14.05.2024
KOOPERATION

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

Man nehme Sand, Staub und Bauabfälle, gebe die Zutaten in einen 3D-Drucker und revolutioniere damit die Bauindustrie. Wie Freia Ruegenberg mit ihrem Startup ParaStruct an der Klimakrise schrauben will und warum sich ihre Technologie auch für außerirdisches Leben eignet.
/artikel/freia-ruegenberg-parastruct-interview
Freia Ruegenberg, Co-Founderin des DeepTech-Startups ParaStruct (c) Festakt 2022, Freia Ruegenberg

Plastikmüll ist sexy, aber Bauabfall nicht? Wenn es um Nachhaltigkeit und die Folgen der Klimakrise geht, weiß Freia Ruegenberg so viel wie wenige andere. Und darunter auch, dass Bauabfall durchaus sexy sein kann – oder es sein muss. Die studierte Chemikerin unterrichtete nach ihrer Promotion an der Innsbrucker Universität – mit dem Ziel, unseren Planeten zu retten. Später wurde sie unerwartet zur Startup-Gründerin. Dem Klima zuliebe versucht sie nun, in der Baubranche mitzumischen.

ParaStruct am 4GameChangers Festival

Ruegenberg will Sichtbarkeit für ein Thema schaffen, das in der Öffentlichkeit nicht wirklich präsent ist: “Das Thema Plastikmüll ist in aller Munde – und sehr populär. Aber die Bauindustrie spielt auch ihre Rolle im Klimawandel – und zwar eine nicht unwesentliche. Wir alle wohnen und leben in Gebäuden, wir nutzen und bauen Gebäude. Auch, wenn das Thema nicht so sexy ist wie andere Nachhaltigkeitsthemen. Eine nachhaltige Baubranche ist wichtiger denn je.”

Als Co-Founder und Chief Scientific Officer des DeepTech-Startups ParaStruct wird Ruegenberg am heute beginnenden 4GameChangers Festival in Wien vertreten sein. Das Panel “Innovations Changing The World” findet auf der Silent Stage am heutigen Dienstag, den 14. Mai, um 15.10 Uhr statt. Sprechen wird sie über ihr Startup ParaStruct und dessen Beitrag zu einer nachhaltigen Baubranche. Gestreamt werden kann das 4GameChangers Festival für alle, die nicht dabei sein können, auch auf Joyn.

Im Interview mit brutkasten spricht sie über ihren unerwarteten Weg in das Startup-Leben, über Abfallprodukte der Baubranche und was sie aus Sand und Staub im 3D-Drucker zaubern kann, um die Welt zu retten. Stichwort Welt: Auch für außerirdisches Leben könnte ParaStruct interessant sein.


brutkasten: Wie bist du dazu gekommen, ParaStruct zu gründen?

Freia Ruegenberg: Meine Geschichte ist nicht die lineare Startup-Gründer:innen-Geschichte. Wenn mir jemand vor fünf Jahren gesagt hätte, dass ich Co-Founderin eines Startups werde, hätte ich gelacht und den Vogel gezeigt.

Ich komme nicht aus einer unternehmerischen Familie, ich habe Chemie studiert und mich auf Materialwissenschaften spezialisiert. Das Studium habe ich aus der Motivation heraus angefangen, mit meiner Arbeit zu mehr Nachhaltigkeit beizutragen. Dazu motiviert hat mich unter anderem der Film “Plastic Planet”. Schon damals habe ich mir gedacht: Es ist total krass, dass es solche Abfallmengen gibt. Wir müssen da auf jeden Fall nach einer Lösung suchen.

Nach dem Film “Plastic Planet” hast du also begonnen, Chemie zu studieren?

Genau. Zu diesem Zeitpunkt war für mich Chemie genau das Richtige. Spezialisiert habe ich mich auf anorganische Chemie. Dort habe ich auch promoviert und war nach meinem Studium an der Universität Innsbruck in der Lehre tätig.

Wann kam es dann zur Gründung von ParaStruct?

