29.05.2024
INNOVATION LEADER

FTI-Monitor: Aufholdynamik bei Risikokapital, aber Rückstand bei Wachstum

Der FTI-Monitor 2024 des "Rats für Forschung, Wissenschaft, Innovation und Technologieentwicklung" (FORWIT) zeigt heimische Stärken in Finanzierung, Standortattraktivität und Kreislaufwirtschaft, sowie weiterhin Schwächen in der Digitalisierung, bei der Geschlechtergerechtigkeit und auch bei Gründungen.
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Forwit, FTI-Monitor
(c) FORWIT - Der FTI-Monitor des FORWIT.

Mit dem FTI-Monitor analysiert der “Rat für Forschung, Wissenschaft, Innovation und Technologieentwicklung” (FORWIT) anhand von 244 Indikatoren Österreichs Leistungsfähigkeit in Forschung, Technologie und Innovation (FTI) im Vergleich zu den Innovation Leaders des European Innovation Scoreboard (Dänemark, Schweden, Finnland, Niederlande und Belgien), dem EU-Durchschnitt und den bereichsabhängigen Top 3.

FTI-Monitor: Österreich noch kein Innovation Leader

“Österreichs FTI-System hat sich in den vergangenen Jahren – auch im europäischen Vergleich – gut entwickelt, sodass wir heute in einigen Teilbereichen eine führende Position auf dem Niveau der Innovation Leaders einnehmen. Das zeigt der FTI-Monitor deutlich. Damit wir die Erfolge festigen und bis 2030 insgesamt zu einem Innovation Leader werden, braucht es weiterhin entschiedenes, systemisch wirksames Handeln und eine starke Rolle Österreichs in Europa”, sagt Thomas Henzinger, Vorsitzende des Rates.

Insgesamt zeichnen die Ergebnisse für das Jahr 2024 ein ähnliches Bild wie im Vorjahr, in dem Österreich gegenüber dem EU-Durchschnitt gut abschneidet, es jedoch noch nicht schafft, gemäß der FTI-Strategie 2030 der Bundesregierung zu den Innovation Leaders aufzuschließen.

Zur Erklärung: In der FTI-Strategie 2030 hat sich die österreichische Bundesregierung das Ziel gesetzt, bis 2030 zu einem Innovation Leader aufzusteigen. Als Innovation Leaders zählen EU-Länder, die mindestens 125 Prozent der Leistung des EU-Durchschnitts erreichen. Aktuell rangiert Österreich mit rund 119 Prozent in der Verfolgergruppe der Strong Innovators, also jenen Ländern, die zwischen 100 und 125 Prozent erreichen.

Forschung und Entwicklung “überdurchschnittlich”

Zu den Ergebnissen ist zu sagen, dass der Bereich Finanzierung von Forschung und Entwicklung weiterhin überdurchschnittlich performt, insbesondere in der Unternehmensförderung. Da die öffentliche Forschungsförderung weiter intensiviert wurde, zählt Österreich nun erstmals zu den Top-3-Ländern. Allerdings wird primär durch Steueranreize, also indirekt, gefördert. Um innovative und damit risikoreiche Forschungsvorhaben zu unterstützen, sollte die direkte Förderung weiter gestärkt werden, heißt es laut Aussendung.

Die Unternehmensförderung trage auch wesentlich zu Österreichs Standortattraktivität bei, die gegenüber den Innovation Leaders nach wie vor überdurchschnittlich hoch bewertet wird. Einen positiven Beitrag leisten zudem die Strenge der Regulierung geistigen Eigentums und die Verfügbarkeit von Strom aus sauberen Quellen. Dämpfend wirken hingegen Aspekte wie Unternehmensbesteuerung, Qualität der Publikationen, die Zahl von Tertiärabschlüssen in naturwissenschaftlichen und technologischen Fachrichtungen und die nationale Regulierungsqualität.

