Fund F: Finales Closing bei 28 Millionen Euro – EIF als größter Investor
Mit 28 Millionen statt der ursprünglich anvisierten 20 Millionen Euro wurde der erste Fonds des Wiener VCs Fund F deutlich überzeichnet. Möglich wurde das vor allem durch die Beteiligung des European Investment Fund (EIF) als größter Limited Partner.
Speedinvest hatte mit seinem ersten Fonds 2011 ein Volumen von zehn Millionen Euro, bei Calm/Storm waren es 2019 im ersten Fonds 20 Millionen Euro. Auch bei Fund F sollten es 20 Millionen Euro werden, wie die Gründerinnen Lisa Fassl und Nina Wöss beim ersten Closing im Herbst 2022 ankündigten.
Doch es kam anders: Im finalen Closing kam der Wiener VC, der europaweit in von Frauen (mit-)gegründete Startups investiert, nun auf 28 Millionen Euro – und damit auf ein österreichisches Rekord-Volumen für einen First-Time-Fund im Preseed-/Seed-Bereich.
European Investment Fund (EIF) mit zehn Millionen Euro größter Limited Partner
Möglich sei diese Oversubscription vor allem durch den Einstieg des European Investment Fund (EIF) mit zehn Millionen Euro als größter Limited Partner geworden sagen Fassl und Wöss gegenüber brutkasten – auch den EIF für den ersten Fonds als Investor zu gewinnen, gelang bisher übrigens noch keinem heimischen VC. „Als wir den Fonds konzipiert haben, haben uns so gut wie alle gesagt, wir werden niemals im ersten Fonds Geld von institutionellen Investoren kriegen. ‘Das machen die nicht. Die backen keinen first time fund. Don’t even try!’ Unsere Einstellung war: ‘What can go wrong?’ Mehr als dass sie nein sagen, kann nicht passieren“, erzählt Fassl.
Der erste Kontakt mit einem Vertreter des EIF sei letztlich bei einer Panel-Diskussion entstanden. Einfach sei es aber nicht gewesen. Nach einer ersten positiven Rückmeldung sei man durch einen Jahre langen Prozess gegangen, der unter andrem die Anpassung sämtlicher Verträge erforderte. „Das war schon ressourcenintensiv“, so die Fund-F-Gründerin.
Ausrichtung von Fund F für EIF überzeugend
Letztlich trug gerade auch die klare Ausrichtung von Fund F bei, den EIF zu überzeugen. „Ein vielfältiges Finanzökosystem ist ein stärkeres Ökosystem“, wird EIF-Geschäftsführerin Marjut Falkstedt in der Aussendung zum finalen Closing zitiert. „Die Bemühungen von Fund F, den Frauenanteil in Startups und Venture Capital zu erhöhen, treiben den Wandel voran. Wir hoffen, dass dies mehr Frauen dazu inspiriert, die Zukunft der Technologie und der Investments mitzugestalten – was uns allen zugute kommt“, so Falkstedt.
Insgesamt vier institutionelle Investoren
Und es blieb nicht bei einem institutionellen Investor für Fund F. Mit der Venture-Capital-Initiative der aws (Austria Wirtschaftsservice) sowie der Raiffeisen Landesbank Steiermark und der Raiffeisen Holding Niederösterreich-Wien kamen noch weitere dazu. Zudem investierten zwei Familiy Offices, mehrere Unternehmensstiftungen und Privatpersonen, davon die Hälfte Frauen, wie Fassl betont. Auch Namen wie Hansi Hansmann oder die Gründer von Busuu und Runtastic finden sich auf der Liste.
Bereits 14 Investments und fünf Millionen Euro investiertes Kapital
Aktiv ist Fund F freilich nicht erst jetzt. 2022 gestartet, steht der VC aktuell bei 14 Investments und rund fünf Millionen Euro investiertem Kapital. Zwei weitere Investments stehen kurz vor Abschluss, sagt Nina Wöss. Die durchschnittliche Ticket-Größe beträgt bislang ca. 300.000 Euro – zuletzt stieg sie aber an, was auch auf eine neue Vereinbarung im Rahmen des finalen Closings zurückzuführen ist.
„Allein im vergangenen Jahr haben wir zirka 2.000 Unternehmen gescreent“
Dahinter steht ein aufwändiger Scouting-Prozess. „Allein im vergangenen Jahr haben wir zirka 2.000 Unternehmen gescreent. Im Jahr davor waren es auch so viele“, erzählt Nina Wöss. „Das beantwortet auch die Frage: ‚Gibt es überhaupt genug von Frauen gegründete Startups?‘, die uns immer wieder gestellt wird. Die Antwort lautet klar: Ja. Es gibt aber eine verzerrte Wahrnehmung“, sagt Lisa Fassl. Und Wöss legt nach: „Rein statistisch gesehen gibt es in Europa mehr Deals mit mindestens einer Frau im Gründungsteam als reine Fintech-Deals. Und niemand zweifelt an der Berechtigung eines Fintech-Fonds.“ Die verzerrte Wahrnehmung könne man also mittlerweile gut mit Zahlen widerlegen.