Ziemlich unerwartet: Der Hauptgründer Georg Breitenberger ist damals auf mich und meinen Kollegen zugekommen, weil er zu dem Zeitpunkt nach Projektpartner:innen gesucht hat. Er wollte die Recyclingfähigkeit von mineralischen Bindemitteln untersuchen. Die Idee von ParaStruct gibt es also schon länger – und wurde anfangs von Georg Breitenberger als Einzelunternehmen geführt. Der Fokus lag damals auf 3D-Druck und der Verwertung von Abfällen mit 3D-Druck. In weiterer Folge bin ich mit Kilian Rießbeck ins Unternehmen eingestiegen. Darüber bin ich sehr glücklich, weil ich jetzt meiner ursprünglichen Motivation der Abfallvermeidung nachgehen kann.

Wie und welchen Abfall vermeidet ParaStruct?

Im Grunde entwickeln wir eine Lösung, mit der die Bauindustrie – aber auch andere herstellende Industrien – ihre drei größten Probleme beseitigen oder zumindest mildern können.

Was sind die drei größten Probleme der herstellenden Industrien?

Erstens die Ressourcenknappheit bzw. -abhängigkeit. Gerade die Bauindustrie braucht Materialien, die häufig nur an einem bestimmten Ort und in begrenzter Verfügbarkeit vorkommen – und deshalb immer knapper werden.

Das zweite Problem sind die Treibhausgasemissionen: Die Bauindustrie ist einer der größten Emittenten von Treibhausgasen überhaupt – hier vor allem bei der Herstellung von Zement, der enorm CO2-intensiv ist.

Das dritte Problem sind Abfallmengen: Statistiken des BMK (Anmerkung: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) zeigen, dass etwa drei Viertel der in Österreich anfallenden Abfälle allein aus der Bauindustrie – also von Abbruchmaterialien und Bauabfällen – kommen.

Mit ParaStruct wollen wir genau diese drei Probleme angehen. Und es ist auch irgendwo paradox, dass Industrien sehr große Mengen an Abfallmaterialien produzieren und dann einem Mangel an Ressourcen und Rohstoffen gegenüberstehen. Das heißt: Das Logische ist natürlich, Abfallmaterialien besser nutzbar zu machen.

Wie können wir uns das vorstellen – welche Abfälle recycelt ihr?

Wir bieten eine kreislauffähige Lösung für ansonsten nicht mehr nutzbare Abfällen und Nebenprodukte: Das sind häufig Sande, Stäube und Material, dass in unterschiedlichen Verarbeitungsschritten übrigbleibt. Gerade die sind für die Industrie nicht mehr nutzbar, weil sie eben zum Beispiel aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften nicht weiterverwendet werden können. Wir aber machen sie mit unserem 3D-Drucker wieder nutzbar.

Das heißt, ihr recycelt Staub und Sand mit 3D-Druckern?

Genau, unter anderem. 3D-Druck ist dabei aber, sagen wir mal, eine Option und keine Notwendigkeit. Die Abfallmaterialien können auch konventionell verarbeitet werden. Aber 3D-Druck bietet sich insofern an, als dass man funktionale und ästhetisch anspruchsvolle Bauteile herstellen kann – und man spart Ressourcen, denn: 3D-Druck durch die additive Fertigung Material-sparender und auch automatisierbar, was auch ein Weg sein kann, um mit dem Fachkräftemangel umzugehen. Aktuell arbeiten wir an unserer ersten größeren Pilotanlage mit einem Maschinenbaupartner. Diese Anlage wird dann in der Lage sein, großformatige Muster mit zu drucken. Auch erste Kund:innen sind bereits interessiert.

Für welche Branchen eignen sich die recycelten Materialien von ParaStruct?

Unter anderem für die Bauindustrie – darunter Holzbau und Stahlindustrie. Wir sind Technologieanbieter – das heißt: Wir entwickeln den Prozess und die Materialmischung und können auch geeignete Anwendungen für die jeweilige Industrie entwickeln. Und durch unseren Recyclingprozess sind alle so hergestellten Bauprodukte voll kreislauffähig.

Zum Beispiel für ein Holzbauunternehmen, das Schalungen für den Bau herstellt. Dafür schauen wir uns an: Welche Produkte stellt das Unternehmen bereits her? Und wir versuchen dann, aus den Abfällen, die dieses Unternehmen produziert, entsprechende Produkte herzustellen. Das heißt, für Holzunternehmen können wir eine 3D-gedruckte, recyclefähige Schalung produzieren. Wir greifen also nicht in den Kernprozess der Unternehmen ein, sondern erweitern ihre Angebotspalette um ein nachhaltiges Produkt.

