30.05.2017

Future Camp: Accenture eröffnet Innovationszentrum in Wien

Das Technologie- und Consulting-Unternehmen Accenture baut in der ehemaligen Börse eine "Werkstatt für digitale Innovation und Inspiration“ auf. Mit Design Thinking und Rapid Prototyping sollen disruptive Konzepte schnell zur Marktreife gebracht werden.
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(c) Accenture/Krewenka: In der alten Wiener Börse (Ansicht Innenhof) werden im Future Camp neue Technologien entstehen.
(c) Accenture: Michael Zettel

„Wir bringen das Silicon Valley nach Wien und setzen digitale Innovation gemeinsam mit unseren Kunden und Startups um“, sagt Michael Zettel, Country Managing Director von Accenture Österreich. Genau so einen Raum will das weltweit tätige Consulting- und Technologieunternehmen nun in Wien anbieten. Mit dem Future Camp, das am 31. Mai im ehemaligen Börse-Gebäude an der Wiener Ringstraße eröffnet, verfolgt Accenture ein klares Ziel: Kunden und Partnern des Unternehmens sollen Expertise und Werkzeuge geboten werden, neue Ideen zu entwickeln und unmittelbar zu testen. Mit einem Open Innovation-Ansatz soll ein intensiver Austausch von etablierten Unternehmen mit Startups und Accenture-Experten zum Erfolg führen.

+++ Design Thinking: Besser mit der Ungewissheit umgehen +++

In wenigen Stunden zum Prototypen

Konkret sollen mit Design Thinking und Rapid Prototyping disruptive Innovationen schnell zur Marktreife gebracht werden. Innovationsabteilungen etablierter Unternehmen und Startups können sich im Future Camp im Rahmen von Workshops auf ein Team von Experten stützen. „Vormittag Workshop, Nachmittag Werkstatt, und am Abend ist der Prototyp fertig. Nach dem Motto ‚Show – don’t tell’, entwickeln wir in Stunden und Tagen statt in Wochen und Monaten“, erläutert der Accenture-Österreich-Chef.” Neue digitale Anwendungen wie Virtual Reality oder Artificial Intelligence werden so erlebbar. Diese neuen Technologien unterstützen im Kreativprozess und beim Prototyping. In der technischen Umsetzung kommen Cloud-Technologien und Plattformen, Rapid Application-Development-Methoden, intelligente Automatisierung, Software-Frameworks und Plug-and-Play sowie auf Microservices basierende Architekturen zum Einsatz.

(c) Accenture: Die neuesten Technologien dienen im Future Camp als Werkzeug und Inspiration.

“thinking out of the box” nicht nur als leere Phrase

Im Future Camp entstehen nicht nur neue Ideen und Konzepte, sondern dank Rapid Prototyping können digitale Prototypen binnen kürzester Zeit Vorort entwickelt werden. „Wir haben die Möglichkeit, global Ideen zu sammeln, und diese lokal rasch umzusetzen. Das machen wir in einem Netzwerk mit Kunden, Startups und unseren weltweiten Technology Labs,“ so Michael Zettel. Als Devise gilt dabei “thinking out of the box”. Und bei Accenture legt man Wert darauf, dass man diesen Spruch nicht nur als leere Phrase nutzt. „Mit dem Future Camp machen wir unsere Kunden zu digitalen Champions, leben Innovation vor und schaffen gleichzeitig unmittelbar über 300 hochqualifizierte Arbeitsplätze in den nächsten zwei Jahren in Österreich“, so Zettel abschließend.

“Im digitalen Zeitalter gibt es nicht den einen Weg, wie Dinge funktionieren”

Beschleunigung verlangt mehr Risikobereitschaft

So ist es auch zu verstehen, wenn Mike Sutcliff, Group Chief Executive von Accenture Digital sagt: “Im digitalen Zeitalter gibt es nicht den einen Weg, wie Dinge funktionieren”. Dass man sich in Konzernen so oft auf einen Lösungsweg versteife, sei eines der großen Hindernisse im Innovationsprozess. Um disruptiv agieren zu können, brauche es eine risikofreundliche Unternehmenskultur. Denn Vorgänge, die früher Tage oder Wochen dauerten, passierten heute oft innerhalb von Minuten. “Wenig überraschend ändert diese Entwicklung im IT-Bereich alles”, sagt Sutcliff. Doch die Herausforderungen gingen eben noch weit über die rein technologische Komponente hinaus.

(c) Accenture/Krewenka: Ein Blick ins Innere des Future Camps.