Zweiter Fonds von Fund F bereits in Planung
Die Investmentphase des ersten Fonds dauert nun bis Ende 2026. Insgesamt sollen bis dahin 28 bis 30 Investments getätigt werden – man sei also etwa in der „Halbzeit“. Wie üblich wird zudem ein großer Teil des Kapitals für Folge-Investments zurückgelegt. Und auch für die Zeit nach 2026 gibt es schon konkrete Pläne „Dann soll der nächste Fonds kommen. Das ist ein ganz klares Ziel. Und der wird größer werden als der aktuelle und dazu gibt es auch schon die ersten Gespräche“, verrät Nina Wöss.
Gründergeist an Hochschulen: Wie Strukturen und Kultur zusammenwirken müssen
Wie gelingt es, dass aus Forschung Unternehmertum wird – und welche Strukturen, Freiräume und Signale braucht es dafür? Dieser Frage gehen wir in Kapitel 6 von "From Science to Business" nach.
Gründergeist an Hochschulen: Wie Strukturen und Kultur zusammenwirken müssen
Wie gelingt es, dass aus Forschung Unternehmertum wird – und welche Strukturen, Freiräume und Signale braucht es dafür? Dieser Frage gehen wir in Kapitel 6 von "From Science to Business" nach.
Im sechsten und letzten Kapitel der Serie „From Science to Business“ steht der Gründergeist an Hochschulen im Mittelpunkt. Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Forschende den Schritt in die unternehmerische Praxis wagen?
Ein neues Normal: Gründung wird Teil des Selbstverständnisses
An der Medizinischen Universität Innsbruck wurde mit dem MedLifeLab eine klare Struktur geschaffen, um forschungsbasierte Innovationen gezielter und schneller in die Verwertung zu bringen. „Wir haben das MedLifeLab als Innovation Hub gegründet – mit klarem Commitment der Universitätsleitung und des Unirats“, sagt Elisabeth Stiegler. Diese Rückendeckung sei entscheidend, um ein innovationsfreundliches Klima zu schaffen. Dabei sei es wichtig, die Vielfalt an Orientierungen zu akzeptieren: „Manche Forscher:innen möchten ihre Karriere an der Universität oder Klinik fortsetzen, andere streben eine Ausgründung an – beide Wege sind gleichwertig und verdienen unsere volle Unterstützung.“
Auch an der TU Wien sieht man einen Kulturwandel. „Ausgründungen lässt man nicht mehr einfach passieren, man möchte sie gezielt steigern“, betont Christian Hoffmann. Innovation und Transfer seien heute ein zentraler Auftrag, gleichrangig neben Forschung und Lehre. „Das kann nur funktionieren, wenn die Universitätsleitung es wirklich will. Dieses Signal muss von oben kommen – und wenn es da ist, strahlt es in die gesamte Organisation.“
Die WU Wien blickt auf mittlerweile zehn Jahre Entrepreneurship Center zurück. „Früher waren es eine Handvoll Studierende – heute füllen wir mit unseren Events das Audimax“, erzählt Monique Schlömmer. Erfolgreiche Alumni wie die Gründer von Refurbed oder Hokify zeigen, dass sich Unternehmertum am WU-Campus fest etabliert hat. Über das Entrepreneurship Center bietet die Universität Beratung, Workshops und Zugang zu einem breiten Startup-Netzwerk – von Alumni bis hin zu Partner:innen aus der Unternehmens- und Investor:innenszene. Zudem legt es großen Wert auf hochschulübergreifende Kooperationen, weswegen das Entrepreneurship Center Network (ECN) geschaffen wurde, um für regelmäßigen Austausch zwischen den Hochschulen zu sorgen „Mit dem Launch von WU Ignite Ventures 2025 runden wir unser Portfolio nun ab – von der Awareness-Schaffung zum Thema Entrepreneurship über Empowerment-Programme und einen Inkubator bis hin zur Möglichkeit, in die Teams zu investieren“, so Schlömmer.