Neben der internationalen Verflechtung ist weiters der Bereich Kreislaufwirtschaft in Österreich stärker ausgeprägt als in den innovationsführenden Ländern. Dafür verantwortlich sind vor allem Investionen in kreislaufwirtschaftliche Anlagen, die Wertschöpfung der Betriebe und der Anteil kreislaufwirtschaftlicher Exporte. Weitere Stärken bilden die Menge des gesammelten Elektroschrotts und der hohe Recyclinganteil von Batterien. Herausforderungen liegen in der Verwertung von future waste, also von aktuell existierenden Produkten, die künftig zu Abfall werden, und der Notwendigkeit, die Grundlagenforschung in diesem Bereich weiter zu auszubauen.

Gründungen und Kapital

Für den Gründungssektor lässt sich indes einerseits eine Aufholdynamik im Bereich der Mittelaufbringung über Risikokapital feststellen, andererseits seien jedoch grundlegende Verbesserungen notwendig, um insgesamt zumindest zum EU-Durchschnitt aufzuschließen. Speziell bei den schnellwachsenden Unternehmen und der Gesamtbewertung der Unicorns zeigt sich ein signifikanter Rückstand gegenüber den Vergleichsgruppen.

Im Bericht liest es sich so: “Im Bereich der Gründungen konnte Österreich in wichtigen Kennzahlen starke Verbesserungen gegenüber den Vorjahren erzielen. Insgesamt zeigt sich jedoch noch Aufholpotenzial in einigen Bereichen. Die Auswahl der Indikatoren wurden gegenüber den Vorjahren verändert. Während die Risikokapitalintensität, die Finanzierungsstruktur der VC-Fonds (Mittelaufbringung) und die Motivation für unternehmerisches Handeln beibehalten wurden, wurde der zuletzt verwendete Indikator der Gazellen gemäß Eurostat in zwei genauer gefasste Indikatoren (jeweils gemessen an der Beschäftigung) aufgeteilt: ‘schnellwachsende Unternehmen’ und ‘junge schnellwachsende Unternehmen’. Zusätzlich wurde ein Indikator zur Bewertung von „Unicorns“ (Startup-Unternehmen mit einer Bewertung von über US$ 1 Mrd.) im Verhältnis zum BIP in den FTI-Monitor neu hinzugenommen.”

Unterdurchschnittlich bei “schnellwachsenden Unternehmen”

Der Anteil der schnellwachsenden Unternehmen, also Unternehmen mit einem durchschnittlichen jährlichen Beschäftigtenwachstum von über zehn Prozent über drei Jahre, beträgt in Österreich 8,2 Prozent, womit an die bisherigen Höchstwerte der Jahre 2018 (8,28 Prozent) und 2019 (8,63 Prozent) angeschlossen werden kann.

Jedoch ist dieser Wert gegenüber den drei Vergleichsgruppen nur unterdurchschnittlich: EU-weit liegt der Anteil der schnellwachsenden Unternehmen bei 10 Prozent, bei den Innovation Leaders bei über 12 Prozent und bei den Top 3-Ländern bei 15 Prozent. Beim Anteil der jungen, schnellwachsenden Unternehmen (schnellwachsende Unternehmen, die maximal fünf Jahre alt sind) befindet sich Österreich mit 0,58 Prozent ebenfalls hinter den Vergleichsgruppen, wobei hier der Abstand zum EU-Durchschnitt sowie zu den Top 3-Ländern noch größer ausfällt.

FIT-Monitor zu Unicorns

Auch bei der Bewertung der Unicorns in Prozent des BIP ist Österreich nur unterdurchschnittlich gegenüber den drei Vergleichsgruppen. Während sich die Bewertungen in Österreich auf etwa 1,6 Prozent des BIP summieren, liegt der EU-Schnitt bei 2,3 Prozent und jener der Innovation Leaders bei etwa 2,7 Prozent. “Aufgrund der Datenverfügbarkeit (Quelle GII ausschließlich 2023) lässt sich noch kein allgemeiner Trend ableiten, aber der Rückstand auf den EU-Durchschnitt beträgt etwa drei Unicorns”, heißt es.

In Bezug auf die Risikokapitalintensität wurde im Monitor der Indikator verfeinert, was auch hinsichtlich der Erreichung des zugehörigen FTI-Ziels Auswirkungen hat. Wurde bisher in die maßgebliche Größe auch Private Equity miteinbezogen, findet sich nun ausschließlich die Summe der drei Venture Capital Kategorien: Seed, Startup und Late Stage Venture als Risikokapital wieder.