+++ In der Digitalisierung gilt: Mut zum Ausprobieren +++

Ohne Open Innovation geht es nicht mehr

Daher sei das zentrale Thema Open Innovation, also eine Philosophie, die sowohl interne als auch externe Impulse als Wege zum Erfolg am Markt einbezieht. “In einer Welt, in der Wissen so weitläufig verteilt ist, können es sich Unternehmen nicht mehr leisten, sich nur auf die eigene Innovationsabteilung zu verlassen”, sagt Sutcliff.  Accenture wolle seine Kunden bei diesem Prozess unterstützen und durch extrem schnelle Umsetzung der Geschwindigkeit des Markts im digitalen Zeitalter gerecht werden. Davon sollen sowohl die Unternehmen als auch die beteiligten Startups wirtschaftlich profitieren.

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Florian WImmer (Blockpit), Henriette Lininger (Wiener Börse) und Norbert Haslacher (Frequentis)
Florian WImmer (Blockpit), Henriette Lininger (Wiener Börse) und Norbert Haslacher (Frequentis) | Fotos: brutkasten, Wiener Börse, Frequentis

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Themenpartnerschaft mit der Wiener Börse im brutkasten-Printmagazin von Dezember 2024 erschienen. Eine Download-Möglichkeit des gesamten Magazins findet sich am Ende dieses Artikels.


Der Gang an die Börse ist ein großer Schritt für jedes Unternehmen. Während er in den USA für die meisten Gründer:innen ein selbstverständliches Ziel ist, sind Unternehmen in Österreich oft etwas zurückhaltender. Aber warum eigentlich? Tatsächlich gibt es nämlich eine ganze Reihe von Gründen, die für einen Börsengang sprechen – egal, ob Scaleup, KMU oder Familienunternehmen.

Florian Wimmer gehört jedenfalls nicht zu jenen Gründer:innen, die Berührungsängste mit der Börse haben: Sein 2017 gegründetes Linzer Startup Blockpit entwickelt Steuer-Software für Krypto-Anleger:innen. „Für das Unternehmen ist ein Börsengang eine Option, für mich persönlich fast schon ein Ziel“, sagt Wimmer, der Blockpit als CEO führt. Er hält einen Börsengang auch für attraktiver als einen Unternehmensverkauf.

Kapital, Sichtbarkeit und Struktur

Was sind aber generell die wichtigsten Gründe, warum ein Unternehmen an die Börse gehen sollte? „Es gibt grundsätzlich drei Faktoren: Kapital, Sichtbarkeit und Struktur“, sagt Henriette Lininger. Sie ist bei der Wiener Börse Director für den Bereich Issuers. Mit frischem Kapital kann weiteres Wachstum finanziert werden. Gleichzeitig ist ein Börsengang eine Möglichkeit für Bestandsinvestor:innen, ihre Anteile zu Geld zu machen.

Doch auch Sichtbarkeit ist ein wichtiger Grund: Durch einen Börsengang wird ein Unternehmen öffentlich und transparent, was zu einer besseren Bonitätseinschätzung führt und das Vertrauen von Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Lieferant:innen stärkt. Und auch, was die Struktur angeht, bringt ein Börsengang Vorteile: „Der Prozess wirkt wie ein Fitnessprogramm für Unternehmen“, erläutert Lininger. Durch den ständigen Austausch mit Investoren und Analyst:innen erhalten Firmen wertvolles Feedback.

„Stärkere Professionalisierung als ohne Notiz”

Dies bestätigt auch Norbert Haslacher. Er ist seit 2018 CEO des Wiener Technologieunternehmens Frequentis, das unter seiner Führung 2019 an die Börse ging. „Durch die regulatorischen Anforderungen und den Dialog mit dem Kapitalmarkt kam es zu einer noch stärkeren Professiona-
lisierung des Unternehmens als ohne Notiz“, erläutert Haslacher.

Ein weiterer Grund für einen Börsengang gilt spezifisch für Familienunternehmen – und spielte auch bei Frequentis eine Rolle: Ein Börsengang ermöglicht nämlich die Heranziehung eines externen Managements und einen Übergang der Gründer in den Aufsichtsrat. „Vonseiten der Eigentümerfamilie, der Familie Bardach, wurde der IPO als optimaler Weg für die Transformation vom inhaber- zum managementgeführten Unternehmen gesehen“, erläutert Frequentis-CEO Haslacher.