Am JKU Linz – LIT Open Innovation Center in Linz zeigt sich, wie Raum und Struktur Innovationsdenken und Kultur befördern können. Auf 8.000 m² arbeiten Unternehmen, Startups, Institute und Studierende Tür an Tür. „Interdisziplinarität ist in unserer DNA verankert – und das ist ein idealer Nährboden für unternehmerisches Denken“, sagt Birgit Wimmer. Mit seiner Kombination aus Labors, Co-Working-Spaces und Vernetzungsformaten ist das JKU Linz – LIT Open Innovation Center eine physische Manifestation dessen, was Third Mission meint: Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft an einem Ort zusammenzubringen.
Third Mission: Zwischen Leistungsvereinbarungen und Kulturwandel
Die Diskussion um Spin-offs ist längst nicht nur eine Frage des akademischen Selbstverständnisses, sondern auch ein politisches Programm. Das Wissenschaftsministerium hat in den Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten erstmals konkrete Vorgaben verankert: Jede Hochschule muss Maßnahmen ergreifen, um die Zahl der Ausgründungen zu erhöhen. Damit wird die Third Mission zu einem messbaren Auftrag.
Für Hoffmann ist klar: „Am Anfang klingt das einfach: Verdoppelt die Zahl der Spin-offs. Aber wenn man es zu Ende denkt, betrifft es alle Bereiche der Universität.“ Forschung, Berufungsverfahren, Governance, Evaluation – alles muss neu gedacht werden. Gründungen dürfen nicht länger ein Nebeneffekt sein, sondern müssen als integraler Bestandteil der Universitätslogik verstanden werden. Auch Stiegler sieht die Konsequenzen: „In Berufungsverfahren sollte sichtbar werden, ob eine Kandidatin oder ein Kandidat wissenschaftliche Exzellenz mit Innovationsgeist und Verwertungsorientierung verbindet – und nicht nur durch wissenschaftliche Publikationen überzeugt.“
Dieser Kulturwandel ist tiefgreifend. Jahrzehntelang war die akademische Karriere fast ausschließlich über Publikationen und Zitationsindizes definiert. Nun treten Kriterien wie gesellschaftlicher Impact, Kooperationsfähigkeit und unternehmerische Initiative hinzu. Hochschulen müssen neue Bewertungsmaßstäbe entwickeln, um diese Aspekte fair und transparent zu gewichten.
Hoffmann verweist auf ein zweites Instrument: die Zielvereinbarungen innerhalb der Universitäten selbst. „Wenn das Rektorat das wirklich will, dann trifft es auch mit den eigenen Einrichtungen ähnliche Vereinbarungen: Wir erwarten uns, dass du an Patente denkst, dass du an Ausgründungen denkst.“ So wird der Gründungsauftrag in die alltägliche Praxis übersetzt – von den Fakultäten bis in die Forschungsgruppen.
Für Österreich ist dieser Paradigmenwechsel auch ein Standortfaktor. Länder wie Deutschland (TUM, UnternehmerTUM), die Schweiz (ETH Zürich) oder Großbritannien (Imperial College) haben längst bewiesen, dass sich eine konsequente Innovationspolitik in einer dynamischen Spin-off Kultur niederschlägt. Österreich steht hier im Wettbewerb – und die Zielvereinbarungen sind der Versuch, diesen Rückstand aufzuholen.
Stiegler bringt es auf den Punkt: „Das ist keine Aufgabe, die Universitäten allein lösen können. Aber sie können Vorbilder sein und zeigen, dass Third Mission nicht nur ein Schlagwort ist, sondern gelebte Realität.“
Ressourcen & Freiräume für Unternehmertum
Wer gründen will, braucht vor allem eines: Zeit. Doch akademische Karrieren sind durch Forschung, Lehre und Verwaltungsaufgaben oft stark ausgelastet.
Die Medizinische Universität Innsbruck arbeitet deshalb an neuen Karrierepfaden: Sabbaticals, Karenzierungen oder die Möglichkeit, während der Tätigkeit an Ausgründungsprojekten zu arbeiten. „Wir wollen Strukturen schaffen, die Gründung nicht zum Karriere-Risiko machen, sondern zur anerkannten Option“, so Stiegler.
Das JKU Linz – LIT Open Innovation Center bietet eine interdisziplinäre Community, Arbeitsplätze und Laborinfrastruktur, kombiniert mit JKU-Programmen wie Patentscouts oder Gründungsbotschafter:innen. „Man muss Forschende dort abholen, wo sie stehen – oft fehlen ihnen betriebswirtschaftliche Kenntnisse und das unternehmerische Mindset, und genau da setzen wir an“, erklärt Wimmer.
Die WU Wien wiederum deckt mit ihrem Entrepreneurship Center das ganze Spektrum ab: von Awareness-Programmen in Volksschulen über Workshops & Mentoring bis hin zu Venture-CapitalInvestment mit dem hauseigenen Fonds WU Ignite Ventures.