Es gibt aber auch andere Industrien, zum Beispiel die Stahlindustrie, die mit mineralischen Abfällen aus der Stahlproduktion zu kämpfen haben. Grundsätzlich eignen sich alle Industrien, die mit Verfahren oder Fertigungsprozessen arbeiten, in denen Materialien zerkleinert werden, die dann in Form von Sanden oder feinen Stäuben übrig bleiben und somit eben nicht mehr nutzbar und wertlos sind, deponiert oder abtransportiert werden müssen. Das findet man auch bei Steinbrüchen oder Schotterwerken in der Rohstoffgewinnung.

ParaStruct hat sich auch mit dem Ziel auseinandergesetzt, extraterrestrischen Raum bewohnbar zu machen. Wie wollt ihr das angehen?

Bei extraterrestrischen Räumen sprechen wir ja auch von Planetenoberflächen – wie der Oberfläche von Mars oder Mond. Wenn wir die besiedeln wollen, müssen wir mit speziellen Herausforderungen zurechtkommen. Zum einen möchte man die Materialien, die vor Ort sind, nutzen, weil man ja nicht beliebig viel dorthin transportieren kann. Auf Mond oder Mars haben wir auch extreme Bedingungen, die sehr feine Stäube und Sande auf der Oberfläche verursachen. Genau das ist ja unser Ausgangsmaterial für den 3D-Druck. Das heißt, wir können Mondstaub zu modularen Baukomponenten mit unserem 3D-Druck umwandeln – und zwar materialsparend und automatisierbar.

Siehst du Potential in der Besiedelung von außerirdischem Raum?

Meine Meinung zum Leben oder der Forschung auf anderen Planeten ist: Man muss die Fühler in alle Richtungen ausstrecken. Ich sehe unseren Auftrag jetzt primär auf der Erde: Zuerst müssen wir die Probleme, die wir hier haben, bewältigen. Der Fokus sollte aktuell auf dem Planeten Erde liegen.

Die Raumforschung ist natürlich für sehr viele Entdeckungen und Entwicklung verantwortlich, die wir jetzt auch auf der Erde nutzen. Forschung ist immer wichtig, egal mit welchem Ziel sie gemacht wird. Allerdings sehe ich persönlich kurz- bis mittelfristig mehr Potenzial darin, die Zerstörung auf unserem Planeten Erde einzudämmen, anstatt zum nächsten Planeten weiterzuziehen. Bis wir so weit sind, dass wir auch nur einen Teil der aktuell acht Milliarden auf der Erde lebenden Menschen auf andere Planeten verfrachten können, wird das noch eine ganze Weile dauern. Wir sollten nicht zu viel Zeit damit verschwenden, andere Planeten bewohnbar zu machen, sondern viel eher diesen wunderschönen Planeten erhalten.

Wie schätzt du die Chancen ein, die Folgen des Klimawandels auf der Erde einzudämmen?

Ich bin realistisch: Wir merken die Folgen des Klimawandels jetzt schon. Und das wird in Zukunft noch schlimmer werden. Trotzdem glaube ich, dass die Menschheit es schaffen könnte, den Planeten Erde als lebenswerten Planeten zu erhalten. Aber natürlich müssen wir da sofort anfangen. Am besten schon vorgestern – je schneller, desto besser.

Wo muss besonders viel getan werden?

Kurz gesagt: Überall. Aber: Etwa 40 Prozent des CO2-Ausstoßes kommen von der Bauindustrie – je nach Statistik und was dort alles mit berücksichtigt wird. Die Bauindustrie ist neben Verkehr und Landwirtschaft einer der größten Player im Klimawandel – und heute eines der größten Gewerbe überhaupt, wo was passieren kann und muss. Ich bin gegen die Einstellung “…ja aber der andere Sektor, das andere Land ist viel schlimmer”. Wir müssen alle Bereiche anfassen und Dinge sofort ändern – aber die Bauindustrie ist sicher eine der wichtigsten. Und: Wir sind ja Gott sei dank nicht das einzige Startup, das sich mit Innovation in der Bauindustrie oder mit CO2-Einsparungen beschäftigt. Da liegt viel Potenzial in der Startup-Szene und das muss genutzt werden.