„Timing ist alles“

So weit zu den unterschiedlichen Gründen für einen Börsengang. Wenn man sich aber dafür entschieden hat, was gibt es dann zu beachten? Hier sind einige Fragen zu klären; ganz grundlegend etwa, welcher Finanzierungsbedarf besteht und ob die Unternehmensstruktur bereits den Erfordernissen entspricht – oder ob beispielsweise eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft (AG) notwendig wird. Weiters muss man festlegen, wie hoch der Streubesitz sein soll.

Doch es geht nicht nur um formale Dinge: Ein Unternehmen, das an die Börse will und Investor:innen von sich überzeugen möchte, braucht eine Equity Story – also eine klare Vision,
wo das Unternehmen hinwill und warum sich Investor:innen daran beteiligen sollten.

Und auch der Zeitpunkt muss passen, denn die beste Equity Story hilft nichts, wenn das Marktumfeld nicht mitspielt. „Timing ist alles“, bringt es Henriette Lininger von der Wiener Börse auf den Punkt. Daher ist es für Unternehmen wichtig, gut vorbereitet zu sein, um offene Fenster für Transaktionen nutzen zu können.

 Von der Vorbereitung über die Vermarktung zum finalen Preis

Hat sich ein Unternehmen dann für einen Börsengang entschieden, gibt es einen klaren Ablauf: In der Vorbereitungsphase wählt man die Partner für den Börsengang aus – jedenfalls eine oder mehrere Investmentbanken, aber auch Kapitalmarktanwälte und Steuerprüfer. Die Investmentbanken sammeln im Rahmen einer Due Diligence alle wichtigen Informationen über das Unternehmen. Auf deren Basis wird dann der Börsenprospekt erstellt und im nächsten Schritt eine Preisspanne definiert.

Mit der „Intention to Float“, einer Absichtserklärung, an die Börse zu gehen, wird das Vorhaben dann öffentlich. Dann geht es an die Vermarktung: Auf Roadshows wird die Equity Story potenziellen Investor:innen präsentiert. Diese geben ihre Angebote ab und das Orderbuch füllt sich. Im Pricing wird der IPO-Preis festgelegt. Aus diesem ergeben sich auch die Bewertung und die Einnahmen, die im Zuge des Börsengangs generiert werden. Danach erfolgt die Aktienzuteilung sowie der Handelsstart.

Warum Wien als Handelsplatz attraktiv ist

Entscheidet sich ein Unternehmen grundsätzlich für einen Börsengang, stellt sich allerdings noch eine wichtige Frage: An welchem Handelsplatz soll der IPO erfolgen – an der Heimatbörse oder im Ausland? „Hier spielen drei Dinge eine Rolle: Visibilität, Internationalität und Liquidität“, erläutert Henriette Lininger. „Was die Visibilität angeht, muss ich mir überlegen, dass das Unternehmen in Wien vielleicht unter den Top 25 ist, während es in Frankfurt nur unter den Top 150 oder an der Nasdaq möglicherweise unter den Top 1.000 ist.“

Damit einher geht auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, in einen wichtigen Index aufgenommen zu werden – was auch wieder die Liquidität der Aktie erhöht, unter anderem, weil Fonds die Indizes replizieren.

Ein wichtiges Argument auch für Florian Wimmer von Blockpit: Eine mögliche Aufnahme in den österreichischen Leitindex ATX sei einer der Gründe, die für den Handelsplatz Wien sprächen, weil sie potenziell „sowohl für den Aktienpreis als auch für die Sichtbarkeit ein starker Boost“ sei, wie der Gründer sagt. Ein weiterer Grund für ihn: „Wenn das Unternehmen und die Börse im selben Land reguliert sind, macht das viele Prozesse leichter und effizienter.“

Bleibt noch die Frage nach der Internationalität: Auch die ist in Wien gegeben, wie Henriette Lininger von der Wiener Börse bestätigt: „Unsere institutionelle Investorenbasis ist sehr international, wobei die zwei größten die USA und Großbritannien sind, auf die gemeinsam über 50 Prozent entfallen. Außerdem sind alle namhaften Handelsteilnehmer aus der ganzen Welt an unser Handelssystem angebunden.“

Ob Florian Wimmer mit Blockpit in den nächsten Jahren den Sprung an die Börse wagt, wird sich zeigen. Für Frequentis war die Entscheidung für ein Listing jedenfalls goldrichtig, wie CEO Norbert Haslacher sagt: „Wir sind mit dem Börsengang in die Liga der Großen aufgestiegen.“


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