Die Spin-off Factory der TU Wien ergänzt dieses Angebot gezielt. Sie fungiert als Innovation Hub für Studierende und Forschende, bietet Gründungsverträge, Karriereberatung, Infrastruktur und erste Finanzierungswege. Ziel ist es, TU-Wien-basierte Ideen schneller in verwertbare Bahnen zu lenken – mit Begleitung von der Ideenfindung über IP-Schutz bis zur Marktreife.
Teams formieren: Mehr als Matching
Wenn über Spin-offs gesprochen wird, richten sich viele Blicke sofort auf die Technologie: Ist sie innovativ genug? Hat sie Marktpotenzial? Doch wer mit Investor:innen, Gründer:innen oder Transferstellen spricht, hört schnell ein anderes Thema: Entscheidend ist nicht nur die Idee, sondern das Team dahinter. Ohne funktionierende Zusammenarbeit, komplementäre Kompetenzen und gemeinsame Vision bleibt selbst die vielversprechendste Erfindung im Labor.
Gerade in Life Sciences fehlen oft die komplementären BusinessKompetenzen, und viele Forscher:innen sehen ihren Karriereweg ausschließlich in der Wissenschaft. „Viele beginnen mit einem klaren Berufsbild – Ärztin, Forscherin. Unternehmertum kommt kaum vor“, sagt Stiegler.
Matching-Formate, Alumni-Netzwerke oder Co-Founder-Events können helfen – aber sie ersetzen nicht die menschliche Komponente. „Man kann Menschen in einen Raum bringen – ob daraus ein Team wird, hängt von der Chemie ab.“
Die WU setzt dabei auf systematisches Matching: Schon frühphasig arbeiten Forschende und Betriebswirt:innen in Kursen und Projekten zusammen – etwa im Biotech-Programm xBio und dem Gate Programm. Ziel ist, dass Wissenschaftler:innen ein Gefühl dafür bekommen, was es bedeutet, in der Businesswelt zu agieren: von Businessplan bis Investor:innen-Pitch. „Beide Seiten – BWL und Forschung – müssen lernen, wie die anderen denken und kommunizieren“, betont Monique Schlömmer.
Ein zentraler Baustein ist das Entrepreneurship Center Network (ECN) mit über 35 Mitgliedshochschulen österreichweit. „Wir wollen, dass Gründungsteams nicht an Hochschulgrenzen scheitern. Das ECN bringt Forschende, Studierende und Alumni zusammen – damit überhaupt die Möglichkeit entsteht, sich kennenzulernen und Vertrauen zu entwickeln.“ Und sie merkt an: „Ergänzend diskutieren wir auf Hochschulebene und versuchen hierbei Synergien zu schaffen, um die Herausforderungen gemeinsam zu überwinden.“
Auch die JKU setzt auf interdisziplinäre Formate wie die LIT Research Labs, in denen Studierende und Forschende aus verschiedenen Disziplinen an konkreten Problemstellungen arbeiten. „Je früher solche Kontakte entstehen, desto stabiler die Teams“, sagt Wimmer.
Für Investoren ist dieser Punkt entscheidend. Hoffmann bringt es auf den Punkt: „Wenn Investoren auf Spin-offs schauen, ist ihre erste Frage immer: Passt das Team? Sind alle Fähigkeiten vorhanden – oder zumindest das Potenzial dazu?“
Österreich gemeinsam denken – und international öffnen
Eine wiederkehrende Kritik betrifft die Fragmentierung des österreichischen Hochschulsystems. Universitäten, Fachhochschulen, Privatunis und Forschungseinrichtungen arbeiten oft nebeneinanderher. „Wir haben viele Bubbles – das muss ein großes Ganzes werden“, fordert Christian Hoffmann.
Die Spin-off Factory der TU Wien setzt deshalb stark auf internationale Partnerschaften. Hoffmann verweist auf Kooperationen mit dem Imperial College London, der ETH Zürich und dem UnternehmerTUM München – mit Austausch zu Inkubatoren, Mentoring und Startup-Wettbewerben.
Elisabeth Stiegler (Medizinische Universität Innsbruck) betont die geografischen Chancen im Westen: Mit Partner:innen in Bayern, Südtirol und der Schweiz arbeitet man daran, in den Life Sciences eine Westachse aufzubauen. „Österreich ist klein. Gerade in den Life Sciences müssen wir uns überregional vernetzen – nicht nur national, sondern auch international.“
Die WU Wien versteht ihr Entrepreneurship Center als Teil eines globalen Ökosystems und baut über das Entrepreneurship Center Network (ECN) hochschulübergreifende Brücken – ein Hebel, um Teams und Projekte schneller international anzubinden.
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