*Disclaimer: Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit dem 4GameChangers Festival 2024.

Deine ungelesenen Artikel:
27.01.2025

Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.
/artikel/no-hype-ki-folge-5
27.01.2025

Open Source und KI: “Es geht nicht darum, zu den Guten zu gehören”

Nachlese. Die Nutzung von Open-Source-Modellen eröffnet Unternehmen auch im KI-Bereich weitreichende Möglichkeiten. Es gibt dabei aber auch einiges zu bedenken. Darüber und mehr diskutierten in Folge 5 von "No Hype KI" Stephan Kraft von Red Hat, Florian Böttcher von CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac von Women in AI und Patrick Ratheiser von Leftshift.One.
/artikel/no-hype-ki-folge-5

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM AustriaIBMITSVMicrosoftNagarroRed Hat und Universität Graz.

Kollaborativ, transparent, frei zugänglich und nicht profit-orientiert – mit Open-Source-Software wird eine Reihe von Eigenschaften assoziiert. Und oftmals stehen bei der Nutzung ethische Überlegungen im Zentrum. Dabei gibt es auch ganz praktische Gründe, die für eine Verwendung durch Unternehmen sprechen – auch bei der Implementierung von KI-Anwendungen, ist Stephan Kraft, Community Advocate & Business Development OpenShift & Application Services bei Red Hat, überzeugt. In Folge fünf der Serie “No Hype KI” diskutierte er dieses und weitere Themen mit Florian Böttcher, Solution Architect bei CANCOM Austria, Natalie Ségur-Cabanac, Policy Lead bei Women in AI und Patrick Ratheiser, Gründer & CEO von Leftshift.One.

“Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”

“Ich will das Thema ein Stück weit aus dieser emotionalen, moralisierenden Ecke herausholen”, sagt Stephan Kraft. Für Red Hat als weltweit führenden Anbieter für Open-Source-Lösungen für Unternehmen gehen die Argumente für eine Nutzung nämlich weit darüber hinaus. “Es geht nicht darum, Open Source als Selbstzweck zu sehen, um zu den Guten zu gehören”, so der Experte. Tatsächlich sei die Verwendung von Open Source gerade bei der Etablierung von KI im Unternehmen für Startups und KMU eine wichtige Weichenstellung.

Offenheit, um Diskriminierung entgegenzuwirken

Auch Natalie Ségur-Cabanac sieht Open Source als “Key Technology” im KI-Bereich. Für “Women in AI” spiele die Offenheit eine zentrale Rolle: “Diese Offenheit braucht es, um Diskriminierung entgegenzuwirken.” Open Source verbessere den Zugang für Frauen zur Technologie, die Abbildung von Frauen in den Daten und es vergrößere die Möglichkeiten in der Forschung. Man müsse aber auch aufpassen, ob Software wirklich so offen sei, wie behauptet, sagt sie bezogen auf die aktuellen Diskussionen rund um OpenAI, das sich – ursprünglich als offenes Projekt gestartet – zum profitorientierten Unternehmen entwickelte. Es brauche auch eine klare Definition, was “open” sei.

Masse an Möglichkeiten

Leftshift.One-Gründer Patrick Ratheiser betont auch die schiere Masse an Möglichkeiten, die Open Source bietet. “2021 hatten wir weltweit Zugriff auf circa 5.000 Open-Source-Modelle. Jetzt sind es bereits mehr als eine Million.” Die Nutzbarkeit sei also klar gegeben, zudem biete die Technologie eine gewisse Unabhängigkeit und werde über ihre Vielfalt zum Innovationstreiber.

Ist Open Source immer die beste Lösung?

Doch bedeutet das, dass Open Source immer die optimale Lösung ist? Ratheiser sieht das differenziert: “Es ist ganz wichtig zu erkennen, was der Kunde braucht und was in dem Fall gerade notwendig ist. Egal, ob es nun On-Premise, in der Cloud, Open Source oder Closed Source ist.” Florian Böttcher von CANCOM Austria pflichtet hier bei: “Wir setzen genau so auf hybrid.”

