersten Monaten haben goUrban übrigens bereits zum nächsten Produkt gebracht. “Es ist eigentlich logisch: Die meisten Mieten hat man bei Sharing-Systemen in der Früh und am Abend also für den Weg zur und von der Arbeit. Die Frage war also: Wie bekommen wir untertags mehr Auslastung? Wir haben daher Anfang des Jahres ein Delivery-Produkt gelauncht. Die Sharing-Systeme können so z.B. für Essenszustellung genutzt werden”, erklärt Gleixner.

Uber als potenzieller Konkurrent?

Bei dieser Entwicklung verwundert auch das Motto, das der CEO für die nahe Zukunft ausgibt, wenig: “Wir wollen sehr, sehr schnell wachsen”. Man suche daher gerade Investoren  – vorrangig in USA und Asien. Man müsse sehr schnell eine gewisse Größe erreichen. Denn “jeder große Anbieter” baue gerade an einer guten Lösung – potenziell könne auch Uber zum Konkurrenten werden. Die Wachstumsstrategie schlägt sich auch im Hiring nieder. 19 Personen arbeiten derzeit für goUrban – momentan noch alle am Standort Wien. “Und jeden Monat kommen weitere dazu”, sagt Gleixner. “Wir suchen im Moment alles von Sales über Business Development und Marketing bis hin zu diversen Developern”.

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Das "Expedition Zukunft"-Team, Annamaria Andres (erste links) | (c) FFG

In Zeiten großer gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und ökologischer Herausforderungen braucht es mutige Ideen, die nicht nur schrittweise verbessern, sondern bestehende Systeme grundlegend neu denken. Genau hier setzt das Förderprogramm „Expedition Zukunft“ der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) an. Annamaria Andres, die das Programm maßgeblich mitentwickelt hat, betont: “Die EU und auch Österreich sind sehr gut in inkrementellen Innovationen und Grundlagenforschung, doch es braucht auch disruptive Ansätze, um die Welt zu einem besseren, gerechteren und nachhaltigeren Ort zu verändern.”

Mehr als inkrementelle Verbesserungen

Das Ziel von “Expedition Zukunft” ist es, Projekte zu unterstützen, die einen echten Paradigmenwechsel bewirken können. Während traditionelle Innovationsprogramme oft auf Verbesserungen bestehender Technologien und Prozesse abzielen, sucht „Expedition Zukunft“ nach bahnbrechenden Ideen. Es geht darum, mit komplett neuen Ansätzen die jetzigen Herausforderungen anzugehen. Diese Herausforderungen könnten technologischer, gesellschaftlicher oder ökologischer Natur sein.

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Zwei Wege in die Zukunft: #START – Business Edition und #INNOVATION

Das Programm gliedert sich in mehrere Ausschreibungsschienen. Hier ein Überblick zu zwei Förderschienen, die sich besonders für Gründer:innen von Startups und KMU eignen:

  • #START – Business Edition: Hier können Gründer:innen und KMU einreichen, die ganz am Anfang stehen. Sie haben eine visionäre Idee, aber noch kein ausgearbeitetes Konzept. Es geht darum, die Durchführbarkeit zu testen – nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch in Bezug auf soziale Aspekte, strategische und rechtliche Rahmenbedingungen. Für diesen Schritt stellt die FFG bis zu 80.000 Euro zur Verfügung.
  • #INNOVATION: In dieser Schiene wurde ein Problem bereits klar definiert, die Lösung ist jedoch noch offen. Mit einer Förderung von bis zu 150.000 Euro bei einer Förderquote von 50 Prozent unterstützt das Programm die Lösungsfindung in Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern. Hier geht es um iterative Innovationsprozesse, wie zum Beispiel Open Innovation und Design Thinking, um eine optimale Lösung für eine Zielgruppe oder ein disruptives Geschäftsmodell zu entwickeln.

Weitere Ausschreibungsschienen findet ihr auf der Programm-Website.

Mut zum Risiko und zur Veränderung

Disruptive Innovationen sind riskanter als schrittweise Verbesserungen. Sie bewegen sich oft in unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen, müssen neue Märkte erschließen und kulturelle Veränderungen anstoßen. Diese bahnbrechenden Ideen haben ein höheres Umsetzungsrisiko. Deshalb bietet das Programm neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Beratungsservices und Expeditionsguides.

Die Expeditionsguides sind Expert:innen, die die geförderten Projekte begleiten. Neben der individuellen Begleitung bietet das Programm auch Netzwerktreffen, bei denen sich die Fördernehmer:innen untereinander austauschen können.

Von der Vision zur Umsetzung

Ein zentrales Kriterium für die Förderung ist der Mut zur großen Vision. Dahingehend werden Fördernehmer:innen gesucht, die größer denken und bereit sind, neue Wege zu gehen. Diese Vision muss auch einen gesellschaftlichen oder ökologischen Mehrwert bieten. Es geht nicht nur um Profit, sondern um Impact – sei es in der Umwelt, der Gesellschaft oder der Wirtschaft.

Ein Beispiel für solche visionären Projekte sind Innovationen in der Raumfahrt, der Krebsbekämpfung, sozialen Inklusion oder Pflegekonzepte für eine alternde Gesellschaft.

Solche Ideen stoßen jedoch oft auf große gesellschaftliche Herausforderungen. So stellt beispielsweise die Bereitschaft der Menschen, eingefahrene Verhaltensmuster zu ändern, eine Hürde dar. Genau hier setzt das Programm an, um den notwendigen Wandel zu unterstützen und den Weg für zukunftsweisende Innovationen zu ebnen.

Unterstützung, die über Geld hinausgeht

Neben der finanziellen Förderung bietet „Expedition Zukunft“ auch umfangreiche Beratungsleistungen. Dazu gehören Workshops zu Geschäftsmodellen, Strategieberatung oder Hilfe bei IP-Fragen. So soll sichergestellt werden, dass die Projekte nicht nur technisch funktionieren, sondern auch erfolgreich umgesetzt werden können.

Das Programm „Expedition Zukunft“ vernetzt die Teilnehmenden gezielt mit relevanten Partner:innen aus Wirtschaft, Forschung und öffentlichem Sektor. Ein starkes Netzwerk aus Wirtschaftsagenturen, Ministerien und internationalen Partnern unterstützt dabei, die richtigen Kontakte zur richtigen Zeit zu knüpfen – oft der Schlüssel zum Erfolg eines Projekts.

Bewerbungsfrist und Kriterien

Die Einreichfrist für die #START Business Edition endet am 28. Januar um 12:00 Uhr. Die Schiene #INNOVATION ist als laufende Ausschreibung angelegt. Bewerber:innen müssen neben einer bahnbrechenden Idee auch den Willen mitbringen, Risiken einzugehen und groß zu denken. Diversität, gesellschaftlicher Impact und die Bereitschaft zur Veränderung sind entscheidend.

Abschließend merkt Andres an: “Wir suchen Visionär:innen, die bereit sind, die Welt zu verändern. Die Expedition Zukunft ist für diejenigen, die über den Tellerrand hinaus denken, die mutig sind und größer denken. Wer bereit ist, sich dieser Herausforderung zu stellen, findet in dieser Initiative der FFG nicht nur einen Förderer, sondern einen Partner auf dem Weg in die Zukunft.”

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