Die Erkenntnis: Die Risikokapitalintensität misst die Größe des in Österreich investierten Risikokapitals von in- und ausländischen Fonds im Verhältnis zum BIP (die dargestellten Werte wurden über drei Jahre in der Zeitreihe geglättet); so lässt sich für Österreich eine sehr positive Dynamik seit 2021 beobachten, die einer 4,5-Fachung der Risikokapitalintensität entspricht.

Nicht nur konnte sich Österreich damit deutlich vom EU-Durchschnitt abheben, auch konnte der Abstand zu den Innovation Leaders und den Top 3-Ländern reduziert werden. Wobei den Bemühungen zur Erhöhung der Quote weiterhin intensiv nachgegangen werden müsse, da alle Vergleichsgruppen ebenfalls Wachstumspfade beschreiten. Um in die Nähe der Innovation Leaders zu kommen, müsste die Risikokapitalintensität in Österreich von derzeit rund 0,1 Prozent des BIP um 50 Prozent gesteigert werden.

Handlungsempfehlungen

Für den Themenkomplex Gründungen, aber auch für die Unternehmens-FTI wäre die Stärkung von Venture Capital in den früheren Phasen mittels eines Dachfonds (ähnlich dem Vorbild des dänischen Export and Investment Fund) notwendig, um Investitionen aus dem institutionellen Sektor (etwa Pensionskassen, Versicherungen oder Stiftungen) anzuziehen bzw. auszulösen. Schweden könne diesbezüglich als Vorbild genannt werden, hier wurden relevante Maßnahmen allerdings bereits vor Jahrzehnten eingeleitet.

FTI-Monitor weist infrastrukturelle Defizite aus

Hinsichtlich des Digitalisierungsgrades konnte sich Österreich leicht verbessern, schließt aber nach wie vor nicht zu den Innovation Leaders auf. Zurückzuführen ist diese Entwicklung, insbesondere auf infrastrukturelle Defizite wie etwa in der geringen Breitbanddurchdringung und der vergleichsweise niedrigen Verfügbarkeit von Glasfaseranschlüssen. Aber auch die unterdurchschnittliche IKT-Innovationsperformance (Informations- und Kommunikationstechnologie) und der durch den Mangel an IKT-Absolvent:innen zusätzlich verschärfte Fachkräftemangel wirken sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kompetenzen für die Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen.

Weiterhin eine Herausforderung für die österreichische FTI-Politik stellt zudem die Geschlechtergerechtigkeit dar, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der steigenden Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften. Dabei sind die größten Schwächen der Anteil von Forscherinnen in Unternehmen und die Anzahl der IKT-Absolventinnen sowie die Leistungsdifferenz zwischen Mädchen und Buben beim internationalen PISA-Test im Bereich Mathematik. Auch dieses Defizit wirkt sich wiederum auf den Gründungssektor aus, in dem lediglich 17 Prozent aller Gründer:innen weiblich sind.

Triple Transition

“Forschung, Technologie und Innovation sind die Schlüssel für Österreichs und Europas Wohlstand, Souveränität und Zukunft”, sagt die stellvertretende FORWIT-Vorsitzende, Sylvia Schwaag Serger. “Wenn wir wissen, wie wir uns in jenen Bereichen, die für die Bewältigung der triple transition – also der grünen, digitalen und sozialen Transformation – relevant sind, entwickeln, sind wir in der Lage, entschieden und vorausschauend zu handeln. Dazu trägt der Rat mit dem FTI-Monitor bei.”

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Syncraft HQ
Syncraft Standort in Schwaz, Tirol (c) Syncraft

Der europäische Green-Deal verpflichtet alle EU-Länder, den Klimawandel bis 2050 mit Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu bekämpfen. Auch Unternehmen müssen deshalb nachhaltig werden.