Datenstruktur im Hintergrund ist entscheidend

Ein Thema, bei dem bei Open Source Vorsicht geboten ist, spricht Natalie Ségur-Cabanac an. Besonders wichtig sei es bei KI-Anwendungen, eine gute Datenstruktur im Hintergrund zu haben. “Die Verantwortung, dass ein Modell mit sauberen Daten trainiert worden ist, liegt bei den Anbietern. Bei Open Source verschwimmt das ein bisschen. Wer ist wofür zuständig? Das ist eine Herausforderung für die Compliance zu schauen, wo man selbst verantwortlich ist und wo man sich auf einen Anbieter verlassen kann.”

Compliance: Großes Thema – mehr Sichereheit mit professioneller Unterstützung

Stephan Kraft hakt hier ein. Genau aus solchen Gründen gebe es Unternehmen wie Red Hat, die mit ihrem Enterprise-Support für Open-Source-Lösungen die Qualitätssicherung auch im rechtlichen Bereich übernehmen. “Das ist ein ganz wichtiger Teil unseres Versprechens gegenüber Kunden”, so Kraft. Unbedacht im Unternehmen mit Open Source zu arbeiten, könne dagegen in “Compliance-Fallen” führen, pflichtet er Ségur-Cabanac bei.

Das sieht auch Patrick Ratheiser als Thema bei Leftshift.One: “Unsere Lösung ist Closed Source, wir setzen aber im Hintergrund Open Source ein. Wichtig ist, dass wir dem Kunden Compliance garantieren können.” Stephan Kraft empfiehlt Unternehmen bei der Open-Source-Nutzung: “Man kann nicht immer gleich die neueste ‘bleeding edge’-Lösung nehmen sondern sollte etwas konservativer herangehen.”

Infrastruktur: Gut planen, was man wirklich braucht

Unabhängig davon, ob man nun Open Source oder Closed Source nutzt, braucht es für die Nutzung von KI die richtige Infrastruktur. “Es kommt natürlich auf den Use Case an, den ein Unternehmen umsetzen will. Da sind die Anforderungen an die Infrastruktur sehr unterschiedlich”, grenzt Florian Böttcher ein. CANCOM Austria unterstützt seine Kunden in genau der Frage. Anwendungen wie das Training von KI-Modellen würde aus gutem Grund kaum in Österreich umgesetzt. “KI ist sehr stromhungrig und entwickelt viel Hitze. Das ist schwierig für ein eigenes Data-Center im Unternehmen, gerade wenn man die Strompreise in Österreich ansieht”, so Böttcher.

“Rechenleistungs-Hunger” von KI könnte sich in Zukunft verringern

Wichtig sei es letztlich, sich als Unternehmen sehr klar darüber zu sein, was man umsetzen wolle. “Danach, welche Software-Lösung man für seinen Use Case einsetzen muss, richtet sich auch die Infrastruktur”, so Böttcher. Er erwarte aber auch, dass die KI-Modelle im nächsten Entwicklungsschritt effizienter werden und der “Rechenleistungs-Hunger” sich verringere.

Patrick Ratheiser ergänzt: “Es ist grundsätzlich eine Kostenfrage.” Unternehmen müssten sich sehr gut überlegen, ob sie ein eigenes LLM (Large Language Model) betreiben und dieses sogar selbst trainieren wollen, oder lieber doch eine Usage-basierte Lösung wählen. Er sehe bei österreichischen Unternehmen – auch bei größeren – eine klare Tendenz zur zweiten Variante. “Es lässt sich deutlich schneller einrichten, ist kalkulierbarer und auch viel schneller skalierbar”, erklärt Ratheiser.

Etwa im Forschungsbereich sei es jedoch wichtig und notwendig, auch eigene LLMs und die damit verbundene Infrastruktur zu betreiben. Doch auch die Möglichkeit von hybriden Lösungen biete sich an. “Man kann mittlerweile auch Teile in der Cloud lassen und Teile On-Premise. Man kann etwa nur ein datenschutzsicheres LLM selbst betreiben”, erklärt der Experte, der auch bei der Wahl der genutzten Modelle einen hybriden Ansatz empfiehlt: “Man braucht nicht für alle Use Cases das neueste Modell. Manchmal braucht man überhaupt kein LLM.”