Ein großer Teil der heimischen Treibhausgasemissionen entsteht jedoch nach wie vor in der Energiegewinnung. Hier möchte das Tiroler Scaleup Syncraft ansetzen. Mit Firmensitz in Schwaz, konzentriert sich das Unternehmen auf den Bau sogenannter Rückwärtskraftwerke. Doch was genau steckt hinter diesem Konzept? brutkasten hat dazu mit Syncraft gesprochen.

“Wollen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems leisten”

Kohlekraftwerke benötigen fossile Kohle, um Energie zu erzeugen. Dabei wird jedoch sehr viel CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Syncrafts Rückwärtskraftwerke kehren diesen Prozess um. Die Kraftwerke wandeln ungenutztes Wald-Restholz in Energie um, doch das bei der Verbrennung entstandene CO2 wird in Kohle gespeist. Dabei spricht das Unternehmen von “grüner Kohle”.

Die Kohle speichert rund 30 Prozent des im Holz enthaltenen CO2 dauerhaft. Das Endprodukt kann anschließend in Baumaterialien wie Beton verwendet werden. Ebenfalls kann die Kohle zur Defossilisierung weiterverwertet werden, indem sie in anderen Industrien fossile Kohlenstoffe ersetzt.

Bereits 2016 zeigte eine Studie der FH Vorarlberg das Potenzial von Holzkohle als Kohlenstoffsenker. Diese sogenannte „grüne Kohle“ dient nicht nur als effektiver CO2-Speicher, sondern findet in verschiedensten Bereichen Anwendung – von der Landwirtschaft bis hin zur Bauindustrie. Syncraft möchte dieses Wissen nutzen, um seine Technologie kontinuierlich zu verbessern. Aufklärung und Forschung rund um die Einsatzmöglichkeiten von grüner Kohle, auch bekannt als „Biochar“, haben sich mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells entwickelt.

„Unser Ziel ist es, einen nachhaltigen Beitrag zur Lösung des Klimaproblems zu leisten“, sagt Syncraft-Gründer Marcel Huber. Huber hat 2007 einen Schwebefestbettvergaser an der Hochschule MCI Innsbruck entwickelt – die patentierte Technologie, auf welcher das Unternehmen ruht. Zwei Jahre später gründete Huber Syncraft als Spin-off. 2014 gingen die ersten Rückwärtskraftwerke in Südtirol und Vorarlberg in Betrieb. Bis heute realisierte Syncraft mehr als 40 Rückwärtskraftwerke – unter anderem in Kroatien, Italien und Japan.

Neue Anlage in Gänserndorf

Mit rund 60 Mitarbeitenden konzentriert sich Syncraft auf die Kernbereiche des Kraftwerksbaus, der Forschung & Entwicklung, des Vertrieb und der Verwaltung. Der neue Firmensitz in Schwaz wurde 2024 eröffnet und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen laufen.

Zu den jüngsten Erfolgen zählt die Eröffnung eines Rückwärtskraftwerks in Gänserndorf, Niederösterreich. Die Anlage versorgt das Fernwärmenetz mit 750 kW Wärme und speist 500 kW Elektrizität ins öffentliche Netz ein.

Darüber hinaus konnte Syncraft den Energy Globe Austrian Award 2024 in der Kategorie Wasser gewinnen. Wasser deshalb, da die Kohle auch dafür verwendet wird, um Abwasser zu reinigen, sagt das Unternehmen. Mit dem Projekt “Smarte Abwasserreinigung mittels Pulverkohle” konnten sich Syncraft gegen rund 300 andere Umweltprojekte durchsetzen.

Offen für Investor:innen

Syncraft hat sich mittlerweile zu einem profitablen Scaleup entwickelt. Seit der Gründung wirtschaftet das Unternehmen laut eigener Aussage mit den gleichen Gesellschaftern. Da Syncraft als Spin-off an der Hochschule MCI Innsbruck entstanden ist, zählt dazu auch MCI selbst.

Für die Zukunft hat sich Syncraft das Ziel gesetzt, sich noch weiter zu entwickeln und weiter zu wachsen. “Sollte uns also in Zukunft ein interessantes Investitionsangebot erreichen, werden wir uns dieses auf jeden Fall genauer anschauen”, so das Unternehmen.

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