Datenschutz: Einige Herausforderungen bei LLMs

Stichwort: Datenschutz. Hier schafft die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im KI-Bereich besondere Herausforderungen, weiß Natalie Ségur-Cabanac, die vorab betont: “Ich persönlich halte die DSGVO für ein gutes Regulierungswerk, weil sie sehr viel Spielraum gibt. Ich sage immer: Datenschutz ist sehr komplex, aber nicht kompliziert.” Konkret seien etwa der Grundsatz der Zweckbezogenheit, also dass man Daten nur für konkrete Zwecke einsetzen darf, und dass man sie minimierend einsetzen muss, relevant für den KI-Bereich. “Da haben wir schon einen Konflikt, weil man ja [bei LLMs] erst einmal schaut, was man aus möglichst vielen Daten machen kann”, so die Expertin.

Ist KI rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich?

Auch Transparenzbestimmungen – sowohl in der DSGVO als auch im AI-Act der EU – seien zu beachten. “Wenn ich KI verwende, muss ich auch wissen, was drinnen ist”, fasst Ségur-Cabanac zusammen. Ist KI also rechtlich innerhalb der EU sogar per se in einem Graubereich? “Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss seine Hausaufgaben schon gut machen”, sagt die Expertin. Wichtig sei daher auch die im Rahmen des EU-AI-Acts eingeforderte KI-Kompetenz in Unternehmen – im technischen und rechtlichen Bereich.

KI-Kompetenz als zentrales Thema

Patrick Ratheiser stimmt zu: “Neben der Technologie selber sind bei unseren Kunden die Mitarbeiter ein Riesen-Thema. Man muss sie nicht nur wegen dem AI-Act fit bekommen, sondern es geht darum, sie wirklich auf die Anwendungen einzuschulen.” Wichtig seien dabei auch die Kolleg:innen, die sich bereits mit dem Thema auskennen – die “Pioniere” im Unternehmen. “AI Literacy ist sicherlich das Thema 2025 und in nächster Zeit. So, wie wir gelernt haben, mit dem Smartphone umzugehen, werden wir es auch mit generativer KI lernen”, so Ratheiser.

“Einfach einmal ausprobieren”

Stephan Kraft ergänzt: Neben einer soliden Datenbasis und der notwendigen Kompetenz brauche es bei KI – gerade auch im Bereich Open Source – noch etwas: “Einfach einmal ausprobieren. Es braucht auch Trial and Error. Das ist vielleicht oft das Schwierigste für CFOs und Geschäftsführer.” Dieses Ausprobieren sollte aber innerhalb eines festgelegten Rahmens passieren, damit die KI-Implementierung gelingt, meint Natalie Ségur-Cabanac: “Unternehmen brauchen eine KI-Strategie und müssen wissen, was sie mit der Technologie erreichen wollen.” Auch sich mit den zuvor angesprochenen rechtlichen Anforderungen – Stichwort Compliance – zu beschäftigen, komme zeitlich erst nach der Festlegung der Strategie.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?

Folge 3: “Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”: Erfolgsfaktoren und Herausforderungen in der KI-Praxis”

Folge 4: KI-Geschäftsmodelle: “Wir nutzen nur einen Bruchteil dessen, was möglich ist”


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI
Toll dass du so interessiert bist!
Hinterlasse uns bitte ein Feedback über den Button am linken Bildschirmrand.
Und klicke hier um die ganze Welt von der brutkasten zu entdecken.

brutkasten Newsletter

Aktuelle Nachrichten zu Startups, den neuesten Innovationen und politischen Entscheidungen zur Digitalisierung direkt in dein Postfach. Wähle aus unserer breiten Palette an Newslettern den passenden für dich.

Montag, Mittwoch und Freitag

AI Summaries

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Welche gesellschaftspolitischen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat der Inhalt dieses Artikels?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Innovationsmanager:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Investor:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Welche Relevanz hat der Inhalt dieses Artikels für mich als Politiker:in?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Was könnte das Bigger Picture von den Inhalten dieses Artikels sein?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Personen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”

AI Kontextualisierung

Wer sind die relevantesten Organisationen in diesem Artikel?

Leider hat die AI für diese Frage in diesem Artikel keine Antwort …

“Wir müssen die Zerstörung auf der Erde eindämmen, bevor wir zum nächsten Planeten weiterziehen”